TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/25 2001/12/0112

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Veröffentlicht am 25.04.2003
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Index

65/01 Allgemeines Pensionsrecht;

Norm

PG 1965 §9 Abs1 idF 1985/426;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde der S in O, vertreten durch Dr. Gerhard Wildmoser, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Schillerstraße 1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 23. April 2001, Zl. Bi-010278/11-2001- Zei/Hoch, betreffend Zurechnung von Jahren nach § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die im Jahre 1945 geborene Beschwerdeführerin steht seit 1. April 2000 als Sonderschuloberlehrerin in Ruhe in einem öffentlich-rechtlichen Ruhestandsverhältnis zum Land Oberösterreich. Zur Darstellung des bisherigen Verfahrensganges wird zur Vermeidung von Wiederholungen in sinngemäßer Anwendung des § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das in dieser Sache ergangene hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2001, Zl. 2000/12/0211, verwiesen; mit dem genannten Erkenntnis hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der belangten Behörde vom 9. Juni 2000, mit dem eine Zurechnung von Jahren gemäß § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 versagt worden war, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, weil das Verfahren der Aussage eines berufskundigen Sachverständigen über einen der Beschwerdeführerin zumutbaren Erwerb ermangelte.

Im fortgesetzten Verfahren ersuchte die belangte Behörde Mag. Dr. Christian A. um Erstattung eines entsprechenden berufskundigen Gutachtens, der in seinem Gutachten vom 2. April 2001 u.a. ausführte:

"...

Erhobener Sachverhalt:

Zwecks Veranschaulichung der Angaben im Verfahrensakt und zur Erlangung eines entsprechenden Gehörs der Beschwerdeführerin wurde am 19. März 2001 eine mündliche Sachverhaltsermittlung angesetzt. Das hierbei aufgenommene Protokoll findet sich in einer wörtlichen Abschrift im Anhang wieder. Nachfolgende Angaben konnten dabei erzielt werden:

Familiäre Situation:

...

Beruflicher Werdegang:

...

Die Beschwerdeführerin gibt an, dass sie bis zu ihrer Ruhestandsversetzung, das ist das Jahr 2000, im schulpsychologischen Dienst des Landesschulrates Oberösterreich zur gänzlichen Erfüllung ihrer Lehrverpflichtungen im Ausmaß von drei bis vier Wochenstunden Beratungen und Lerntherapien durchgeführt habe. Diese Aufgaben habe sie auf Grund der dort vorhandenen Unterstützung und Einweisung gerne gemacht.

Außerdem habe sie an der Pädagogischen Akademie am Wochenende eine Lehrverpflichtung von einer Wochenstunde wahrgenommen, ebenfalls zur gänzlichen Erfüllung ihrer Lehrverpflichtungen an der Sonderschule, dies aber geblockt.

Belege für diese Umstände finden sich im Protokoll.

Berufskundliche Erörterung:

Auf Grund der bereits ausgeübten Tätigkeit als Förderlehrerin im Schulpsychologischen Dienst sowie als Lehrerin in der Pädagogischen Akademie kommen diese Verweisberufe zuerst zur Prüfung.

Zu prüfen ist, ob eine Tätigkeit als Förderlehrerin, allenfalls mit Ergänzung einer Lehrtätigkeit in der Pädagogischen Akademie auf Grund des beruflichen Anforderungsprofils sowie der gesundheitlich (körperlich und psychisch) gesehen noch vorhandenen Einsatzmöglichkeiten eine Erwerbsmöglichkeit zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung dargestellt hätte.

Überprüfung von Anforderungsprofilen:

Die Durchführung von pädagogischen Beratungen und Lerntherapien als Förderlehrerin im Bereich des Bezirksschulrates Urfahr-Umgebung oder des Landesschulrates Oberösterreich sowie im Schulpsychologischen Dienst Oberösterreich erfordern eine Ausbildung als Sonderschullehrerin und umfassen diagnostische, beratende, fördernde, übende und prüfende Aufgaben mit lernschwachen Schülern im Einzelunterricht1. (1Eine Funktions- oder Tätigkeitsbeschreibung konnte nicht eruiert werden.) Dazu kommen organisatorische und administrative Tätigkeiten wie Terminvereinbarungen, Besprechungen und Supervisionen.

Die Tätigkeit als Lehrerin in der Pädagogischen Akademie umfasst im Allgemeinen unterrichtende und prüfende Tätigkeiten sowie entsprechende Vor- und Nachbereitungen sowie Besprechungen und Terminvereinbarungen.

Es sind damit im Anforderungsprofil neben den besonderen fachlichen Kenntnissen aus der pädagogischen Aus- und Fortbildung sowie der beruflichen Erfahrung auch kommunikative Fähigkeiten erforderlich.

Überprüfung von Hinderungsgründen:

Tätigkeiten, die mit langem Sitzen, Stehen, Gehen, Heben, Tragen und Manipulieren von Lasten verbunden sind, auch Arbeiten in Feuchtigkeit und Nässe, weiters in Fehlhaltung wie gebückt, gehockt etc. oder in Kopfhöhe bzw. über Kopf, die medizinischerseits als nicht zumutbar eingestuft werden müssen, kommen üblicherweise nicht vor, und ein Zeitdruck ist auch nicht gegeben.2 (2Aus diesem Grund ist abermals keine weitere Differenzierung der medizinischen Begutachtungen erforderlich.)

Lediglich Sprechschwierigkeiten infolge eines Stimmbandödems und einer Internusschwäche sind zu berücksichtigen, werden allerdings auch gemildert durch den Wegfall lauten und ständigen Sprechens in einer Klasse.

Die Beschwerdeführerin hat vor der Ruhestandsversetzung im März 2000 solche Tätigkeiten im Sinne einer Förderlehrerin im Schulpsychologischen Dienst Oberösterreich im eher geringfügigen Rahmen tatsächlich durchgeführt.

Aus diesem Grunde ist auch davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin die erforderlichen Fähigkeiten zum Einhalten von Terminen und zur Selbstorganisation grundsätzlich zur Verfügung hat. Kognitive und intellektuelle Einschränkungen waren bei der psychiatrischen Begutachtung nicht festgestellt worden. Fallweise Fehlleistungen und Irrtümer sind im Berufsleben - wie auch im Alltag - nicht ungewöhnlich oder außerordentlich.

Ein Hinderungsgrund infolge der chronischen Erschöpfungsdepression ist nicht gegeben, da die Beschwerdeführerin zum einen die Tätigkeit als Förderlehrerin als entlastend und als Alternative geschildert hat, zum anderen ...

Bei einer Tätigkeit als Förderlehrerin würde außerdem auch die belastende Unterrichtstätigkeit mit Kindern im Klassenverband in der Sonderschule wegfallen.

Es bleibt zu prüfen, ob die bereits ausgeübten Tätigkeiten im Schulpsychologischen Dienst und in der Pädagogischen Akademie zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung auch vollbeschäftigt hätten ausgeübt werden können.

Hier gibt die Beschwerdeführerin in der Sachverhaltsermittlung an, dass ihr die Tätigkeit im Schulpsychologischen Dienst Kraft gegeben habe und dass die Umstände der dortigen Tätigkeit ihr die Arbeit angenehm gestaltet hätten. Es ist auch zu berücksichtigen, dass eine beratende Tätigkeit für gewöhnlich anstrengend ist und aus diesem Grund nicht durchgängig ausgeübt werden kann.

Die Möglichkeit, Anweisungen zu verstehen, sind in diesem Bereich gegeben wie auch eine erforderliche Fähigkeit zur Selbstorganisation.

Beurteilung von Zumutbarkeitskriterien:

Die berufliche Tätigkeit einer Förderlehrerin im Bereich des Bezirksschulrates Urfahr-Umgebung oder des Landesschulrates Oberösterreich sowie im Bereich des Schulpsychologischen Dienstes Oberösterreich entspricht im Hinblick auf die erforderliche Qualifizierung der Aus- und Fortbildung der Beschwerdeführerin und ihrer beruflichen Erfahrung und ist demgemäß zumutbar.

Die in den im Ruhestandsversetzungsverfahren durchgeführten medizinischen Begutachtungen ergeben gesundheitliche (körperliche und psychische) Einschränkungen, welche in der genannten beruflichen Tätigkeit nicht zum Tragen kommen.

