TE Vwgh Beschluss 2003/4/25 2000/21/0127

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.04.2003
beobachten
merken

Index

E000 EU- Recht allgemein;
E2D Assoziierung Türkei;
E2D E02401013;
E2D E05204000;
E2D E11401020;
E3L E05204020;
E6J;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art8;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art9 Abs1;
31964L0221 Koordinierung-RL EWGVArt56 ordre public Art9;
61999CJ0459 MRAX VORAB;
ARB1/80 Art6;
ARB1/80 Art7;
AVG §38;
EURallg;
VwGG §38a;
VwGG §62 Abs1;

Beachte

Vorabentscheidungsverfahren:* Vorabentscheidungsantrag des VwGH oder eines anderen Tribunals:99/21/0018 B 18. März 2003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Kletzer, in der Beschwerdesache des S in Bregenz, vertreten durch Dr. Wilfried Ludwig Weh, Rechtsanwalt in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Vorarlberg vom 12. Juni 2000, Zl. Fr-4250a-2/97, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, den Beschluss gefasst:

Spruch

Das Beschwerdeverfahren wird bis zur Vorabentscheidung des in den hg. Beschwerdesachen Zlen. 99/21/0018 und 2002/21/0067 angerufenen Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften ausgesetzt.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen der Türkei, ein mit sechs Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 2003, Zlen. 99/21/0018 und 2002/21/0067 (EU 2003/0001 und 0002), wurden dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften folgende Fragen zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 EG vorgelegt:

1. Sind die Art. 8 und 9 der Richtlinie 64/221/EWG des Rates vom 25. Februar 1964 zur Koordinierung der Sondervorschriften für die Einreise und den Aufenthalt von Ausländern, soweit sie aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit gerechtfertigt sind (RL), dahin auszulegen, dass die Verwaltungsbehörden - ungeachtet des Bestehens eines innerbehördlichen Instanzenzuges - die Entscheidung über die Entfernung aus dem Hoheitsgebiet ohne Erhalt der Stellungnahme einer (in der österreichischen Rechtsordnung nicht vorgesehenen) zuständigen Stelle nach Art. 9 Abs. 1 der RL - außer in dringenden Fällen - dann nicht treffen dürfen, wenn gegen ihre Entscheidung bloß die Erhebung von Beschwerden an Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts mit nachgenannten Einschränkungen zulässig ist: Diesen Beschwerden kommt nicht von vornherein eine aufschiebende Wirkung zu, den Gerichtshöfen ist eine Zweckmäßigkeitsentscheidung verwehrt und sie können den angefochtenen Bescheid nur aufheben; weiters ist der eine Gerichtshof (Verwaltungsgerichtshof) im Bereich der Tatsachenfeststellungen auf eine Schlüssigkeitsprüfung, der andere Gerichtshof (Verfassungsgerichtshof) darüber hinaus auf die Prüfung der Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte beschränkt?

2. Sind die Rechtsschutzgarantien der Art. 8 und 9 der unter Pkt. 1 genannten RL auf türkische Staatsangehörige anzuwenden, denen die Rechtsstellung nach Art. 6 oder Art. 7 des Beschlusses des - durch das Abkommen zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei errichteten - Assoziationsrates vom 19. September 1980, Nr. 1/80, über die Entwicklung der Assoziation (ARB) zukommt?

Da der Beschwerdeführer aufgrund seiner Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin als "begünstigter Drittstaatsangehöriger" anzusehen ist, bildet die erste Frage auch im gegenständlichen Fall eine Vorfrage die zufolge des Auslegungsmonopols des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften in Angelegenheiten des (primären oder sekundären) Gemeinschaftsrechts von einem anderen Gericht zu entscheiden ist (zur Anwendbarkeit der Art. 8 und 9 der RL 64/221 EWG auf den genannten Personenkreis vgl. das Urteil des EuGH vom 25. Juli 2002, Rechtssache C-459/99, "MRAX", Randnr. 101 ff).

Da das entsprechende Verfahren zur Einholung einer Vorabentscheidung bereits anhängig gemacht wurde, liegen die Voraussetzungen des gemäß § 62 Abs. 1 VwGG auch vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendenden § 38 AVG vor, sodass in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat mit einer Aussetzung des gegenständlichen Verfahrens vorgegangen werden konnte (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 29. Jänner 2003, Zl. 99/03/0365).

Wien, am 25. April 2003

Gerichtsentscheidung

EuGH 61999J0459 MRAX VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000210127.X00

Im RIS seit

14.07.2003

Zuletzt aktualisiert am

04.11.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten