TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/29 99/14/0112

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Veröffentlicht am 29.04.2003
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

EStG 1972 §4 Abs1;
EStG 1972 §5;
EStG 1972 §6;
EStG 1988 §4 Abs1;
EStG 1988 §5;
EStG 1988 §6;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §16 Abs1 Z1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Mag. Heinzl, Dr. Zorn, Dr. Robl und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Racek, über die Beschwerde der R C in L, vertreten durch Dr. Wolfram Wutzel, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Promenade 6, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 12. Februar 1999, Zl. RV-060.94/1- T7/94, betreffend Umsatzsteuer 1985 bis 1990 sowie Feststellung der Einkünfte gemäß § 187 BAO für 1985 bis 1990, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin betreibt unter einem Markennamen Schlankheitsstudios. Den Gewinn ermittelt sie gemäß § 4 Abs. 1 EStG. In den Bilanzen der Streitjahre 1985 bis 1990 scheinen unter den Passiva "Anzahlungen von Kunden" in folgender Höhe auf:

zum 31. Dezember 1985:

345.576,-- S

zum 31. Dezember 1986:

1,544.982,-- S

zum 31. Dezember 1987:

5,428.786,--  S

zum 31. Dezember 1988:

5,695.826,50 S

zum 31. Dezember 1989:

9,119.141,-- S

zum 31. Dezember 1990:

10,928.770,--  S

Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung kam der Prüfer zur Feststellung, dass die erhaltenen Kundenanzahlungen zu den einzelnen Bilanzstichtagen nur in folgender Höhe zu passivieren seien:

zum 31. Dezember 1985:

197.607,30 S

zum 31. Dezember 1986:

509.201,10 S

zum 31. Dezember 1987:

2,765.349,40 S

zum 31. Dezember 1988:

1,182.781,25 S

zum 31. Dezember 1989:

3,126.408,65 S

zum 31. Dezember 1990:

3,530.335,02 S

Die Differenzbeträge seien den erklärten Betriebsergebnissen hinzuzurechnen und (mit den jeweiligen Nettobeträgen) der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Begründend ist dem Betriebsprüfungsbericht vom 2. Februar 1994 zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin sowohl Verträge abschließe, bei denen unter der Voraussetzung der Einhaltung einer genau angegebenen Zahl von Behandlungstagen eine Mindestgewichtsabnahme innerhalb einer bestimmten Zeit garantiert werde, als auch Verträge ohne diese Garantie der Gewichtsabnahme. In jedem Fall seien jedoch der Beginn und das Ende des Kurses vertraglich festgelegt. Nach § 1 der allgemeinen Geschäftsbedingungen (im Folgenden: AGB) sei die Beschwerdeführerin nur während der Vertragsdauer verpflichtet, ihre vertraglich festgelegten Leistungen zu erbringen.

Wie in der Niederschrift zur Schlussbesprechung vom 18. Jänner 1994 ausgeführt wird, habe die Beschwerdeführerin zur Überprüfung des in der Bilanz zum 31. Dezember 1990 ausgewiesenen Betrages der Kundenanzahlungen eine "Inventur 1990" vorgelegt, der lediglich die Anzahl der offenen Besuche - ohne Bezug zu einer bestimmten Person und die abgeschlossenen Verträge - zu entnehmen sei. Die Beschwerdeführerin habe bei der Bewertung der Kundenanzahlungen auch "offene Besuche" aufgenommen, welche Verträge betreffen würden, deren Vertragszeitraum vor dem 31. Dezember 1990 geendet habe. Darüber hinaus seien auch Verträge erfasst, die sich über den Bilanzstichtag erstreckt hätten, bei denen auf Grund vereinbarter Ratenzahlung zum Bilanzstichtag aber eine abzugrenzende "Kundenanzahlung" gar nicht vorgelegen oder die Kundenanzahlung nicht das gesamte Kursentgelt umfasst habe. Der Prüfer habe eine personenbezogene Neubewertung der Kundenanzahlungen an Hand der Verträge und der Kundenkartei vorgenommen und dabei auch allfällige Preisnachlässe sowie all jene Fälle berücksichtigt, bei denen nach Ende des Kurses eine (begründete) Vertragsverlängerung (Krankheit, saisonbedingte Gründe, Kulanz) erfolgt sei. Zu Vertragsverlängerungen sei es nur in rund 10 % der Fälle gekommen. Diese geringe Anzahl der Vertragsverlängerungen sei wohl auch darauf zurückzuführen, dass die an die Kunden gerichteten Erinnerungsschreiben folgende Passus

enthielten: "... sollten keine ernsten Gründe vorliegen ... wir

auf dem vertraglich festgelegten Schlusstermin bestehen müssen."