Die genannte Tätigkeit ist auch in sozialer Hinsicht der bisherigen beruflichen Tätigkeit als Sonderschuloberlehrerin in den Kriterien der sozialen Geltung, der dienstlichen Stellung und der Fortbildung zumindest gleichwertig und damit ebenfalls zumutbar.

Schlussfolgerung:

Eine vollbeschäftigt berufliche Tätigkeit zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung, also im März 2000, wäre der Beschwerdeführerin aus berufskundlicher Sicht als Förderlehrerin im schulpsychologischen Dienst Oberösterreich sowie im Bereich des Bezirksschulrates Urfahr-Umgebung und des Landesschulrates Oberösterreich zumutbar gewesen. Die Beschwerdeführerin war hiermit im Sinne der Fragestellung zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung im März 2000 zu einem zumutbaren Erwerb fähig, nicht unfähig.

Konkret ist die Durchführung von Beratungen und Lerntherapien als Förderlehrerin zumutbar gewesen. Auch einfache beratende, organisatorische und administrative Tätigkeiten, wie sie im Rahmen einer solchen Förderlehrertätigkeit vorgekommen und erforderlich sind, wären auf Grund der besonderen fachlichen Kenntnisse sowie der nicht eingeschränkten kognitiven und intellektuellen Fähigkeiten der Beschwerdeführerin zumutbar gewesen.

Auch Unterrichtstätigkeiten in der Pädagogischen Akademie im Rahmen von einzelnen Unterrichtseinheiten zur Ergänzung der Tätigkeit als Förderlehrerin wären zumutbar gewesen.

Sie hat solche Tätigkeiten als Förderlehrerin und Unterrichtende kurz vor der Ruhestandsversetzung auch tatsächlich ausgeübt und nicht abgelehnt.

Es ist für die Entscheidung auf Grund der Rechtslage nicht erheblich, ob ein solcher Arbeitsplatz für die Beschwerdeführerin zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung zur Verfügung gestanden wäre.

Die in den Akten genannten Alternativen einer beruflichen Tätigkeit als Bibliothekar oder im Jugendamt kommen im gegenständlichen Gutachten nicht weiter in Betracht, da eine zumutbare Erwerbstätigkeit bereits genannt werden konnte. Damit ist keine Aussage über die Zumutbarkeit des Berufes des Bibliothekars oder einer Tätigkeit im Jugendamt verbunden.

Es sei lediglich angemerkt, dass es einer gesonderten Prüfung vor Ort bedürfen würde, ob die Tätigkeit eines Bibliothekars mit dem Heben und Tragen von Lasten verbunden wäre.

Das Ergebnis der Begutachtung erfolgt in ausdrücklicher Kenntnis und Würdigung der besonderen persönlichen und familiären Umstände der Beschwerdeführerin und ihres beruflichen Einsatzes und Engagements."

In ihrer umfangreichen Stellungnahme vom 18. April 2001 lehnte die Beschwerdeführerin den berufskundlichen Sachverständigen ab, beantragte die Übermittlung der Protokollsabschrift über das von ihr mit dem berufskundigen Sachverständigen geführte Gespräch und wandte sich im Wesentlichen gegen dessen Schlussfolgerung, dass ihr eine Tätigkeit als "Förderlehrerin" zumutbar sei. So könne der Sachverständige das konkrete Anforderungsprofil einer "Förderlehrerin" nicht benennen. Tatsächlich gebe es diesen Beruf gar nicht, sodass dieser weder tatsächlich noch rechtlich einen Verweisungsberuf darstelle. Der Sachverständige merke selbst in einer Fußnote an, dass eine Funktions- oder Tätigkeitsbeschreibung einer "Förderlehrerin" nicht habe eruiert werden können. Ein berufskundiger Sachverständige müsse dazu fähig sein, Funktions- und Tätigkeitsbeschreibungen eines Verweisungsberufes genau darlegen zu können. Zwar habe der Sachverständige keine rechtliche Beurteilung zu treffen, er müsse aber sehr wohl über die rechtlichen Rahmenbedingungen eines Verweisungsberufes bescheid wissen.

