TE Vfgh Erkenntnis 2000/2/29 A33/97

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Veröffentlicht am 29.02.2000
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Index

62 Arbeitsmarktverwaltung
62/01 Arbeitsmarktverwaltung

Norm

B-VG Art137 / Liquidierungsklage
B-VG Art137 / Bescheid
AlVG §47 Abs1, §49 Abs2
VfGG §41

Leitsatz

Abweisung des - zulässigen - Liquidierungsbegehrens hinsichtlich zuerkannter Notstandshilfe infolge bereits erfolgter Auszahlung; Zurückweisung der Klage für Zeiträume bescheidmäßig erfolgter Aberkennung des Anspruches wegen Versäumung von Kontrollmeldungen; Abweisung des Kostenbegehrens der - weder durch einen Rechtsanwalt noch durch die Finanzprokuratur vertretenen - beklagten Partei

Spruch

1. Die Klage wird, soweit sie sich auf Zeiträume vom 1. September 1997 bis 4. September 1997 sowie vom 9. September 1997 bis 2. Oktober 1997 bezieht, zurückgewiesen.

2. Hinsichtlich der Zeiträume vom 5. September 1997 bis 8. September 1997 und vom 3. Oktober 1997 bis 10. Februar 1998 wird die Klage abgewiesen.

3. Die weiteren Eingaben (Klagserweiterungen) werden zurückgewiesen.

4. Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. In seiner auf Art137 B-VG gestützten, durch den nur für die Klagseinbringung bestellten Verfahrenshelfer verfaßten Klage gegen den Bund vom 6. Februar 1998 begehrte der Kläger die Erlassung folgenden Urteils:

"Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger den Betrag von S 25.493,20 samt 4 % Zinsen aus S 4.692,- vom 1. 10. 1997 bis 31. 10. 1997, aus S 9.540,40 vom 1. 11. 1997 bis 30. 11. 1997, aus S 14.232,20 vom 1. 2. 1997 bis 31. 12. 1997, aus S 19.080,80 vom 1. 1. 1998 bis 31. 1. 1998, aus S 23.929,20 vom 1. 2. 1998 bis 9. 2. 1998 sowie aus S 25.493,20 ab 10. 2. 1998 zu bezahlen sowie die Kosten dieses Rechtsstreits zu ersetzen; dies alles binnen 14 Tagen bei sonstiger Zwangsfolge".

Hiezu brachte der Kläger vor, daß ihm gemäß Mitteilung des Arbeitsmarktservice - Versicherungsdienste vom 25. April 1997 im Zeitraum vom 25. März 1997 bis zum 29. März 1998 Notstandshilfe von täglich S 156,40 zustehe. Die beklagte Partei verweigere ihm jedoch seit 1. September 1997 ohne ersichtlichen Grund die Auszahlung der Notstandshilfe. Die bis 10. Februar 1998 rückständige Notstandshilfe belaufe sich auf S 25.493,20, wodurch sich der Klagsbetrag ergäbe.

2. Der Bund als beklagte Partei hat - vertreten durch die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales - die auf den genannten Klagszeitraum bezogenen Verwaltungsakten vorgelegt und eine (als Klagebeantwortung bezeichnete) Gegenschrift erstattet, in der beantragt wird, das Klagebegehren abzuweisen. Die beklagte Partei bringt im wesentlichen vor, daß die Notstandshilfe entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen ausbezahlt worden sei. Lediglich in den Zeiträumen, in denen bescheidmäßig festgestellt worden sei, daß die Voraussetzungen für den Bezug von Notstandshilfe infolge des Versäumens von Kontrollterminen nicht vorgelegen seien, nämlich vom 27. August 1997 bis 4. September 1997 sowie vom 9. September 1997 bis zum 2. Oktober 1997, sei keine Notstandshilfe ausbezahlt worden.

3.1. Der Kläger hat mit selbstverfaßtem Schriftsatz vom 4. Mai 1998 (ON 15) auf die Gegenschrift der beklagten Partei repliziert und unter einem sein Klagebegehren erweitert. Aus diesem Anlaß wurde dem Kläger ein für das gesamte Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof bestellter Verfahrenshelfer beigegeben. Dessen ungeachtet brachte der Einschreiter weitere selbst verfaßte Schriftsätze (Ordnungsnummern 22, 25, 28, 29, 30, 33, 39, 42, 46, 48) persönlich ein, mit denen er sein Klagebegehren ausdehnte bzw. verschiedene Vorbringen erstattete.

3.2. Sämtliche der nach Klagserhebung vom Kläger selbst verfaßten Schriftstücke wurden dem (letzt)genannten Verfahrenshelfer - unter Hinweis auf die für das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof geltenden Formvorschriften (§15 ff. und §37 ff. VerfGG 1953) - mit dem Auftrag zugestellt, sie jeweils binnen einer bestimmten Frist zu verbessern und die selbstverfaßten Eingaben unverändert dem Verfassungsgerichtshof wieder vorzulegen.

