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E000 EU- Recht allgemein;Norm
31989L0336 Elektromagnetische Verträglichkeits-RL Art9 Abs1 litc;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Rigler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der E AG in M, vertreten durch Kerres & Diwok, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Schubertring 2, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 8. Oktober 2002, Zl. 94424/29- I/14/02, betreffend Untersagung des Inverkehrbringens elektrischer Betriebsmittel, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid untersagte die belangte Behörde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 9 Abs. 4 Z. 2 Elektrotechnikgesetz 1992 - ETG 1992, BGBl. Nr. 106/1993, "in Zusammenhalt mit dem Prüfbericht EMV-E 31/02 von Seibersdorf Research, welcher einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides bildet", das Inverkehrbringen eines näher bezeichneten elektrischen Betriebsmittels. Weiters wurde ausgesprochen, dass an Prüfkosten "gemäß § 9 Abs. 9 ETG 1992 auf Grund der sicherheitstechnischen Mängel EUR 5.372,51 zu entrichten" seien.
In der Begründung dieses Bescheides heißt es zunächst, bei den gegenständlichen Geräten handle es sich um Einrichtungen der Informationstechnik die dem ETG 1992 und insbesondere der Elektromagnetischen Verträglichkeitsverordnung 1995 - EMVV 1995, BGBl. Nr. 52/1995 i.d.F. BGBl. Nr. 4/1996, unterlägen. Die EMVV 1995 stelle die österreichische Rechtsumsetzung der Richtlinie 89/336/EWG (EMV-Richtlinie) dar. Für derartige Geräte verleihe, gemäß Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften C 190/5 vom 10. August 2002, die harmonisierte Norm EN 55022:1994 (Grenzwerte und Messverfahren für Funktionsstörungen von Einrichtungen der Informationstechnik) einschließlich der Änderungen A1:1995 und A2:1997 die Vermutung der Konformität mit den Anforderungen der EMVV 1995 im Hinblick auf die Störaussendung. Da die gegenständlichen Geräte zum bestimmungsgemäßen Gebrauch im Wohn- und Geschäftsbereich bestimmt seien und auch dafür in Verkehr gebracht würden, seien die Grenzwerte der Klasse B der zitierten Norm anzuwenden. Alternativ würde die harmonisierte Norm EN 55022:1998 mit Änderung A1:2000 ebenfalls zur Konformitätsvermutung führen. Der Unterschied zwischen den beiden zitierten Normen sei für die gegenständlichen Geräte ohne Bedeutung. Aus dem Prüfbericht Nr. EMV-E 31/02 der für derartige Prüfungen akkreditierten Prüfstelle Seibersdorf Research gehe hervor, dass die gegenständlichen Geräte den angeführten harmonisierten Normen nicht entsprächen, weil insbesondere im Frequenzbereich von 0,15 MHz bis 30 MHz die zulässigen Grenzwerte sogar der Klasse A für Störsignale am Netzanschluss erheblich überschritten würden. Die Überschreitungen seien so groß, dass die Anwendung der statistischen Auswertung (7.2.3. von EN 55022) zu keiner wesentlichen Änderung des Prüfergebnisses führen würde.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird sodann die Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei zum Prüfbericht der Prüfstelle Seibersdorf Research wiedergegeben und daran anschließend eine Auseinandersetzung der belangten Behörde mit den einzelnen Punkten dieser Stellungnahme. Dabei heißt es u.a., der Umstand, dass der beschwerdeführenden Partei keine von den gegenständlichen Geräten verursachten Störungen bekannt seien, sei im Zusammenhang mit der Frage, ob die Geräte der EMVV 1995 entsprächen, ohne Bedeutung. Die EMVV 1995 (die EMV-Richtlinie) schreibe zwingend eine positive Konformitätsbewertung durch den Hersteller, gegebenenfalls unter Mitwirkung einer zuständigen Stelle, als Voraussetzung für das rechtmäßige Inverkehrbringen der Geräte vor. Auch die Marktüberwachungsmaßnahmen der Behörde seien im Stadium des Inverkehrbringens zu setzen und hätten sich an der Konformität des Gerätes mit den Anforderungen der Richtlinie zu orientieren.