Umsatzsteuerlich sei zu beachten, dass es sich bei den gegenständlichen Leistungen um so genannte Dauerleistungen handle. Dabei sei davon auszugehen, dass sie anteilig in allen Voranmeldungszeiträumen erbracht würden, in denen nach Maßgabe der vereinbarten Vertragsdauer die Behandlungen in Anspruch genommen bzw. die zur Verfügung gestellten Geräte und Räumlichkeiten benützt werden dürften. Leistungen, die nach Vertragsende und damit ohne rechtlichen Anspruch erbracht würden, hinderten die anteilige Entstehung der Steuerschuld nicht. Absolviere eine Kundin bis zum vertraglich festgelegten Kursende nur einen Teil des Programmes, habe dennoch eine Versteuerung des gesamten bis zum Stichtag bezahlten Entgeltes zu erfolgen. Insofern ergebe sich für jede tatsächlich "konsumierte" Programmeinheit eine Entgeltserhöhung.

Das Finanzamt schloss sich der Ansicht des Prüfers an und erließ entsprechend geänderte Feststellungs- und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1985 bis 1990.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung betonte die Beschwerdeführerin, die Abgabenbehörde habe es unterlassen, zwischen den zwei Arten der von ihr geschlossenen Verträge zu unterscheiden. Zum einen gebe es (so genannte Garantie-)Verträge, mit denen die Kundin eine bestimmte Anzahl von Behandlungen kaufe, welche sie nach Belieben konsumieren könne. Konsumiere die Kundin die Behandlungen jedoch innerhalb einer festgelegten Garantiezeit, erhalte sie bei Nichterreichen der versprochenen "Zentimeterabnahme" die von ihr geleisteten Beträge zurück. Nur darauf beziehe sich das am Vertragsformular angeführte Datum über Beginn und Ende des Kurses. Auch nach Beendigung des Kurses habe die Kundin jedoch die uneingeschränkte Möglichkeit, jederzeit die nicht innerhalb des Garantierahmens konsumierten Behandlungen zu beanspruchen. Zum anderen gebe es Verträge, bei denen die Kundin das Recht erwerbe, innerhalb eines festgelegten Zeitraums ein- bzw. zweimal wöchentlich eine Behandlung zu konsumieren. Halte sie diese Termine nicht ein, verfalle das Recht auf diese Behandlung, sodass von Kulanzfällen abgesehen keine Möglichkeit bestehe, die Behandlungen nachzuholen. Aus diesem Grund seien die Preise dieser Verträge wesentlich niedriger als jene der Garantieverträge. Durch die zeitlich unbegrenzte Möglichkeit, die Behandlungen zu konsumieren, werde der Kontakt zum bestehenden Kundenkreis immer aufrecht erhalten und der Abschluss von Verlängerungsverträgen möglich. Wäre entsprechend der Ansicht der Abgabenbehörde mit Ablauf des Garantiezeitraums kein Anspruch auf weitere Behandlung gegeben, würde dies die Kundinnen verärgern und sie würden selbst bei aufwändigen Werbemaßnahmen nicht mehr zurückzugewinnen sein. Sowohl die Inanspruchnahme der Behandlungen nach Ablauf des Garantiezeitraums, als auch die damit erfolgten Abschlüsse von Verlängerungsprogrammen hätten dem Prüfer an Hand der Karteikarten dargetan werden können. Der in § 8 der AGB enthaltene Hinweis "Mündliche Nebenabreden werden nicht getroffen" diene lediglich dazu, späteren Behauptungen der Kundinnen über die Möglichkeit des jederzeitigen Ausstiegs aus dem abgeschlossenen Vertrag oder die Nichteinhaltung der getroffenen Zahlungsmodalitäten begegnen zu können. Die Inanspruchnahme der Behandlungen außerhalb des Garantiezeitraumes stelle keine vereinzelte Kulanzleistung dar, sondern sei vertragskonform und nachweislich selbst Jahre nach Ablauf des Garantiezeitraums erfolgt. Nach dem Grundsatz des Ausweises nur wirklich erzielter Gewinne (Realisationsprinzip) müsse der Ertrag entsprechend der Leistung in dem Zeitraum ausgewiesen werden, in dem diese Leistung erbracht werde. Die von der Abgabenbehörde vorgenommene vorgezogene Gewinnrealisierung widerspräche den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung. Umsatzsteuerlich liege keine Dauerleistung vor, vielmehr werde ein Vertrag über eine bestimmte Anzahl von Behandlungen abgeschlossen und der Termin in der Folge individuell mit der Betreuerin vereinbart. Die vom Prüfer vorgenommene Auflösung der Anzahlungen beträfe ausschließlich nichtkonsumierte Behandlungen, auf welche die Kundin noch Anspruch habe. Die Umsatzsteuerpflicht entstehe erst mit der tatsächlichen Erbringung der Leistung.

