TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/25 2002/12/0095

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Veröffentlicht am 25.04.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AVG §56;
FrG 1997 §10 Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des am 8. Februar 1969 geborenen M, vertreten durch Dr. Ingrid Weisz, Rechtsanwältin in 1080 Wien, Florianigasse 7/9, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 21. April 1999, Zl. 308.691/2-III/11/99, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Ein vom Beschwerdeführer erstmals am 5. Jänner 1994 eingebrachter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung wurde am 18. April 1994 wieder zurückgezogen. Ein in weiterer Folge am 19. Dezember 1995 gestellter Antrag wurde mit in Rechtskraft erwachsenem Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 26. April 1996 gemäß § 4 Abs. 1 AufG abgewiesen.

Am 10. Juli 1996 (Einlangen bei der erstinstanzlichen Behörde) beantragte der Beschwerdeführer neuerlich im Wege der österreichischen Botschaft Zagreb die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, wobei er als Aufenthaltszweck "selbstständige Erwerbstätigkeit" angab und den beabsichtigten Beruf mit "Installationsbetrieb" angab.

Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 3. Oktober 1997 gemäß § 5 Abs. 1 AufG iVm § 10 Abs. 1 Z 6 FrG ab und führte begründend aus, der Beschwerdeführer sei als kroatischer Staatsbürger sichtvermerksfrei nach Österreich eingereist. Er habe mit seinem am 10. Juli 1996 gestellten Antrag seinen nach dieser Einreise begonnenen Aufenthalt im Bundesgebiet fortsetzen wollen, weshalb der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 6 FrG verwirklicht sei. Er bringe in seinem Antrag vor allem vor, seit 21. Juli 1995 geschäftsführender Gesellschafter der A. GesmbH mit dem Sitz in Wien 6 zu sein. Aus den vorgelegten Unterlagen sei ersichtlich, dass er mit voller Arbeitszeit als Installateur in der genannten Firma tätig sei und dafür ein Entgelt von monatlich S 18.000,-- beziehe. Da im vorliegenden Fall die Aufenthaltsbewilligung - wenn auch allenfalls nicht nahtlos - an einen Aufenthalt nach einer sichtvermerksfreien Reise anschließen solle, sei der Versagungstatbestand des § 10 Abs. 1 Z 6 FrG gegeben, weil der Beschwerdeführer die Entscheidung über seinen Antrag grundsätzlich im Ausland abzuwarten habe.

In seiner dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer (zusammengefasst) vor, er habe seinen Antrag am 1. Juli 1996 in Zagreb gestellt. Der auf diese Antragstellung im Ausland später folgende Aufenthalt in Österreich sei durch gültige Sichtvermerke gedeckt. Hätte die erstinstanzliche Behörde dies überprüft, so wären ihr die Sichtvermerke, die zu einem rechtmäßigen Aufenthalt geführt hätten, zur Kenntnis gekommen.

Im Zuge des Berufungsverfahrens forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer u.a. zur Vorlage einer vollständigen Kopie seines Reisepasses bzw. eines Nachweises über die im Berufungsvorbringen angeführten Sichtvermerke auf.

