TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/28 2002/17/0007

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.04.2003
beobachten
merken

Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3R E02202000;
E3R E03301000;
E3R E03402000;
E3R E03600500;
E3R E03605600;
E3R E03702000;
E3R E03705000;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
35/05 Sonstiges Zollrecht;

Norm

31968R0804 GMO Milch Milcherzeugnisse Anh;
31968R0804 GMO Milch Milcherzeugnisse Art1 idF 31995R2931;
31968R0804 GMO Milch Milcherzeugnisse Art17 Abs1;
31980R3035 Ausfuhrerstattung best landw Erzeugnisse AnhA;
31980R3035 Ausfuhrerstattung best landw Erzeugnisse Art1;
31987R3665 AusfErstLwErz DV idF 31995R1384;
31992R2913 ZK 1992 Art220;
31995R1384 Nov-31987R3665;
31995R2931 Nov-31968R0804;
31999R0800 AusfErstLwErz DV Art52 Abs4;
AEG 1994 §5;
EURallg;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Salzburg gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich (Berufungssenat I der Region Linz) vom 28. November 2001, Zl. ZVR 14/1-L1/2000, betreffend Ausfuhrerstattung (mitbeteiligte Partei: A reg. Gen.m.b.H. in H, vertreten durch Fellner Wratzfeld & Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Wipplingerstraße 23), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Mit der vom Zollamt Höchst am 18. September 1996 angenommenen Zollanmeldung wurden für die mitbeteiligte Partei (Ausführer/Versender) 3750 Karton (18.000 kg Eigenmasse) Schmelzkäse der WE Nr. 0406 30 39 zur Wiederausfuhr (Code "3151 9"; Wiederausfuhr von Marktordnungswaren, die im Anwendungsgebiet im Rahmen einer aktiven Eigen-/Lohnveredelung, Nichterhebungsverfahren, bearbeitet oder verarbeitet wurden, mit Inanspruchnahme der Ausfuhrerstattung) angemeldet und am selben Tag ausgeführt. In der Anmeldung wurde ein im Rahmen der aktiven Veredelung zur Herstellung des Schmelzkäses verarbeiteter Anteil von 4.426 kg - nicht aus der Europäischen Gemeinschaft stammender und nicht hier im freien Verkehr befindlicher - "ausländischer Käse" erklärt.

In dem beim Zollamt Salzburg/Erstattungen eingebrachten Antrag auf Ausfuhrerstattung vom 19. September 1996 erklärte die mitbeteiligte Partei: "Die Ware oder ein zur Herstellung eingesetztes Produkt ist aus einem Drittland eingeführt", und beantragte einen Vorschuss auf die Ausfuhrerstattung.

Mit Bescheid vom 7. Oktober 1996 gewährte das Zollamt Salzburg/Erstattungen der mitbeteiligten Partei auf Grund ihres Antrages nach § 4 Ausfuhrerstattungsgesetz (AEG) einen Vorschuss auf die Ausfuhrerstattung in Höhe von S 92.960,--.

In einer Mitteilung vom 27. Juni 1997 wurde der mitbeteiligten Partei mitgeteilt, dass die vereinnahmte Sicherheit für den Vorschuss in Höhe von S 92.960,-- zuzüglich 15 % auf Grund der beigebrachten Auskunftsnachweise mit heutigem Datum freigegeben worden sei.

Mit Bescheid vom 29. Juli 1998 forderte das Zollamt Salzburg/Erstattungen die mit Bescheid vom 7. Oktober 1996 als Vorschuss gewährte Erstattung von S 92.960,-- gemäß § 5 AEG zurück. Dies mit der Begründung, im Rahmen einer Betriebsprüfung-Zoll sei festgestellt worden, dass sich der ausgeführte Schmelzkäse in einem wirtschaftlichen Zollverfahren (aktiver Veredelungsverkehr) befunden habe. Der Umstand, dass sich bestimmte Bestandteile im freien Verkehr befunden hätten, könne an der Beurteilung nichts ändern, weil erst mit der Verordnung (EG) Nr. 300/97 der Kommission vom 19. Februar 1997 eine entsprechende, auf den gegenständlichen Fall nicht anzuwendende Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987 erfolgt sei.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte die mitbeteiligte Partei vor, die Rückforderung sei unzulässig. Nach Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 werde bei der Ausfuhr zusammengesetzter Erzeugnisse, für die eine Erstattung auf der Grundlage eines Bestandteiles oder mehrerer ihrer Bestandteile festzusetzen sei, die Erstattung für diese gewährt, sofern der Bestandteil oder die Bestandteile, für welche die Erstattung beantragt werde, den Bedingungen von Art. 9 Abs. 2 EWG-Vertrag entspreche. Die Behörde erster Instanz habe in ihrer Begründung selbst ausgeführt, dass sich bestimmte Bestandteile im freien Verkehr befunden hätten. Art. 8 Abs. 2 zweiter Satz der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 ordne ausdrücklich an, dass die Erstattung auch dann gewährt werde, wenn sich der Bestandteil oder die Bestandteile, für welche die Erstattung beantragt werde, nur wegen ihrer Beimischung zu anderen Erzeugnissen nicht mehr in dieser Lage befänden. Nach dem Bescheid der Behörde erster Instanz stehe jedenfalls außer Streit, dass die Voraussetzungen des Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 vorlägen. Durch Art. 8 Abs. 3 der genannten Verordnung werde Art. 8 Abs. 2 dieser Verordnung präzisiert. Art. 8 Abs. 3 der genannten Verordnung habe also lediglich näher ausgestaltenden Charakter und sei nicht als taxative Aufzählung jener Bestandteile anzusehen, für die nach Art. 8 Abs. 2 der genannten Verordnung Erstattungen zu gewähren seien. Die zitierte Verordnung sei grundrechtskonform auszulegen. Die Interpretation, wonach die als taxativ anzusehende Aufzählung die Gewährung von Erstattungen für Schmelzkäse ausschließe, wäre diskriminierend. Dies werde dadurch belegt, dass mit der Erlassung der Verordnung (EG) Nr. 300/97 - offenbar um Unklarheiten in der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 zu beseitigen - Art. 8 Abs. 3 dritter Gedankenstrich der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 so neu gefasst habe, dass die dort aufgezählten KN-Codes auch zu einer Erstattung führten, wenn sie in Form von Erzeugnissen des KN-Codes 0406 30 (Schmelzkäse) ausgeführt würden. Diese klarstellende Ergänzung der Verordnung beseitige formell eine Diskriminierung von in Form von Schmelzkäsen ausgeführten Produkten. Bereits für vor Erlassung dieser Verordnung vorgenommene Ausfuhren gelte aber, dass der Wortlaut des Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 - wenn er überhaupt zweifelhaft wäre - gleichheitskonform auszulegen sei. Nach der Rechtsprechung des EuGH seien die Finanzvorschriften der Gemeinschaft vom allgemeinen Gleichheitsgrundsatz beherrscht. Vergleichbare Sachverhalte dürften nicht unterschiedlich behandelt werden. Daraus folge, dass der Bescheid erster Instanz gesetzwidrig sei, weil Art. 8 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 in gleichheitskonformer Auslegung eine Diskriminierung von Schmelzkäse verbiete. Eine sachliche Rechtfertigung für die Diskriminierung von Schmelzkäse im Verhältnis zu anderen Käseprodukten sei nicht ersichtlich. Würde die Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 so ausgelegt werden, dass sie Schmelzkäseexporteure diskriminiere, so wäre sie diesbezüglich nichtig. Selbst wenn die Aufzählung in Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 taxativ wäre, würden im Beschwerdefall Erstattungen gebühren, weil Art. 8 Abs. 2 der genannten Verordnung lediglich Art. 8 Abs. 1 dieser Verordnung näher ausgestalte. Letztere Bestimmung wiederum spreche aber generell von Erzeugnissen ohne die Positionen einzelner Nomenklaturen anzuführen oder vom Regime der Erstattungen auszunehmen.