Mit Vorhalt vom 26. November 1997 forderte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin auf, ihr Vorbringen, bereits im Zeitpunkt des Abschlusses der Verträge sei den Kundinnen zugesagt worden, die Behandlungen zeitlich unbegrenzt konsumieren zu können und das in den Garantieverträgen festgehaltene "Ende des Kurses" beziehe sich nur auf die Rückzahlungsgarantie, nachzuweisen. Weiters wolle erklärt werden, warum eine derartige mündliche Zusage, sollte sie generell getroffen worden sein, nicht in die AGB Eingang gefunden habe. Allfällige "ziffernmäßige Einwendungen" die Gewinn- oder Umsatzermittlung betreffend wären für jedes Jahr gesondert rechnerisch darzustellen und durch entsprechende Unterlagen nachzuweisen.

In ihrem Antwortschreiben vom 4. Juni 1998 wiederholte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen ihr bisheriges Vorbringen.

Einem Aktenvermerk über die persönliche Vorsprache der Beschwerdeführerin und ihres steuerlichen Vertreters am 10. Juli 1998 zufolge, habe man Einvernehmen darüber erzielt, dass lediglich die steuerliche Behandlung der so genannten Garantieverträge strittig sei. Sachverhaltsbezogen habe die Beschwerdeführerin - so die belangte Behörde in ihrem Aktenvermerk - erklärt, beim erstmaligen Besuch werde einer Kundin ausschließlich ein "Garantievertrag" angeboten, erst wenn eine Verlängerung gebucht werde, könne dies auch ein Zeitvertrag sein. Der Kundin werde eine bestimmte Anzahl von Behandlungen verkauft und eine bestimmte cm-Abnahme an bestimmten Körperstellen während der Kursdauer zugesagt. Je mehr Behandlungen eine Kundin kaufe, um so billiger werde die einzelne Behandlung. Die Einschätzung, wie viele Behandlungen im Einzelfall für die Erzielung eines bestimmten Behandlungserfolges notwendig sei, beruhe auf Erfahrungswerten. Bereits bei Vertragsabschluss würden die Kundinnen immer wieder die Frage stellen, was passiere, wenn sie nicht sämtliche Behandlungen innerhalb der Kursdauer absolvieren könnten. Den Kundinnen werde zugesagt, die Behandlungen auch nach dem vereinbarten Kursende beanspruchen zu können. Die offenen Kundenanzahlungen würden spätestens - in Anlehnung an die steuerrechtliche Aufbewahrungsfrist - nach sieben Jahren gewinnerhöhend aufgelöst. Umsatzsteuerlich behandle man die nach sieben Jahren noch offenen Kundenanzahlungen als "nicht steuerbare Entgelte".

