Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
ADR 1973 Rn10260 litb;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des B in Emmerich, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Viktor Michitsch und Mag. Alexander Jelly, Rechtsanwälte in 9500 Villach, Postgasse 2/1, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats für Kärnten vom 16. Oktober 2001, Zl. KUVS-1311- 1313/4/2000, betreffend Übertretungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe, wie am 24. November 1999 um 11.15 Uhr in Villach auf der Südautobahn (A 2), Parkplatz Federaun, in Fahrtrichtung Italien, im Zuge einer "Kontrolle nach dem ADR/GGBG" festgestellt worden sei, als verantwortlicher Beförderer der Beförderungseinheit eines nach dem Kennzeichen bestimmten Sattelkraftfahrzeuges, welche mit
1.800 kg umweltgefährdendem Stoff "flüssig n.a.g. der Klasse 9
Z. 11c ADR, UN 3082" auf der Ladefläche des Sattelauflegers beladen gewesen sei, nicht dafür gesorgt, dass das Kraftfahrzeug und seine Beladung den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entsprochen habe, da ein näher genannter Lenker das Kfz gelenkt und die genannten und gefährlichen Güter entgegen § 7 Abs. 2 des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, BGBl. I Nr. 145/1998, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 194/1999, befördert habe, weil es unterlassen worden sei, dafür Vorsorge zu tragen, dass
1. dem Lenker ein den Vorschriften entsprechendes Beförderungspapier übergeben worden sei, weil das Beförderungspapier mangelhaft ausgestellt gewesen sei, da die Bezeichnung des gefährlichen Gutes laut Stoffaufzählung "(B 5- Liste)" gefehlt habe und nur der Handelsname angeführt gewesen sei, obwohl gefährliche Güter nur befördert werden dürften, wenn dem zuständigen, bei der Beförderung tätigen Personal, die in den gemäß § 2 leg.cit. in Betracht kommenden Vorschriften vorgeschriebenen Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände sowie gegebenenfalls der Bescheid über die Ausnahmegenehmigung gemäß § 9 leg.cit.übergeben worden seien, soweit dieses nicht bereits im Besitz dieser Gegenstände oder Papiere sei und die Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände (§ 7 Abs. 2 Z. 7 leg.cit.) den gemäß § 2 leg.cit.in Betracht kommenden Vorschriften entsprechend mitgeführt würden,
2. dem Lenker die erforderliche Schutzausrüstung übergeben worden sei, weil als erforderlicher Ausrüstungsgegenstand die Schutzweste gefehlt habe, obwohl gefährliche Güter nur befördert werden dürften, wenn dem zuständigen, bei der Beförderung tätigen Personal die in dem gemäß § 2 leg.cit. in Betracht kommenden Vorschriften vorgeschriebenen Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände sowie gegebenenfalls der Bescheid über die Ausnahmebewilligung gemäß § 9 leg.cit. übergeben worden seien, soweit dieses nicht bereits im Besitz dieser Gegenstände oder Papiere sei und Begleitpapiere und Ausstattungsgegenstände (§ 7 Abs. 2 Z. 7 leg.cit.) den gemäß § 2 leg.cit. in Betracht kommenden Vorschriften entsprechend mitgeführt würden, und
3. der Reifen an der ersten Achse des Auflegers beschädigt gewesen sei, da dieser "bis zum Unterbau Ablösungen des Laufbandes, größere Risse bis zur Gewebeschicht" aufgewiesen habe, obwohl gefährliche Güter nur transportiert werden dürften, wenn die Verwendung der Fahrzeuge gemäß § 6 leg.cit. zulässig sei und Fahrzeuge zur Beförderung gefährlicher Güter nur verwendet werden dürften, wenn sie nach den verkehrstechnisch spezifischen generellen Vorschriften (§ 3 Z. 9 leg.cit.) im Verkehr verwendet werden dürften.
Der Beschwerdeführer habe dadurch die Rechtsvorschriften zu
1.) der §§ 27 Abs. 1 Z. 1 iVm 7 Abs. 2 Z. 7 und 8 leg.cit. zu RN 10381 Abs. 1 lit. a ADR und RN 2002 Abs. 3, 9 ADR, zu 2.) §§ 27 Abs. 1 Z. 1 iVm 7 Abs. 2 Z. 7 und 8 leg.cit. zu RN 10260 lit. b ADR, und zu 3.) §§ 27 Abs. 1 Z. 1 iVm 7 Abs. 2 Z. 5 iVm 6 Abs. 1 leg.cit. verletzt. Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über den Beschuldigten in Anwendung der Strafbestimmung des § 27 Abs. 1 Z. 1 GGBG drei Geldstrafen in der Höhe von jeweils
S 10.000,-- (bzw. Ersatzfreiheitsstrafen in der Dauer von jeweils 10 Tagen) verhängt.