Nach einem - näher bezeichneten - Erlass des Bundesministeriums für Finanzen könnten für Warenbestandteile Erstattungen gewährt werden. Dieser Erlass sei eine Verordnung, die gehörig kundgemacht sei, und auf Grund dieser Verordnung bestünde Anspruch auf Erstattung. Der bekämpfte Bescheid verletze auch den Grundsatz von Treu und Glauben und den innerstaatlich und gemeinschaftsrechtlich garantierten Vertrauensschutz. § 5 Abs. 1 AEG sei für die Rückforderung nicht anwendbar.

Die mitbeteiligte Partei gab in der Folge ergänzende Stellungnahmen vom 16. November 1998 und 21. Jänner 1999 ab und stellte überdies die - nicht den Gegenstand dieses Beschwerdeverfahrens bildenden - Anträge, von der Vorschreibung der Rückerstattung der Erstattungen gemäß § 236 BAO und Art. 239 Zollkodex (ZK) abzusehen und eine allenfalls bestehende Rückerstattungsschuld zu erlassen.

Mit der Berufungsvorentscheidung vom 6. Dezember 1999 wies das Zollamt Salzburg/Erstattungen die Berufung der mitbeteiligten Partei als unbegründet ab.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen (Administrativ-)Beschwerde an den Berufungssenat wiederholte die mitbeteiligte Partei die bisher vorgebrachten Argumente.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Beschwerde statt und hob die angefochtene Berufungsvorentscheidung wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit auf. Dies mit der Begründung, es stehe fest, dass nach der zum maßgeblichen Zeitpunkt im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 - dies war der 18. September 1996, der Tag der Annahme der Ausfuhrerklärung - geltenden Rechtslage auf Grund des Art. 8 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 eine Ausfuhrerstattung für den in Rede stehenden Schmelzkäse nicht zu gewähren gewesen wäre. Nach diesen Bestimmungen werde eine Ausfuhrerstattung nämlich nur für Erzeugnisse gewährt, die den Bedingungen von Art. 9 Abs. 2 des EWG-Vertrages entsprächen. Auch bei der Ausfuhr zusammengesetzter Erzeugnisse, für die eine Erstattung auf der Grundlage eines oder mehrerer Bestandteile festzusetzen sei, sei die Erstattung nur dann zu gewähren, wenn diese Bestandteile den Bedingungen des Art. 9 Abs. 2 des EWG-Vertrages entsprächen, wobei allerdings die Erstattung auch dann zu gewähren sei, wenn sich die Bestandteile, für die eine Erstattung beantragt worden sei, sich nur wegen ihrer Beimischung zu anderen Erzeugnissen nicht mehr in dieser Lage befänden. Dieser Ausnahmetatbestand sei aber nur auf in Art. 8 Abs. 3 der genannten Verordnung erschöpfend aufgezählte Erzeugnisse anzuwenden. Da in dieser taxativen Aufzählung des Art. 8 Abs. 3 der genannten Verordnung, die im Beschwerdefall relevante Warennummer 0406 30 39 nicht enthalten sei, habe für den in Rede stehenden Schmelzkäse kein Anspruch auf Gewährung der Ausfuhrerstattung bestanden. Dem Antrag auf Vorschuss des Ausfuhrerstattungsbetrages nach § 4 AEG wäre daher vom Zollamt Salzburg/Erstattungen nicht zu entsprechen gewesen.

Für die Rückforderung von Erstattungen verweise der Gesetzgeber in § 5 Abs. 2 AEG auf die Rechtsnormen des Zollrechts bzw. ordne die sinngemäße Anwendung des Art. 220 Abs. 2 lit. b ZK an. In dieser Bestimmung werde normiert, dass keine nachträgliche buchmäßige Erfassung zu erfolgen habe, wenn der gesetzlich geschuldete Abgabenbetrag auf Grund eines Irrtums der Zollbehörden nicht buchmäßig erfasst worden sei, sofern dieser Irrtum vom Zollschuldner vernünftigerweise nicht erkannt werden könne und dieser gutgläubig gehandelt und alle geltenden Vorschriften über die Zollanmeldung eingehalten habe. Diese Voraussetzungen lägen im Beschwerdefall vor. Die mitbeteiligte Partei habe sämtliche Vorschriften über die Zollanmeldung nicht nur eingehalten, sondern darüber hinaus in der Ausfuhranmeldung ausdrücklich auf die Tatsache hingewiesen, dass der zur Ausfuhr angemeldete Schmelzkäse der Warennummer 0406 30 39 auch Bestandteile enthalte (nämlich

4.426 kg Käse, die sich in einem Zollverfahren mit wirtschaftlicher Bedeutung = aktiver Veredelungsverkehr) befänden. Dadurch, dass das Zollamt Salzburg/Erstattungen trotz dieses offen gelegten, für die Gewährung oder Nichtgewährung einer Ausfuhrerstattung relevanten Sachverhaltes eine Ausfuhrerstattung gewährt habe, liege ein Irrtum der zuständigen Zollbehörde vor. Strittig sei, ob dieser Irrtum von der mitbeteiligten Partei vernünftigerweise nicht hätte erkannt werden können und diese gutgläubig gehandelt habe. Dazu sei festzustellen, dass sich die mitbeteiligte Partei vor Einreichung der Ausfuhranmeldungen beim Zollamt Salzburg/Erstattungen - und somit bei der sachlich zuständigen Zollbehörde - unter Darlegung der relevanten Sachlage über die geltende Rechtslage im Hinblick auf die Gewährung einer Ausfuhrerstattung erkundigt und die Auskunft erhalten habe, der von ihr mit dieser Rezeptur und auch unter Verwendung eines sich im Verfahren der aktiven Veredelung und somit nicht im freien Verkehr befindlichen Käses erzeugte Schmelzkäse sei im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 erstattungsfähig. Das Zollamt Salzburg/Erstattungen habe in seiner an den Berufungssenat gerichteten Stellungnahme vom 20. Juni 2001 nicht nur bestätigt, im Jahre 1995 kurz nach dem Beitritt Österreichs zur EU der mitbeteiligten Partei telefonisch eine Auskunft mit dem geschilderten Inhalt gegeben zu haben, sondern darüber hinaus auch eingeräumt, dass es bis zur im Februar 1997 erfolgten Änderung des Art. 8 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 durch die Verordnung (EG) Nr. 300/97 - wie im Übrigen auch dessen Oberbehörde - der unrichtigen Auffassung gewesen sei, die Ausfuhrerstattung für EU-Ursprung aufweisende Bestandteile des Schmelzkäses stünden einem Erstattungswerber zu. Der Geschäftsführer der mitbeteiligten Partei habe im Zuge einer Nachschau am 15. Mai 1997 glaubwürdig darauf hingewiesen, dass sich die Unternehmensleitung der mitbeteiligten Partei auf Grund der bestehenden komplizierten Rechtsmaterie der rechtlichen Konsequenzen der gepflogenen Vorgangsweise bei der Erzeugung und dem anschließenden Export des in Rede stehenden Schmelzkäses nicht bewusst gewesen sei. Vom Unternehmen sei der Sachverhalt stets offen dargelegt worden. Durch die Codierungen in der Ausfuhranmeldung sei auf die Tatsache, dass sich der als Erstattungsware zur Ausfuhr angemeldete Schmelzkäse nicht im freien Verkehr der Gemeinschaft befunden habe, ausdrücklich hingewiesen worden. Für die zur Erzeugung eingesetzten, sich im Verfahren der aktiven Veredelung befindlichen Drittlandsware sei selbstverständlich keine Ausfuhrerstattung beantragt worden. Damit stehe für die belangte Behörde fest, dass es sich um einen so genannten aktiven Irrtum der Zollbehörde gehandelt habe. Zu prüfen sei daher, ob die mitbeteiligte Partei gutgläubig gehandelt habe. Die belangte Behörde sehe Art. 8 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 als eine komplexe Rechtsnorm an. Schon allein auf Grund der Tatsache, dass nicht nur die für Belange des Ausfuhrerstattungsverfahrens zuständige Zollbehörde erster Rechtsstufe über zwei Jahre lang diese Norm rechtswidrig angewendet bzw. ausgelegt habe, sondern offensichtlich auch die mit der Fachaufsicht betraute Oberbehörde demselben Irrtum unterlegen sei, könnten der mitbeteiligten Partei keineswegs weiter gehende Rechtskenntnisse als der Behörde zugemutet werden. Nach der Aktenlage, insbesondere nach dem zwischen dem Bundesministerium für Finanzen und der Europäischen Kommission geführten Schriftverkehr vom Juli bzw. Oktober 1997 stehe sogar fest, dass die für die Ausfuhrerstattung zuständigen österreichischen Zollbehörden die anzuwendende Agrarregelung des Art. 8 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 erst durch den Inhalt der mit der Verordnung (EG) Nr. 300/97 erfolgten Novellierung der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 in ihrer ganzen Tragweite erkannt hätten und erst dann in der Lage gewesen seien, die vorher geltende Rechtslage zu erkennen. Der mitbeteiligten Partei sei zuzugestehen, dass auch für sie dieselben Kriterien für die Anwendung der betreffenden unklaren gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen zu gelten hätten. Ihr sei zugute zu halten, dass sie sich nachweislich bei den zuständigen Stellen informiert und damit die Sorgfaltspflicht erfüllt habe, sodass sie als Erstattungsbeteiligte zu Recht den Vertrauensschutz für sich reklamieren könne. Für diesen Standpunkt spreche die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes und die einschlägige Literatur. Das Gemeinschaftsrecht stehe grundsätzlich einer nationalen Regelung nicht entgegen, die auf den Ausschluss der Rückforderung von zu Unrecht gezahlten Gemeinschaftsbeihilfen dann abstelle, wenn der gute Glaube des Beihilfenempfängers nachgewiesen sei und dabei Kriterien, wie der Vertrauensschutz, das sorgfaltswidrige Verhalten der nationalen Behörde oder der Ablauf eines erheblichen Zeitraumes seit der Zahlung der betreffenden Beihilfe, Berücksichtigung fänden. Im Beschwerdefall sei von der Gutgläubigkeit der mitbeteiligten Partei als Erstattungswerberin auszugehen. Zwischen der "Zahlung" der Ausfuhrerstattung am 7. Oktober 1996 und der Rückforderung am 29. Juli 1998, liege außerdem ein Zeitraum von nahezu zwei Jahren. Eine rechtswidrige begünstigende Entscheidung könne von der Behörde dann widerrufen werden, wenn in Anbetracht der gegebenen Umstände das öffentliche Interesse an der Wahrung des Grundsatzes der Rechtmäßigkeit das Interesse der Begünstigten an der Beibehaltung einer Lage, die sie für dauerhaft ansehen könne, überwiege oder wenn die rechtswidrige Entscheidung auf falschen oder unvollständigen Angaben des Beteiligten beruhten. Im Beschwerdefall bedeute dies ein Überwiegen des Interesses der Erstattungswerberin an der für sie nach den gegebenen Umständen als dauerhaft anzusehenden Situation. Dazu komme, dass die rechtswidrige Entscheidung nicht auf falschen oder unvollständigen Angaben der Erstattungswerberin beruhe. Zur