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Das im Streitzeitraum sowohl für die Zeit- als auch die Garantieverträge verwendete Vertragsformular sehe für beide Vertragstypen jeweils Spalten für die Eintragung der Kosten des Kurses, des anzuwendenden Behandlungsprogramms, der Anzahl der Behandlungen sowie für "Beginn und Ende des Kurses" vor. Bei den Garantieverträgen werde darüber hinaus in einer dafür eigens vorgesehenen Spalte die "garantierte cm-Abnahme" eingetragen, die laut Vertrag mit der "Rückzahlungsgarantie pro cm nicht erfüllter Abnahme" verbunden sei. Nach § 2 der AGB habe die Kundin bei Nichterreichen der cm-Abnahme allerdings nur dann das Recht auf (aliquote) Rückzahlung, wenn sie "das empfohlene Übungsprogramm gewissenhaft und mindestens 2 x wöchentlich, den Anweisungen entsprechend bis zur Beendigung des Kurses durchgeführt hat". Unstrittig sei, dass bei beiden Vertragsarten jeweils "Beginn" und "Ende des Kurses" vertraglich festgelegt worden seien. Die Beschwerdeführerin verpflichte sich nach § 1 der AGB "als Gegenleistung zu dem vereinbarten Entgelt der Kundin persönlich während der Vertragsdauer die Geräte sowie die hierfür notwendigen Räumlichkeiten, sanitären Anlagen und das Personal innerhalb der Öffnungszeiten im jeweiligen Studio für eine Schlankheitskur zur Verfügung zu stellen". Das zur Anwendung der so bereit gestellten Geräte erforderliche Wissen werde "in Form eines Bewegungsprogrammes bereitgehalten". Das Bewegungsprogramm werde als "Einzelbehandlung" mit einer Assistentin absolviert. Die Terminvereinbarung für die Behandlungen erfolge nicht bei Vertragsabschluss, sondern "individuell mit der Betreuerin, jeweils für die nächste Behandlung". Das vertraglich bestimmte Entgelt werde entweder als Einmalbetrag oder zu vertraglich bestimmten Zahlungsterminen in Raten bezahlt. Das Vorbringen der Beschwerdeführerin, wonach ein Vertragsende nur bei den Zeitverträgen vereinbart sei und "Beginn" und "Ende des Kurses" bei den Garantieverträgen nur die Garantiezeit definieren sollten, finde weder in dem im Streitzeitraum verwendeten Vertragsvordruck noch in den einen integrierten Bestandteil des Vertrages bildenden AGB Deckung. Dass der Anspruch der Kundinnen auf Durchführung "offener" Behandlungen auf Grund einer mündlichen Zusage über das "Kursende" hinaus unbegrenzt bestehen solle, stehe eindeutig in Widerspruch zum Vertrag. Gemäß § 8 der AGB seien mündliche Nebenabreden nicht getroffen worden, was die Kundin auch mit ihrer Unterschrift bestätigen müsse. Die belangte Behörde könne auch dem Berufungseinwand, § 8 beziehe sich auf andere mündliche Nebenabreden, nicht folgen, da sich eine derartige Einschränkung im Vertragsformular nicht finde. Auch sei die Beschwerdeführerin eine Erklärung dafür schuldig geblieben, warum die behauptete Zusage nicht in den schriftlichen Vertrag aufgenommen worden sei. Im Übrigen würde sich eine mündliche Zusage erübrigen, wenn ein Vertragsende bei den Garantieverträgen ohnedies nicht vereinbart worden sei. Die anlässlich der mündliche Vorsprache vorgelegten Karteikarten zeigten zwar, dass in diesen Fällen über das vereinbarte Kursende hinaus Behandlungen konsumiert worden seien, doch enthielten sie weder die garantierte cm-Abnahme noch eine Gegenzeichnung der Kundin und beträfen darüber hinaus nicht den Streitzeitraum. Die Streitjahre betreffende Besucherlisten, samt korrespondierender Garantieverträge und Karteikarten hätten nicht vorgelegt werden können. Selbst wenn die Beschwerdeführerin durch Vorlage von Besucherlisten aus den Streitjahren hätte nachweisen können, dass - über die von der Betriebsprüfung bereits berücksichtigten Fälle einer begründeten Vertragsverlängerung hinaus - tatsächlich Behandlungen nach dem "Kursende" konsumiert worden seien, wäre damit nicht bewiesen, dass das in den Garantieverträgen bestimmte "Kursende" nicht gleichzeitig das Vertragsende darstelle, noch dass den Kundinnen tatsächlich - vom schriftlichen Vertrag abweichend - mündlich zugesagt worden sei, die bei "Kursende" offenen Behandlungen zeitlich unbegrenzt konsumieren zu können. Auch seien die Kundinnen bei Abschluss eines Garantievertrages wohl primär an der zugesagten Abnahme des Körperumfanges und ihrem andernfalls gegebenen Rückzahlungsanspruch interessiert und nicht daran, Behandlungen zeitlich unbegrenzt beanspruchen zu können. Es widerspreche im Übrigen auch den "Grundsätzen des Vertragsrechtes", das Vertragsende völlig offen zu lassen. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass die Kundinnen nur zwischen dem vertraglich bestimmten "Beginn und Ende des Kurses" Anspruch gehabt hätten, die in § 1 der AGB angeführten Leistungen zu konsumieren. Allenfalls nach "Kursende" erbrachte Leistungen würden ohne Rechtsanspruch der Kundin erbracht und seien nicht geeignet, den Zeitpunkt der Gewinnrealisierung hinauszuschieben. Hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung sei auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 1994, 94/14/0133, zu verweisen, wonach nicht das Verpflichtungsgeschäft, sondern dessen Erfüllung den steuerlich relevanten Tatbestand bilde. Da mit dem "Kursende" der Anspruch der Kundin auf Leistungserbringung erlösche und die nach § 1 der AGB vereinbarten Leistungen nur während der vereinbarten Kursdauer bereit zu halten seien, werde das Entgelt für die Bereithaltung des Leistungsangebotes während der vereinbarten Kursdauer bezahlt. Ob die Kundin von diesem Recht Gebrauch mache oder nicht, ändere an der Steuerpflicht des gesamten Entgeltes nichts.

Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Die Beschwerdeführerin wirft der belangten Behörde (wie schon im Verwaltungsverfahren) einen Verstoß gegen das so genannte Realisationsprinzip vor.

Danach dürfen Gewinne erst dann ausgewiesen werden, wenn sie realisiert sind. Das Realisationsprinzip gilt im Bereich der Gewinnrealisierung gleichermaßen für die Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 wie für die Gewinnermittlung gemäß § 5 EStG. Anzahlungen des Empfängers einer Leistung bewirken noch keine Gewinnrealisierung, und zwar auch dann nicht, wenn bereits das volle Entgelt bezahlt worden ist. Gewinnrealisierung darf erst angenommen werden, wenn der Gewinn durch einen Umsatz verwirklicht, also die Leistung erbracht ist (vgl. zum Ganzen Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, Tz. 42 ff zu § 6).

Die Gewinnrealisierung tritt mit Erbringung der Leistung ein. Bei Dauerschuldverhältnissen erfolgt sie pro rata temporis; die Gewinne werden bei solchen durch kontinuierliche Leistungserbringung gekennzeichneten Vertragsverhältnissen laufend nach Maßgabe der Leistungserbringung realisiert und sind daher jedenfalls zum jeweiligen Bilanzstichtag auszuweisen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 1994, 90/14/0124, Slg. 6.855/F).

Für den Beschwerdefall kommt es nach dem Gesagten entscheidend darauf an, ob die Beschwerdeführerin im Rahmen der so genannten Garantieverträge verpflichtet war, eine bestimmte Anzahl von Behandlungen auf zeitlich unbegrenzten Abruf durchzuführen (so die Beschwerdeführerin) oder mit Ablauf der vereinbarten Kursdauer - ungeachtet "offener Behandlungen" - eine Leistungspflicht nicht mehr gegeben war.

Die belangte Behörde hat die Sachverhaltsfeststellung getroffen, nach Erreichen des "Kursendes" hätten die Kundinnen keinen Anspruch auf weitere Behandlungen und die Beschwerdeführerin somit ihre Leistungspflicht (die sich in Ansehung der nicht konsumierten Leistungen in der bloßen Leistungsbereitschaft erschöpfe) erfüllt. In den Fällen, in denen die belangte Behörde in Ausübung der freien Beweiswürdigung zu ihrer Erledigung gelangt, obliegt dem Verwaltungsgerichtshof die Prüfung, ob die Tatsachenfeststellungen auf aktenwidrigen Annahmen beruhen oder in einem mangelhaften Verfahren zu Stande gekommen sind oder gegen die Denkgesetze oder das allgemeine menschliche Erfahrungsgut verstoßen (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2003, 98/14/0151).

Dieser Prüfung hält die Beweiswürdigung der belangten Behörde stand.

Die Beschwerdeführerin räumt selbst ein, dass der "schriftliche Vertragstext" für den Standpunkt der belangten Behörde spricht, hält dem jedoch die davon abweichende mündliche Vereinbarung entgegen. In diesem Zusammenhang wirft sie der belangten Behörde vor, die zivilrechtliche Rechtslage insofern verkannt zu haben, als seit Inkrafttreten des Konsumentenschutzgesetzes im Jahr 1985 die Rechtswirksamkeit formloser Erklärungen des Unternehmers vertraglich nicht ausgeschlossen werden könne. § 8 ihrer AGB, wonach mündliche Nebenabreden nicht getroffen worden seien, habe demnach die den Kundinnen gegebene mündliche Zusage, die Behandlungen zeitlich unbegrenzt konsumieren zu können, nicht beseitigen können. In der formlosen Abrede sei überdies "eine beiderseits gewollte Abänderung der Formvereinbarung zu sehen".

Dieses Vorbringen verkennt, dass die belangte Behörde nicht die Rechtswirksamkeit der behaupteten mündlichen Nebenabrede verneint hat, sondern in sachverhaltsmäßiger Hinsicht zur Schlussfolgerung gekommen ist, eine entsprechende mündliche Nebenabrede sei nicht getroffen worden. In diesem Zusammenhang war der schriftliche Vertragstext, der mündliche Nebenabreden ausschloss, lediglich ein Indiz für das Fehlen einer vom schriftlichen Vertrag abweichenden mündlichen Vereinbarung. Dass die belangte Behörde der Vertragsformulierung besondere Bedeutung beigemessen hat, ist nicht zu beanstanden, kann doch davon ausgegangen werden, dass die Kundinnen den Vertragstext im Allgemeinen (zumal bei der gegebenen Kürze) vor Unterfertigung lesen und eine für sie wichtige mündliche Zusage, die mit dem schriftlich Vereinbarten in Widerspruch steht, schon zu Beweiszwecken im Vertragsvordruck festhalten lassen.

Das weitere Beschwerdevorbringen, ein Rechtsanspruch auf Behandlung über das im Vertrag ursprünglich fixierte Kursende hinaus könne sich auch "stillschweigend" dadurch ergeben, dass die Beschwerdeführerin einer Kundin nach Kursende faktisch die Möglichkeit zum weiteren Studiobesuch einräume, vermag schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, weil die Fälle tatsächlicher Vertragsverlängerung (nach dem Bericht des Prüfers insgesamt 10%) ohnedies nicht zum Anlass einer Gewinnerhöhung genommen wurden.

Welcher Bedeutung bei der zu lösenden Sachverhaltsfrage dem Umstand zukommen sollte, dass die Zahlungsfristen "zum überwiegenden Teil wesentlich länger laufen als Beginn und Ende des Kurses und teilweise kürzer sind", macht die Beschwerdeführerin nicht einsichtig.

Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt die Beschwerdeführerin, der über die Besprechung vom 10. Juli 1998 angefertigte Aktenvermerk sei ihr nicht zur Kenntnis gebracht worden. Darin liege eine Verletzung des Rechtes auf Parteiengehör. Der Verfahrensmangel sei auch wesentlich, weil der Aktenvermerk insoweit unrichtig sei, als der steuerliche Vertreter nicht ersucht worden sei, "eine Aufstellung nachzureichen, anhand derer sich die gewinnerhöhende Auflösung der in den Jahren 1985 bis 1990 bilanzmäßig ausgewiesenen Kundenanzahlungen bzw. die Ermittlung der 'nicht steuerbaren Entgelte' nachvollziehbar ergäbe". Auch sei er nicht aufgefordert worden, weitere die Streitjahre betreffenden Unterlagen beizubringen. Vielmehr habe sich die belangte Behörde damit einverstanden erklärt, Unterlagen aus späteren Jahren als "repräsentativ" für die Verhältnisse in den Berufungsjahren anzuerkennen. Der steuerliche Vertreter habe auch mehrmals nachgefragt, ob nun "sämtliche Informationen vollständig vorlägen". Dennoch argumentiere die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid damit, dass "verschiedene Fragen nicht ausreichend aufgeklärt worden seien". Damit habe die belangte Behörde gegen das so genannte Überraschungsverbot verstoßen und in ihre rechtliche Würdigung Sachverhaltselemente einbezogen, die der Beschwerdeführerin nicht bekannt gewesen seien.

