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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AsylG 1997 §15;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Nichtowitz, über die Beschwerde der S in Wien, geboren 1972, vertreten durch Dr. Martin Prohaska, Rechtsanwalt in 1140 Wien, Hadikgasse 104, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 18. Dezember 2000, Zl. 209.866/0-XII/36/99, betreffend §§ 7, 8 und 15 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung (Entscheidung gemäß § 7 AsylG; Spruchpunkt 1.) wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Republik Kongo, reiste am 8. April 1998 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 14. April 1998 die Gewährung von Asyl.
Bei den Einvernahmen beim Bundesasylamt gab sie zu ihrem Fluchtgrund u.a. an:
"Nach Abschluss der Schule ließ ich mich von der Gesellschaft Marie Bouanga anstellen. Es handelte sich um eine Organisation, die sich um Waisenkinder, verlassene Kinder und sehr arme Kinder gekümmert hat. Auch kümmerte sich diese Organisation um jene Kinder, deren Eltern bei den Ereignissen im Jahr 1993 ums Leben gekommen waren.
1993 kam es zu einem Bürgerkrieg, der drei bis vier Monate andauerte. Es kämpften damals die Anhänger des damaligen Machthabers Sassou Nguesso gegen die Anhänger seiner Gegner. Seine Gegner waren Nkolela und Lissouba Pascal. Lissouba Pascal ging als Sieger aus den Kämpfen hervor.
...
Ich beendete meine Tätigkeit für die genannte Organisation, weil neuerlich ein Bürgerkrieg in meiner Heimat ausbrach.
Ich betreute Kinder im Alter von 1 bis 7 Jahren. Ich brachte ihnen dabei auch das Lesen von Wörtern bei.
Meine Organisation betreute insgesamt etwa 200 Kinder. Es gab einige Frauen, die dieselbe Tätigkeit verrichteten.
Meine Gruppe bestand aus etwa 70 Kindern. Diese Gruppe betreute ich alleine.
Der von mir genannte Bürgerkrieg begann am 4.6.1997 und dauerte fünf bis sechs Monate.
Es kämpften wieder die jeweiligen Anhänger der bereits im Jahr 1993 in den Bürgerkrieg verwickelten drei Personen. Aus diesen Auseinandersetzungen ging Sassou Nguesso als Sieger hervor.
...
Nach dem Tod meines Bruders flüchtete ich nach Point Noir, da ich dort eine Tante und einen Onkel hatte.
Ich hielt mich in der Folge bei meiner Tante namens P. bis April 1998 auf.
Am 2.4.1998 wurde ich bei meiner Tante von einer Gruppe Militärs festgenommen und zu einem mir unbekannten Ort gebracht. An dem mir unbekannten Ort wurde ich in einer Art Gefängnis zwei oder drei Tage festgehalten. Nach dieser Festhaltung, während welcher ich auch vergewaltigt wurde, brachte man mich wieder mit einem Auto weg und stieß mich dann mit der Aufforderung, das Land verlassen zu müssen, aus dem Auto. Sollte ich der Aufforderung nicht folgen, würde man mich umbringen.
Das Gefängnis war in einem Wald. Aus dem Auto wurde ich in der Stadt Point Noir gestoßen.
Nachdem ich nun am 4.4.1998 auf die Straße gestoßen worden war, begab ich mich weinend zu meinem Onkel, der in Point Noir wohnt. Er freute sich, mich lebend wieder zu sehen. Ich begab mich zum Onkel, da meine Tante mit mir festgenommen worden war, jedoch von mir getrennt worden war.
Mein Onkel holte seinen Sohn und den Wächter seines Grundstücks. Zu dritt brachten sie mich mit einem PKW in Richtung Angola.
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Es war Krieg. Man hat meinen Bruder getötet und wollte mich auch töten. Deshalb bin ich geflüchtet. Mein Bruder wurde von den Soldaten von Sassou Nguesso getötet, weil ich für eine Organisation der ehemaligen Regierung gearbeitet habe. Diese Organisation wurde von der Exfrau des Lissouba Pascal in Leben gerufen. Ich meine die Association Marie Bouanga.
Mein Bruder wurde nur deshalb getötet, weil er, als die Soldaten zu unserem Haus kamen, vor das Haus trat. Er trat vors Haus, weil er gehört hatte, dass Fenster zerschlagen wurden. Er wollte nachsehen, was los war.
