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41/02 Passrecht Fremdenrecht;Norm
AsylG 1997 §1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde der G, geboren 1979, vertreten durch Dr. Ludwig Franckenstein, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 42, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol vom 5. September 2002, Zl. III 4033-72/02, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Tirol (der belangten Behörde) vom 5. September 2002 wurde gegen die Beschwerdeführerin, eine jugoslawische Staatsangehörige, gemäß § 36 Abs. 1, Abs. 2 Z. 7 iVm den §§ 37 bis 39 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein bis zum 25. Juli 2005 befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Die Beschwerdeführerin sei erstmals im Jänner 2000 in das Bundesgebiet eingereist. Sie habe am 11. Februar 2000 und am 29. September 2000 Asylanträge gestellt, welche vom Bundesasylamt jeweils mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid abgewiesen worden seien. Die Beschwerdeführerin habe sich zwischenzeitlich nach Deutschland begeben, wo sie ebenfalls um Asyl angesucht habe und wo ihr Antrag ebenfalls abgewiesen worden sei. Zuletzt sei die Beschwerdeführerin in Begleitung eines Albaners, den sie in Deutschland kennen gelernt habe, Mitte Juli 2002 aus Deutschland in das Bundesgebiet eingereist. Die Beschwerdeführerin und der Albaner hätten bei ihrer Familie (insgesamt acht Personen) in einem Hotel Unterkunft genommen, das als Asylwerberunterkunft diene. Am 17. Juli 2002 sei das Bundesasylamt von der Fremdenpolizei davon verständigt worden, dass die Beschwerdeführerin rechtswidrig in der Asylwerberunterkunft aufhältig sei.
Die Beschwerdeführerin sei mittellos. Dies rechtfertige die Annahme, dass ihr weiterer Aufenthalt im Bundesgebiet die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde (§ 36 Abs. 1 Z. 1 FrG) und das wirtschaftliche Wohl des Landes beeinträchtige (§ 36 Abs. 1 Z. 2 FrG).
Die Beschwerdeführerin sei am legalen Arbeitsmarkt nicht integriert. Eine intensive familiäre Bindung bestünde zu ihrem Freund und zu ihrer Familie. Die Beschwerdeführerin sei volljährig und für niemanden sorgepflichtig. Ein relevanter Eingriff in das Privat- oder Familieleben der Beschwerdeführerin im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG liege vor. Ihr rechtswidriger Aufenthalt im Bundesgebiet und ihre Mittellosigkeit machten das Aufenthaltsverbot zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele des Schutzes der öffentlichen Ordnung, der Verhinderung strafbarer Handlungen und des Schutzes des wirtschaftlichen Wohles des Landes dringend geboten. Die privaten oder familiären Interessen der Beschwerdeführerin an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet wögen höchstens gleich schwer wie die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes. Dieses sei daher auch im Grund des § 37 Abs. 2 FrG zulässig.
Im Hinblick darauf, dass keine besonderen zu Gunsten der Beschwerdeführerin sprechenden Umstände vorlägen, könne von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens gemäß § 36 Abs. 1 FrG Abstand genommen werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1.1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen eine der in den Z. 1 und 2 umschriebenen Annahmen gerechtfertigt ist.
Gemäß Abs. 2 des § 36 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn eine Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.
1.2. Die Beschwerdeführerin bringt vor, ihr (zweiter) Asylantrag vom 29. September 2000 sei "letztendlich" mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 3. Juli 2001 zurückgewiesen worden. Die Feststellung der belangten Behörde, beide Asylanträge wären abgewiesen worden, sei aktenwidrig.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der zweite Asylantrag der Beschwerdeführerin zurückgewiesen oder abgewiesen worden ist, weil nach dem unbestrittenen rechtskräftigen Abschluss auch des zweiten Asylverfahrens jedenfalls feststeht, dass die Beschwerdeführerin keine Asylwerberin im Sinn des § 1 Z. 3 AsylG ist und § 21 Abs. 1 AsylG daher einer Anwendung des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG auf die Beschwerdeführerin nicht entgegensteht.
1.3. Nach dem Beschwerdevorbringen werde die Beschwerdeführerin von ihren in Bundesbetreuung befindlichen Familienangehörigen mitversorgt. Darüber hinaus sei sie berechtigt, in Tirol die Zuerkennung der Sozialhilfe zu beantragen.
Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht bloß über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 6. November 2001, Zl. 99/18/0310). Die volljährige Beschwerdeführerin verfügt unstrittig über kein eigenes Einkommen. Ihr Hinweis, sie werde von ihren in Bundesbetreuung befindlichen Familienmitgliedern mitversorgt bzw. sie könne in Tirol Sozialhilfe beantragen, ist als Nachweis der Mittel zu ihrem Unterhalt nicht geeignet. Die bloße Unterstützung durch andere Personen - die noch dazu selbst als Asylwerber mittellos sind -, ohne Bestehen eines Rechtsanspruches auf Alimentationsleistungen, reicht zur Sicherung des Unterhaltes nicht aus. Selbst wenn der Beschwerdeführerin Sozialhilfe zuerkannt werden sollte, so wäre damit für sie im gegebenen Zusammenhang nichts gewonnen, spräche doch gerade der Erhalt von Leistungen aus der Sozialhilfe dafür, dass sie nicht über ausreichende eigene Mittel zum Unterhalt verfügt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 7. August 2001, Zl. 2001/18/0083, und vom 28. Februar 2002, Zl. 2002/21/0011).
Die belangte Behörde kam demnach zutreffend zu dem Ergebnis, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt sei.
2. Im Hinblick auf die aus der Mittellosigkeit der Beschwerdeführerin resultierende Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und der finanziellen Belastung der Republik Österreich begegnet die Ansicht der belangten Behörde, dass die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinen Bedenken (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. 2000/18/0181).
3.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid auch im Grund des § 37 FrG. Die belangte Behörde habe die gebotene Interessensabwägung unterlassen. Die Beschwerdeführerin weise eine starke Bindung zu ihren in Österreich (als Asylwerber) lebenden Familienmitgliedern auf. Ihr Verbleib im Familienverband sei schon deshalb dringend geboten, weil ihr kranker Vater als Dialysepatient auf sie angewiesen sei. Sie habe außerhalb Österreichs lediglich Bindungen zum Kosovo, in den sie allerdings nicht zurückkehren könne, weil sie als Angehörige der Roma von der albanischen Zivilbevölkerung an der Rückkehr gehindert werde.
3.2. Auch mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheid auf.
Die belangte Behörde hat zutreffend einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben der Beschwerdeführerin angenommen. Ebenso zutreffend hat sie aber die Auffassung vertreten, dass das gegen die Beschwerdeführerin erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei, weil es zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele (Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens und Schutz des wirtschaftlichen Wohls des Landes) dringend geboten erscheint. Gegen die Beurteilung der belangten Behörde im Grund des § 37 Abs. 2 FrG, dass die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation der Beschwerdeführerin nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung, bestehen ebenfalls keine Bedenken. Die aus ihrem Aufenthalt im Bundesgebiet seit Jänner 2000 allenfalls ableitbare Integration wiese im Hinblick auf die Unterbrechung dieses Aufenthaltes durch die Ausreise nach Deutschland und die erst Mitte Juli 2002 erfolgte Rückkehr nach Österreich sowie ihren seither unrechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet nur ein geringes Ausmaß auf. Auch ihr Hinweis, ihr kranker Vater sei in Österreich auf die Betreuung durch die Beschwerdeführerin angewiesen, vermag das Gewicht ihres Interesses an einem weiteren Aufenthalt nicht maßgeblich zu verstärken, zumal sie die unter den vorliegenden Umständen erforderliche Konkretisierung unterlassen hat, weshalb ihrem Vater eine medizinische Versorgung in Österreich ohne ihre Anwesenheit nicht möglich wäre bzw. wie sich die behauptete Betreuungsbedürftigkeit ihres Vaters mit ihrer freiwilligen Ausreise nach Deutschland vereinbaren ließ.
Dem Vorbringen betreffend die (behauptete) Unmöglichkeit einer Rückkehr in ihr Heimatland ist entgegenzuhalten, dass durch § 37 FrG die Führung eines Privat- und Familienlebens außerhalb Österreichs nicht gewährleistet wird und mit einem Aufenthaltsverbot nicht darüber abgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde.
4. Gegen die Dauer des Aufenthaltsverbotes bringt die Beschwerdeführerin vor, dass das Verstreichen von drei Jahren "offensichtlich nie notwendig" gewesen sei.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Aufenthaltsverbot - unter Bedachtnahme auf § 39 Abs. 1 FrG - für jenen Zeitraum, nach dessen Ablauf vorhersehbarerweise der Grund für seine Verhängung weggefallen sein wird, und auf unbestimmte Zeit (unbefristet) zu erlassen, wenn ein Wegfall des Grundes für seine Verhängung nicht vorhergesehen werden kann. Die Annahme der belangten Behörde, dass dies vorliegend erst nach Ablauf von drei Jahren der Fall sein werde, begegnet im Hinblick auf die, wenn überhaupt, nur geringe Integration der Beschwerdeführerin in Österreich und unter Berücksichtigung des großen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der aus dem Aufenthalt mittelloser Fremder resultierenden Gefahren keinen Bedenken. Die Beschwerde zeigt keine Umstände auf, die den Schluss zuließen, dass der Wegfall der für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Gründe vor Ablauf dieses Zeitraumes erwartet werden könnte.
5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 10. April 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003180059.X00Im RIS seit
08.05.2003