Dieser Verfahrensrüge gelingt es nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen: Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Frage der ertrags- und umsatzsteuerlichen Behandlung der Kundenanzahlungen Gegenstand einer abgabenbehördlichen Prüfung war, vom Prüfer unter Auseinandersetzung mit den von der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Unterlagen in eben jener Weise beurteilt wurde wie sie in den erstinstanzlichen Bescheiden Eingang gefunden hat und von der belangten Behörde bestätigt wurde. Zum Berufungsvorbringen, den Kundinnen sei die Zusage erteilt worden, dass keine Behandlung infolge Zeitablaufes verfalle, hat die belangte Behörde der Beschwerdeführerin mit Vorhalt vom 26. November 1997 den Wortlaut der von ihr verwendeten Vertragsformulare vorgehalten und sie aufgefordert, ihre dazu in Widerspruch stehende Behauptung "in geeigneter Art und Weise nachzuweisen". Die Beschwerdeführerin hat dazu Verträge, Kundenkarteien und Besucherlisten (die Folgejahre betreffend) vorgelegt und damit aufgezeigt, dass Behandlungen tatsächlich teilweise nach Kursende stattgefunden haben. Dieser Umstand war allerdings auch schon im Rahmen der abgabenbehördlichen Prüfung unstrittig und vom Prüfer (für die Streitjahre) mit rund 10% der Verträge beziffert worden. Ob die Fortsetzung der Behandlungen über das schriftlich festgehaltene Kursende hinaus, auf im Einzelfall (mit am Abschluss von Verlängerungsprogrammen interessierten Kundinnen) getroffene Verlängerungsvereinbarungen zurückzuführen ist, oder darauf, dass ein Leistungszeitraum gar nicht vereinbart war, wird mit diesen Unterlagen - worauf die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend hingewiesen hat - nicht unter Beweis gestellt. Solcherart kann es aber auf sich beruhen, ob die Beschwerdeführerin das Verhalten der belangten Behörde als Zustimmung zur Vorlage "repräsentativer Unterlagen" aus Folgejahren werten durfte (was von der belangten Behörde in der Gegenschrift bestritten wird) und durch die gegenteiligen Ausführungen im angefochtenen Bescheid "überrascht" wurde.

Wenn die belangte Behörde im Hinblick auf den von der Beschwerdeführerin vorgegebenen Vertragstext und den auf den Karteikarten erfolgten Vermerken für die Gründe der Fortsetzung der Behandlungen über das schriftliche festgelegte "Kursende" hinaus, zur Feststellung gelangt ist, die Leistungsverpflichtung der Beschwerdeführerin habe nur für die Zeit von "Beginn bis Ende des Kurses" bestanden, kann dies zusammenfassend nicht als Ergebnis unschlüssiger Beweiswürdigung angesehen werden. Dies umso mehr als das von der Beschwerdeführerin angebotene Leistungspaket zur Gewichtsreduzierung auf der Regelmäßigkeit der Behandlung beruht und die Fortsetzung der Behandlungen über das Kursende hinaus - wie im Verwaltungsverfahren von der Beschwerdeführerin vorgebracht - dazu gedient hat, "Kundinnen zu halten" und sie für den Abschluss von Verlängerungsprogrammen zu gewinnen.

In umsatzsteuerlicher Hinsicht hat die belangte Behörde zutreffend auf das - gleichfalls die Leistungen eines Schlankheitsstudios im Rahmen so genannter Garantieverträge betreffende - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Dezember 1994, 94/14/0133, Slg. 6.960/F, hingewiesen. Ausgehend von der - wie oben ausgeführt - unbedenklichen Sachverhaltsfeststellung, eine Leistungspflicht der Beschwerdeführerin habe nur bis zum vereinbarten "Kursende" bestanden, war eine Versteuerung der erhaltenen Kundenanzahlungen bis zu diesem Zeitpunkt vorzunehmen, unabhängig davon, ob die Kundin von ihren Rechten in diesem Zeitraum Gebrauch gemacht hat oder nicht. Nachträglichen Änderungen der Dauer des Vertrages ist durch Berichtigung gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 UStG 1972 Rechnung zu tragen. An dieser rechtlichen Beurteilung ändert auch der von der Beschwerdeführerin hervorgehobene Umstand, dass die Kundin durch eine Terminvereinbarung erst die "konkrete Leistungsbereitschaft" der Beschwerdeführerin abrufen müsse, nichts. Konkrete Einwendungen gegen die vom Prüfer vorgenommene Zuordnung der Anzahlungen zu den einzelnen Veranlagungszeiträumen wurden im Verwaltungsverfahren nicht erhoben und allenfalls notwendige Berichtigungen nicht dargetan. Auch die Beschwerde enthält ein diesbezügliches Vorbringen nicht.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 29. April 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1999140112.X00

Im RIS seit

13.06.2003

Zuletzt aktualisiert am

16.05.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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