Index
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;Norm
GSVG 1978 §65 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des J in G, vertreten durch Dr. Hans Kaska und Dr. Christian Hirtzberger, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Kremser Gasse 35, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 2. März 2000, Zl. GS8- 8791/9-2000, betreffend Zustimmung zur Übertragung eines Pensionsanspruches gemäß § 65 Abs. 2 GSVG (mitbeteiligte Partei:
Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1050 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen) Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-
- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 3. März 1998 auf Zustimmung zur Übertragung eines Leistungsanspruches gemäß § 65 Abs. 2 GSVG ab. Die belangte Behörde ging von folgendem - unstrittigen - Sachverhalt aus:
Die mitbeteiligte Partei gewähre dem Beschwerdeführer seit 1. Jänner 1998 eine vorzeitige Alterspension bei langer Versicherungsdauer. Am 3. März 1998 habe der Beschwerdeführer gemeinsam mit der P. GmbH den gegenständlichen Antrag gestellt. Hiezu sei der mit 5. Jänner 1998 datierte Darlehensvertrag zwischen der P. GmbH als Darlehensgeber und dem Beschwerdeführer als Darlehensnehmer vorgelegt worden. Nach diesem Vertrag habe die P. GmbH dem Beschwerdeführer ein Darlehen in der Höhe von S 620.000,-- zugezählt; für diesen Darlehensbetrag würden 6 % Zinsen in Anrechnung gebracht, welche halbjährlich zur Abrechnung gelangten. Die Rückzahlung des Darlehens erfolge monatlich mit S 3.500,--, beginnend mit Jänner 1998.
Die P. GmbH habe dem Beschwerdeführer im Jahre 1996 Darlehenszahlungen von insgesamt S 338.000,-- und im Jahr 1997 von S 937.000,-- gewährt. Der Beschwerdeführer habe mit diesen Beträgen die Gläubiger seines früheren Unternehmens befriedigt.
Aus dem von der mitbeteiligten Partei geführten Pensionsakt ergäbe sich, dass gegen den Beschwerdeführer mehrere Exekutionsbewilligungen für verschiedene Gläubiger bestünden.
Im Erwägungsteil führte die belangte Behörde aus, das gemäß § 65 Abs. 2 GSVG geforderte Interesse liege einerseits in einer Verbesserung der rechtlichen Lage des Geldleistungsberechtigten und andererseits dürfe er nicht dem Risiko ausgesetzt werden, dass ihm der wirtschaftliche Gegenwert der Versicherungsleistung tatsächlich zufließe. Im Beschwerdefall dienten die zitierten Beträge der Abdeckung des in der Vergangenheit gewährten Darlehens. Da auch zahlreiche andere andringende Gläubiger vorhanden seien, habe die mitbeteiligte Partei die Zustimmung zur Abtretung mit Recht nicht erteilt. Es sei nämlich keinesfalls Aufgabe des Pensionsversicherungsträgers, durch Zustimmung zur Abtretung des Pensionsanspruches eventuelle Gläubiger des Leistungsempfängers in ihrem Recht auf Durchsetzung bestehender Rechtsansprüche zu beeinträchtigen und solcherart den Pensionsbezieher von gegen ihn gerichteten Exekutionsmaßnahmen freizuhalten.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 14. Juni 2000, Zl. B 747/00, ab und trat sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Er führt hiezu zusammengefasst aus, die genannte Bestimmung habe das Interesse des Pensionisten im Auge. Er solle zwar vor unüberlegten Handlungen geschützt werden, dürfe aber nicht der Fremdbestimmung der Behörde ausgeliefert werden. Der angefochtene Bescheid verletze dieses Interesse, weil die Verfügung über den pfändbaren Teil seiner Pension gegen seinen nachvollziehbaren Willen versagt werde. Dadurch werde darüber hinaus ermöglicht, dass andere Gläubiger genau diesen Teil erhalten, obwohl sie zeitlich später auf die Pension gegriffen haben. Bei Genehmigung der Zession komme der pfändbare Teil seiner Pension jenem Gläubiger zu Gute, dem er nach dem Willen des Pensionisten zu Gute kommen solle. Im vorliegenden Fall sei noch zu beachten, dass durch die Bevorschussung von Geldern durch Familienangehörige ein Großteil der Verbindlichkeiten des Beschwerdeführers habe bezahlt werden können.