Index
L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit der auf fünfzehn Jahre befristeten Umwidmung einer Freifläche von Landwirtschaftsgebiet in Sondergebiet-Sport; keine generelle gesetzliche Ermächtigung für die Befristung von Widmungen; keine ausreichende GrundlagenforschungSpruch
I. Die Verordnung des Gemeinderats der Marktgemeinde Rankweil (Beschluss des Gemeinderats der Marktgemeinde Rankweil vom 19. Dezember 1996, genehmigt mit Schreiben der Vorarlberger Landesregierung vom 27. Februar 1997, ZVIIa-310.64) betreffend die Umwidmung des Grundstückes GstNr. 7212 GB Rankweil, von Freifläche/Landwirtschaftsgebiet in Freifläche/Sondergebiet-Sport auf eine Dauer von 15 Jahren ab 19. Dezember 1996, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
II. Die Vorarlberger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Landesvolksanwalt von Vorarlberg stellte gemäß Art139 B-VG iVm Art148i Abs2 B-VG und Art58 Abs2 der Vorarlberger Landesverfassung, LGBl. Nr. 30/1984 (Art60 Abs2 der neu kundgemachten Vorarlberger Landesverfassung, LGBl. Nr. 9/1999), den Antrag, die Verordnung der Marktgemeinde Rankweil über eine Änderung des Flächenwidmungsplanes hinsichtlich der Widmung des Grundstückes Gst. Nr. 7212, GB Rankweil, als Freifläche/Sondergebiet-Sport auf eine Dauer von 15 Jahren wegen Gesetzwidrigkeit aufzuheben.
2. Die Vorarlberger Landesregierung und die Marktgemeinde Rankweil legten die Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung vor und traten dem Antrag des Landesvolksanwaltes entgegen.
II. Aus den Akten betreffend das Zustandekommen der angefochtenen Verordnung ergibt sich folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
1. Die Gemeindevertretung der Marktgemeinde Rankweil hat am 30. Jänner 1991 beschlossen, die Grundparzelle GstNr. 7212 (damals noch im Zusammenhang mit GstNr. 7209, 7213, 7214, heute im Eigentum der Gemeinde stehend), von Freifläche/Landwirtschaft in Freifläche/Sondergebiet-Sport umzuwidmen. Die Widmungsänderung bezweckte die Erweiterung des ursprünglich auf den Grundstücken 7213, 7214 bestehenden Sportplatzes Brederis (Ortsteil der Gemeinde Rankweil) und den Neubau der Clubräumlichkeiten auf einem eigenen Grundstück (GstNr. 7212), das davor nur zu Trainingszwecken genutzt worden war. Dieser Flächenwidmungsplanänderung versagte die Vorarlberger Landesregierung als Aufsichtsbehörde mit Bescheid vom 4. Februar 1992 zu ZVIIa-310.64 die Genehmigung mit der Begründung, dass schon der bestehende Fußballplatz einen Fremdkörper in der landwirtschaftlich genutzten Grünzone des Rheintales dargestellt hätte und eine Ausweitung des Fußballplatzes die Landwirtschaft weitgehend beeinträchtigen würde. Außerdem wäre mit zunehmendem Fahrzeugverkehr zu rechnen. Der Amtssachverständige für Raumplanung hätte sein Gutachten vom 18. März 1991 wie folgt begründet (auszugsweise aus dem Versagungsbescheid vom 4. Februar 1992):
"Nach Ansicht des Sachverständigen ist sowohl ein intensiver Spielbetrieb inmitten der Landwirtschaftsflächen als auch der damit verbundene Verkehrsdruck (Verkehrsaufkommen und die ungeregelte Parkierungssituation) weiterhin nicht annehmbar."
Der Amtssachverständige begründete in seinem dem Versagungsbescheid zugrundeliegen Gutachten wie folgt:
"Eine Durchmischung verschiedener Nutzungsinteressen - (...) - ist seitens der Landwirtschaft nicht wünschenswert und daher aus raumplanerischer Sicht abzulehnen.
