Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde des H in N, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger und Dr. Helmut Atzl, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Maderspergerstraße 8/I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 31. Mai 2001, Zl. 91.508/5027-III/7/01, betreffend Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur", zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 31. Mai 2001 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990, abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer habe nach den seinem Verleihungsantrag beigefügten Unterlagen am 15. Oktober 1990 die Reifeprüfung an einer Höheren technischen Lehranstalt, Fachgebiet Maschinenbau-Betriebstechnik, abgelegt. Seit dem 1. Jänner 1993 sei er bei der Hans B. GmbH, Abschleppdienst-Karosseriefachbetrieb als Leiter der Spenglerei und Lackiererei tätig. Seit 16. Oktober 1997 sei er Geschäftsführer und Leiter des gesamten mechanischen Werkstättenbereiches, verantwortlich für 35 Mitarbeiter. In dieser Funktion sei er nicht nur für den gesamten Kundendienst, die gesamte maschinelle Einrichtung (Opazimeter, Bremsenprüfstand, Motortester, optischer Achs- und Rahmenrichtstand, 12 Hebebühnen etc.), sondern auch für den technischen Ein- und Verkauf sowie für die gesamte Kostenrechnung zuständig. Weiters oblägen ihm die gesamte Arbeitseinteilung im Betrieb, die versicherungstechnische Abwicklung von Unfallschäden sowie die Lehrlingsausbildung. Nun müsse die für die Verleihung der Standesbezeichnung "Ingenieur" erforderliche Berufspraxis überwiegend Tätigkeiten zum Gegenstand haben, die jenen Lehrinhalten entsprächen, die das Spezifikum (die Fachrichtung) jener Höheren technischen Lehranstalt darstellten, die vom Antragsteller mit Ablegung der Reifeprüfung absolviert worden sei. Dieses Spezifikum ergebe sich in Ansehung der Fachrichtung Maschinenbau-Betriebstechnik aus den wesentlichsten technischen Unterrichtsgegenständen (Mechanik, Maschinenkunde, Mechanische Technologie, Werkzeug- und Vorrichtungsbau, Werkzeugmaschinen, Betriebstechnik). Die Hans B. GmbH übe laut dem zentralen Gewerberegister das Kraftfahrzeugmechanikergewerbe, das Güterbeförderungsgewerbe im Nahverkehr (Güternahverkehr), das Handelsgewerbe und das Gewerbe "Versicherungsmakler" aus. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Berufspraxis bei der Hans B. GmbH habe nicht überwiegend Tätigkeiten zum Gegenstand, die den Lehrinhalten der erwähnten Unterrichtsgegenstände entsprächen. Vielmehr handle es sich überwiegend um Tätigkeiten, die den gewerblichen Tätigkeiten der Hans B. GmbH eigentümlich seien. Sie stellten Tätigkeiten dar, die weder qualitativ noch quantitativ im überwiegenden Maße höhere Maschinenbau-Betriebstechnikkenntnisse voraussetzten. Sie erforderten (lediglich) Fachkenntnisse, wie sie während der gewerblichen Berufsausbildung nach dem Berufsausbildungsgesetz vermittelt würden. Daran vermöge auch die Größe des Unternehmens nichts zu ändern. Anrechenbare Tätigkeiten wie die Planung und Berechnung von Maschinen und technischen Anlagen oder die Konstruktion von Bauteilen und Baugruppen der Fertigungstechnik, Produktionsplanung und -Steuerung, kostengünstige Gestaltung eines maschinenbaulichen Betriebes u.ä., die höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes Maschinenbau-Betriebstechnik voraussetzten, gingen aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen nicht hervor; sie seien in einem derartigen Unternehmen in der Regel auch nicht anzunehmen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Verleihung der Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen verletzt. Er bringt hiezu im Wesentlichen vor, er sei u.a. seit 16. Oktober 1997 Geschäftsführer und Leiter des gesamten Werkstättenbereiches, verantwortlich für 35 Mitarbeiter eines Kfz-Fachbetriebes. Er sei für den gesamten Kundendienst, die gesamte technische Einrichtung, für den technischen Ein- und Verkauf und für die gesamte