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Nach § 65 Abs. 2 GSVG kann der Anspruchsberechtigte mit Zustimmung des Versicherungsträgers seine Ansprüche auf Geldleistungen auch in anderen als den in Abs. 1 angeführten Fällen - die hier unstrittig nicht vorliegen - ganz oder teilweise rechtswirksam übertragen; der Versicherungsträger darf die Zustimmung nur erteilen, wenn die Übertragung im Interesse des Anspruchsberechtigten oder seiner nahen Angehörigen gelegen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof führte in seiner Rechtsprechung zu § 65 Abs. 2 GSVG - und dem inhaltsgleichen § 98 Abs. 2 ASVG - aus, das erforderliche Interesse könne "begrifflich nicht mit jenem Interesse ident sein, das der Zedent als Vertragspartner des Zessionars an der Rechtswirksamkeit des privatautonom zustandegekommenen Vertragsinhaltes hat", sondern setze "ein objektiviertes, von der Behörde festzustellendes Interesse voraus, das in einer Verbesserung der rechtlichen Situation des Geldleistungsberechtigten gelegen ist und ihn keinem Risiko dabei aussetzt, dass ihm der wirtschaftliche Gegenwert der Versicherungsleistung tatsächlich zufließt (vgl. die Erkenntnisse vom 20. Dezember 1984, 84/08/0167, vom 19. November 1987, 86/08/0230, vom 2. Juli 1991, 89/08/0293, vom 30. September 1994, 93/08/0124, vom 18. März 1997, 95/08/0031, vom 14. Oktober 1997, 96/08/0191, und vom 16. Februar 1999, 96/08/0166). Darin vertrat der Verwaltungsgerichtshof - soweit hier von Bedeutung - den Standpunkt, ein allfälliges Interesse des Anspruchsberechtigten oder seiner nahen Angehörigen daran, durch die Anspruchsübertragung der Exekutionsführung durch Dritte zuvorzukommen, sei nicht schutzwürdig. Der Umstand, dass mit der Zession Prozess- und Exekutionskosten samt den damit verbundenen Unannehmlichkeiten vermieden werden, betreffe lediglich das im Zusammenhang unbeachtliche Motiv des Leistungsbeziehers für die Forderungsabtretung (vgl. dazu insbesonders die zitierten Erkenntnisse vom 19. November 1987, 2. Juli 1991 und 30. September 1994). Zur Schuldentilgung im Wege der Anspruchsabtretung wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass der angestrebte Zweck auch durch laufende Zahlungen aus den Pensionsleistungen und somit ohne Anspruchsabtretung erreichbar sei, und dass letztere - abgesehen vom nicht schutzwürdigen Interesse an der Abwehr anderer Gläubiger - "wegen der Abtretung immanenten Einschränkung" der "Verfügungsmacht" über Teile der Pensionsbezüge "eher eine Verschlechterung" der rechtlichen Lage des Anspruchsberechtigten bedeute. In der "bloßen Entlastung von einer offenen Darlehensverbindlichkeit" könne "auch kein Zufließen des wirtschaftlichen Gegenwertes der Versicherungsleistung erblickt" werden (vgl. hiezu etwa die Erkenntnisse vom 2. Juli 1991 und vom 30. September 1994).
Der vorliegende Fall lässt - insbesonders nach dem Beschwerdevorbringen - mit besonderer Deutlichkeit erkennen, dass die Vereinbarung einer Anspruchsübertragung den Zweck verfolgte, die Pensionsansprüche dem exekutiven Zugriff Dritter zu entziehen. Andere ins Gewicht fallende Gründe dafür, diesen Weg zu beschreiten, sind nicht erkennbar. Bei Beachtung der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, von der abzugehen der vorliegende Fall nicht Anlass bietet, hat die belangte Behörde der Anspruchsübertragung daher zu Recht nicht zugestimmt.
Die angesichts der erwähnten Rechtsprechung unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i. V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 23. April 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000080111.X00Im RIS seit
24.06.2003