Feststellung, ob ein schützenswertes Vertrauen vorliege, müsse zum einen der Betroffene jedenfalls subjektiv auf den Verwaltungsakt vertraut haben, zum anderen dürfe ihm dabei nicht grobe Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz angelastet werden. Der Erstattungswerber genieße somit Schutz vor Rückforderung, wenn er auf den Verwaltungsakt vertraut habe und dies auch durfte. Im Beschwerdefall habe die mitbeteiligte Partei auf den Verwaltungsakt des Zollamtes Salzburg/Erstattungen, mit dem die Ausfuhrerstattung gewährt worden sei, vertraut und dies nach der gegebenen Sachlage auch tun dürfen. Es könne ihr weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden, zumal sie sich ihren zur Verfügung stehenden und zumutbaren Möglichkeiten entsprechend über die Ausfuhrerstattungsfähigkeit des in Rede stehenden Schmelzkäses informiert habe. In einer exemplarischen Rechtsstreitigkeit (Urteil des EuGH, H. Ferwerda B.V., Rs C-265/78) sei der Empfänger von EU-Beihilfen auf Grund eines schützenswerten Vertrauens von seiner Rückzahlungspflicht entbunden worden. Die Zahlung sei zu Unrecht erfolgt, obwohl der Erstattungsnehmer wahrheitsgemäß alle von ihm geforderten Angaben gemacht habe. Die rechtsgrundlose Zahlung sei in jenem Fall deshalb erfolgt, weil die Erstattungsstelle eine Gemeinschaftsvorschrift falsch ausgelegt und diese Auffassung in einem Rundschreiben bekannt gegebenen habe. Eine vergleichbare Situation liege auch hier vor. Die mitbeteiligte Partei habe alle von ihr verlangten Angaben in der Ausfuhranmeldung sowie in ihrem Zahlungsantrag vollständig und den tatsächlichen Gegebenheiten entsprechend frist- und formgerecht gemacht, das Zollamt Salzburg/Erstattungen habe demgegenüber den Art. 8 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 nicht nur bei ihrer Entscheidung im Oktober 1996, sondern schon im Jahr 1995 anlässlich der Auskunftserteilung an die mitbeteiligte Partei unrichtig ausgelegt. Zusammenfassend sei daher festzustellen, dass der Grundsatz, dass das Vertrauen des Exporteurs in die Rechtmäßigkeit des Erstattungsbescheides dann geschützt sei, wenn einerseits schwer wiegende Fehler bei der Umsetzung von EU-Vorschriften vorlägen und er andererseits darüber hinaus sorgfältig gehandelt habe, nach der gegebenen, im bisherigen Verfahren unbestritten gebliebenen Sachlage zutreffe. Die Berufungsvorentscheidung des Zollamtes Salzburg/Erstattungen sei daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Salzburg, in der geltend gemacht wird, nach Art. 8 Abs. 1 erster Unterabsatz der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 werde eine Ausfuhrerstattung nur für Erzeugnisse gewährt, die entweder aus den Mitgliedstaaten stammten oder sich in den Mitgliedstaaten im freien Verkehr befunden hätten. Diese Voraussetzungen habe der Schmelzkäse, der sich auch aus Bestandteilen aus Drittländern zusammensetze, nicht erfüllt. Erstattungen für Bestandteile von Schmelzkäse nach Art. 8 Abs. 2 und 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 sei erst mit der Verordnung (EG) Nr. 300/97 nach bereits erfolgter Ausfuhr ermöglicht worden. Die Verordnung sei daher im Beschwerdefall noch nicht anzuwenden gewesen. Soweit sich die mitbeteiligte Partei auf Irrtum und unrichtige Auskünfte berufe, sei zunächst festzustellen, dass der Fall vom Zollamt Salzburg/Erstattungen rechtlich unrichtig beurteilt worden sei. Die Finanzlandesdirektion für Salzburg und das Bundesministerium für Finanzen seien erst befasst worden, nachdem die unrichtige Vorgangsweise im Zuge der Betriebsprüfung/Zoll erkannt worden sei. Was die unrichtige Auskunft durch die zuständige Behörde betreffe, müsse darauf hingewiesen werden, dass das Zollamt Salzburg/Erstattungen erst mit Beitritt Österreichs zur Europäischen Gemeinschaft seine Tätigkeit aufgenommen habe. Die dort beschäftigten Bediensteten seien bis zum 31. Dezember 1994 in anderen Fachbereichen der Zollämter tätig gewesen und hätten sich die Kenntnisse über das europäische Marktordnungsrecht erst in ihrer neuen Funktion aneignen müssen. Es hätte der mitbeteiligten Partei daher klar sein müssen, dass eine Anfang Jänner 1995 erteilte Auskunft im Hinblick auf die noch nicht vorhandene fachspezifische Erfahrung der Bediensteten dieses Zollamtes mit einem gewissen Vorbehalt zu betrachten gewesen sei. Da die mitbeteiligte Partei als exportorientiertes Unternehmen auch über internationale Kontakte verfügt habe, wäre es ihr jedenfalls auch zumutbar gewesen, zusätzliche Informationen einzuholen. In diesem Zusammenhang werde auch bemerkt, dass die Betriebsprüfung/Zoll bei anderen österreichischen Schmelzkäseexporteuren keine Hinweise auf vergleichbare Probleme festgestellt habe, obwohl das Verfahren der aktiven Veredelung bei der Herstellung von Schmelzkäse auch bei diesen angewandt worden sei. Es könne daher davon ausgegangen werden, dass diese Unternehmen die Rechtslage richtig beurteilt und daher auch keine Ausfuhrerstattungen für den im Rahmen der aktiven Veredelung hergestellten Schmelzkäse beantragt hätten. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes sei nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH auch bei Rückforderung von Ausfuhrerstattungen zu beachten. Zum maßgeblichen Zeitpunkt sei Art. 52 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission vom 15. April 1999 noch nicht anzuwenden gewesen. Es sei daher auf die Rechtsgrundsätze zum Vertrauensschutz, die sich durch die Rechtsprechung des EuGH fortgebildet hätten, und auf mitgliedstaatliches Recht Bezug zu nehmen. Ob die Kriterien, die Art. 220 ZK für das Vorliegen von Vertrauensschutz im Bereich des Zollrechts aufstelle, im Ausfuhrerstattungsfall nach dem gemeinschaftsrechtlichen Marktordnungsrecht uneingeschränkt zur Anwendung kommen könne, sei fraglich. Das Gemeinschaftsrecht gehe unter bestimmten Umständen von einem schutzwürdigen Vertrauen aus, wobei es letztlich nicht darauf ankomme, ob die Voraussetzungen in den jeweiligen Verordnungen ausdrücklich festgelegt seien. Vertrauensschutz komme z.B. dann regelmäßig zur Anwendung, wenn

