TE Vwgh Erkenntnis 2003/4/30 98/13/0097

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Veröffentlicht am 30.04.2003
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §167 Abs2;
BAO §184;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Mag. Heinzl, Dr. Fuchs und Dr. Büsser als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. Herbert Mayer, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 4, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat IA, vom 12. März 1998, Zl. 15-93/1154/08, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer 1984 bis 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erklärte für die Jahre 1984 bis 1989 Einkünfte aus Gewerbebetrieb als Versicherungsvertreter von insgesamt rund S 0,8 Mio. (sowie entsprechende Umsätze im Gesamtausmaß von rund S 1,4 Mio.) und Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Prokurist einer Wohnbaugenossenschaft im Gesamtausmaß von rund S 3,7 Mio.

Anlässlich einer beim Beschwerdeführer durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurden u.a. im Detail begründete ungeklärte Vermögenszuwächse festgestellt, hinsichtlich welcher das Finanzamt - den Feststellungen des Prüfers folgend - nach Wiederaufnahme der Verfahren durch Erlassung neuer Sachbescheide betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1984 bis 1989 durch Zurechnung von insgesamt rund S 5,3 Mio. bei der Gewinn- und Umsatzermittlung die entsprechenden steuerrechtlichen Konsequenzen zog.

Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde die erstinstanzlichen Bescheide hinsichtlich Umsatzsteuer 1987 zum Nachteil, hinsichtlich der übrigen Bescheide - insbesondere durch Herabsetzung der Zurechnungen bei der Gewinn- und Umsatzermittlung auf rund S 4 Mio. - zum Vorteil des Beschwerdeführers ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertige ein in einem mängelfreien Verfahren festgestellter unaufgeklärter Vermögenszuwachs die Annahme, dass die Vermehrung des Vermögens aus nicht einbekannten Einkünften herrühre. Gleiches gelte, wenn der Abgabepflichtige nicht aufzuklären vermöge, aus welchen Quellen er seinen laufenden Lebensunterhalt habe bestreiten können. Für die Zuschätzung des nicht aufgeklärten Vermögenszuwachses reiche es aus, Feststellungen über das Vorliegen von Einkünften zu treffen. Es sei aber nicht erforderlich, konkrete Feststellungen über die einzelnen, den Vermögenszuwachs verursachenden Vorgänge zu treffen. Der Prüfer habe im Berufungsfall festgestellt, dass der Beschwerdeführer in den Streitjahren Bareinlagen auf sein (negatives) Girokonto sowie Anschaffungen von Wirtschaftsgütern der privaten Lebensführung (Kraftfahrzeuge, Eigentumswohnungen) getätigt habe, die durch die erklärten Einkünfte nicht gedeckt gewesen seien. Strittig sei, ob die Herkunft dieser Vermögenszuwächse als seitens des Beschwerdeführers nachgewiesen oder glaubhaft gemacht anzusehen bzw. die entsprechenden Zurechnungen zu den steuerlichen Bemessungsgrundlagen zu Recht erfolgt seien. Der Beschwerdeführer nenne als Quelle der vom Prüfer festgestellten Vermögenszuwächse u. a. anonyme Sparbücher und Wertpapierdepots, deren Unterlagen von ihm weggeworfen oder anlässlich einer Übersiedlung verloren worden bzw. seitens der Bank weder auffindbar noch rekonstruierbar gewesen seien. Die acht Monate nach Abschluss der abgabenbehördlichen Prüfung erfolgte Mitteilung des Beschwerdeführers, wonach "wesentliche Teile des gesuchten Wertpapierdepots" gefunden worden seien und dem Finanzamt nunmehr vorgelegt werden könnten, sei zunächst nur Ankündigung geblieben. Auf die