TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/25 2000/21/0155

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Veröffentlicht am 25.04.2003
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
41/02 Melderecht;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §80 Abs1;
FrG 1993 §80 Abs2 Z2;
FrG 1997 §104 Abs1 idF 2000/I/034;
FrG 1997 §107 Abs1 Z1;
FrG 1997 §108 Abs1 Z2;
FrG 1997 §114 Abs4;
FrG 1997 §114 Abs7;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z2;
FrG 1997 §36 Abs2 Z5;
FrG 1997 §36;
MeldeG 1991 §22;
MeldeG 1991 §3 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kletzer, über die Beschwerde des D in Nenzing,

vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 26. Juli 2000, Zl. Fr 4250a-42/97, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom 13. August 1997 hatte die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg (die belangte Behörde) gegen den Beschwerdeführer, einen bosnischen Staatsangehörigen, ein auf § 18 Abs. 1 und 2 Z 5 des Fremdengesetzes BGBl. Nr. 838/1992 (im Folgenden: Fremdengesetz 1992) gestütztes, mit fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Gegen diesen Bescheid hatte der Beschwerdeführer die zu Zl. 97/21/0754 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben, der mit Beschluss vom 17. November 1997 die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde. Die Beschwerde wurde schließlich mit Beschluss vom 20. Juli 1999 nach § 114 Abs. 7 iVm Abs. 4 und § 115 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.

Mit dem angefochtenen, wiederum im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 26. Juli 2000 wurde gemäß § 36 Abs. 1 und 2 Z 2, 5 und 8 FrG neuerlich ein - nunmehr mit sechs Jahren befristetes - Aufenthaltsverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen. Zur Begründung verwies die belangte Behörde primär auf das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 30. Dezember 1996, mit dem der Beschwerdeführer wegen Schlepperei nach § 80 Abs. 1 und 2 Z 2 Fremdengesetz 1992 mit einer Geldstrafe von ATS 10.000,-- bestraft worden sei. Dem liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer am 14. November 1996 versucht habe, gemeinsam mit einer weiteren Person einen irakischen Staatsangehörigen gegen Zahlung von DM 600,-- von Österreich nach Deutschland zu schleppen. Es stehe somit fest, dass der Beschwerdeführer um seines Vorteils willen Schlepperei begangen habe und damit die Voraussetzungen des § 36 Abs. 2 Z 5 FrG erfüllt seien. Darüber hinaus sei der Beschwerdeführer noch wegen folgender Verwaltungsübertretungen rechtskräftig bestraft worden:

"X-6788-1998

§ 108 Abs.1 Z.2 FrG vom 8.5.1998 zu ATS 1.000,--

X-20382-1997

§§ 52 lit.a Z.1 und 99/3 lit.a StVO vom 14.11.1997 zu ATS 300,--

§ 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 vom 14.11.1997 zu ATS 300,--

§ 36 lit.e KFG 1967 vom 14.11.1997 zu ATS 700,--

§ 33 Abs.1 KFG 1967 vom 14.11.1997 zu ATS 500,--

§§ 102 Abs.1 und 14 Abs.6 KFG 1967 vom 14.11.1997 zu ATS 300,--

§ 102 Abs.10 KFG 1967 vom 14.11.1997 zu ATS 100,--

§ 102 Abs.10 KFG 1967 vom 14.11.1997 zu ATS 100,--

 

Bezirkshauptmannschaft Bludenz:

X-243-1999

§ 22 Abs.1 Z.1 i.V.m. §§ 3/1 und 7/1 Meldegesetz

vom 27.1.1997 zu ATS 500,--

X-2848-1998

§ 107 Abs.1 Z.1 FrG vom 03.04.1998 zu ATS 3.000,--

§ 108 Abs.1 Z.2 FrG vom 03.04.1998 zu ATS 500,--"

Auf Grund dieser Bestrafungen wegen schwer wiegender Übertretungen nach dem Fremden- und dem Meldegesetz seien - so folgerte die belangte Behörde - auch die Voraussetzungen nach § 36 Abs. 2 Z 2 FrG gegeben.

Außerdem sei der Beschwerdeführer in der Zeit vom 26. Juli bis 8. Oktober 1998 in einem näher bezeichneten Restaurant ohne entsprechende Bewilligung beschäftigt gewesen. Auf Grund "des durch die zuständigen arbeitsmarktrechtlichen Behörden festgestellten illegalen Beschäftigungsverhältnisses, den Unterlagen im Akt (hieraus ergibt sich insbesondere auch, dass der Berufungswerber auch noch im Oktober 1998 bei der Gebietskrankenkasse von dem verantwortlichen Arbeitgeber als beschäftigt gemeldet war) und der rechtskräftigen Bestrafung des Arbeitgebers" bestehe bei der belangten Behörde kein Zweifel am Vorliegen von Schwarzarbeit, weshalb das Vorbringen, der Beschwerdeführer habe in dieser Zeit nicht mehr gearbeitet, als "reine Schutzbehauptung" gewertet werde.