Kostenrechnung zuständig. Er nehme die gesamte Arbeitseinteilung im Betrieb, die versicherungstechnische Abwicklung von Schäden und die gesamte Lehrlingsausbildung vor. Ohne jeden Zweifel habe im Zuge dieser Tätigkeit die höheren Fachkenntnisse, die er durch seine Ausbildung an der Höheren technischen Lehranstalt, Maschinenbau-Betriebstechnik, erworben habe, einzusetzen. Es seien qualifizierte Werkzeugmaschinen zu betreuen, Mechanik, Maschinenkunde und mechanische Technologie spielten ebenso eine besondere Rolle wie der Werkzeug- und Vorrichtungsbau für die Werkstätte selbst. Laufend habe der Beschwerdeführer mit den Erfordernissen der Betriebstechnik zu tun und erfülle solcherart jene Voraussetzungen, die im § 2 der Durchführungsverordnung zum Ingenieurgesetz normiert seien. Von den im § 2 dieser Verordnung genannten Tätigkeiten übe er Folgende laufend aus:
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Verfassung und Prüfung von einfacheren Projekten einschließlich der Massen- und Materialermittlungen;
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Verfassung von Leistungsverzeichnissen;
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Kostenberechnungen und Endabrechnungen;
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Konstruktion und Berechnung von einfacheren Apparaten,
Geräten und Werkzeugen;
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Leitende Tätigkeit in einem maschinell eingerichteten Betrieb;
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Überwachung technischer Anlagen;
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Fertigungsplanung und Fertigungssteuerung;
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Durchführung von Arbeits- und Zeitstudien;
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Arbeitsvorbereitung;
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Technischer Ein- und Verkauf sowie Tätigkeit in der Kundendiensttechnik".
All diese Tätigkeiten, die in einer Kfz-Werkstätte des Umfangs der Hans B. GmbH vom Leiter laufend vorzunehmen seien, würden im überwiegenden Maße höhere Fachkenntnisse auch und gerade im Bereich des Maschinenbaus und der Betriebstechnik bedingen. Die belangte Behörde habe zu Unrecht bloß Mutmaßungen darüber angestellt, ob die vom Beschwerdeführer ausgeübten Tätigkeiten höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes Maschinenbau-Betriebstechnik voraussetzten. Sie sei zu Unrecht zum Ergebnis gelangt, dass dies in einem Unternehmen wie in jenem der Hans B. GmbH nicht der Fall sei. Die belangte Behörde habe ihre Feststellungen getroffen, ohne weitere Erhebungen zur Klärung des Sachverhaltes vorzunehmen. Abgesehen von der Einsichtnahme in ihr zentrales Gewerberegister, über deren Ergebnis sie dem Beschwerdeführer im Übrigen kein Parteiengehör eingeräumt habe, habe die belangte Behörde keinen Beweis erhoben; insbesondere fehle ein Beweisergebnis, das die Feststellung tragen könnte, i. S.d. Durchführungsverordnung zum Ingenieurgesetz anrechenbare Tätigkeiten würden im Betrieb der Hans B. GmbH nicht erbracht. Ein Sachverständigengutachten zur Berufspraxis des Beschwerdeführers sei nicht eingeholt worden. Vielmehr lägen den Feststellungen der belangten Behörde bloße Annahmen zu Grunde.
Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Ingenieurgesetz 1990 ist die Berechtigung zur Führung der Standesbezeichnung "Ingenieur" Personen zu verleihen, die
a) die Reifeprüfung nach dem Lehrplan inländischer Höherer technischer oder Höherer land- und forstwirtschaftlicher Lehranstalten erfolgreich abgelegt und
b) eine mindestens dreijährige Berufspraxis absolviert haben, die höhere Fachkenntnisse auf dem Fachgebiet voraussetzt, auf dem die Reifeprüfung abgelegt wurde.
Nach § 2 der zum Ingenieurgesetz ergangenen Durchführungsverordnung ist eine berufliche Tätigkeit anzurechnen, wenn sie erlaubt und selbständig oder in einem Dienstverhältnis ausgeübt wurde und im überwiegenden Maße höhere Fachkenntnisse des Fachgebietes voraussetzt.