Ich hörte dann, wie man nach mir fragte. Ich hörte Schüsse und meinen Bruder schreien: 'Flüchte, flüchte!'
Ich sprang gemeinsam mit meinen kleinen Schwestern aus dem Fenster, woraufhin wir uns aber verloren.
Ich begab mich nach meiner Flucht von zu Hause zu meiner Tante, weil es eigentlich die einzige Person war, zu der ich mich begeben konnte. ...
Ich wurde bei meiner Tante von den Soldaten des Sassou Nguesso festgenommen, weil sie nach allen Leuten, die früher für Lissouba Pascal gearbeitet hatten, suchten und mich bei meiner Tante gefunden habe. Ich wurde dort gefunden, da in Point Noir Soldaten anwesend waren, die aus meinem Stadtviertel in Brazzaville kamen.
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Frage: Können Sie erklären, aus welchem Grund Sie von irgendjemanden auf Grund ihrer Tätigkeit für das allgemeine Wohl verfolgt werden sollten?
Antwort: Bei uns ist das so. Ich habe für das frühere Regime gearbeitet. ... Weil die Organisation von der Frau des Lissouba gegründet worden war, wurde mir vorgehalten, für Lissouba gearbeitet zu haben. ...
Müsste ich nun in den Kongo zurückkehren, würde mir Misshandlung und der Tod drohen, weil ich für den früheren Präsidenten Lissouba Pascal gearbeitet haben soll.
...
Ich hielt mich bei meiner Tante auf, als ich verhaftet wurde. Soldalten kamen und sagten, dass ich wegen meiner Arbeit für Lissouba Pascal bezahlen müsste. Ich sagte, dass ich keine politische Arbeit geleistet habe, nur Lehrerin für kleine Kinder war, die keine Eltern hatten. ...
Als ich verhaftet wurde, ist auch mein Tante verhaftet worden.
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Ich war Sozialarbeiterin der Organisation Marie Bouanga des ehemaligen Präsidenten Lissouba. Nachdem Lissouba nicht mehr an der Macht war, begann der jetzige Präsident alle, die für Lissouba gearbeitet haben, zu bedrohen und verfolgen. So ist das in Afrika.
...
Selbstverständlich wurde mir etwas bei meiner Verhaftung gesagt. Man hat mir vorgeworfen, dass ich für den ehemaligen Präsidenten Lissouba gearbeitet habe, und dass alle, die für ihn gearbeitet haben, erschossen würden.
...
Es handelte sich um eine groß angelegte Aktion, man hat überall nach Leuten gesucht, die dem früheren Präsidenten nahe gestanden sind. ..."
Mit Bescheid vom 16. März 1999 wies das Bundesasylamt den Asylantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 7 AsylG ab und erklärte ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung "in den Kongo" gemäß § 8 AsylG für zulässig. Nach der Begründung schenkte die erstinstanzliche Behörde den Angaben der Beschwerdeführerin keinen Glauben.
Auf Grund der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung führte die belangte Behörde eine mündliche Verhandlung durch, in deren Rahmen die Beschwerdeführerin u.a. angab, sie habe aus ihrem Heimatland flüchten müssen, als das neue Regime an die Macht gekommen sei, weil sie mit dem alten Regime zusammengearbeitet habe. Wörtlich führte die Beschwerdeführerin aus:
"... Als ich bei der humanitären Organisation gearbeitet habe, sind wir immer im ganzen Land herumgereist, und haben gefilmt, wenn wir Spenden an alte Menschen verteilt haben, dadurch wurde ich sehr bekannt. ...
Ich habe bei einer Hilfsorganisation einer humanitären Einrichtung gearbeitet, es gab nämlich auf Grund des Bürgerkrieges im Jahre 1993 so viele Waisenkinder, so viele alte Menschen, die keinen Ort zum Schlafen hatten. So viele junge Menschen, die Drogen genommen haben. Meine Aufgabe war, die kleinen Kinder zu unterrichten, ihnen Lesen und Schreiben beizubringen. Ich war bei der Organisation als Lehrerin, aber ich bin immer in das ganze Land gefahren, um den Leuten Essen zu geben, oder Spenden zu verteilen.
...
Die Organisation heißt Marie Bouanga, nach der Mutter des Expräsidenten Lissouba benannt. ... Die Spenden, die wir verteilt haben, haben wir vom Ausland bekommen. ...