Ohne dass den vorgelegten Verwaltungsakten weitere Erhebungsschritte zu entnehmen wären, wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Ersatzbescheid die Berufung der Beschwerdeführerin vom 19. Mai 2000 gegen den Bescheid des Landesschulrates für Oberösterreich vom 3. Mai 2000 ab. Begründend führte sie nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und nach auszugsweiser Wiedergabe des berufskundlichen Gutachtens aus, sie erachte das sehr ausführliche und im Detail nachvollziehbare Sachverständigengutachten vom 2. April 2001 auf Grund der darin enthaltenen mängelfreien Ausführungen als entsprechend begründet und schlüssig und habe es sohin dem Entscheidungsinhalt zu Grunde gelegt. Nach Ansicht der belangten Behörde sei die Beschwerdeführerin im Zeitpunkt ihrer Ruhestandsversetzung auf Grund der schlüssigen und widerspruchsfreien Ausführungen in den eingeholten Sachverständigengutachten vom 1. Februar 2000 und vom 2. April 2001 nach ihrer körperlichen und geistigen Verfassung abstrakt gesehen zu einer sonstigen Erwerbstätigkeit noch befähigt gewesen und hätte im maßgeblichen Beurteilungszeitraum unter Bedachtnahme auf die üblichen Erfordernisse der Arbeitswelt die im berufskundlichen Gutachten vom 2. April 2001 genau umschriebenen und als zumutbar erachteten Tätigkeiten (Förderlehrerin im Bereich des Bezirksschulrates Urfahr-Umgebung oder des Landesschulrates für Oberösterreich sowie im Bereich des Schulpsychologischen Dienstes Oberösterreich; in Ergänzung dazu auch Unterrichtstätigkeit in der Pädagogischen Akademie im Rahmen von einzelnen Unterrichtseinheiten) ausüben können. Im Übrigen habe die Beschwerdeführerin diese genannten Tätigkeiten kurz vor ihrer Ruhestandsversetzung auch tatsächlich ausgeübt. Zu den Einwänden und Anträgen der Beschwerdeführerin in ihrer Stellungnahme vom 18. April 2001 sei Folgendes festzuhalten. Die von ihr beantragte Ablehnung des berufskundlichen Sachverständigen sei im AVG nicht vorgesehen. Nach § 7 AVG hätten sich Verwaltungsorgane in Ausübung ihres Amtes nur dann selbst zu enthalten, wenn Befangenheitsgründe vorlägen. Die Beschwerdeführerin habe jedoch keine solchen Gründe im Sinn des § 7 AVG vorgebracht; nach Ansicht der belangten Behörde lägen auch keine Umstände für das Vorhandensein solcher vor. Sohin bestehe diesbezüglich auch kein Verfahrensmangel. Zu der von ihr beantragten Übermittlung der Protokollsabschrift über das von ihr mit dem berufskundlichen Sachverständigen geführte Gespräch sei bemerkt, dass dieses Protokoll für das gegenständliche Verfahren nicht als Beweismittel diene. Es sei nur insofern von Bedeutung, als es für die Erstellung des Gutachtens herangezogen worden sei. Da das Gutachten selbst und damit auch die ihm zu Grunde gelegten Sachverhaltselemente aus dem Gespräch mit der Beschwerdeführerin ohnedies in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht worden seien, erübrige sich eine gesonderte Übermittlung dieses Protokolls, das nur Teil der Ermittlungsgrundlagen, nicht jedoch Bestandteil des Gutachtens sei. Entgegen den Behauptungen der Beschwerdeführerin habe sich der berufskundliche Sachverständige sehr eingehend mit den aus medizinischer Sicht noch möglichen Verweisungsberufen und deren Anforderungsprofilen auseinander gesetzt, ohne der von der belangten Behörde vorzunehmenden rechtlichen Beurteilung vorzugreifen. So werde insbesondere nachvollziehbar und begründet dargelegt, welche Tätigkeiten die Beschwerdeführerin unter Berücksichtigung ihres zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung gegebenen Gesundheitszustandes noch habe ausüben können; anschließend daran werde die Zumutbarkeit dieser noch verbleibenden beruflichen Tätigkeiten überprüft. Zum Einwand der Beschwerdeführerin, dass es den Beruf der "Förderlehrerin" bzw. "Einzelunterricht" nicht gäbe, sei bemerkt, dass es sich bei den dabei beschriebenen Tätigkeiten um eine Spezifizierung innerhalb des Lehrberufes handle und dabei ein bestimmter Teilbereich des umfassenden Tätigkeitsbereiches eines Lehrers beschrieben werde, welcher auch gesondert und ausschließlich ausgeübt werden könne. So könne auch der von der Beschwerdeführerin behaupteten Fehlerhaftigkeit und Unschlüssigkeit des berufskundlichen Gutachtens nicht gefolgt werden. Vielmehr seien nach Ansicht der belangten Behörde der Sachverhalt sowie die zu beurteilenden Tatsachen vollständig abgeklärt worden und habe aus den schlüssigen und begründeten Ausführungen in den eingeholten medizinischen und berufskundlichen Sachverständigengutachten einwandfrei eine rechtliche Beurteilung vorgenommen werden können. Aus diesem Grund habe sich auch die von der Beschwerdeführerin beantragte Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens erübrigt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften begehrt wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem subjektiven Recht auf Zurechnung von Dienstjahren zur ruhegenussfähigen Dienstzeit gemäß § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 verletzt. Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides sieht sie unter anderem darin, dass schon der Sachverständige selbst keine klare Vorstellung von dem von ihm genannten - selbstständig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gar nicht existierenden - Verweisungsberuf habe. Wenn die belangte Behörde ausführe, dass es sich bei diesem Beruf um eine Spezifizierung innerhalb des Lehrberufes handelte und dabei ein bestimmter Teilbereich des umfassenden Tätigkeitsbereiches eines Lehrers beschrieben würde, der auch gesondert und ausschließlich ausgeübt werden könnte, dränge sich die Frage auf, woher die belangte Behörde dieses - nicht einmal vom mangelhaften berufskundlichen Sachverständigengutachten gedeckte - Fach- und Spezialwissen beziehe, habe sie doch diesbezüglich keinerlei Feststellungen getroffen. Der Beruf "Förderlehrerin" sei nicht Gegenstand des allgemeinen Arbeitsmarktes. Dies sei darin begründet, dass Förderunterrichte - die auf Grund von Sparmaßnahmen ohnehin immer mehr wegrationalisiert würden - von den eigentlichen Klassenlehrern selbst abgehalten würden; eigene Lehrer, die ausschließlich lernschwache Schüler aus verschiedenen Klassen im Rahmen dieses Zusatzunterrichtes betreuten, seien weder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt jemals vorgesehen gewesen noch auf dem aktuellen Arbeitsmarkt vorgesehen.