Der belangten Behörde ist zuzugestehen, dass Tätigkeiten, die typischerweise im Rahmen eines Gewerbes ausgeübt werden, für dessen Antritt nicht eine entsprechende höhere Ausbildung gefordert wird, in der Regel nicht als höherwertige Tätigkeit i. S.d. § 4 Abs. 1 Z. 1 lit. b Ingenieurgesetz angesehen werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/04/0173).
Die belangte Behörde konnte weiters auf Grund der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Beschreibung seiner Berufspraxis davon ausgehen, dass er in einem Abschleppdienst-Karosseriefachbetrieb zunächst als Leiter der Spenglerei und Lackiererei tätig und schließlich als Geschäftsführer und Leiter des mechanischen Werkstättenbereiches für die maschinelle Einrichtung, den technischen Ein- und Verkauf, die Kostenrechnung sowie die Arbeitseinteilung im Betrieb, die versicherungstechnische Abwicklung von Unfallschäden sowie die Lehrlingsausbildung verantwortlich sei.
Die Auffassung, es handle sich bei den vom Beschwerdeführer genannten Tätigkeiten um solche, die in einem entsprechenden Gewerbebetrieb im Allgemeinen zu besorgen sind und typischerweise zu den Tätigkeiten gehören, deren fachliche Voraussetzungen im Rahmen der gewerblichen Berufsausbildung erworben werden, ist nicht als rechtswidrig zu beanstanden; hat der Beschwerdeführer doch weder im Verwaltungsverfahren, noch selbst in der vorliegenden Beschwerde ein konkretes Vorbringen erstattet, dem zu entnehmen wäre, im Rahmen der von ihm im Gewerbebetrieb verrichteten Tätigkeiten seien im konkreten Fall auch solche Tätigkeiten zu besorgen, die - abweichend vom Regelfall - höhere Fachkenntnisse erforderten und die überdies den überwiegenden Teil der vom Beschwerdeführer ausgeführten Tätigkeiten bildeten. Vielmehr hat er sich auf die Behauptung beschränkt, die von ihm in der Kfz-Werkstätte laufend vorgenommenen Leitungstätigkeiten würden "im überwiegenden Maße höhere Fachkenntnisse auch und gerade im Bereich des Maschinenbaus und der Betriebstechnik" bedingen.
Nun ist es nicht ausgeschlossen, dass im Rahmen eines entsprechenden Gewerbebetriebes tatsächlich Tätigkeiten verrichtet werden, die derartige höhere Fachkenntnisse erfordern. Es wäre allerdings Sache des Beschwerdeführers gewesen, konkret darzustellen, dass und aus welchen Gründen dies im vorliegenden Fall zutrifft. Ohne Zutun des Antragstellers kann die Behörde entsprechende Feststellungen über die von ihm tatsächlich ausgeübte Berufspraxis nämlich nicht treffen. Wenn die belangte Behörde daher auf der Grundlage des vom Beschwerdeführer erstatteten Vorbringes zur Auffassung gelangte, die von ihm verrichteten Tätigkeiten seien nicht i.S.d. § 2 der zum Ingenieurgesetz ergangenen Durchführungsverordnung anzurechnen, so liegt ihr keine Rechtswidrigkeit zur Last.
Soweit der Beschwerdeführer aber rügt, der belangten Behörde seien Verfahrensfehler unterlaufen, ist er darauf hinzuweisen, dass Verfahrensfehler nur dann zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides führen, wenn sie wesentlich i.S.d. § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG sind, d.h., wenn die Behörde bei ihrer Vermeidung zu einem im Ergebnis anders lautenden Bescheid gelangt wäre, wobei es Sache des Beschwerdeführers ist, die Wesentlichkeit behaupteter Verfahrensmängel darzutun. Dieser Anforderung ist der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nicht nachgekommen.
Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 23. April 2003
Schlagworte
Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung MitwirkungspflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001040172.X00Im RIS seit
27.05.2003