Weiters heißt es an anderer Stelle, es werde anerkannt, dass die Firma A das Konformitätsbewertungsverfahren nach Art. 10 Abs. 2 der EMV-Richtlinie (§ 8 Abs. 2 EMVV 1995) "formalrichtig" angewandt habe, indem sie die Zertifikate 02-007, 02-009, 02-010 und 02-011 der zuständigen Stelle der C eingeholt habe, in denen die Konformität der Geräte mit der EMV-Richtlinie bestätigt werde. Die Firma A habe im Zuge ihrer Stellungnahme diese Zertifikate und schon vorher im Zuge des Ermittlungsverfahrens die (näher bezeichneten) Testberichte vorgelegt. Aus Artikel 7 Abs. 3 der EMV-Richtlinie (§ 6 Abs. 3 EMVV 1995) könne aber selbstverständlich nicht abgeleitet werden, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet wären, unter allen Umständen Geräte, die mit einem Zertifikat einer zuständigen Stelle versehen seien, als richtlinienkonform zu akzeptieren; mit anderen Worten, dass es den Behörden untersagt wäre, selbst, im Zuge der Marktüberwachung, die Nichtkonformität der Geräte nachzuweisen. Vielmehr folge aus Artikel 7 Abs. 3 der EMV-Richtlinie nur, dass ein derartiges Zertifikat ebenso die Konformitätsvermutung verleihe wie die Anwendung der harmonisierten Normen. Das folge auch aus Artikel 9 Abs. 1 lit. a EMV-Richtlinie (§ 7 Abs. 2 lit. a EMVV 1995), aus dem hervorgehe, dass einzelstaatliche Beschränkungen des Inverkehrbringens auch dann vorgesehen seien, wenn Geräte ohne Anwendung der harmonisierten Normen die Schutzanforderungen des Artikel 4 der EMV-Richtlinie nicht erfüllten. Diesen Fall in Betracht zu ziehen wäre sinnlos, wenn es den Mitgliedstaaten untersagt wäre, Zertifikate zuständiger Stellen anzuzweifeln. Konformität mit den Schutzzielen der Richtlinie sei dann gegeben, wenn ein mindestens gleichwertiger Schutz wie bei Anwendung der harmonisierten Normen erreicht werde, weil diese Normen den Stand der Technik repräsentierten. Dies ergebe sich daraus, dass diese Normen auf Grund einer Beauftragung durch die Europäische Kommission spezifisch dazu erstellt würden, die Einhaltung der Schutzziele der Richtlinie zu gewähren und somit der von ihnen definierte Schutzgrad als der durch die Richtlinie angestrebte zu betrachten sei. Dass das Maß der zulässigen Störungen durch die harmonisierten Normen definiert werde, auch wenn diese im Einzelfall nicht oder nicht vollständig angewandt worden seien, folge auch aus Anhang III der EMVV 1995 (Anhang III EMV-Richtlinie), wo das Maß der erforderlichen Störfestigkeit durch die von normgerechten Geräten ausgehenden Störungen definiert werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der nach ihrer Promulgationsklausel sich auf § 3 Abs. 4 und 6, § 7 Abs. 1, Abs. 5 und Abs. 6 und § 10 Abs. 2 des Elektrotechnikgesetzes 1992 - ETG 1992, BGBl. Nr. 106/1993, sowie § 205 des Berggesetzes 1975, BGBl. Nr. 259, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 633/1994, sowie aus § 3 Abs. 3 des Fernmeldegesetzes 1993, BGBl. Nr. 908, stützende Verordnung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten und des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr über elektromagnetische Verträglichkeit (Elektromagnetische Verträglichkeitsverordnung 1995 - EMVV 1995), BGBl. Nr. 52/1995, heißt es:
"Zweck und Gegenstand:
§ 2. (1) Zweck dieser Verordnung ist die Umsetzung der Richtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 3. Mai 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit (89/336/EWG), geändert durch die Richtlinie des Rates vom 29. April 1991 (91/263/EWG), die Richtlinie des Rates vom 28. April 1992 (92/31/EWG), die Richtlinie des Rates vom 22. Juli 1993 (93/68/EWG) sowie die Richtlinie des Rates vom 29. Oktober 1993 (93/97/EWG), in österreichisches Recht.
(2) Diese Verordnung gilt für Geräte, die elektromagnetische Störungen verursachen können oder deren Betrieb durch diese Störungen beeinträchtigt werden kann. Sie legt die Schutzanforderungen auf diesem Gebiet sowie die entsprechenden Kontrollmaßnahmen fest.
(3) ...
(4) ..."
§ 4 dieser Verordnung lautet:
"Die im § 2 bezeichneten Geräte müssen so hergestellt werden, dass
a) die Erzeugung elektromagnetischer Störungen so weit begrenzt wird, dass ein bestimmungsgemäßer Betrieb von Fernmeldeanlagen sowie sonstige Geräte möglich ist und
b) die Geräte eine angemessene Störfestigkeit aufweisen.
Die wesentlichen Schutzanforderungen gemäß Anhang III sind maßgeblich."
Die §§ 6 bis 8 dieser Verordnung haben auszugsweise folgenden
Wortlaut:
"Konformitätsvermutung
§ 6. (1) Von der Einhaltung der in § 4 bezeichneten wesentlichen Schutzanforderungen ist bei Geräten auszugehen, die übereinstimmen
a) mit den einschlägigen harmonisierten Normen deren Fundstellen im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht wurden beziehungsweise den Österreichischen Bestimmungen für die Elektrotechnik, in die diese umgesetzt worden sind.
b) mit den einschlägigen nationalen Normen gemäß Abs. 2, falls in den von diesen Normen abgedeckten Bereichen keine harmonisierten Normen bestehen.
(2) Nationale Normen von Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes können nach dem in Artikel 7 Abs. 2 und Artikel 8 Abs. 2 der Richtlinie 89/336/EWG (§ 2 Abs. 1) festgelegten Verfahren, für die Mitgliedstaaten der EFTA modifiziert durch den EWR-Vertrag, ebenfalls anerkannt werden, mit der Wirkung, dass bei Geräten, die mit ihnen übereinstimmen, ebenfalls von der Einhaltung der Schutzanforderungen nach § 4 ausgegangen werden kann. Die Fundstellen dieser Normen sind im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht.
(3) Geräte, bei denen der Hersteller die in Abs. 1 genannten Normen nicht oder nur teilweise angewandt hat, oder für die keine Normen vorhanden sind, werden als den in § 4 bezeichneten Schutzanforderungen entsprechend betrachtet, wenn ihre Übereinstimmung mit diesen Schutzanforderungen durch die in § 8 Abs. 2 genannte Bescheinigung bestätigt wird.
Schutzklausel
§ 7. (1) Stellt die Behörde (§ 13 und § 14 Abs. 2 ETG 1992 bzw. §§ 36 und 37 Fernmeldegesetz 1993) fest, dass ein mit einer der in § 8 genannten Bescheinigungen versehenes Gerät den in § 4 bezeichneten Schutzanforderungen nicht entspricht, so ergreift sie alle ihr zu Gebote stehenden zweckdienlichen Maßnahmen, um das Inverkehrbringen des betreffenden Gerätes rückgängig zu machen oder zu verbieten oder seinen freien Verkehr einzuschränken.
(2) Die Behörden teilen ihre nach Abs. 1 getroffenen Maßnahmen unverzüglich der Europäischen Kommission im Wege des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten mit und geben die Gründe für ihre Entscheidung an, insbesondere, ob die Nichtübereinstimmung zurückzuführen ist
a) auf die Nichterfüllung der in § 4 genannten Schutzanforderungen, falls das Gerät nicht den in § 6 Abs. 1 genannten Normen entspricht;
b) auf eine mangelhafte Anwendung der in § 6 Abs. 1 genannten Normen;
c) auf einen Mangel der in § 6 Abs. 1 genannten Normen selbst.
(3) Stellt die Behörde fest, dass ein nicht übereinstimmendes Gerät mit einer Bescheinigung nach § 8 versehen ist, so ergreift sie gegen den Aussteller dieser Bescheinigung die entsprechenden Maßnahmen und unterrichtet hievon im Wege des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten die Europäische Kommission und die übrigen Mitgliedstaaten der EU.
Konformitätsnachweise
§ 8. (1) Bei Geräten, bei denen der Hersteller die in § 6 Abs. 1 genannten Normen angewandt hat, wird die Übereinstimmung der Geräte mit den Vorschriften dieser Richtlinie durch eine vom Hersteller oder von seinem in einem der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes niedergelassenen Bevollmächtigten ausgestellte EG-Konformitätserklärung bescheinigt. Diese Erklärung muss für die zuständige Behörde (§ 13 und § 14 Abs. 2 ETG 1992 bzw. §§ 36 und 37 Fernmeldegesetz 1993) während eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Inverkehrbringen der Geräte zur Verfügung gehalten werden. Der Hersteller oder sein in einem der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes niedergelassener Bevollmächtigter hat ferner die CE-Konformitätskennzeichnung auf dem Gerät oder - wenn dies nicht möglich ist - auf der Verpackung, der Bedienungsanleitung oder dem Garantieschein anzubringen. Sind weder der Hersteller noch sein Bevollmächtigter in einem der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes niedergelassen, so gilt die genannte Verpflichtung, die EG-Konformitätserklärung verfügbar zu halten, für denjenigen, der das Gerät im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr bringt. Die Bestimmungen über die EG-Konformitätserklärung und die CE-Konformitätskennzeichnung sind in Anhang I enthalten.
(2) Bei Geräten, bei denen der Hersteller die in § 6 Abs. 1 genannten Normen nicht oder nur teilweise angewandt hat oder für die keine Normen vorhanden sind, hat der Hersteller oder sein in einem der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes niedergelassener Bevollmächtigter für die zuständigen Behörden (§ 13 und § 14 Abs. 2 ETG 1992 bzw. §§ 36 und 37 Fernmeldegesetz 1993) vom Inverkehrbringen an eine technische Dokumentation zur Verfügung zu halten. Darin wird das Gerät beschrieben und die Maßnahmen zur Gewährleistung der Übereinstimmung des Gerätes mit den in § 4 genannten wesentlichen Schutzanforderungen dargelegt; ferner umfasst diese Dokumentation einen technischen Bericht oder eine Bescheinigung, die von einer zuständigen Stelle (§ 1 Z 5) ausgefertigt sein müssen. Die Dokumentation muss für die zuständigen Behörden während eines Zeitraumes von zehn Jahren nach Inverkehrbringen der Geräte zur Verfügung gehalten werden. Sind weder der Hersteller noch sein Bevollmächtigter in einem der Mitgliedstaaten des Europäischen Wirtschaftsraumes niedergelassen, so gilt die genannte Verpflichtung, die technische Dokumentation verfügbar zu halten, für denjenigen, der das Gerät im Europäischen Wirtschaftsraum in Verkehr bringt. Die Übereinstimmung der Geräte mit dem in der technischen Dokumentation beschriebenen Gerät wird gemäß dem Verfahren des Abs. 1 durch die Anbringung der CE-Konformitätskennzeichnung bescheinigt.
(3) ...
(4) ...
(5a) ...
(6) ...
(7) ...
(8) ...
(9) ..."
Der Anhang III dieser Verordnung hat folgenden Wortlaut:
"ERLÄUTERNDES VERZEICHNIS DER
WESENTLICHEN SCHUTZANFORDERUNGEN
Der Höchstwert der von den Geräten ausgehenden elektromagnetischen Störungen muss so bemessen sein, dass der Betrieb insbesondere folgender Geräte nicht beeinträchtigt wird:
a)
private Ton- und Fernsehrundfunkempfänger,
b)
Industrieausrüstungen,
c)
mobile Funkgeräte,
d)
kommerzielle mobile Funk- und Funktelefongeräte,
e)
medizinische und wissenschaftliche Apparate und Geräte,
f)
informationstechnologische Geräte,
g)
Haushaltsgeräte und elektronische Haushaltsausrüstungen,
h)
Funkgeräte für die Luft- und Seeschifffahrt,
i)
elektronische Unterrichtsgeräte,
j)
Telekommunikationsnetze und -geräte,
k)
Sendegeräte für Ton- und Fernsehrundfunk,
l)
Leuchten und Leuchtstofflampen.
Die - insbesondere unter den Buchstaben a bis l genannten - Geräte müssen so beschaffen sein, dass sie in einem normalen EMV-Umfeld ein angemessenes Störfestigkeitsniveau an ihrem Einsatzort aufweisen, damit sie unter Berücksichtigung der Werte hinsichtlich der Störung, die von den Geräten ausgeht, die den Normen des § 6 entsprechen, ohne Beeinträchtigung betrieben werden können.
Die für einen bestimmungsgemäßen Betrieb des Gerätes erforderlichen Angaben müssen in der beigefügten Bedienungsanleitung enthalten sein."
Aus der Begründung des angefochtenen Bescheides lässt sich entnehmen, dass die belangte Behörde davon ausgegangen ist, es handle sich bei den in Frage stehenden Geräten um solche, die mit einer Bescheinigung nach § 8 Abs. 2 EMVV 1995 versehen sind ("Es wird anerkannt, dass die Fa. A das Konformitätsbewertungsverfahren nach Artikel 10 Abs. 2 EMV-Richtlinie (§ 8 Abs. 2 EMVV 1995) formalrichtig angewandt hat ...").
Wie sich nun aus § 6 Abs. 3 EMVV 1995 ergibt, besteht - auch -
für solche Geräte, bei denen der Hersteller die (u.a.) einschlägigen harmonisierten Normen nicht oder nur teilweise angewandt hat ("... werden als den im § 4 bezeichneten Schutzanforderungen entsprechend betrachtet, wenn ihre Übereinstimmung mit diesen Schutzanforderungen durch die im § 8 Abs. 2 genannte Bescheinigung bestätigt wird") eine Konformitätsvermutung durch eine in dieser Verordnungsstelle genannte Bescheinigung.
Wie sich nun aus dem angefochtenen Bescheid weiters ableiten lässt, hat die belangte Behörde für diese (der Konformitätsvermutung unterliegenden) Geräte die Schutzklausel § 7 Abs. 1 EMVV 1995 angewandt.
Damit war (zunächst) die Frage zu beantworten, ob diese Geräte - als "mit einer der im § 8 genannten Bescheinigungen" versehenen Geräte - den im § 4 bezeichneten Schutzanforderungen nicht entsprechen. Letzteres wurde von der belangten Behörde bejaht und geht darüber - im Vordergrund stehend - der vorliegende Rechtsstreit.
In der Beschwerde wird dazu im Wesentlichen vorgebracht, für den Gegenbeweis, dass ein Gerät den technischen Anforderungen der EMVV 1995 (bzw. der Richtlinie 89/336/EWG des Rates vom 3. Mai 1989 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die elektromagnetische Verträglichkeit - im Folgenden EMV RL) nicht entspreche, sei auf die Kriterien des § 4 und Anhang III der EMVV 1995 (bzw. des Artikel 4 und Anhang III der EMV-RL) abzustellen. Der Prüfbericht von Seibersdorf Research enthalte keine Aussage über mögliche Konsequenzen der technischen (und vor allem elektromagnetischen) Eigenschaften der Geräte, sondern treffe lediglich eine Aussage darüber, dass der Prüfgegenstand den Anforderungen einer harmonisierten Norm (nämlich jener der EM 55022:1998 und A1:2000) nicht erfülle. Die Frage, ob die Geräte die Anforderungen irgendeiner harmonisierten Norm erfüllten oder nicht, sei jedoch nicht entscheidend, weil § 6 Abs. 3 i.V.m. § 8 Abs. 2 EMVV 1995 (bzw. Artikel 7 Abs. 3 i.V.m. Artikel 10 Abs. 2 EMV-RL) die freie Wahl gewährten, wie die Erfüllung der Schutzanforderungen nachgewiesen werde, nämlich entweder durch die Einhaltung einer harmonisierten Norm oder durch - im Wesentlichen - die Bescheinigung einer zuständigen Stelle. Entscheide man sich für die Nichtanwendung der harmonisierten Norm, dann sei die harmonisierte Norm unbeachtlich für die Frage, ob die Schutzanforderungen der EMVV 1995 (bzw. der EMV-RL) erfüllt worden seien. Der Bescheid vermeine unrichtig, dass Konformität mit den Schutzzielen der EMVV 1995 nur dann gegeben sei, wenn mindestens gleichwertiger Schutz wie bei Anwendung der harmonisierten Norm erreicht werde bzw. die in Frage stehenden Geräte zumindest einen der harmonisierten Normen gleichartigen Schutz bieten müssten, weil harmonisierten Normen den Stand der Technik repräsentierten.
Die beschwerdeführende Partei ist damit im Recht:
Wie die beschwerdeführende Partei zutreffend ausführt, besteht eine Konformitätsvermutung nach § 6 EMVV 1995 nicht nur im Fall des § 6 Abs. 1 lit. a EMVV 1995 (verkürzt: Übereinstimmung mit harmonisierten Normen), sondern etwa auch dann, wenn harmonisierte Normen im Sinne des § 6 Abs. 1 lit. a, obwohl solche vorhanden sind, vom Hersteller nicht angewandt wurden (arg.: ... nicht oder nur teilweise angewandt hat ..."). Die EMVV 1995 (im Einklang mit der EMV-RL) geht damit - unter dem Blickwinkel einer Konformitätsvermutung - davon aus, dass eine Einhaltung der im § 4 bezeichneten wesentlichen Schutzanforderungen nicht nur bei Übereinstimmung der in Frage stehenden Geräte mit den im § 6 Abs. 1 lit. a genannten harmonisierten Normen, sondern auch davon abweichend eingehalten werden können. Damit korrespondiert aber auch wiederum die Schutzklauselregel des § 7 Abs. 1 EMVV 1995, wenn darin darauf abgestellt wird, "dass ein mit einer der im § 8 genannten Bescheinigungen versehenes Gerät den im § 4 bezeichneten Schutzanforderungen nicht entspricht". Es wird also allgemein auf die im § 4 bezeichneten Schutzanforderungen abgestellt und auch darauf, dass das Gerät mit "einer der im § 8 genannten Bescheinigungen" versehen ist, also nicht nur einer Bescheinigung nach § 8 Abs. 2, sondern auch nach § 8 Abs. 1 (also bei jenen Geräten, bei denen der Hersteller die im § 6 Abs. 1 genannten Normen angewandt hat). Bezugspunkt für die Anwendung der Schutzklauselregel des § 7 Abs. 1 EMVV 1995 sind somit in jedem Fall - und nur - die im § 4 bezeichneten Schutzanforderungen.