Diese Organisation gehörte der Frau von Expräsident Lissouba, und sind schon alle Mitglieder geflüchtet. Die Projekte werden nicht mehr durchgeführt. ..."
Auf eine Anfrage der belangten Behörde langte bei dieser am 10. Mai 2000 folgende - auszugsweise wiedergegebene -Auskunft der Rechtsabteilung des Regionalbüros Wien des UNHCR ein:
"Die 'Foundation Marie Bouanga', die nach der Mutter des ehemaligen Präsidenten Lissouba benannt ist, wurde im Jänner 1993 gegründet und war bis zum von Juni bis Oktober 1997 stattfindenden Bürgerkrieg tätig. ... Das Hauptziel der 'Foundation Marie Bouanga' war es, die Lebensbedingungen der Ärmsten, insbesondere der Frauen, Kinder, Älteren und Behinderten, zu verbessern. Zu diesem Zweck wurden verschiedene Projekte in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales durchgeführt. Obwohl die 'Foundation Marie Bouanga' von verschiedenen Seiten der UPADS zugerechnet wurde, versuchte sie stets ihren sozialen und nicht politischen Charakter zu betonen. Nach UNHCR vorliegenden Informationen waren Mitglieder der 'Foundation Marie Bouanga' seit dem Regierungswechsel im Oktober 1997 keinerlei Verfolgungsmaßnahmen seitens der Behörden ausgesetzt. Es muss in diesem Zusammenhang jedoch hinzugefügt werden, dass einige Fälle von Verfolgung betreffend Personen bekannt wurden, die die Arbeit der Foundation unterstützten, darüber hinaus aber auch in politische Aktivitäten involviert waren. Es ist UNHCR jedoch nicht bekannt, dass die bloße Mitgliedschaft in der 'Foundation Marie Bouanga' Grund für Verfolgungsmaßnahmen war."
Nach Vorhalt dieser Auskunft gab die Beschwerdeführerin in der Berufungsverhandlung vom 2. Oktober 2000 bei der belangten Behörde an, diese entspreche nicht den Tatsachen; der derzeitige Präsident der Republik Kongo habe einen internationalen Haftbefehl "gegen die UPADS und die Organisation bei der ich arbeitete, diese Organisation arbeitete unter der UPADS", erlassen. Zudem hätte der Präsident gesagt, dass er für den Schutz der Beschwerdeführerin nicht garantieren könne. Nicht alle Verfolgungshandlungen würden von der Presse geschildert. Das jetzige Regime wolle alles "säubern".
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Asylantrag der Beschwerdeführerin gemäß § 7 AsylG ab, erklärte aber ihre Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Republik Kongo gemäß § 8 AsylG für nicht zulässig und erteilte ihr gemäß § 15 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 18. Dezember 2001.
Ihrer Entscheidung legte die belangte Behörde zu Grunde, dass die Beschwerdeführerin ihre im Jahre 1994 begonnene Tätigkeit als Kinderbetreuerin bzw. Lehrerin für die Organisation "Marie Bouanga" nach dem neuerlichen Ausbruch des Bürgerkrieges im Juni 1997 beendet habe. Im Zuge der Bürgerkriegsereignisse im Juni 1997 seien Soldaten der Miliz "Cobra" in ihr Haus eingedrungen, es seien Schüsse gefallen, die Beschwerdeführerin habe zu einer Verwandten flüchten können. Dort sei sie von den "Cobra"-Milizen verhaftet und in der Folge vergewaltigt worden. Etwa zwei Tage darauf sei sie freigelassen und ihr angedroht worden, dass sie umgebracht würde, wenn sie sich noch einmal blicken ließe. Daraufhin sei die Beschwerdeführerin nach Österreich geflüchtet. Es könne nicht festgestellt werden, dass die Verhaftung bzw. Vergewaltigung der Beschwerdeführerin wegen ihrer Tätigkeit für die Organisation "Marie Bouanga" erfolgt sei.
Sie sei Mutter eines einjährigen Kindes.