diesbezügliche Nachfrage der Abgabenbehörde zweiter Instanz habe der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers Kopien einer das Jahr 1982 betreffenden Wertpapier-Umsatzaufstellung und die Jahresübersicht über das "Wertpapierkassakonto 800 ..., Abholpost 810" mit einem Gesamtkurswert per 31. Dezember 1982 von S 830.192,46 übermittelt. Weitere Unterlagen (Wertpapierkonten, Sparbücher oder Ähnliches) seien nicht vorhanden. Da das gesamte Wertpapierdepot ausschließlich das zwei Jahre vor dem Berufungszeitraum liegende Jahr 1982 betreffe und Angaben, geschweige denn Unterlagen darüber, was später mit diesem Wertpapieren geschehen sei, ebenso fehlten wie der Name des Wertpapierbesitzers, sei es ohne Relevanz für das gegenständliche Berufungsverfahren. Die Behauptung des Beschwerdeführers, er habe Bareinzahlungen auf sein Girokonto mit vorher von demselben Konto abgehobenen Geldbeträgen finanziert, erscheine nicht nur sinnlos, sondern widerspreche auch seiner Aussage vom 23. Jänner 1992, wonach diese Einzahlungen auf sein Konto ausschließlich von anonymen Spar- bzw. Wertpapierkonten gestammt hätten. Hinsichtlich der Jahre 1987 bis 1989 komme noch dazu, dass das genannte Konto in diesem Zeitraum - außer einer Scheckabhebung im Juli 1989 - überhaupt keine Abhebungen des Beschwerdeführers aufgewiesen habe. Auch in diesem Licht erscheine der durch nichts nachgewiesene Einwand des Beschwerdeführers, er habe in den Jahren 1987 bis 1989 (in denen das Girokonto keine Abhebungen aufgewiesen habe) ein Wertpapierdepot bei der Z mit einem Gesamtwert von rund S 1,7 Mio. aufgelöst, als reine Zweckbehauptung. Im Zusammenhang mit dem Erwerb von zwei Eigentumswohnungen seien bei den nicht geklärten Vermögenszuwächsen nur jene Kosten zum Ansatz gebracht worden, die nicht durch (nachgewiesene) Kredite gedeckt gewesen seien. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Wertpapierverkäufe seien dabei aus den oben angeführten Gründen nicht zu berücksichtigen. Hinsichtlich der angeblichen Zuwendung der Mutter des Beschwerdeführers sei Folgendes festzuhalten: Aus dem diesbezüglichen Steuerakt des Finanzamtes für Gebühren und Verkehrsteuern sei ersichtlich, dass der Abgabenerklärung über die Zuwendung unter Lebenden der Mutter des Beschwerdeführers an diesen vom 2. März 1988 ein offenkundig manipulierter Wertpapierdepotauszug beigelegt worden sei. Das aktenkundige Wertpapierkonto betreffend die Jahre 1983 bis 1989 weise einen Gesamtkurswert per 31. Dezember 1987 von S 189.380,-- auf und laute am 31. Dezember 1989 noch immer auf die Mutter des Beschwerdeführers. Die Unrichtigkeit der Angaben in der Schenkungssteuererklärung, wonach die Mutter des Beschwerdeführers ihrem Sohn im Jahr 1988 ein Wertpapierdepot mit einem Gesamtkurswert von S 491.342,50 geschenkt habe, sei somit - sei es hinsichstlich Höhe oder Zeitpunkt der Zuwendung - evident. Der Erklärung komme somit keine Beweiskraft zu, zumal sie entgegen den Berufungsausführungen zu keiner Steuervorschreibung geführt habe. Dem Einwand des Beschwerdeführers, es habe im gesamten Berufungszeitraum keine ungeklärten Vermögenszuwächse gegeben, könne daher zumindest dem Grunde nach nicht gefolgt werden. Dagegen sprächen auch die Vermögensteuererklärungen des Beschwerdeführers, die weder konkretes "sonstiges Vermögen" (sondern lediglich Hinweise auf großteils nicht vorhandene Beilagen) noch in den Berufungsjahren entstandene Verbindlichkeiten aufgewiesen hätten. Hinsichtlich der Höhe der ungedeckten Vermögenszuwächse wies die belangte Behörde darauf hin, dass nach der Aktenlage die Annahme