-

ein Irrtum oder Fehler der zuständigen Behörde vorliege;

-

dieser Irrtum oder Fehler vom Beteiligten nicht erkannt werden könne und

-

der Beteiligte gutgläubig gehandelt habe.

Derartige Regelungen fänden sich sowohl im Zollrecht (etwa im Art. 220 ZK) als auch im Marktordnungsrecht, nunmehr etwa im Art. 52 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999. Es erscheine daher nicht geboten, auf die ohnehin nur sinngemäß anwendbaren zollrechtlichen Bestimmungen abzustellen, sondern es wären vielmehr unmittelbar die im Marktordnungsbereich geltenden vertrauensschutzrechtlichen Grundsätze anzuwenden. Der gemeinschaftsrechtliche Vertrauensschutz stelle im Wesentlichen auf folgende Gesichtspunkte ab:

-

Das Bestehen einer Vertrauenslage;

-

die Schutzwürdigkeit dieses Vertrauens und

-

die Abwägung zwischen dem schutzwürdigen Vertrauen des Einzelnen und den Gemeinschaftsinteressen.

Durch die unrichtig erteilte Auskunft des Zollamtes Salzburg/Erstattungen sei grundsätzlich davon auszugehen, dass durch die Beantwortung seitens des Sachbearbeiters eine gewisse eingeschränkte Vertrauenslage geschaffen worden sei. Die Art und der Umfang des Irrtums seien unbestritten. Außer Streit stehe gleichfalls, dass ein Wirtschaftsbeteiligter in der Regel auf Auskünfte der zuständigen Behörde vertrauen könne. Im Beschwerdefall hätte jedoch der Irrtum der mitbeteiligten Partei mit verhältnismäßig geringem Aufwand erkannt werden können. Es komme bezüglich der Art des Irrtums darauf an, ob es sich um eine komplizierte Regelung handle oder ob die Regelung so einfach sei, dass eine Überprüfung einen Irrtum leicht erkennen lasse. Unrichtige Auskünfte von Zollbehörden bedeuteten nicht von vornherein, dass es sich um einen nicht erkennbaren Irrtum handeln müsse. Die mitbeteiligte Partei habe sich im Beschwerdefall zwar an die zuständige Behörde gewandt, es hätte ihr jedoch bewusst sein müssen, dass diese Behörde Anfang Jänner 1995 noch nicht über ein gesichertes Fachwissen verfügen könne. Der beschwerdeführende Präsident sei der Ansicht, dass ein komplexer Sachverhalt für die mitbeteiligte Partei als Schmelzkäsehersteller mit einschlägigen internationalen Kontakten nicht vorliege und dass die mitbeteiligte Partei beim Studium der einschlägigen Amtsblätter der Gemeinschaft, Befassung der zuständigen Oberbehörde oder etwa bei Kontaktaufnahmen mit den zuständigen Behörden in Deutschland, die über eine jahrelange einschlägige Erfahrung verfügten, oder mit dem Europäischen Verband der Schmelzkäseindustrie (ASSIFONTE) den Irrtum seitens des Zollamtes Salzburg/Erstattungen ohne größere Probleme erkennen hätte können. Es sei nämlich schon zum damaligen Zeitpunkt unschwer erkennbar gewesen, dass Erstattungen nur unter der Voraussetzung hätten gezahlt werden dürfen, dass sich der gesamte Schmelzkäse im freien Verkehr befunden habe. Diese Rechtsauffassung sei hinsichtlich einer Vorgängerverordnung der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 im Urteil des EuGH vom 13. Mai 1981, Rs C-66/80, vertreten worden.

Die ständige Rechtsprechung stelle zur Frage, ob ein Irrtum der Behörde von einem gutgläubigen Importeur erkannt werden könne, darauf ab, dass ein Marktbeteiligter, der einschlägige Erfahrung im Ein- und Ausfuhrhandel habe, das Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften einsehen und kennen müsse, um sich über das auf seine Geschäfte anwendbare Gemeinschaftsrecht zu informieren. Im Beschwerdefall hätte sich die mitbeteiligte Partei über die maßgebliche Rechtslage und Judikatur im Gemeinschaftsraum informieren müssen. Dies wäre nicht nur ohne besondere Schwierigkeiten möglich, sondern auch zumutbar gewesen. Die mitbeteiligte Partei habe im Hinblick auf die gegebenen Umstände keineswegs auf eine im Übrigen rechtsunverbindliche Auskunft vertrauen dürfen, ohne geeignete eigene Schritte zu unternehmen. Gerade im Subventionsbereich bestehe eine gewisse erhöhte Selbstverantwortung des Ausführers, zumal er eben nicht verpflichtet sei, Subventionen anzunehmen, sondern es vielmehr im Rahmen seines Gestaltungsspielraumes liege, ob er überhaupt einen derartigen Antrag stelle. Auch nach dem im innerstaatlichen Abgabenrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben sei das Vertrauen der mitbeteiligten Partei nicht schutzwürdig gewesen, da sie die Unrichtigkeit der Rechtsauskunft hätte erkennen müssen. Es lägen daher keine Verletzungen des gemeinschaftsrechtlichen Vertrauensschutzes und des Grundsatzes von Treu und Glauben vor.

Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erstatteten Gegenschriften, in denen sie die Abweisung der Beschwerde beantragen.

Der beschwerdeführende Präsident der Finanzlandesdirektion für Salzburg replizierte auf die Gegenschrift der belangten Behörde.

Die belangte Behörde gab dazu eine Stellungnahme ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999 der Kommission vom 15. April 1999 wurde die Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 aufgehoben. Sie gilt jedoch weiterhin für Ausfuhren, für die Ausfuhranmeldungen vor dem Datum der Anwendbarkeit dieser Verordnung angenommen worden sind, und bei Anwendung der Verordnung (EWG) Nr. 565/80 für Ausfuhren, für die die Zahlungserklärungen vor dem Datum der Anwendbarkeit dieser Verordnung angenommen worden sind.

Die Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission vom 27. November 1987, in der Fassung Verordnung (EG) Nr. 1384/95 der Kommission vom 19. Juni 1995, lautet auszugsweise wie folgt:

"Artikel 1

Mit dieser Verordnung werden unbeschadet abweichender Vorschriften in den besonderen Gemeinschaftsregelungen für bestimmte Erzeugnisse die gemeinsamen Durchführungsvorschriften für Erstattungen bei der Ausfuhr - nachstehend 'Ausfuhrerstattungen' genannt - festgelegt, die vorgesehen sind in:

...

-

Artikel 17 der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 (Milch und Milcherzeugnisse),

...

Artikel 3

(1) Als Tag der Ausfuhr gilt der Zeitpunkt, an dem die Zollbehörden die Ausfuhranmeldung, aus der hervorgeht, dass eine Erstattung beantragt wird, annehmen.

(2) Der Tag der Annahme der Ausfuhranmeldung ist maßgebend für

a) den anzuwendenden Erstattungssatz, wenn die Erstattung nicht im voraus festgesetzt wurde,

b) die gegebenenfalls vorzunehmenden Berichtigungen des Erstattungssatzes, wenn die Erstattung im voraus festgesetzt wurde.

...

(4) Der Tag der Ausfuhr ist maßgebend für die Feststellung von Menge, Art und Eigenschaften des ausgeführten Erzeugnisses.

...

Artikel 8

(1) Eine Ausfuhrerstattung wird nur für Erzeugnisse gewährt, die den Bedingungen von Artikel 9 Absatz 2 des EWG-Vertrags entsprechen, selbst wenn die Verpackungen nicht diesen Bedingungen entsprechen. Für Erzeugnisse, die Gegenstand des Handels zwischen einem neuen Mitgliedstaat und der Gemeinschaft in ihrer Zusammensetzung vor dem Beitritt dieses neuen Mitgliedstaats waren, wird die Erstattung jedoch nur gewährt, wenn der gegebenenfalls auf diese Erzeugnisse im Ausfuhrmitgliedstaat anzuwendende Beitrittsausgleichsbetrag erhoben wurde.

(2) Bei der Ausfuhr zusammengesetzter Erzeugnisse, für die eine Erstattung auf der Grundlage eines Bestandteils oder mehrerer ihrer Bestandteile festzusetzen ist, wird die Erstattung für diese gewährt, sofern der Bestandteil oder die Bestandteile, für welche die Erstattung beantragt wird, den Bedingungen von Artikel 9 Absatz 2 des Vertrages entspricht bzw. entsprechen. Die Erstattung wird auch gewährt, wenn sich der oder die Bestandteile, für welche die Erstattung beantragt wird, in einer der in Artikel 9 Absatz 2 genannten Rechtslagen befunden haben und sich nur wegen ihrer Beimischung zu anderen Erzeugnissen nicht mehr in dieser Lage befinden.

(3) Für die Anwendung von Absatz 2 werden als auf der Grundlage eines Bestandteils festgesetzte Erstattungen die Erstattungen angesehen, die für folgende Erzeugnisse gelten:

...

-

Erzeugnisse der Sektoren Getreide, Eier, Reis, Zucker, Milch und Milcherzeugnisse, die in Form von in Artikel 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3035/80 genannten Waren ausgeführt werden;

...

-

Erzeugnisse der Sektoren Milch und Milcherzeugnisse und Zucker, die in Form von Erzeugnissen der Unterpositionen 0402 10 91 bis 99, 0402 29, 0402 99, 0403 10 31 bis 39, 0403 90 31 bis 39, 0403 90 61 bis 69, 0404 10 19 und 99, 0404 90 51 bis 99 der Kombinierten Nomenklatur ausgeführt werden;"

Die Verordnung (EWG) Nr. 804/68 des Rates vom 27. Juni 1968, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 2931/95 der Kommission vom 19. Dezember 1995 über die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse, lautet auszugsweise:

"Artikel 1

Die gemeinsame Marktorganisation für Milch und Milcherzeugnisse gilt für nachstehende Erzeugnisse:

KN-Code

Warenbezeichnung

a)

0401

Milch und Rahm, weder eingedickt noch mit Zusatz von Zucker oder anderen Süßmitteln

b)

0402

Milch und Rahm, eingedickt oder mit Zusatz von Zucker oder anderen Süßmitteln

'c)

0403 10 11 bis 39
0403 90 11 bis 69

Buttermilch, saure Milch und saurer Rahm, Joghurt, Kefir und andere fermentierte oder gesäuerte Milch (einschließlich Rahm), auch eingedickt und mit Zusatz von Zucker oder anderen Süßmitteln, weder aromatisiert noch mit Zusatz von Früchten oder Kakao;

d)

0404

Molke, auch eingedickt oder mit Zusatz von Zucker oder anderen Süßmitteln; Erzeugnisse, die aus natürlichen Milchbestandteilen bestehen, auch mit Zusatz von Zucker oder anderen Süßmitteln, anderweit weder genannt noch inbegriffen

e)

ex 0405

Butter und andere Fettstoffe aus der Milch; Milchstreichfette mit einem Fettgehalt von mehr als 75 GHT, jedoch weniger als 80 GHT;

f)

0406

Käse und Quark

g)

1702 19 00

Laktose und Laktosesirup ohne Zusatz von Aroma- oder Farbstoffen und mit einem Gehalt an Laktose, berechnet als wasserfreie Laktose in der Trockenmasse, von weniger als 99 GHT'

h)

2106 90 51

Laktosesirup, aromatisiert oder gefärbt

i)

ex 2309

Zubereitung von der zur Fütterung verwendeten Art:

- Futter und Zubereitungen, die Erzeugnisse enthalten, auf die diese Verordnung unmittelbar oder aufgrund der Verordnung (EWG) Nr. 2730/75 (1) anwendbar ist, ausgenommen Futter und Zubereitungen, auf die die Verordnungen (EWG) Nr. 2727/75 (2) anwendbar ist

...

