TE Vfgh Beschluss 2000/2/29 B1431/99

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Veröffentlicht am 29.02.2000
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art144 Abs1 / Bescheid
AVG §58 ff

Leitsatz

Zurückweisung einer Beschwerde mangels Bescheidqualität der bekämpften Erledigung

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1.1. Die Beschwerdeführerin reichte einen auf §69 Statut für die Stadt Steyr gestützten (Bürgerinitiativ)Antrag bei der Gemeinde ein. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 3.5.1999 wurde dieser Antrag als unzulässig zurückgewiesen. Dagegen erhob die Beschwerdeführerin das Rechtsmittel der Berufung an den Gemeinderat.

1.2.1. Mit Erledigung des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 7.7.1999 wurde der Beschwerdeführerin zur Kenntnis gebracht, dass der Gemeinderat zur Entscheidung über die eingereichte Berufung nicht zuständig sei.

1.2.2. In der gegen diese Erledigung beim Verfassungsgerichtshof eingebrachten und auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz gerügt und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu aber die Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung beantragt.

2.1.1. Gemäß Art144 Abs1 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof - nach Erschöpfung des Instanzenzuges - über Beschwerden gegen Bescheide von Verwaltungsbehörden (einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate).

2.1.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes wird eine behördliche Erledigung auch dann, wenn sie nicht als Bescheid bezeichnet und nicht in Spruch und Begründung gegliedert ist, als Bescheid qualifiziert, sofern sie nur eine Verwaltungsangelegenheit gegenüber individuell bestimmten Personen in einer der Rechtskraft fähigen Weise normativ regelt, also für den Einzelfall Rechte oder Rechtsverhältnisse bindend gestaltet oder feststellt. Aus der Erledigung muss - soll sie als Bescheid iS des Art144 Abs1 B-VG gewertet werden - deutlich der objektiv erkennbare Wille hervorgehen, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Regelung einer konkreten Verwaltungsangelegenheit zu treffen (vgl. VfSlg. 14.451/1996).

2.2. Das Schreiben des Bürgermeisters der Stadt Steyr vom 7.7.1999 entspricht nicht der äußeren Form eines Bescheides, weil die formellen Voraussetzungen nach den §§58 ff. AVG fehlen. Die Erledigung bietet aber auch darüber hinaus keinen Anhaltspunkt für die Annahme, dass der Wille der Behörde auf Erlassung eines Bescheides gerichtet war. Hinzu kommt, dass die bekämpfte Erledigung - wollte man sie als Berufungsbescheid werten (s. Beschwerdeschrift S. 2) - von dem Organ erlassen worden wäre, dessen (Zurückweisungs)Bescheid mit eben dieser Berufung angefochten worden war.

Mangels Bescheidqualität der bekämpften Erledigung war die Beschwerde wegen Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes als unzulässig zurückzuweisen.

3. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VerfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

4. Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abzutreten, war abzuweisen, weil eine solche Abtretung nur im - hier nicht gegebenen - Fall einer abweisenden Sachentscheidung oder Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof in Betracht kommt.

Schlagworte

Bescheidbegriff, Mitteilung, Belehrung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:B1431.1999

Dokumentnummer

JFT_09999771_99B01431_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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