3.3. Der Verfahrenshelfer hat die zur Verbesserung zugestellten Schreiben jeweils ummantelt, den Mantelbogen mit seiner Stampiglie und Unterschrift sowie der Bemerkung versehen, "die durch die Unterschrift meines bestellten Verfahrenshelfers verbesserte(n)" Schriftstücke wieder vorzulegen, und diese Schriftstücke in den Mantelbogen lose eingelegt.

Allein das eine Klagserweiterung enthaltende Schreiben des Klägers vom 4. Mai 1998 (ON 15) hat der Verfahrenshelfer unterfertigt und mit seiner Stampliglie versehen; sämtliche anderen Schreiben des Klägers legte der Verfahrenshelfer ohne seine Unterschrift wieder vor.

4. Der Bund, vertreten durch die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat - unter Vorlage relevanter Verwaltungsakten - auch zu den selbst verfaßten Klagserweiterungen eine Gegenschrift eingebracht und darin Kosten verzeichnet.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß §17 Abs2 VerfGG sind (unter anderem) Klagen - worunter auch die mit einer Klage im Zusammenhang stehenden, etwa Klagserweiterungen oder sonstiges Vorbringen enthaltenden Schriftsätze fallen - durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Diesem ist ein nach §35 VerfGG, §§63 ff. ZPO zum Verfahrenshelfer bestellter Rechtsanwalt gleichzuhalten.

2.1. Diesen Anforderungen genügt jedenfalls die - durch den nur dafür bestellten Verfahrenshelfer - eingebrachte (ursprüngliche) Klage. Hinsichtlich all jener nach der (ordnungsgemäßen) Klagserhebung selbst eingebrachten und dem nach diesem Zeitpunkt für das gesamte Verfahren vor dem Verfassunsgerichtshof bestellten Verfahrenhelfer zur Verbesserung zugestellten Eingaben des Klägers ist dies hingegen nicht der Fall.

2.2. Dem Erfordernis der Einbringung von Klagen (oder damit im Zusammenhang stehenden Eingaben) durch einen Rechtsanwalt ist nämlich im allgemeinen nicht entsprochen, wenn sich - wie hier - der zum Verfahrenshelfer bestellte Rechtsanwalt, dem die Verbesserung der selbstverfaßten Eingaben aufgetragen wurde, darauf beschränkt, ohne eine solche Verbesserung vorzunehmen, den von der Partei selbst verfaßten Schriftsatz unverändert wieder vorzulegen und nur das Begleitschreiben mit seiner Unterschrift und Stampiglie zu versehen. Vielmehr wäre es Aufgabe des Anwaltes gewesen, die betreffende Eingabe als eine (wenngleich auftrags des Mandanten bzw. Verfahrensbefohlenen) durch ihn verfaßte einzubringen, erforderlichenfalls auch selbst zu formulieren (und deren geschäftsordnungsmäßige Behandlung zu ermöglichen und zu sichern, daß die Eingabe dem VerfGG entspricht), immer aber in den eigenen, von der wieder vorzulegenden Eingabe unterschiedlichen Schriftsatz aufzunehmen (vgl. den den selben Einschreiter betreffenden Beschluß des Verfassungsgerichtshofes v. 8.6.1999, B2084/98, B101/99; vgl. auch VfSlg. 14287/1995).

2.3. Vor diesem Hintergrund ist auch die bloße Unterschrift des Verfahrenshelfers auf der - beim Verfassungsgerichtshof am 5. Mai 1998 eingelangten - Klagserweiterung vom 4. Mai 1998 nicht ausreichend. Dieser Schriftsatz ist überdies insoweit unschlüssig, als mit dem Vorbringen, seit 1. April 1998 keine Notstandshilfe mehr erhalten zu haben, ein auf Zeiträume nach dem Einlangen des Schriftsatzes bezogenes (erweitertes) Klage- und Zinsenbegehren begründet wird.

3. Aus diesen Gründen waren sämtliche nach Klagseinbringung vorgelegten Schriftsätze des Klägers wegen nicht behobener Mängel formeller Erfordernisse gemäß §19 Abs3 Z2 litc VerfGG zurückzuweisen.

4. Daher ist lediglich über die ursprüngliche Klagsschrift in der Sache abzusprechen:

4.1. §47 Abs1 AlVG bestimmt, daß im Falle der Anerkennung des Anspruches auf Notstandshilfe dem Leistungsbezieher eine Mitteilung auszustellen ist, aus der insbesondere Beginn, Ende und Höhe des Leistungsanspruches hervorgehen. Wird der Anspruch hingegen nicht anerkannt, so ist dem Antragsteller ein schriftlicher Bescheid, der von der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu erlassen ist, auszufolgen.