Artikel 17

(1) Um die Ausfuhr der in Artikel 1 aufgeführten Erzeugnisse in dem darin genannten Zustand oder, soweit es sich um die in Artikel 1 Buchstaben a), b), c) und e) aufgeführten Erzeugnisse handelt, in Form von Waren des Anhangs auf der Grundlage der Preise zu ermöglichen, die im internationalen Handel für die Erzeugnisse des Artikel 1 gelten, kann der Unterschied zwischen diesen Preisen und den Preisen in der Gemeinschaft, soweit erforderlich, durch eine Erstattung bei der Ausfuhr ausgeglichen werden.

..."

Art. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3035/80 des Rates vom 11. November 1980 lautet auszugsweise:

"Artikel 1

(1) Diese Verordnung legt die allgemeinen Regeln fest für die Festsetzung und die Gewährung von Erstattungen bei der Ausfuhr von Grunderzeugnissen, die in Anhang A aufgeführt sind (nachstehend Grunderzeugnisse genannt), von Erzeugnissen aus ihrer Verarbeitung und von Erzeugnissen, die einer dieser beiden Gruppen nach Absatz 2 gleichgestellt sind, sofern sie in Form von nicht unter Anhang II des Vertrages fallenden Waren ausgeführt werden und je nach Fall ausgeführt (wohl: aufgeführt) sind in:

- Anhang der Verordnung (EWG) Nr. 804/68

..."

In Anhang A der Verordnung (EWG) Nr. 3035/80 und Anhang der Verordnung (EWG) Nr. 804/68 ist Schmelzkäse der Warennummer 0406 nicht angeführt. Er ist auch nicht in Art. 8 Abs. 3 dritter Unterabsatz der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 genannt.

Nach dem im Zeitpunkt der Erlassung der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 in Kraft gestandenen Art. 9 Abs. 2 EWG-Vertrag (nunmehr Art. 23 Abs. 2 EG) gelten Art. 25 und Kapitel 2 dieses Titels für die aus den Mitgliedstaaten stammenden Waren sowie für diejenigen Waren aus dritten Ländern, die sich in den Mitgliedstaaten im freien Verkehr befinden.

Der am 18. September 1996 zur Ausfuhr angemeldete Schmelzkäse ist unbestritten in die WE Nr. 0406 30 39 einzureihen. Bei der Herstellung dieses Schmelzkäses wurde ein aus einem Drittland stammender, im Veredelungsverkehr und daher nicht im freien Verkehr befindlicher Käse mitverarbeitet.

Art. 8 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 regelt, für welche Erzeugnisse die Ausfuhrerstattung gewährt wird.

In Art. 8 Abs. 1 der genannten Verordnung wird die Ausfuhrerstattung für Erzeugnisse, die den Bedingungen von Art. 9 Abs. 2 des (damals anzuwendenden) EWG-Vertrages entsprechen, und in Art. 8 Abs. 2 der genannten Verordnung wird die Ausfuhrerstattung für Bestandteile zusammengesetzter Erzeugnisse, sofern die Bestandteile den Bestimmungen von Art. 9 Abs. 2 des (damals anzuwendenden) EWG-Vertrages entsprechen, geregelt. Aus dem Wortlaut dieser Bestimmungen und deren Zusammenhang ist klar und ohne vernünftigen Zweifel erkennbar, dass nach Art. 8 Abs. 1 der genannten Verordnung die Ausfuhrerstattung nur für Erzeugnisse gewährt wird, die zur Gänze aus den Mitgliedstaaten stammen bzw. sich dort im freien Verkehr befinden. Liegen Erzeugnisse vor, die diesen Voraussetzungen nicht genügen, dann kann nach Art. 8 Abs. 2 der genannten Verordnung für Bestandteile, die aus den Mitgliedstaaten stammen bzw. sich dort im freien Verkehr befinden, die Ausfuhrerstattung gewährt werden, dies jedoch noch zusätzlich eingeschränkt durch Art. 8 Abs. 3 der genannten Verordnung auf bestimmte Bestandteile in bestimmten Erzeugnissen.

Die mitbeteiligte Partei beantragte die Erstattung für Schmelzkäse, somit für das (gesamte) Erzeugnis und nicht für bestimmte Bestandteile dieses Erzeugnisses. Bei der Erzeugung des Schmelzkäses wurde - im Antrag offen gelegt - ausländischer und somit nicht aus der Europäischen Gemeinschaft stammender und hier nicht im freien Verkehr befindlicher Käse mitverarbeitet. Damit lagen aber die Voraussetzungen für die Gewährung der Ausfuhrerstattung für das Erzeugnis Schmelzkäse nach Art. 8 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 nicht vor.

Die Ausfuhrerstattung wäre aber auch dann zu versagen gewesen, wenn die mitbeteiligte Partei die Ausfuhrerstattung für bestimmte Bestandteile dieses Erzeugnisses nach Art. 8 Abs. 2 der genannten Verordnung beantragt hätte. Art. 8 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 der Kommission enthält diesbezüglich im Gegensatz zu der seinerzeitigen Verordnung (EWG) Nr. 192/75 - auf diese letztere bezieht sich das in der Beschwerde des Präsidenten der Finanzlandesdirektion für Salzburg angeführte Urteil des EuGH vom 13. Mai 1981, Rs. - C 66/80, SPA International Chemical Corporation - eine Positivliste der Erzeugnisse, hinsichtlich derer für die Anwendung von Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 die Erstattungen als auf der Grundlage eines Bestandteiles festgesetzte Erstattungen angesehen werden. Schmelzkäse des KN-Codes 0406 30 war in der Liste der Erzeugnisse des Artikels 8 Abs. 3 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 in der Fassung vor der Verordnung (EG) Nr. 300/97 nicht angeführt, sodass eine Erstattung für Bestandteile von Schmelzkäse für Zeiträume, in denen die Verordnung (EG) Nr. 300/97 noch nicht anzuwenden war, nicht in Betracht kam.