Zur Organisation "Marie Bouanga" traf die belangte Behörde
folgende Feststellungen:
"Die Organisation 'Marie Bouanga', die nach der Mutter des
ehemaligen Präsidenten Lissouba benannt ist, wurde im Jänner 1993 gegründet und war bis zum von Juni bis Oktober 1997 stattgefundenen Bürgerkrieg tätig. Die Organisation wurde von Frau Lissouba, der Gattin des ehemaligen Präsidenten, angeführt und hatte als weitere Organe u.a. eine Vizepräsidentin und eine Generalsekretärin. Das Hauptziel der Organisation Marie Bouanga war es, die Lebensbedingungen der Ärmsten, insbesondere der Frauen, Kinder, Älteren und Behinderten zu verbessern. Zu diesem Zweck wurden verschiedene Projekte in den Bereichen Bildung, Gesundheit und Soziales durchgeführt. Obwohl die Organisation Marie Bouanga von verschiedenen Seiten der UPADS (frühere Regierungspartei des Präsidenten Lissouba) zugerechnet wurde, versuchte sie stets ihren sozialen und nichtpolitischen Charakter zu betonen.
Nach UNHCR vorliegenden Informationen waren Mitglieder der Organisation 'Marie Bouanga' seit dem Regierungswechsel im Oktober 1997 keinerlei Verfolgungsmaßnahmen seitens der Behörden ausgesetzt. Es wurden lediglich einige Fälle von Verfolgung betreffend Personen bekannt, die die Arbeit der Organisation unterstützten, darüber hinaus aber auch in politische Aktivitäten involviert waren. Dem UNHCR ist jedoch nicht bekannt, dass die bloße Mitgliedschaft in der Organisation 'Marie Bouanga' Grund für Verfolgungsmaßnahmen war."
Zur allgemeinen politischen Situation in der Republik Kongo traf die belangte Behörde nachstehende Feststellungen:
"Ein (neuerlicher) Bürgerkrieg begann im Juni 1997 und sollen bis November 1997 etwa 10.000 bis 20.000 Personen getötet worden sein. Im Oktober 1997 flüchtete der frühere Präsident Lissouba und wurde Denis Sassou-Nguesso, dessen Truppen die Vorherrschaft erringen konnten, zum Präsidenten ernannt. In bestimmten Landesteilen, hauptsächlich in und um die Hauptstadt Brazaville dauerten die Kämpfe jedoch fort und wurden schließlich im November 1999 und am 29.12.1999 Friedensabkommen zwischen den verfeindeten Milizen unterzeichnet. Allein im Jahr 1999 sollen infolge der Kämpfe etwa 200.000 Personen in die Wälder an der Grenze zur DR Kongo geflüchtet sein, die humanitäre Situation ist extrem ungünstig. Seit dem letzten Waffenstillstandsabkommen vom 29.12.1999 ist es aber zu keinen weiteren Kämpfen gekommen und hat sich die allgemeine Sicherheitslage verbessert. Bis April 2000 sollen nach Schätzungen ungefähr 600.000 von insgesamt 810.000 in andere Landesteile geflüchteten Personen zurückgekehrt sein, die humanitäre Situation bleibt aber bedenklich. Die Meinungsfreiheit ist in der Republik Kongo nicht gewährleistet, Personen, die die Regierung kritisieren, haben Verfolgung zu befürchten. Ebenso können Regierungssoldaten, die den früheren Präsidenten Lissouba unterstützt haben, Verfolgung zu befürchten haben."
Zu den Fluchtgründen der Beschwerdeführerin meinte die belangte Behörde beweiswürdigend, dass allfällige Ungereimtheiten der Angaben der Beschwerdeführerin ihre Glaubwürdigkeit nicht in Frage stellen könnten. Ihre Schilderungen stimmten im Wesentlichen mit den allgemeinen Verhältnissen in ihrem Heimatland überein. Lediglich was den Zusammenhang zwischen ihrer Verhaftung bzw. Vergewaltigung und ihrer Tätigkeit in der Organisation "Marie Bouanga" betreffe, sei der Auskunft des UNHCR zu folgen, wonach keine mit der bloßen Tätigkeit für diese Organisation in Zusammenhang gebrachte Verfolgungsmaßnahmen bekannt geworden seien. Zudem habe die Beschwerdeführerin "einen schlüssigen Zusammenhang zwischen ihrer bloß humanitären Tätigkeit und einer politisch motivierten Verfolgung nicht schlüssig darlegen können".
In rechtlicher Hinsicht begründet die belangte Behörde die Abweisung des Asylantrages mit dem Umstand, dass keine asylrelevante Verfolgung der Beschwerdeführerin vorliege. Die von der Beschwerdeführerin erlittenen Beeinträchtigungen seien vielmehr bürgerkriegsbedingte Übergriffe gegen die Zivilbevölkerung, die von verfeindeten Milizen begangen worden seien. Derartige Übergriffe, die ihren Grund primär in einem (teilweisen) Zusammenbruch des rechtsstaatlichen Systems hätten, seien aber nicht geeignet, einen Verfolgungsgrund im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention darzutun.