Eine weitere Intensivierung des Spiel- und Trainingsbetriebes ist auf der Basis der gegebenen Widmungskategorie nicht denkbar, aber bei einer Ausweitung der Flächenreserven (Spielfeldern und Parkplätzen, etc.) zu erwarten."
In dem Versagungsbescheid wurde ausgeführt, dass auf Grund der Situierung des Sportplatzes in der landwirtschaftlichen Freifläche des Weitriedes in Rankweil und somit in der überörtlichen Grünzone Rheintal ("Festlegung von überörtlichen Freiflächen in der Talsohle des Rheintales", Verordnung der Landesregierung, LGBl. Nr. 8/1977 idF LGBl. Nr. 28/1998) das landwirtschaftliche Gebiet als vorrangiges Gebiet zu qualifizieren sei. Die dort vorhandene Infrastruktur sei nur für landwirtschaftliche Erfordernisse, jedoch nicht für den Betrieb eines Sportplatzes ausgerichtet. Diese Änderung des Flächenwidmungsplanes Rankweil widerspreche dem §2 Abs2 litd Raumplanungsgesetz, RPG, (Sicherung und Entwicklung der räumlichen Voraussetzungen für die Land- und Forstwirtschaft). Weiters wurde von der Landesregierung eine Verlagerung des Spielbetriebes empfohlen.
2. Die Marktgemeinde Rankweil stellte in einem Schreiben an das Amt der Vorarlberger Landesregierung vom 13. September 1996 fest, dass eine Sanierung des Clubgebäudes gemäß §58 RPG (Zulässigkeit von Zu- und Umbauten von Gebäuden trotz widersprechender Widmung, wenn diese zur Zeit der Erlassung des Flächenwidmungsplanes aufgrund einer Baubewilligung bereits rechtmäßig genutzt worden sind) nicht möglich sei, da kein Bauakt aus dem Jahr 1957 vorgelegt werden könne und auch die Inanspruchnahme einer Ausnahmebewilligung nach §22 Abs2 RPG (Ausnahmebewilligung vom Flächenwidmungsplan durch den Gemeindevorstand) in diesem Fall nicht möglich sei, da dies nur für ausgesprochen kleinräumige Widmungen gelte. Auch die Anstrengungen zur Verlegung des Spielbetriebes seien erfolglos verlaufen (z.B. Guthof Maldina, Bereich Firma Schöch/Umfahrungsstraße L 52, das Gebiet östlich der L 52 im Bereich der Baggerseen, an der B 190). Deshalb beschloss die Gemeindevertretung der Marktgemeinde Rankweil neuerdings mit Beschluss vom 26. September 1996 eine Widmungsänderung hinsichtlich des Grundstücks Gst. Nr. 7212 in Freifläche/Sondergebiet-Sport mit befristeter Widmung auf die Dauer von 20 Jahren.
Im Verfahren betreffend die Änderung des Flächenwidmungsplans beurteilte die Agrarbezirksbehörde in einem Schreiben vom 8. November 1996 (ZII-1121-64) auch den befristeten Widmungsbeschluss der Markgemeinde Rankweil aus landwirtschaftlicher Sicht entschieden negativ, da mit einem über die Frist hinausgehenden Verbleib des "Sportplatzprovisoriums" zu rechnen sei. Negativ äußerte sich auch der Naturschutzbeauftragte der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch mit Schreiben vom 8. November 1996 unter Verweis auf ein Gutachten vom 3. Februar 1994 (ZII-2022/92), da sich die Beurteilungskriterien des Natur- und Landschaftsschutzes nicht geändert hätten und darüber hinaus keine rechtliche Bindung der Gemeinde auf die Dauer von 20 Jahren gegeben sei. Die Stellungnahme des Bundesdenkmalamtes, aber auch die des Vorarlberger Landesmuseums besagte, dass auf Grund der Untersuchungen des Österreichischen geophysikalischen Instituts keine archäologisch relevanten Strukturen festgestellt werden konnten, jedoch bei jeglichen Erdbewegungen ein Fachmann des Vorarlberger Landesmuseums beizuziehen sei. In einem Bericht der Abteilung Raumplanung und Baurecht vom 5. Dezember 1996 heißt es:
"Der Marktgemeinde Rankweil wurde aus raumplanerischer Sicht empfohlen, eine Verlagerung des Spielbetriebes und somit des Vereinsstandortes anzustreben. Der neue Standort, als Dauerlösung, sollte den Zielsetzungen der in den Jahren 1988/89 durchgeführten Gemeindeentwicklung entsprechen. Dies bedeutet das Anstreben einer möglichst geordneten Siedlungsentwicklung unter Berücksichtigung siedlungsplanerischer, landwirtschaftlicher, landschafts- und ortsbildlicher Kriterien bzw. infrastruktureller Einrichtungen. Im Rahmen der Suche nach einem geeigneten Standort zur Errichtung des neuen Sportplatzes in Brederis wurden mehrere Standorte, wie etwa Guthof Maldina, Bereich Firma Schöch/Umfahrungsstraße L 52 oder das Gebiet östlich der L 52 im Bereich der Baggerseen oder an der B 190 genannt. Trotz vieler Bemühungen und Anstrengungen der Marktgemeinde Rankweil konnte jedoch bis heute kein geeigneter Standort gefunden werden.
(...)
Aus raumplanerischer Sicht ist festzustellen, daß auf Grund des derzeitigen Fehlens eines geeigneten Alternativstandortes trotz größter Bemühungen durch die Marktgemeinde Rankweil die räumliche Vorsorge für sportliche Einrichtungen zu den Raumplanungsaufgaben zählt. Es scheint daher wenig sinnhaft und zielführend zu sein, einen seit dem Jahr 1956 tätigen Sportverein aufzulösen. Vielmehr erscheint hier eine befristete Weiterführung des Sportplatzes Brederis im Rahmen eines angemessenen Zeitraumes, um in Ruhe einen geeigneten Alternativstandort zu suchen, im öffentlichen Interesse gelegen."
3. Die Gemeindevertretung der Marktgemeinde Rankweil beschloss am 19. Dezember 1996 die Umwidmung des Grundstücks Nr. 7212 von Freifläche/Landwirtschaftsgebiet in Freifläche/ Sondergebiet-Sport auf die Dauer von 15 Jahren ab 19. Dezember 1996. Mit Bescheid vom 27. Februar 1997 zur ZVIIa-310.64 wurde die Flächenwidmungsplanänderung auf eine Dauer von 15 Jahren ab 19. Dezember 1996 gemäß §21 Abs6 iVm §23 Abs2 des Raumplanungsgesetzes, LGBl. Nr. 39/1996, aufsichtsbehördlich genehmigt. Die Marktgemeinde Rankweil als Eigentümerin des Grundstückes Nr. 7212 wollte in der Folge einen auf 15 Jahre befristeten Pachtvertrag mit dem SK Brederis schließen, der das umgewidmete Grundstück als Teil des Sportplatzes nutzen sollte.
Die Kundmachung der Flächenwidmungsplanänderung erfolgte durch Aushang des Wortlautes der Verordnung an der Amtstafel des Bauamtes vom 6. März 1997 bis 19. März 1997.
III. 1. Der Landesvolksanwaltes von Vorarlberg hat im Wesentlichen zwei Bedenken:
1.1. Der Landesvolksanwalt erachtet die Erlassung eines Flächenwidmungsplanes mit einer befristeten Widmung als gesetzwidrig, da das Raumplanungsgesetz 1996 keine derartige Befristung einer Widmung durch die Gemeindevertretung vorsehe. Die im Raumplanungsgesetz 1996 enthaltenen Ausnahmebestimmungen (§§7 Abs2 zweiter Satz und 22 Abs2 letzter Satz, Befristungsmöglichkeiten im Zuge von Ausnahmebewilligungen durch den Gemeindevorstand bzw. die Landesregierung), ließen als punktuelle Ausnahmen vielmehr darauf schließen, dass der Gesetzgeber eben nicht von einer generellen Möglichkeit der Befristung ausgegangen sei. Entgegen Art18 Abs2 B-VG finde diese Befristung durch Verordnung im Gesetz keine Deckung. Eine Verordnung dürfe nur präzisieren, was in wesentlichen Konturen schon im Gesetz vorgezeichnet sei (vgl. VfSlg. 14.630/1996).
Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (VfSlg. 13.716/1994, 13.887/1994) müsse der Rechtsunterworfene die Rechtslage aus der planlichen Darstellung eindeutig und unmittelbar feststellen können. Eine zeitliche Befristung müsste somit unmittelbar aus der planlichen Darstellung selbst zu entnehmen sein. Die Planzeichenverordnung, LGBl. Nr. 50/1996 sehe keine Möglichkeit der Kennzeichnung einer befristeten Widmung vor. Dies sei ein weiteres Indiz dafür, dass der Gesetzgeber keine Befristung vorgesehen habe. Auch habe bei einer rechtsgültigen Befristung das Gesetz zu normieren, was nach Ablauf der Befristung gelte. Auch dafür habe der Gesetzgeber keine Normierung getroffen. Die für die Aufhebung einer Verordnung wegen Gesetzwidrigkeit geltenden Grundsätze seien in diesem Fall sicher nicht anzuwenden.
1.2. Der Landesvolksanwalt von Vorarlberg führt weiter aus, dass eine Änderung des Flächenwidmungsplanes nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des §23 Abs1 RPG vorgenommen werden dürfe. Demnach dürfe der Flächenwidmungsplan nur aus wichtigen Gründen geändert werden. Zwingend sei er zu ändern
a)
bei Änderung der maßgeblichen Rechtslage oder
b)
bei wesentlicher Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse.
Dazu meint der Landesvolksanwalt, dass sich im gegenständlichen Fall weder die maßgebliche Rechtslage noch bedeutsame Verhältnisse geändert hätten (dies könne nur anhand einer neuerlichen Begutachtung als Ausgangspunkt einer Grundlagenforschung erreicht werden, wobei insbesondere auf §2 RPG - Zersiedelung, Siedlungsränder, Verwendung von land- und forstwirtschaftlichen Grundstücken Bedacht genommen werden müsse). Da keine zwingende Verpflichtung vorliege, sei es fraglich, ob ein wichtiger Grund durch die Erweiterung des schon bestehenden Sportplatzes gegeben sei. Eine Wertung zwischen landwirtschaftlichen Interessen (der Landwirtschaft werde Boden entzogen, Beeinträchtigung durch verstärktes Verkehrsaufkommen) und dem öffentlichen Interesse an der Bereitstellung von Sportanlagen sei nicht ausreichend durchgeführt worden. Das Grundlagenverfahren im Vorfeld der Verordnungserlassung zur Erforschung der wechselseitigen Beeinträchtigungen durch unterschiedliche Widmungen (Sportausübung, landwirtschaftlicher Erwerb, familiäre Ausflugsmöglichkeiten) sei mangelhaft erfolgt. Durch die schrittweise befristete Genehmigung der Landesregierung würde das Instrumentarium des Flächenwidmungsplanes an sich ausgehöhlt und eine kontinuierliche Planung sei nicht mehr möglich. Die Erfahrung des täglichen Lebens zeige, dass eine auf 15 Jahre gewidmete Fläche nicht wieder in den ursprünglichen Zustand (landwirtschaftliche Nutzung) - auf Grund des hohen Investitionsaufwandes für Clubräumlichkeiten, deren Lebensdauer wesentlich höher sei als die Widmungsdauer - zurückgeführt werden würde. Die befristete Widmung würde schleichend in eine dauernde umgewandelt werden.
2. Die Vorarlberger Landesregierung ist in ihrer Äußerung der Meinung, dass die Weiterführung des Sportplatzes Brederis im Rahmen eines angemessenen Zubaues im öffentlichen Interesse liege. Die Befristung einer Flächenwidmung sei gesetzeskonform und entspreche somit auch Art18 Abs2 B-VG. Unter Verweis auf den finalen Normcharakter der Raumplanungsgesetzgebung schließe ihrer Ansicht nach Art18 B-VG grundsätzlich nicht aus, dass die vollziehende Planungsbehörde eine Präzisierung der gesetzlichen Widmungskategorien im Verordnungswege vornehme. Voraussetzung dafür sei, dass der Gesetzgeber Voraussetzungen und Bedingungen bestimme, an denen diese Verordnung im Sinne des Art18 B-VG gemessen werden könne. Die Befristung einer Flächenwidmung stelle nichts anderes als die Präzisierung einer bestehenden Widmungskategorie in zeitlicher Hinsicht dar.
Mit der Befristung werde der Planungsbehörde die Möglichkeit eingeräumt, während dieses Zeitraumes die notwendigen Voraussetzungen im Sinne der Erarbeitung der vom Gesetz geforderten Entscheidungsgrundlagen zu schaffen. Das Raumplanungsgesetz sehe keine andere Möglichkeit vor, da §22 RPG nicht anwendbar sei. Der zeitlich beschränkte Wirkungsbereich der Verordnung sei dem Text der Verordnung mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen. Bei der noch ausständigen, definitiven Umzeichnung des Flächenwidmungsplanes, welcher nach Adaptierung des entsprechenden Computerprogrammes erfolgen werde, werde auf die Befristung und nach deren Ablauf auf die wiederauflebende "Unterlagswidmung Freifläche/Landwirtschaftsgebiet" entsprechend hingewiesen werden.
Nach Ablauf der Befristung der Umwidmung lebe die ursprüngliche Widmung Freifläche/Landwirtschaftsgebiet wieder auf und es bestehen keine Zweifel, welche konkreten Rechtsfolgen bezüglich der nachfolgenden Widmung eintreten werden.
Hinsichtlich des zweiten Bedenkens des Landesvolksanwaltes bringt die Vorarlberger Landesregierung vor, dass auch ein vorübergehender Bedarf einen wichtigen Grund gemäß §23 RPG für eine Umwidmung darstellen könne. Gemäß §2 Abs3 litf RPG seien Gebiete und Flächen für Wohnen, Arbeiten, Freizeit, Einkauf und sonstige Nutzungen einander so zuzuordnen, dass Belästigungen möglichst vermieden werden. Aus dieser Bestimmung sei zunächst abzuleiten, dass auch die räumliche Vorsorge für sportliche Einrichtungen von den Zielsetzungen des RPG erfasst sei. Nach §2 Abs3 litd RPG dürfen die für die Land- und Forstwirtschaft besonders geeigneten Flächen für andere Zwecke nur verwendet werden, wenn dafür ein überwiegendes öffentliches Interesse bestehe. Gemäß §3 RPG habe eine Abwägung aller berührten Interessen unter Berücksichtigung der in §2 RPG angeführten Ziele zu erfolgen. In diese Interessensabwägung sei nun das Scheitern der ernsthaften Bemühungen um eine geeignete Alternative des Standortes einbezogen worden. Die zeitliche Einschränkung der Widmung diene der Suche nach einem geeigneten Alternativstandort und stelle klar, dass die bestehende Situation nicht als Dauerlösung in Betracht komme. Der wichtige Grund sei durch den dringenden Bedarf der Bevölkerung nach einer Sportstätte gegeben.
3. Die Marktgemeinde Rankweil führt aus, dass der SK Brederis seit dem Jahr 1956, somit also seit einem Zeitpunkt vor Inkrafttreten des ersten Flächenwidmungsplanes, an der Kirchstraße südlich der Römervilla (ursprünglich nur Grundstücksnummern 7213, 7214) einen Sportplatz betreibe. Der Sportplatz sei bereits im ersten Flächenwidmungsplan (1964) als Vorbehaltsfläche Sport ausgewiesen worden und aus uneruierbaren Gründen in einer späteren Auflage des Flächenwidmungsplanes nicht übernommen worden. Die Rückwidmung sei nie durch einen Willensakt der Gemeindevertretung erfolgt. Eine notwendige Sanierung sollte durch eine Erweiterung des Sportplatzes und durch Neubau der Clubräumlichkeiten auf einem eigenen Grundstück (GstNr. 7212), das bisher nur zu Trainingszwecken genutzt worden sei, durchgeführt werden. Das Grundstück Nr. 7213 sollte nach Abbruch der alten Clubräumlichkeiten nur mehr dem Spielbetrieb dienen. Im Zuge der 1989 notwendig gewordenen Sportplatzsanierung seien zahlreiche Standortprüfungen unter Einschaltung der Raumplanungsstelle des Landes und der Agrarbezirksbehörde erfolgt. Zum Zweck der Verlegung des Sportplatzes seien auch Versuche zum Erwerb eines Tauschgrundstückes unternommen worden. Die Anstrengungen seien lange erfolglos verlaufen. Die Entscheidungsfaktoren hätten sich im Zeitraum von 1992 bis 1996 im Hinblick auf die erfolglosen Verlegungsversuche verändert. Weiters wird entgegnet, dass §2 RPG vom Landesvolksanwalt unvollständig und somit irreführend zitiert worden sei. Eine Interessenabwägung sei bereits ausreichend erfolgt. Es sei zu plakativ zu sagen, die Erweiterung der Sportfläche entziehe der Landwirtschaft Boden. Eine Verlagerung an eine andere Stelle würde ebenfalls heute landwirtschaftlich genutzte Flächen entziehen. Die getätigten Investitionen widersprächen nicht der zeitlichen Befristung, da die Marktgemeinde Rankweil als Bauherr auf eigenem Grund und Boden sich selbst als Investor gebunden habe. Das zu errichtende Objekt sei in seiner ganzen Konzeption jederzeit demontierbar.
IV. Der Verfassungsgerichtshof hat über den Antrag erwogen:
1. Der Antrag des Landesvolksanwaltes ist zulässig (vgl. I.1.), insbesondere hinsichtlich der Anfechtung der Verordnung in ihrem ganzen Umfang. Eine Einschränkung auf die Wendung "auf eine Dauer von 15 Jahren" wäre unzulässig, da der verbleibende Teil eine Veränderung seiner Bedeutung erfahren würde. Der Normsetzer hätte diese Verordnung ohne eine Befristung nicht gewollt.
2.1. Die gesetzliche Grundlage des Flächenwidmungsplans, nämlich das Raumplanungsgesetz 1996, LGBl. Nr. 39/1996, sieht die Möglichkeit der Befristung der Flächenwidmung durch die Gemeindevertretung nicht ausdrücklich vor. Die Regelung einer befristeten Ausnahmebewilligung vom Flächenwidmungsplan durch den Gemeindevorstand gemäß §22 RPG 1996 und von Landesraumplänen durch die Landesregierung gemäß §7 RPG 1996 zeigen als Ausnahmebestimmungen, dass der Gesetzgeber nicht generell von einer Befristungsmöglichkeit von Widmungen ausgegangen ist.
Wenn die Landesregierung die finale Determinierung des Planungsprozesses als Argument für die befristete Widmung vorbringt, ist ihr zu entgegnen: Die Befristung einer Flächenwidmung ist im RPG 1996 auch nicht durch Vorgabe von Planungszielen determiniert. Wenn der Gesetzgeber keine Befristungsmöglichkeit regelt, hätte er zumindest die Bedingungen und raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen für eine befristete Widmung im Gesetz bestimmen können.
In seinem Erkenntnis VfSlg. 14.179/1995 stellte der Verfassungsgerichtshof bereits die Beschränkung dar, die einer Konkretisierung von gesetzlichen Widmungskategorien durch den Verordnungsgeber entgegensteht:
"Der Verfassungsgerichtshof ist aber bereits in dieser seiner bisherigen Judikatur zu einer den verfassungsrechtlichen Erfordernissen gemäß Art18 Abs2 B-VG entsprechenden gesetzlichen Determinierung von Flächenwidmungsplänen stets davon ausgegangen, daß auch dann, wenn die vom Verordnungsgeber zu erlassenden Planungsnormen ihrem Wesen nach nur final, das heißt im Hinblick auf bestimmte zu erreichende Planungsziele, gesetzlich determiniert werden können, die Widmungsarten selbst, also die durch den Raumplan festzulegenden Raumfunktionen, vom Gesetzgeber in vorhinein festgelegt werden müssen.
(...)
Art18 Abs2 B-VG schließt sohin nicht aus, daß die gesetzlich festgelegten Widmungskategorien durch Verordnung präzisiert oder auch verändert werden. Eine nähere, die gesetzlichen Widmungskategorien und die Verwendung von Grundstücken konkretisierende oder sie überhaupt ändernde Regelung durch Verordnung ist jedoch verfassungsrechtlich nur zulässig, wenn der Gesetzgeber auch die raumordnungsrechtlichen Voraussetzungen und Bedingungen bestimmt, an denen dann jene Verordnungen im Sinne des Art18 Abs2 B-VG gemessen werden können."
2.2. Darüber hinaus geht der Verfassungsgerichtshof davon aus, dass aus den Voraussetzungen für eine Flächenwidmungsplanänderung (§23 RPG 1996) abgeleitet werden kann, dass einem Flächenwidmungsplan grundsätzlich erhöhte Bestandskraft zukommen soll. Die Änderungsvoraussetzungen sind aus Gründen der Rechtssicherheit möglichst restriktiv auszulegen, da der Rechtsunterworfene im Vertrauen auf die Rechtslage seine individuellen Planungsabsichten gestalten können soll. Die Änderungsvoraussetzungen gemäß §23 RPG sind unmittelbar vor der Flächenwidmung zu prüfen. Eine Befristung der Flächenwidmung auf 15 Jahre würde dazu führen, dass nach Ablauf der Zeit eine Widmungsänderung eintritt, die an den Voraussetzungen für eine Änderung des Flächenwidmungsplans nicht gemessen werden kann. Sollte eine Änderung dann nicht erfolgen, bzw. die Widmung nach Ablauf ihrer Befristung weiterbestehen, würde eine nach Aussagen aller berührten Behörden raumordnungswidrige Widmung durch Ablauf von Zeit durchgesetzt werden, obwohl derzeit die Widmung den Zielen der örtlichen Raumordnung widerspricht. Die Möglichkeit einer Befristung von Widmungen entspricht somit in aller Regel nicht den aus dem Gesetz abgeleiteten raumplanerischen Grundsätzen der "Plangewährleistung", der erschwerten Abänderbarkeit von Flächenwidmungsplänen und des Vertrauensschutzes.
Der Verfassungsgerichtshof sieht sich jedoch zur Feststellung veranlasst, dass er die Befristung einer Widmung nicht in jedem Fall als unzulässig erachtet. Beispielsweise kann die Befristung einer Widmung wegen des in der Art der Nutzung gelegenen zeitlich begrenzten Verwendungszwecks bestimmt gewidmeter Grundflächen sachlich sein. So ergibt sich beispielsweise aus der Regelung des §19 des NÖ ROG (§19 NÖ ROG, LGBl. 8000-13) mittelbar eine Befristung für die Festlegung der Widmungsart "Grünland - Materialgewinnungsstätten" ("Flächen zur Gewinnung, Aufbereitung und Zwischenlagerung mineralischer Rohstoffe sowie zur Ablagerung des grubeneigenen Restmaterials und für jenes Material, das zur Erfüllung der behördlich aufgetragenen Rekultivierungsmaßnahmen erforderlich ist"), weil die Gemeinde bei der Widmung einer Fläche als Grünland-Materialgewinnungsstätte gemäß §19 Abs3 leg. cit. die Folgewidmungsart auszuweisen hat.
2.3. Die angefochtene Verordnung ist aber auch deshalb gesetzwidrig, weil der Widmung keine ausreichende Grundlagenforschung vorausgegangen ist.
Im Erkenntnis VfSlg. 15.011/1997 sprach der Verfassungsgerichtshof zur Frage der Grundlagenforschung im Hinblick auf das Vorarlberger RPG aus:
"Gemäß ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Raumplanungsrecht (vgl. VfSlg. 8280/1978, 10.711/1985, 12.926/1991 mwH) kommt wohl den Vorschriften des Raumplanungsrechtes über die Erarbeitung der Entscheidungsgrundlagen für rechtsverbindliche Planungen besondere Bedeutung zu. Der Verfassungsgerichtshof hat in solchen Fällen im Verordnungsprüfungsverfahren nach Art139 B-VG zu prüfen, ob der Verordnungsgeber die im Gesetz zur Gewinnung einer ausreichenden Entscheidungsgrundlage vorgesehene Vorgangsweise eingehalten hat. Insbesondere zur Durchsetzung der im §2 RPG angeführten Raumplanungsziele ist die Durchführung einer Grundlagenforschung - unabhängig ob vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen oder nicht - unabdingbar."
Die Änderung eines Flächenwidmungsplans hätte im vorliegenden Fall nur gemäß §23 Abs1 litb leg. cit. "bei wesentlicher Änderung der für die Raumplanung bedeutsamen Verhältnisse" vorgenommen werden dürfen. Der Änderung des Flächenwidmungsplans gemäß §23 Abs1 litb leg. cit. hätte aber eine Grundlagenforschung vorausgehen müssen, um eine Abwägung der in §2 RPG genannten Ziele vornehmen zu können. Aus den vorgelegten Verordnungsakten ergibt sich, dass die Gemeinde Rankweil keine Grundlagenforschung durchgeführt hat. Es kann lediglich dem Schriftverkehr mit der Landesregierung entnommen werden, dass zum Zeitpunkt der Umwidmung keine Grundstücke für die Errichtung bzw. Umverlegung des Sportplatzes zur Verfügung gestanden sind. Die Unverträglichkeit der Widmung mit den umliegenden Widmungen wurde, wie aus den Verordnungsakten ersichtlich, bewusst in Kauf genommen. Es hat für den Verfassungsgerichtshof vielmehr den Anschein, dass die Gemeinde Rankweil eine Grundlagenforschung und Interessenabwägung durch die Befristung der Widmung zu einem späteren Zeitpunkt vornehmen wollte. Somit dient die Befristung vorrangig dem Ziel der zeitlichen Verzögerung der Grundlagenforschung. Mangels Grundlagenforschung lagen jedenfalls auch die Voraussetzungen einer Flächenwidmungsplanänderung gemäß §23 Abs1 litb RPG nicht vor. Auch aus diesem Grund ist die Verordnung gesetzwidrig.
2.4. Darüber hinaus entbehrt die in Prüfung stehende Verordnung aber auch einer Regelung des Ablaufs ihrer Wirkung und der dann geltenden Rechtsfolgen. Geht man davon aus, dass nach Ablauf der Frist die Widmung "Freifläche/Sondergebiet-Sport" außer Kraft tritt, und die Fläche gemäß §18 Abs1 RPG 1996 als Freifläche gilt, so ist dem im §18 Abs2 leg. cit. enthaltenen Gebot, die Freiflächen "nach Erfordernis und Zweckmäßigkeit als Landwirtschaftsgebiet, Sondergebiet oder Freihaltegebiet zu widmen" nicht Rechnung getragen. Entgegen der Meinung der Marktgemeinde Rankweil wäre die Fläche nach Fristablauf jedenfalls nicht als "Freifläche/Landwirtschaftsgebiet" gewidmet.
Da die angefochtene Verordnung bereits aus den oben angeführten Erwägungen gesetzwidrig ist, kann dahingestellt bleiben, ob die planliche Darstellung ausreichend war.
V. Dem Antrag des Landesvolksanwalts von Vorarlberg war daher stattzugeben und die angefochtene Änderung des Flächenwidmungsplans aufzuheben.
Der Ausspruch über die Kundmachung der Aufhebung im Landesgesetzblatt stützt sich auf Art139 Abs5 B-VG.
Diese Entscheidung konnte gemäß Art19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Raumordnung, Flächenwidmungsplan, Verordnungserlassung, VfGH / Prüfungsumfang, VertrauensschutzEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:V60.1998Dokumentnummer
JFT_09999698_98V00060_00