Die belangte Behörde vertritt die Auffassung, die Rückforderung der zu Unrecht gewährten Ausfuhrerstattung hätte aus dem in den zollrechtlichen Bestimmungen geregelten Irrtumsrecht und aus Gründen des Vertrauensschutzes unterbleiben müssen.

Im Beschwerdefall kann dahingestellt bleiben, ob es mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar ist, dass das in den zollrechtlichen Bestimmungen geregelte Irrtumsrecht auf Grund der nationalen Vorschriften auch im Bereich der Ausfuhrerstattung anzuwenden ist. Dem im Primärrecht der Gemeinschaft enthaltenen Vertrauensschutz und dem zollrechtlich geregelten Irrtumsrecht ist jedenfalls gemeinsam, dass eine Vertrauenslage und eine Schutzwürdigkeit des Vertrauens bestehen müssten, die es als nicht gerechtfertigt erscheinen ließen, die geleistete Ausfuhrerstattung rückzufordern.

Für welche Erzeugnisse die Ausfuhrerstattung zu gewähren ist, ergibt sich - wie dargestellt - aus Art. 8 der Verordnung (EWG) Nr. 3665/87. Für die mitbeteiligte Partei, die Schmelzkäse herstellt und im Wirtschaftsverkehr mit einschlägigen Problemen befasst ist, wäre auf Grund der Einsichtnahme in die Rechtsgrundlagen unschwer erkennbar gewesen, dass eine Erstattungsmöglichkeit für den in Rede stehenden Schmelzkäse, der zum Teil auch aus Vormaterialien erzeugt wurde, die nicht aus der Europäischen Gemeinschaft stammten und hier auch nicht im freien Verkehr waren, nicht bestand. Der Wortlaut der anzuwendenden Verordnung ist eindeutig und deren Anwendung bedarf sohin keiner besonderen juristischen oder warenkundlichen Kenntnis.

Die mitbeteiligte Partei erhielt zwar zu Beginn des Jahres 1995 vom Zollamt Salzburg/Erstattungen - unbestritten - eine unrichtige fernmündliche Auskunft über die Ausfuhrerstattung für unter Verwendung von Vormaterialien aus einem Drittland hergestellten Schmelzkäse. Beim Zollamt Salzburg/Erstattungen handelte es sich um eine für solche Fragen zuständige Stelle, die mit dem Beitritt Österreichs zur EG speziell für Ausfuhrerstattungen eingerichtet worden ist. Allerdings erfolgte im Beschwerdefall eine bloß fernmündliche Auskunft, die gerade bei solchen Fragen ein größeres Risiko von Ungenauigkeiten aufweisen kann. Ungeachtet dessen ist dem Zollamt vorzuwerfen, eine unrichtige Auskunft gegeben zu haben, offensichtlich ohne sich eingehend mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften auseinander gesetzt oder selbst entsprechende Erkundigungen eingeholt zu haben.

Hat sich die mitbeteiligte Partei jedoch nicht selbst intensiv mit den Rechtsgrundlagen auseinander gesetzt und erst danach ihre Dispositionen getroffen, sondern sich allein auf eine fernmündliche Auskunft verlassen, dann ist ihr der Vorwurf zu machen, sich der Probleme bei der Ausfuhrerstattung von Schmelzkäse nicht in der gebotenen Sorgfalt angenommen zu haben. Bei diesen von ihr zu vertretenen Unzulänglichkeiten besteht kein Vertrauensschutz.

Entgegen der Behauptung der belangten Behörde wurden die Oberbehörden im Rahmen der Auskunftserteilung zu Beginn des Jahres 1995 nicht kontaktiert und aus den vorgelegten Akten ergibt sich nicht, dass das Bundesministerium für Finanzen den Standpunkt des Zollamtes Salzburg/Erstattungen geteilt hätte. Vielmehr ist einer Anfrage des Bundesministeriums für Finanzen an die Europäische Kommission vom 7. Juli 1997 zu entnehmen, dass die zuständige nationale Stelle erst mit Kundmachung der Verordnung (EG) Nr. 300/97 ihre unrichtige Ansicht erkannt habe. Die EU-Kommission wurde ersucht, aus Gründen des Vertrauensschutzes die Zustimmung für die "Beibehaltung der Ausfuhrerstattung" zu erteilen. Diesem Ersuchen erteilte die Kommission mit dem am 22. Oktober 1997 beim Bundesministerium für Finanzen eingelangten Schreiben wegen der von der Kommission stets vertretenen Ansicht, eine solche Gewährung der Ausfuhrerstattung vor der Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 300/97 verstoße gegen Gemeinschaftsrecht, eine eindeutige Absage.

Die Gewährung der Ausfuhrerstattung mit Bescheid vom 7. Oktober 1996 und die Mitteilung vom 27. Juni 1997 über die Freigabe der vereinnahmten Sicherheit mag zwar die mitbeteiligte Partei in ihrer Auffassung von der Zulässigkeit der Ausfuhrerstattung bestärkt haben, diese Umstände hinderten aber die Rückforderung zu Unrecht gezahlter Ausfuhrerstattungen nicht, weil - wie bereits dargestellt - die Voraussetzungen für einen Vertrauensschutz nicht vorlagen.

Zwischen der Gewährung der Ausfuhrerstattung und der Rückforderung der Ausfuhrerstattung mit Bescheid vom 29. Juli 1998 liegt ein Zeitraum von ca. 22 Monaten. Eine solche kurze Zeitspanne vermag nicht zu bewirken, dass eine Rückforderung als unbillig angesehen werden könnte (vgl. die im Beschwerdefall nicht anzuwendende Bestimmung des Art. 52 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 800/1999, die eine Frist von vier Jahren festlegt, innerhalb welcher nachgefordert werden kann).

Aus diesen Erwägungen ergibt sich im Beschwerdefall, dass die Voraussetzungen für das Absehen von der Rückforderung der zu Unrecht gewährten Ausfuhrerstattung aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht vorlagen.

Der angefochtene Bescheid, der diese Umstände verkannt hat, ist somit inhaltlich rechtswidrig. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert werden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 28. April 2003

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8 Vertrauensschutz Rechtsgrundsätze Treu und Glauben erworbene Rechte VwRallg6/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002170007.X00

Im RIS seit

28.11.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten