TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/23 2002/08/0033

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Veröffentlicht am 23.04.2003
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §16 Abs1 litl;
AlVG 1977 §16 Abs4;
AlVG 1977 §16;
AlVG 1977 §23;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. Walter Schuhmann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Riemergasse 14/12c, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Niederösterreich vom 5. April 2001, Zl. LGS NÖ/JUR/12181/2001, betreffend Ruhen der vorschussweisen Gewährung von Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 18. Dezember 2000 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld in Form eines Pensionsvorschusses.

Laut Arbeitsbescheinigung des Unternehmens L. vom 21. Dezember 2000 war der Beschwerdeführer bei diesem Unternehmen vom 22. Juni 1998 bis 31. Dezember 2000 beschäftigt. Ende des Entgeltanspruches ist laut dieser Arbeitsbescheinigung der 4. April 2001. Das Dienstverhältnis sei durch beiderseitiges Einverständnis beendigt worden. Urlaubsentschädigung oder Urlaubsabfindung sei für 81 Werktage gezahlt worden.

Mit Bescheid vom 15. Jänner 2001 sprach die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß § 23 Abs. 1 Z 1 iVm § 16 Abs. 1 lit. l AlVG aus, dass der Anspruch des Beschwerdeführers auf Pensionsvorschuss wegen Urlaubsabfindung bzw. Urlaubsentschädigung für den Zeitraum vom 1. Jänner 2001 bis 4. April 2001 ruhe. Begründend wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe für diesen Zeitraum Urlaubsabfindung bzw. Urlaubsentschädigung erhalten.

In seiner Berufung gegen diesen Bescheid führte der Beschwerdeführer im Wesentlichen aus, es sei richtig, dass zum Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses sein Anspruch auf Urlaubsentschädigung gegeben gewesen sei. Auf Grund eines Arbeitsunfalles am 16. März 1999 sei ein langer Krankenstand mit 100 %iger Arbeitsunfähigkeit vorgelegen. Der Beschwerdeführer könne nach wie vor keine Tätigkeit aufnehmen. Bedingt durch den Arbeitsunfall habe er seinen Urlaub nicht konsumieren können. Er hätte nicht die Möglichkeit gehabt, wie ein gesunder Dienstnehmer nach Beendigung des Dienstverhältnisses und Lukrierung des Entschädigungsbetrages für den Urlaubsanspruch umgehend eine neue Beschäftigung aufzunehmen. Er erfülle die Voraussetzungen des § 23 AlVG; das Ruhen habe keine Rechtsgrundlage.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Begründend führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe am 14. April 2000 einen Antrag auf Gewährung einer Berufsunfähigkeitspension gestellt. Dieser Antrag sei von der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten mit Bescheid vom 12. Dezember 2000 mangels Berufsunfähigkeit abgewiesen worden. Gegen diesen Bescheid habe der Beschwerdeführer Klage beim Landesgericht Wiener Neustadt erhoben. Laut telefonischer Auskunft des Beschwerdeführers vom 20. März 2001 sei er durch die Wiener Gebietskrankenkasse "per 18. Dezember 2000 ausgesteuert" worden. Da gemäß § 23 Abs. 3 AlVG Arbeitslosigkeit bei Beantragung einer Leistung nach Abs. 1 Z 1 auch anzunehmen sei, wenn aus einem aufrechten Dienstverhältnis kein Entgeltanspruch mehr bestehe und der Anspruch auf Krankengeld erschöpft sei, erfülle der Beschwerdeführer sämtliche Voraussetzungen für die Gewährung des Arbeitslosengeldes als Bevorschussung von Leistungen aus der Pensionsversicherung für die Zeit vom 18. Dezember 2000 bis zum 31. Dezember 2000. Für die Zeit vom 1. Jänner 2001 bis 4. April 2001 sei ihm Urlaubsentschädigung bzw. Urlaubsabfindung ausbezahlt worden. Dies bewirke ein Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 3. Oktober 2001, Zl. B 775/01, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. In der auftragsgemäß ergänzten Beschwerde stellt der Beschwerdeführer das Begehren, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 23 AlVG in der hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 101/2000 lautet auszugsweise:

"Bevorschussung von Leistungen aus der Pensionsversicherung

§ 23. (1) Arbeitslosen, die die Zuerkennung

1. einer Leistung aus dem Versicherungsfall der geminderten Arbeitsfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit oder eines Übergangsgeldes aus der gesetzlichen Pensions- oder Unfallversicherung oder

2. einer Leistung aus einem der Versicherungsfälle des Alters aus der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, dem Gewerblichen Sozialversicherungsgesetz, dem Bauern- Sozialversicherungsgesetz oder eines Sonderruhegeldes nach dem Nachtschwerarbeitsgesetz

beantragt haben, kann bis zur Entscheidung über ihren Antrag auf diese Leistungen vorschußweise Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe gewährt werden.

(2) Für die vorschußweise Gewährung von Arbeitslosengeld oder Notstandshilfe ist erforderlich, daß

1. abgesehen von der Arbeitsfähigkeit, Arbeitswilligkeit und Arbeitsbereitschaft gemäß § 7 Abs. 3 Z 1, die übrigen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme dieser Leistungen vorliegen,

2. im Hinblick auf die vorliegenden Umstände mit der Zuerkennung der Leistungen aus der Sozialversicherung zu rechnen ist und

3. im Falle des Abs. 1 Z 2 überdies eine Bestätigung des Pensionsversicherungsträgers vorliegt, daß voraussichtlich eine Leistungspflicht dem Grunde nach binnen zwei Monaten nach dem Stichtag für die Pension nicht festgestellt werden kann.

(3) Arbeitslosigkeit ist bei Beantragung einer Leistung nach Abs. 1 Z 1 auch anzunehmen, wenn aus einem aufrechten Dienstverhältnis kein Entgeltanspruch mehr besteht und der Anspruch auf Krankengeld erschöpft ist.

..."

§ 16 AlVG in der hier zeitraumbezogen maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 142/2000 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

"Ruhen des Arbeitslosengeldes

§ 16. (1) Der Anspruch auf Arbeitslosengeld ruht während

...

l) des Zeitraumes, für den Anspruch auf eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung) nach dem Urlaubsgesetz, BGBl. Nr. 390/1976, in der jeweils geltenden Fassung besteht oder eine Urlaubsabfindung nach dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG), BGBl. Nr. 414/1972, in der jeweils geltenden Fassung gewährt wird, nach Maßgabe des Abs. 4,

...

(4) Besteht Anspruch auf eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung) im Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses, beginnt der Ruhenszeitraum mit dem Ende des anspruchsbegründenden Beschäftigungsverhältnisses, besteht jedoch auch Anspruch auf Kündigungsentschädigung mit dem Ende des Zeitraumes, für den Kündigungsentschädigung gebührt. Ist der Anspruch auf eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung) strittig oder wird eine Ersatzleistung für Urlaubsentgelt (Urlaubsabfindung, Urlaubsentschädigung) aus sonstigen Gründen (zB Konkurs des Arbeitgebers) nicht bezahlt, so ist Abs. 2 sinngemäß anzuwenden. Wird hingegen eine Urlaubsabfindung nach dem BUAG gewährt, beginnt der Ruhenszeitraum mit dem achten Tag, der auf die Zahlbarstellung durch die Urlaubs- und Abfertigungskasse folgt. Ansprüche auf Tagesteile bleiben immer außer Betracht.

..."

Wird ein Tatbestand des § 16 AlVG erfüllt, dann bewirkt das auch das Ruhen des Anspruches auf Arbeitslosengeld, das gemäß § 23 AlVG in Form eines Pensionsvorschusses gewährt wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 17. Dezember 1999, Zl. 99/02/0273, und vom 20. April 2001, Zl. 2000/19/0102).

Im vorliegenden Fall ist es unstrittig, dass der Beschwerdeführer seinen Urlaub nicht vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses verbraucht und auf Grund dessen eine Urlaubsentschädigung bzw. Urlaubsabfindung erhalten hat. Dadurch wurde aber der Ruhenstatbestand des § 16 Abs. 1 lit. l AlVG verwirklicht (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1992, Zl. 92/08/0085).

Soweit der Beschwerdeführer vorbringt, die Urlaubsentschädigung bzw. Urlaubsabfindung sei eine einmalige Zahlung und daher kein Bezug im Sinne des Sozialversicherungsrechtes und das Dienstverhältnis sei mit 31. Dezember 2000 aufgelöst worden, ist er darauf hinzuweisen, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des § 16 Abs. 1 lit. l iVm § 16 Abs. 4 AlVG all das nichts daran ändert, dass der Anspruch auf Arbeitslosengeld im Falle einer Urlaubsentschädigung bzw. Urlaubsabfindung für die dem jeweiligen Betrag entsprechende Zeitdauer ruht. Die genannten Bestimmungen regeln im Übrigen lediglich die zeitliche Lagerung der jeweiligen Ruhenszeiträume, wobei deren Beginn u.a. vom Bestehen des Anspruchs im Zeitpunkt der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses abhängig gemacht wird (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Mai 2001, Zl. 2001/08/0056).

Die vom Beschwerdeführer gegen die geltende Gesetzeslage vorgebrachten verfassungsrechtlichen Bedenken, es liege Ungleichbehandlung gegenüber gesunden Dienstnehmern vor, da diese neben der Urlaubsentschädigung bzw. -abfindung aus einem neuen Dienstverhältnis Einkommen erzielen bzw. den Urlaub als Erholungsurlaub tatsächlich konsumieren und dann gleich nach Beendigung des Dienstverhältnisses Arbeitslosengeld erhalten könnten, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht, weshalb er sich auch nicht zur Stellung eines Gesetzprüfungsantrages an den Verfassungsgerichtshof veranlasst sieht (vgl. zu verfassungsrechtlichen Bedenken auch das hg. Erkenntnis vom 25. April 1989, 88/08/0132, und das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 19. Mai 1992, Zl. 92/08/0085). Auch der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der Beschwerde des Beschwerdeführers, in der dieselben verfassungsrechtlichen Bedenken releviert wurden, mit dem oben zitierten Beschluss abgelehnt und dies in Ansehung der in Rede stehenden Bedenken auch ansatzweise mit dem Zweck des Arbeitslosengeldes zur Überbrückung von Zeiten ohne sonstiges Einkommen begründet.

Auf die Ausführungen in der Beschwerdeergänzung hinsichtlich der Besteuerung der Urlaubsentschädigung bzw. -abfindung und die Pflichtversicherung des Beschwerdeführers infolge dieser Leistung erübrigt es sich näher einzugehen, da diese Angelegenheiten nicht Gegenstand des in Beschwerde gezogenen Bescheides sind.

Die Beschwerde war daher insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. April 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002080033.X00

Im RIS seit

29.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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