Gemäß §49 Abs1 leg.cit. hat sich der Arbeitslose zur Sicherung des Anspruches auf Notstandshilfe monatlich mindestens einmal bei der nach seinem Wohnort zuständigen regionalen Geschäftsstelle unter Vorweisung der Meldekarte persönlich zu melden. Wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine Kontrollmeldung unterläßt, ohne sich mit triftigen Gründen zu entschuldigen, erhält er nach §49 Abs2 leg.cit. vom Tage der versäumten Kontrollmeldung an bis zur Geltendmachung des Fortbezuges keine Notstandshilfe.

Nach §56 Abs1 AlVG ist gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstelle die Berufung an die Landesgeschäftsstelle zulässig. Gegen deren Entscheidungen gibt es kein ordentliches Rechtsmittel.

4.2. Gegenstand einer auf Art137 B-VG gestützten Klage können ausschließlich bestimmte vermögensrechtliche Ansprüche sein, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

4.2.1. Der Verfassungsgerichtshof hat wiederholt seine Zuständigkeit gemäß Art137 B-VG zur Entscheidung über Liquidierungsbegehren bezüglich besoldungsrechtlicher Ansprüche von Beamten bejaht (vgl. zB VfSlg. 8371/1978, 11356/1987 und 11395/1987). Diese Judikatur ist, wie der Gerichtshof (in einem den Kläger betreffenden Verfahren) zu VfSlg. 14419/1996 ausgesprochen hat, auf Liquidierungsbegehren hinsichtlich von Ansprüchen aus der Arbeitslosenversicherung sinngemäß anzuwenden. Die Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes nach Art137 B-VG ist somit soweit gegeben, als hinsichtlich der Liquidierung solcher Ansprüche weder eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte besteht noch die Erlassung eines Bescheides vorgesehen ist.

4.2.2. Soweit sich die Klage auf die Zeiträume vom 1. September 1997 bis 4. September 1997 und vom 9. September 1997 bis 2. Oktober 1997 bezieht, wurde zwar tatsächlich Notstandshilfe nicht ausbezahlt; für diese Zeiträume der Nichtauszahlung sind jedoch auf §49 Abs2 AlVG gestützte Bescheide ergangen, mit denen der Notstandshilfeanspruch (wegen Versäumung von vorgesehenen Kontrollmeldungen) aberkannt wurde.

Da es dem Kläger offengestanden ist, diese Bescheide im administrativen Instanzenzug und letztlich mittels Verfassungsgerichtshofbeschwerde zu bekämpfen, ist die Klage insoweit als unzulässig zurückzuweisen.

4.3. Im übrigen sind die Voraussetzungen zur Klagserhebung gegeben.

4.4.1. Der Kläger hat eine Mitteilung des Arbeitsmarktservice Versicherungsdienste vom 25. April 1997 vorgelegt, aus der sich ein Leistungsanspruch an Notstandshilfe in Höhe von S 156,40 täglich vom 25. März 1997 bis zum 29. März 1998 ergibt. Da die beklagte Partei im Verfahren dagegen keine Einwendungen erhoben hat, steht das Vorliegen des Anspruches des Klägers auf Notstandshilfe in dem in der Mitteilung genannten Ausmaß zwischen ihm und der beklagten Partei außer Streit. Strittig ist lediglich, ob die gegenständlichen Beträge in den von der Klage umfaßten Zeiträumen vom 5. bis zum 8. September 1997 und vom 3. Oktober 1997 bis zum 10. Februar 1998 auch tatsächlich ausbezahlt wurden.

4.4.2. Aus den von der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales der Gegenschrift beigelegten Unterlagen sowie den vorgelegten Verwaltungsakten geht hervor, daß die Behauptung des Klägers, es sei ihm in den genannten Zeiträumen keine Notstandshilfe mehr ausbezahlt worden, nicht zutrifft. Es ist daraus vielmehr ersichtlich, daß die Notstandshilfe dem Kläger - abgesehen von den Zeiträumen, in welchen der Liquidierung Bescheide entgegenstehen - in einer der Mitteilung entsprechenden Höhe ausbezahlt worden ist. Die Klage ist daher insofern abzuweisen.

5. Das Kostenbegehren der beklagten Partei war abzuweisen, da diese weder durch die Finanzprokuratur noch durch einen Rechtsanwalt vertreten war (vgl. VfSlg. 12085/1989; 11613/1988).

6. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG bzw. §19 Abs3 Z2 litc VerfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung entschieden werden.

Schlagworte

VfGH / Klagen, Arbeitslosenversicherung, Liquidierungsklage, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:A33.1997

Dokumentnummer

JFT_09999771_97A00033_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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