In der Begründung wurde unter anderem festgehalten, dass Zulassungsbesitzer des verwendeten Sattelkraftfahrzeuges die Firma H gewesen sei, bei der es sich um eine nicht eingetragene Einzelfirma handle, deren Gewerbegegenstand der internationale Güter-, Nah- und Fernverkehr sei. Der Sitz der Betriebsstätte und die Hauptniederlassung befänden sich an einer näher angegebenen Adresse in der Bundesrepublik Deutschland. Die "strafrechtliche Verantwortlichkeit" des Beschwerdeführers als Beförderer ergebe sich nicht nur aus der Anzeige und der dieser angeschlossenen "einheitlichen Prüfliste (EB 95/50)", Punkt 7, sondern auch aus dem Gewerberegisterauszug der Stadt Emmerich vom 3. Februar 2000, wonach Inhaber bzw. Vertreter der in Rede stehenden Einzelfirma der (am 6. August 1927) geborene Beschwerdeführer sei. Der Vernehmung des Sohnes des Beschwerdeführers vor der Kreisbehörde Kleve am 21. März 2000 sei überdies zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer (neben seiner gewerberechtlichen Verantwortlichkeit) auch handelsrechtlicher Verantwortlicher der Firma sei. Im Übrigen sei ein anders lautender Gegenbeweis vom Beschwerdeführer gar nicht angeboten worden.
Bei der gegenständlichen Kontrolle sei festgestellt worden, dass a) das Beförderungspapier nicht ordnungsgemäß ausgefüllt gewesen sei, da nicht der Stoffname "laut B 5 Liste", sondern nur der Handelsname ("Epoxidharz") des transportierten Gutes angeführt gewesen sei, b) der rechte Reifen der ersten Achse des Sattelauflegers größere Risse bis zur Gewebeschicht aufgewiesen habe, und c) eine Schutzweste im Fahrzeug nicht vorhanden gewesen sei. Der Lenker habe den Beschwerdeführer von den Unregelmäßigkeiten vor Antritt der Fahrt in Kenntnis gesetzt.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsstrafakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
2.1. Sowohl der angefochtene Bescheid als auch die Beschwerde gehen davon aus, dass die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Mängel schon bei Fahrtantritt vorhanden gewesen seien. Da dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Bescheid vorgeworfen wurde, bestimmte gesetzlich vorgesehene Maßnahmen (ordnungsgemäßes Ausfüllen des Beförderungspapiers, Vorhandensein einer Schutzweste bei der Beförderung, sowie bei der Beförderung eines gefährlichen Gutes nicht einen schadhaften Reifen zu verwenden) nicht getroffen zu haben, wurden die in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen in der Form des Unterlassens begangen. Bei solchen Unterlassungsdelikten ist als Tatort der Ort anzunehmen, wo der Täter hätte handeln sollen. In seinem Erkenntnis vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0071, auf das gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass dieser Ort dann, wenn solche Unterlassungen im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Unternehmens erfolgen, im Zweifel mit dem Sitz des Unternehmens zusammenfällt. Der Sitz des vom Beschwerdeführer als Einzelkaufmann geführten Beförderungsunternehmens liegt - wie schon erwähnt - in der Bundesrepublik Deutschland. Entgegen der belangten Behörde wurden daher vom Beschwerdeführer die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht im Inland begangen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. September 2001, Zl. 2000/03/0266). Dass es sich bei diesen Verwaltungsübertretungen - wie etwa in der Gegenschrift ausgeführt - um Dauerdelikte handelt, bei denen das verpönte strafbare Verhalten erst mit Beendigung des rechtswidrigen Zustandes aufhört (vgl. das zitierte Erkenntnis vom 20. September 2000), vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern.
2.2. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher schon aus diesem Grund als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
2.3. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. I Nr. 501/2001.
Wien, am 30. April 2003
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatort "Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff UnterlassungsdeliktEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001030452.X00Im RIS seit
12.06.2003