Mit Eingabe vom 5. Februar 1999 legte der Beschwerdeführer u. a. Fotokopien zweier abgelaufener sowie des derzeit gültigen Reisepasses vor. Aus den Fotokopien ist (nur) ein am 1. Dezember 1992 von der Bundespolizeidirektion Wien ausgestellter Wiedereinreise-Sichtvermerk mit Gültigkeit bis 30. Juli 1993 ersichtlich.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 21. April 1999 wies die belangte Behörde den nunmehr als solchen auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung gewerteten Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 und § 10 Abs. 2 Z 3 des Fremdengesetzes 1997 (FrG 1997) ab. Nach Wiedergabe der maßgeblichen Gesetzesstellen führte sie begründend aus, der Beschwerdeführer strebe eine Niederlassungsbewilligung zum Zwecke der Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit als Gesellschafter sowie Geschäftsführer der A. GesmbH an. Er sei sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist. Zwar bestreite er diesen Sachverhalt in seinem Berufungsvorbringen und behaupte, jeweils auf Grund gültiger Sichtvermerke im Bundesgebiet aufhältig gewesen zu sein, er habe dies jedoch trotz der seitens der belangten Behörde ergangenen Aufforderung, diese Behauptungen durch Vorlage von Reisepasskopien entsprechend nachzuweisen, nicht belegen können. Als kroatischer Staatsangehöriger sei er zu einem dreimonatigen sichtvermerkfreien Aufenthalt in Österreich berechtigt, dieser Aufenthalt dürfe aber lediglich touristischen Zwecken dienen. Am 2. Juni 1998 sei er seitens des Arbeitsinspektorates für Bauarbeiten bei der Ausübung von Bauarbeiten in 1220 Wien angetroffen worden, ohne dass er eine arbeits- bzw. aufenthaltsrechtliche Bewilligung habe vorweisen können. Nach weiteren Ausführungen, dass der Aufenthalt und die vom Beschwerdeführer ausgeübte Beschäftigung "illegal" seien, folgerte die belangte Behörde, das Vorliegen der Sichtvermerksversagungsgründe nach § 10 Abs. 1 Z 3 und Abs. 2 Z 3 FrG 1997 mache die "positive Erledigung des Berufungsantrages unmöglich". Ein Eingehen auf eventuelle private und familiäre Interessen erübrige sich, weil das Vorliegen des § 10 Abs. 1 Z 3 FrG 1997 nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes einen zulässigen Eingriff in das durch Art. 8 MRK geschützte Grundrecht darstelle.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte - unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift - die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 10 Abs. 1 Z. 3 und Abs. 2 Z. 3, § 28 Abs. 1 und § 112 FrG 1997 lauten (auszugsweise):

"§ 10. (1) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels ist zu versagen, wenn

...

3. der Aufenthaltstitel - außer für Saisonarbeitskräfte (§ 9), für begünstigte Drittstaatsangehörige (§ 47) oder Angehörige von Österreichern (§ 49) - nach sichtvermerksfreier Einreise (§ 28 oder § 29) erteilt werden soll;

...

(2) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels kann wegen Gefährdung öffentlicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Z. 2) insbesondere versagt werden, wenn

...

3. der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;

...

§ 28. (1) Sofern die Bundesregierung zum Abschluss von Regierungsübereinkommen gemäß Art. 66 Abs. 2 B-VG ermächtigt ist, kann sie zur Erleichterung des Reiseverkehrs unter der Voraussetzung, dass Gegenseitigkeit gewährt wird, vereinbaren, dass Fremde berechtigt sind, ohne Visum in das Bundesgebiet einzureisen und sich in diesem aufzuhalten. ...

...

§ 112. Verfahren zur Erteilung eines Sichtvermerkes sowie Verfahren zur Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltsbewilligung, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, oder gemäß der §§ 113 und 114 anhängig werden, sind nach dessen Bestimmungen - je nach dem Zweck der Reise oder des Aufenthaltes - als Verfahren zur Erteilung eines Einreisetitels oder als Verfahren zur Erteilung eines Erstaufenthaltstitels oder eines weiteren Aufenthaltstitels fortzuführen. ..."

Gemäß seinem Art. 7 Abs. 2 trat das Abkommen zwischen der Österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Republik Kroatien über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht, BGBl. Nr. 487/1995, mit 1. August 1995 in Kraft. Art. 1, 2 und 3 dieses Abkommens lauten auszugsweise:

"Artikel 1

Die Staatsbürger der Vertragsstaaten, die einen der im Artikel 3 angeführten Reiseausweise mit sich führen, können ohne Sichtvermerk des anderen Vertragsstaates die Grenzen der Vertragsstaaten überschreiten und sich drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates aufhalten.

Artikel 2

Artikel 1 findet keine Anwendung auf jene Personen, die sich länger als drei Monate auf dem Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates aufhalten wollen oder dort die Ausübung einer Erwerbstätigkeit beabsichtigen. In diesem Fall ist vor der Einreise die Erteilung eines Sichtvermerkes oder einer Aufenthaltsbewilligung erforderlich.

Artikel 3

...

(3) Der Grenzübertritt auf Grund dieses Abkommens ist kroatischen Staatsbürgern, die Inhaber eines der nachstehend angeführten gültigen Reiseausweise sind, gestattet:

a) Reisepass (persönlicher oder Familienreisepass)

..."

Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, er habe den verfahrensgegenständlichen Antrag in Zagreb eingereicht und weiterhin im Ausland gelebt "sofern ich eingereist bin, als Tourist, kann dies einer Antragsstattgebung nicht entgegenstehen,

..."

Zutreffend ging die belangte Behörde demnach in Anwendung des § 112 FrG 1997 davon aus, dass der Antrag des Beschwerdeführers vom 10. Juli 1996 nach Inkrafttreten des FrG 1997 vom 1. Jänner 1998 als solcher auf Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung zu werten war.

Die belangte Behörde hat die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers einerseits darauf gestützt, dass er sichtvermerksfrei in das Bundesgebiet eingereist sei und sich im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides nach wie vor im Bundesgebiet aufhalte (Vorliegen des Versagungsgrundes nach § 10 Abs. 1 Z 3 FrG 1997), und andererseits darauf, dass er im Bundesgebiet einer unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen sei (Vorliegen des Versagungsgrundes nach § 10 Abs. 2 Z 3 FrG 1997).

Für die Beurteilung der Frage, ob der Versagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z 3 FrG 1997 gegeben ist, ist die Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblich. Der Versagungsgrund ist auch anzuwenden, wenn die sichtvermerksfreie Einreise vor Inkrafttreten des FrG 1997 erfolgte. Entscheidend für die Verwirklichung des in Rede stehenden Versagungsgrundes ist allein, dass sich der Fremde im Anschluss an eine sichtvermerksfreie Einreise im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Bundesgebiet aufhält. Dies gilt auch dann, wenn die sichtvermerksfreie Einreise im Anschluss an eine im Ausland erfolgte Antragstellung erfolgte (vgl. dazu zuletzt das hg. Erkenntnis vom 19. März 2003, Zlen. 2002/12/0075, 0076).

Dem angefochtenen Bescheid ist, wie sich insbesondere auch aus der Anführung der inländischen Anschrift des Bescheidadressaten ergibt, zu entnehmen, dass die belangte Behörde von einem Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet nach sichtvermerksfreier Einreise auch im Zeitpunkt der Erlassung ihrer Entscheidung ausgeht.

Dem angefochtenen Bescheid ist nicht zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer bereits mit der Absicht, im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit auszuüben, eingereist ist. Auch vom Beschwerdeführer sind keine dahingehenden Behauptungen aufgestellt worden.

Bereits die erstinstanzliche Behörde hatte - wie eingangs dargestellt - ihre abweisende Entscheidung auf das Vorliegen des im Wesentlichen inhaltsgleichen Sichtvermerksversagungsgrundes des § 10 Abs. 1 Z 6 FrG gestützt und ging auf Sachverhaltsebene auf Grund der vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen, wonach er bei einem näher bezeichneten inländischen Unternehmen als Installateur beschäftigt sei, von einem Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet aus. Auf Grund des Berufungsvorbringens, jegliche Aufenthalte im Bundesgebiet nach Antragstellung seien jeweils durch "Sichtvermerke" gedeckt, wurde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit eingeräumt, diesbezügliche Nachweise beizubringen. Angesichts der vorgelegten Kopien der in Frage kommenden Reisepässe, die keinerlei Hinweis auf derartige "Sichtvermerke" enthielten, begegnet die darauf gestützte dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Annahme, der Beschwerdeführer halte sich nach sichtvermerksfreier Einreise im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides weiterhin im Bundesgebiet auf, keinen Bedenken.

Hielt sich der Beschwerdeführer aber im Zeitpunkt der Bescheiderlassung im Anschluss an eine sichtvermerksfreie Einreise im Bundesgebiet auf, so konnte sich die belangte Behörde zu Recht darauf stützen, dass der Versagungsgrund nach § 10 Abs. 1 Z 3 FrG 1997 verwirklicht sei.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Eingehen auf den weiters von der belangten Behörde herangezogenen Versagungsgrund des § 10 Abs. 2 Z 3 FrG 1997 und das dazu erstattete Vorbringen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001, BGBl. II Nr. 501.

Wien, am 25. April 2003

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002120095.X00

Im RIS seit

16.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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