In den weiteren Ausführungen ging die belangte Behörde im Hinblick auf diese zuletzt wiedergegebenen Feststellungen auch von der Verwirklichung des Tatbestandes nach § 36 Abs. 2 Z 8 FrG aus und erachtete die Annahme nach § 36 Abs. 1 FrG gerechtfertigt, dass ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährde oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderlaufe.

Unter dem Gesichtspunkt des § 37 FrG stellte die belangte Behörde fest, der Beschwerdeführer sei 1992 (im Alter von sechzehn Jahren) mit seinen Eltern und seiner Schwester als Flüchtling nach Österreich gekommen. Nachdem er zunächst über Aufenthaltsbewilligungen gemäß § 12 Fremdengesetz 1992 verfügt habe, sei ihm "auf Grund seiner Beschäftigung" erstmals am 21. Juli 1994 eine Aufenthaltsbewilligung (zuletzt bis 19. April 1997) erteilt worden. Über einen fristgerecht eingebrachten Verlängerungsantrag sei bisher nicht entschieden worden, sodass der derzeitige Aufenthalt als rechtmäßig anzusehen sei. 1996 und 1997 seien die Eltern und die Schwester des Beschwerdeführers nach Bosnien zurückgekehrt. Derzeit wohne der Beschwerdeführer gemeinsam mit seiner Verlobten bei deren Eltern. Der Beschwerdeführer habe in Österreich eine Koch-Kellnerlehre absolviert und sei - seinen Angaben zufolge - zuletzt im Juli 1998 berufstätig gewesen. Im Hinblick auf die erwähnten Umstände liege ein relevanter Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers vor, der jedoch zulässig sei, weil es sich bei Schleppungen um schwere Verstöße gegen die Rechtsordnung und gegen die öffentlichen Interessen an einer überwachten und kontrollierten Wanderungsbewegung handle. "Allein schon aus diesem Umstand" sei die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes dringend geboten. Darüber hinaus ergebe sich die " Dringlichkeit" dieser Maßnahme aus der Verübung von Schwarzarbeit. Bei der Abwägung nach § 37 Abs. 2 FrG berücksichtigte die belangte Behörde den seit ca. acht Jahren bestehenden Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet, die Integration in den Arbeitsprozess und die Führung einer Lebensgemeinschaft, dem der durch die begangene Schlepperei bewirkte gravierende Eingriff in die öffentlichen Interessen an einem geordneten Fremdenwesen gegenübergestellt wurde. Darüber hinaus wirke sich illegale Beschäftigung verschärfend auf die ohnehin ungünstige Arbeitsmarktlage aus. Insgesamt betrachtet wögen daher die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes schwerer als dessen Auswirkung auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Als bestimmte Tatsache im Sinne dieser Bestimmung hat nach § 36 Abs. 2 FrG unter anderem zu gelten, wenn ein Fremder mehr als einmal wegen einer schwer wiegenden Übertretung des Fremdengesetzes oder des Meldegesetzes rechtskräftig bestraft worden ist (Z 2), um seines Vorteils willen Schlepperei begangen oder an ihr mitgewirkt hat (Z 5 in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 134/2000) oder wenn er von einem Organ der Arbeitsinspektorate, der regionalen Geschäftsstellen oder der Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht ausüben hätte dürfen (Z 8). Einer Betretung gemäß § 36 Abs. 2 Z 8 FrG kommt die Mitteilung eines Arbeitsinspektorates oder einer Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Unzulässigkeit der Beschäftigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz gleich, sofern der Fremde bei dieser Beschäftigung von einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes betreten worden ist (§ 36 Abs. 4 FrG).

Die Annahme der belangten Behörde, es sei im Hinblick auf die rechtskräftigen Bestrafungen des Beschwerdeführers der Tatbestand der Z 2 des § 36 Abs. 2 FrG erfüllt, wird in der Beschwerde ohne nähere Begründung bestritten. Dem kommt insofern Berechtigung zu, als die beiden Bestrafungen nach § 108 Abs. 1 Z 2 FrG - anders als die Bestrafung des Beschwerdeführers nach § 107 Abs. 1 Z 1 FrG - nicht als "schwerwiegende" Übertretungen anzusehen sind (vgl. das Erkenntnis vom 21. September 2000, Zl. 2000/18/0095, und die daran anschließende Rechtsprechung). Die zuletzt erwähnte Bestrafung vom 3. April 1998 (wegen Nichtausreise nach Erlassung eine Aufenthaltsverbotes) hätte die belangte Behörde aber schon deshalb nicht berücksichtigen dürfen, weil ihr das eingangs erwähnte Aufenthaltsverbot vom 13. August 1997 zu Grunde lag, das gemäß § 114 Abs. 4 FrG mit 1. Jänner 1998 außer Kraft getreten war (vgl. das Erkenntnis vom 20. März 2001, Zl. 99/21/0040, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 24. Mai 2002, Zl. 99/21/0239).

Abgesehen von der verwaltungsbehördlichen Bestrafung nach § 80 Abs. 1 und 2 Z 2 Fremdengesetz 1992 wegen Schlepperei, die eine schwer wiegende Übertretung des Fremdengesetzes im Sinne des § 36 Abs. 2 Z 2 FrG darstellt (vgl. die bereits erwähnten Erkenntnisse vom 21. September 2000, Zl. 2000/18/0095, und vom 20. März 2001, Zl. 99/21/0040), verbleibt von den - von der belangten Behörde als ausschlaggebend gewerteten - Bestrafungen nur jene wegen Übertretung des § 3 Abs. 1 (iVm § 7 Abs. 1) Meldegesetz. Der Verwaltungsgerichtshof hat zwar bereits mehrfach ausgesprochen, dass es sich dabei um eine "schwerwiegende" Übertretung im Sinne des § 36 Abs. 2 Z 2 FrG handelt (vgl. das Erkenntnis vom 14. November 2000, Zl. 98/18/0166, und die daran anschließende Judikatur), doch kann bei den weiteren Überlegungen nicht außer Betracht bleiben, dass hiefür im vorliegenden Fall nur eine geringe Strafe verhängt wurde.

Zur Tatbestandsmäßigkeit nach der Z 5 des § 36 Abs. 2 FrG wiederholt die Beschwerde die bereits in der Berufung vorgetragenen Behauptungen, der Beschwerdeführer habe nicht um seines Vorteils willen, sondern lediglich aus Mitleid gehandelt. Das versprochene Geld hätte nur zur Deckung der Fahrtkosten gedient. Die belangte Behörde hat sich mit diesem Berufungseinwand aber ausreichend auseinander gesetzt und beweiswürdigend auf die diesbezüglichen Angaben des Beschwerdeführers, seines Mittäters und der geschleppten Person in ihren niederschriftlichen Befragungen unmittelbar nach der Tat verwiesen, wonach dem Beschwerdeführer ein - die Fahrtkosten von angeblich DM 200,-- weit übersteigender - Betrag von DM 600,-- als "Schlepperlohn" versprochen worden sei. Diese Argumentation hält der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Schlüssigkeitsprüfung jedenfalls stand.

Ausgehend von den somit unbedenklichen Feststellungen bestehen auch keine Zweifel, dass der Beschwerdeführer "Schlepperei" (das ist nach der Legaldefinition des § 104 Abs. 1 FrG idF des insoweit am 1. Juli 2000 in Kraft getretenen BGBl. I Nr. 34/2000 die Förderung der rechtswidrigen Einreise eines Fremden in einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einen Nachbarstaat Österreichs gegen einen nicht bloß geringfügigen Vermögensvorteil) um seines Vorteils willen begangen und dadurch den hier in Rede stehenden Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z 5 FrG verwirklicht hat. Zum Begriff "nicht bloß geringfügiger Vermögensvorteil" führen nämlich die Gesetzesmaterialien zur genannten Novelle (110 BlgNR 21.GP) aus, die "Geringfügigkeit" werde unter sinngemäßer Heranziehung jenes Richtwertes, der nach der neueren Rechtsprechung für die Geringwertigkeit einer Sache oder Geringfügigkeit eines Schadens oder einer Tatfolge gilt, zu beurteilen sein. Damit wird erkennbar auf die diesbezügliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes in Strafsachen Bezug genommen (vgl. etwa das Urteil vom 11. September 1990, 14 Os 87/90, EvBl. 1991/33, und die weiteren in RIS-Justiz RS0099085 angeführten Urteile). In Übereinstimmung mit dieser Rechtsprechung ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ein Betrag von DM 600,-- aber jedenfalls nicht als geringfügig anzusehen. Zu der Wendung "um seines Vorteils willen" genügt es schließlich, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die näheren Ausführungen im Erkenntnis vom 22. März 2002, Zl. 2000/21/0201, zu verweisen.

Zu der ihm vorgeworfenen "Schwarzarbeit" entgegnet der Beschwerdeführer wie schon im Berufungsverfahren, dass er im fraglichen Zeitraum nicht in dem genannten Restaurant beschäftigt gewesen sei. Diese bloße, durch keine Beweismittel belegte Behauptung ist nicht geeignet, die durch die Aktenlage bestätigte gegenteilige Annahme der belangten Behörde zu entkräften. Trotzdem kann aber nicht von der Erfüllung des Tatbestandes nach der Z 8 des § 36 Abs. 2 FrG ausgegangen werden, weil sich den Feststellungen nicht entnehmen lässt, der Beschwerdeführer sei von einem der oben - bei Wiedergabe des Gesetzestextes - erwähnten (Kontroll)Organe bei Ausübung der Beschäftigung "betreten" worden (vgl. die Erkenntnisse vom 20. Oktober 1998, Zl. 98/21/0183, und vom 11. September 2001, Zl. 99/21/0306). Diesen Erkenntnissen ist aber auch zu entnehmen, dass die Ausübung einer Beschäftigung durch einen Fremden, die er nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nicht hätte ausüben dürfen, in die Beurteilung der übrigen Voraussetzungen für ein Aufenthaltsverbot einbezogen werden könnte, und zwar selbst wenn er dabei nicht "betreten" wurde.

Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährlichkeitsprognose ist im Grunde des - eingangs wiedergegebenen - § 36 Abs. 1 FrG das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahingehend vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die im Gesetz umschriebene Annahme gerechtfertigt ist. Dabei ist - anders als etwa bei der Frage, ob der Tatbestand des § 36 Abs. 2 (Z 1 oder jener der) Z 2 FrG erfüllt ist - nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zugrundeliegenden Straftaten und das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 99/21/0221).

Entgegen diesen Ausführungen hat sich die belangte Behörde bei ihren Feststellungen zu den dem Aufenthaltsverbot zu Grunde gelegten verwaltungsbehördlichen Bestrafungen - mit Ausnahme der Darstellung der Schlepperei - auf die Angabe der Aktenzahl, des Entscheidungsdatums und der Höhe der verhängten Geldstrafe sowie auf die Nennung der übertretenen Norm beschränkt. Es wurden weder die konkreten Tatzeitpunkte festgestellt, noch die näheren Umstände der einzelnen Tathandlungen beschrieben. Insbesondere wurden zu der von der belangten Behörde auch als maßgebend angesehenen Übertretung des Meldegesetzes keine Feststellungen getroffen.

Derartige Feststellungen waren aber nicht schon deshalb entbehrlich, weil die verwaltungsbehördlichen Bestrafungen in Verbindung mit der (ansatzweise) konkretisierten Tathandlung bei der Schlepperei und die - allerdings ebenfalls nicht spezifizierte - Ausübung von "Schwarzarbeit" für sich genommen ausgereicht hätten, um eine negative Prognose im Sinne des § 36 Abs. 1 FrG treffen zu können. Der belangten Behörde ist zwar zuzugestehen, dass ein besonders großes öffentliches Interesse an der Bekämpfung des Schlepperunwesens besteht (vgl. etwa aus der letzten Zeit das Erkenntnis vom 30. Jänner 2003, Zl. 2002/21/0223), doch enthob dies die belangte Behörde nicht davon, eine den Umständen des vorliegenden Falles gerecht werdende individuelle Beurteilung vorzunehmen. Dabei wäre in Betracht zu ziehen gewesen, dass die in Rede stehende Tathandlung der Schlepperei nur verwaltungsstrafrechtlich geahndet wurde, dass keine Anhaltspunkte für eine wiederholte oder gar gewerbsmäßige Begehung oder für eine Eingliederung in eine Schlepperorganisation bestanden haben und dass der Tatzeitpunkt Mitte November 1996, somit bald vier Jahre vor der Erlassung des angefochtenen Bescheides Mitte August 2000, gelegen ist. Nach der Aktenlage hat sich der Beschwerdeführer in dieser Hinsicht auch nichts mehr zu Schulden kommen lassen. Die belangte Behörde hätte somit für eine tragfähige Begründung ihrer negativen Zukunftsprognose zur Beurteilung der Gesamtpersönlichkeit des Beschwerdeführers zumindest noch nähere Feststellungen zu den herangezogenen Verwaltungsübertretungen, aber auch zu der "Schwarzarbeit" treffen müssen.

Im Übrigen wären die erwähnten (von der belangten Behörde unterlassenen) Feststellungen auch im Hinblick auf die - durch seinen achtjährigen, rechtmäßigen Aufenthalt, die angenommene berufliche Integration und die Lebensgemeinschaft in Österreich bewirkten - ausgeprägten privaten Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich zur Nachvollziehbarkeit der Abwägung nach § 37 FrG erforderlich gewesen (vgl. zum Ganzen das bereits erwähnte Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 99/21/0221, und auch das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2000/21/0051).

Im Hinblick auf diese Begründungsmängel war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 25. April 2003

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Verhältnis der wörtlichen Auslegung zur teleologischen und historischen Auslegung Bedeutung der Gesetzesmaterialien VwRallg3/2/2 Auslegung unbestimmter Begriffe VwRallg3/4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000210155.X00

Im RIS seit

29.05.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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