Die Refoulement-Entscheidung begründete die belangte Behörde mit der extremen Bürgerkriegsgefahr und der ungünstigen humanitären Situation in der Heimat der Beschwerdeführerin, die auch für ein Kleinkind zu sorgen hätte.
Über die gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die Beschwerdeführerin rügt in ihrer Beschwerde die Beweiswürdigung der belangten Behörde, weil sich diese bei der Feststellung über den Grund der Festnahme und Vergewaltigung der Beschwerdeführerin - ohne weitere Ermittlungen angestellt zu haben und ohne auf die Angaben der Beschwerdeführerin näher einzugehen - auf eine einzige Auskunft stützte. Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Recht:
Die belangte Behörde schenkte nahezu allen Angaben der Beschwerdeführein uneingeschränkt Glauben und legte sie ihren Feststellungen zu Grunde; lediglich die für ihre rechtliche Beurteilung zentrale (negative) Feststellung, es bestehe kein Zusammenhang zwischen den Verfolgungshandlungen und der Tätigkeit der Beschwerdeführerin bei der mehrfach genannten Organisation, stützte sie auf die oben wiedergegebene Auskunft des UNHCR, während die Beschwerdeführerin nach Einschätzung der belangten Behörde einen solchen Zusammenhang "nicht schlüssig darlegen konnte". Unterzieht man die besagte Auskunft einer näheren Betrachtung, ist daraus lediglich zu entnehmen, dass die "bloße Mitgliedschaft" in der Organisation kein Grund für Verfolgungsmaßnahmen sei, während Personen, die die Arbeit der Organisation unterstützten, verfolgt würden. Die Beschwerdeführerin war aber nicht "bloß Mitglied" der Organisation, sondern eine aktive Mitarbeiterin, die jahrelang landesweit tätig gewesen (und allenfalls auch bekannt geworden) ist. Abgesehen von der in der Auskunft des UNHCR selbst gelegenen Aufklärungsbedürftigkeit der Aussage, wonach zwar keine Mitglieder, aber (unter bestimmten Voraussetzungen) Unterstützer der Organisation verfolgt würden, geht aus dieser nicht hervor, dass auch eine Tätigkeit wie jene der Beschwerdeführerin für die Organisation mit der in der Auskunft genannten "bloßen Mitgliedschaft" vergleichbar ist. Zudem legte die Auskunft nicht offen, welche Quellen diesen Informationen zu Grunde liegen ("nach UNHCR vorliegenden Informationen"), zumal auch der Auskunftgeber ("nach Rücksprache mit unserer Zentrale in Genf (dürfen wir) Folgendes mitteilen") seine Quellen nicht genannt hat.
Stellt man das so relativierte Ermittlungsergebnis den Angaben der Beschwerdeführerin gegenüber, können Letztere nicht damit abgetan werden, dass die Beschwerdeführerin einen Zusammenhang zwischen ihrer Verfolgung und ihrer humanitären Tätigkeit "nicht schlüssig darlegen konnte". Wiederholt hat sie auf die geänderte politische Situation und auf die damit einhergehende Verfolgung von Sympathisanten des früheren Regimes hingewiesen, sodass es - auch in Anbetracht der der Beschwerdeführerin von der belangten Behörde grundsätzlich zuerkannten Glaubwürdigkeit - nicht nachvollziehbar ist, wenn die belangte Behörde die die abweisende Asylentscheidung tragende Feststellung nur auf eine missverständliche und ihre Quelle verschweigende Auskunft stützt. Eine solche Beweiswürdigung hält der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Schlüssigkeitsprüfung nicht stand.
Der aufgezeigte Verfahrensmangel ist auch relevant, weil bei Vorliegen eines Zusammenhanges zwischen der Tätigkeit der Beschwerdeführerin bei der genannten Organisation, die dem Umfeld des früheren Präsidenten zuzurechnen ist, und ihrer Festnahme sowie ihrer Vergewaltigung eine Verfolgung wegen ihrer politischen Gesinnung, somit aus einem asylrelevanten Grund, vorläge.
Nach dem Gesagten war der angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG i.V.m. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Wien, am 8. April 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001010100.X00Im RIS seit
16.05.2003