Damit zeigt die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit auf.

Zur Darstellung der im Beschwerdefall maßgeblichen Rechtslage wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf das hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2001, Zl. 2000/12/0211, verwiesen, in der sich auch bis zur Erlassung des angefochtenen Ersatzbescheides keine Änderung ergab.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt eine dauernde Erwerbsunfähigkeit dann vor, wenn die im maßgebenden Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung allenfalls bestehende Erwerbsunfähigkeit nicht bloß eine vorübergehende ist, die Erwerbsfähigkeit daher innerhalb absehbarer Zeit nicht wiedererlangt werden kann.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung wie auch im zitierten hg. Erkenntnis vom 24. Jänner 2001 zum Begriff der Erwerbsunfähigkeit im Sinn des § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 (in der Fassung bis zum In-Kraft-Treten des Pensionsreformgesetzes 2000, BGBl. I Nr. 95, bzw. nunmehr des Pensionsreformgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 86) ausführt, bedeutet Erwerbsfähigkeit nach dem allgemeinen Sprachgebrauch, in der Lage zu sein, durch eigene Arbeit einen wesentlichen Beitrag zum Lebensunterhalt zu verdienen. Diese Fähigkeit ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abstrakt zu beurteilen. Es ist daher nicht entscheidend, ob die in Frage kommenden Tätigkeiten gerade am Arbeitsmarkt verfügbar sind oder nicht, es muss sich aber um eine Beschäftigung handeln, die grundsätzlich Gegenstand des allgemeinen Arbeitsmarktes ist. Weiters kommt es darauf an, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen, die Einsatzfähigkeit für bestimmte Tätigkeiten (Berufsbilder) vorliegt. Hiebei ist noch zu berücksichtigen, ob die Einsatzfähigkeit auch im Hinblick auf die üblichen Erfordernisse in der Arbeitswelt gegeben ist (siehe etwa das zur vergleichbaren Rechtslage nach § 9 Abs. 1 des Oberösterreichischen Landesbeamten-Pensionsgesetzes ergangene hg. Erkenntnis vom 23. Oktober 2002, Zl. 97/12/0418, das hg. Erkenntnis vom 25. September 2002, Zl. 2001/12/0144, und das hg. Erkenntnis vom 21. November 2001, Zl. 2000/12/0300, je mwN).