Dass es allein auf die im § 4 bezeichneten Schutzanforderungen (und die darin verwiesenen des Anhanges III) ankommt und nicht darauf, wie die belangte Behörde meint, Konformität mit Schutzzielen der Richtlinie nur dann gegeben sei, "wenn ein mindestens gleichwertiger Schutz wie bei Anwendung der harmonisierten Normen erreicht wird, da diese Normen den Stand der Technik repräsentieren" (S. 6 des angefochtenen Bescheides, letzter Absatz), ist auch aus der Konsultationsregel des § 7 Abs. 2 EMVV 1995 abzuleiten. Im systematischen Zusammenhang mit der bereits mehrfach genannten Schutzklauselregel des § 7 Abs. 1 ist darin - und zwar im § 7 Abs. 2 lit. c EMVV 1995 (in Übereinstimmung mit Artikel 9 Abs. 1 lit. c EMV-RL) - bestimmt, dass eine Verpflichtung zur unverzüglichen Unterrichtung der Kommission (u.a.) dann besteht, wenn eine Nichtübereinstimmung auf einen Mangel "der im § 6 Abs. 1 genannten Normen selbst" (also auch einer "harmonisierten" Norm) zurückzuführen ist. Wollte man die harmonisierten Normen als bestimmend für die Schutzziele des § 4 EMVV 1995 ansehen - und sei es auch nur insofern, dass diese den Stand der Technik "repräsentieren" -, so würde damit dem vorgenannten § 7 Abs. 2 lit. c EMVV 1995 der Anwendungsbereich genommen; wenn die harmonisierten Normen den Mindeststandard - in der Form der Repräsentation des Standes der Technik - darstellen würden, so ist nicht mehr zu sehen, inwiefern eine Nichtübereinstimmung mit den im § 4 EMVV 1995 bezeichneten Schutzanforderungen auf einen Mangel der harmonisierten Normen selbst zurückgeführt werden könnte.
Für dieses Auslegungsergebnis spricht schließlich auch, wenn es in den Begründungserwägungen der EMV-RL heißt, die harmonisierten Normen auf europäischer Ebene "werden von privaten Stellen ausgearbeitet und müssen ihren Status als unverbindliche Texte behalten".
Zu einer anderen Beurteilung vermag schließlich auch nicht zu führen, dass im Anhang III auf die Normen des § 6 Bezug genommen wird. Dieser Anhang III ist systematisch zu trennen auf den Aspekt der Höchstwerte der von den Geräten ausgehenden elektromagnetischen Störungen einerseits und auf den Aspekt des Störfestigkeitsniveaus andererseits. Nur hinsichtlich des zweiten Aspektes und auch nur in der Art einer Tatbestandswirkung (nämlich Störfestigkeit gegenüber Störungen, die von Geräten ausgehen, die den Normen des § 6 entsprechen) wird (auch) auf harmonisierte Normen Bezug genommen. Daraus lässt sich kein Schluss ziehen, die harmonisierten Normen wären (allgemein) bestimmend für die Schutzziele des § 4 EMVV 1995.
Da die belangte Behörde aus den dargelegten Gründen die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid - und zwar als Ganzes, also auch hinsichtlich des Ausspruches über die Entrichtung von Prüfkosten, weil ein solcher Ausspruch gemäß § 9 Abs. 4 ETG 1992 daran geknüpft ist, dass (u.a.) ein Bescheid gemäß § 9 Abs. 4 ETG 1992 ergeht - schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 23. April 2003
Schlagworte
Gemeinschaftsrecht Richtlinie EURallg4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002040182.X00Im RIS seit
12.06.2003Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008