Im vorliegenden Fall wies die Beschwerdeführerin schon in ihrer Stellungnahme vom 18. April 2001 darauf hin, dass es den Verweisungsberuf der "Förderlehrerin" nicht gebe und auch der berufskundliche Sachverständige darauf hingewiesen habe, dass eine Funktions- oder Tätigkeitsbeschreibung nicht hätte eruiert werden können.

Dem gegenüber vertrat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid die - nicht näher begründete - Auffassung, dass es sich hiebei um eine Spezifierung innerhalb des Lehrberufes handle und damit ein bestimmter Teilbereich des umfassenden Tätigkeitsbereiches eines Lehrers beschrieben werde, der auch gesondert und ausschließlich ausgeübt werden könne.

Ausgehend von dieser Argumentation verwundert zunächst, dass die belangte Behörde im Ruhestandsversetzungsverfahren nicht einmal um einen Verweisungsarbeitsplatz für die Beschwerdeführerin bemüht war (vgl. in diesem Sinn z.B. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2002, Zl. 2002/12/0107).

In einem dem Standpunkt des Beamten nicht vollinhaltlich Rechnung tragenden Bescheid nach § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 hat die Behörde entsprechend den §§ 58 Abs. 2 und 60 AVG und § 1 DVG in einer sowohl die Wahrnehmung der Rechte durch den Beamten als auch die nachprüfende Kontrolle durch den Verwaltungsgerichtshof ermöglichenden Art und Weise die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. September 1997, Zl. 96/12/0214, mwN).

Im Hinblick auf die eingangs wiedergegebene ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach für die Beurteilung der Erwerbs(un-)fähigkeit im Sinn des § 9 Abs. 1 des Pensionsgesetzes 1965 sehr wohl maßgeblich ist, dass es sich bei der in Frage kommenden Tätigkeit um eine Beschäftigung handelt, die grundsätzlich Gegenstand des allgemeinen Arbeitsmarktes ist und dass es sehr wohl darauf ankommt, ob die gesundheitlichen Voraussetzungen für eine Einsatzfähigkeit für bestimmte Tätigkeiten ("Berufsbilder") vorliegen, wäre die belangte Behörde in Anbetracht des Inhaltes des berufskundlichen Sachverständigengutachtens, das von sich aus auf die fehlende Funktions- oder Tätigkeitsbeschreibung für den Beruf einer Förderlehrerin hinwies, und angesichts des Einwandes der Beschwerdeführerin, dass es den Verweisungsberuf der "Förderlehrerin" nicht gebe, gehalten gewesen, das Beweisverfahren insbesondere durch eine Ergänzung des berufskundlichen Sachverständigengutachtens zu der von der Beschwerdeführerin aufgeworfenen Frage abzurunden und dies im angefochtenen Bescheid nachvollziehbar zu begründen gehabt. Schließlich sah der Sachverständige die Möglichkeit einer Lehrtätigkeit der Beschwerdeführerin an der Pädagogischen Akademie nur als Ergänzung zur Tätigkeit als Förderlehrerin und daher nicht als selbständigen Verweisungsberuf (selbständiges Berufsbild).

Da die belangte Behörde die notwendigen (ergänzenden) Erhebungen und Feststellungen - offenbar ausgehend von einer unrichtigen Auslegung des Begriffes der Erwerbs(un)fähigkeit - unterlassen hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Die im Betrag von S 2.500,-- entrichtete Gebühr nach § 24 Abs. 3 VwGG war im Betrag von EUR 181,68 zuzusprechen.

Wien, am 25. April 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001120112.X00

Im RIS seit

02.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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