eines eher aufwändigen Lebensstils des Beschwerdeführers durchaus gerechtfertigt erscheine. Darauf wiesen u.a. die häufig gewechselten Kraftfahrzeuge der höheren Preisklasse, die Anmietung eines "Reitstalles", zwei zusätzlich zur Wiener Wohnung erworbene Eigentumswohnungen in einem Fremdenverkehrsgebiet und die Angaben ehemaliger Mitarbeiter des Beschwerdeführers hin. Dafür spreche letztlich auch die anonyme Anzeige, deren konkrete Anschuldigung über die Annahme von Bestechungsgeldern zwar nicht verifiziert worden sei, die jedoch - wie der Beschwerdeführer selbst ausgeführt habe - auf der Missgunst von "Neidern" basiert habe. Erfahrungsgemäß könne davon ausgegangen werden, dass das Objekt des Neides offensichtlicher Wohlstand bzw. Luxus des Beneideten sei. Die Annahme des Prüfers, dass die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit und Gewerbebetrieb (Versicherungsprovisionen) in etwa den Lebenshaltungskosten entsprochen hätten (durchschnittlich rund S 900.000,-- pro Jahr), erscheine der belangten Behörde daher durchaus realistisch. Dabei sei auch die Familie des Beschwerdeführers (Ehefrau und drei minderjährige Kinder) mit einzubeziehen, zumal die Ehefrau zumindest in den Jahren 1984 bis 1987 keine bzw. nur geringe Einkünfte bezogen habe, ein Teil der im Berufungszeitraum erworbenen Wirtschaftsgüter auch in ihrem (Mit)Eigentum gestanden und sie Mitschuldnerin gemeinsamer Kredite gewesen sei. Bei der Vermögensdeckungsrechnung seien außerdem der Verkauf bzw. die "Auflösung" von Wertpapieren mit einem Gesamtwert von rund S 200.000,-- im Jahr 1985, die Veräußerung der in der Berufung genannten Kraftfahrzeuge zu den in der Stellungnahme des Prüfers angeführten Preisen sowie die jährlichen Änderungen der Kontostände (eines näher angeführten Girokontos) zu berücksichtigen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid u.a. in seinem Recht auf "Berücksichtigung von vorgelegten Beweismitteln zur Feststellung der Lebenshaltungskosten" verletzt. Er bringt jedoch nicht zur Darstellung, wann er welche Beweismittel zur Feststellung der Lebenshaltungskosten vorgelegt hätte. Zur Begründung der behaupteten Rechtsverletzung meint er zunächst vielmehr, die belangte Behörde habe festgestellt, dass "Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit und Gewerbebetrieb (Versicherungsprovisionen) in der Höhe von durchschnittlich S 900.000,-- pro Jahr" als durchaus realistisch anzusehen seien. Für diese "realistische" Sicht fehle jedoch jeder Hinweis. Dem ist entgegenzuhalten, dass die belangte Behörde jährliche Lebenshaltungskosten von rund S 900.000,-- für realistisch gehalten hat. Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dieser Höhe der Lebenshaltungskosten den "Vorwurf eines aufwändigen Lebensstils" durch die belangte Behörde mit dem Hinweis darauf rügt, dass die diesbezüglich u.a. angeführten häufig gewechselten Kraftfahrzeuge der "höheren Preisklasse" sich in der Preiskategorie zwischen S 40.000,-- und S 130.000,-- bewegt hätten, übersieht er, dass bereits anlässlich der abgabenbehördlichen Prüfung neben anderen Fahrzeugen die Anschaffung zweier Range Rover zum Preis von S 310.000,-- bzw. S 250.000,-- festgestellt wurde. Der Richtigkeit dieser Feststellungen ist der Beschwerdeführer in der Berufung nicht entgegengetreten. Der im angefochtenen Bescheid angeführten "Anmietung eines Reitstalles" tritt der Beschwerdeführer mit der Rüge entgegen, dass es sich dabei nur um die Anmietung einer Pferdebox gehandelt habe. Der Verwaltungsgerichtshof kann allerdings nicht finden, dass die Anmietung "nur" einer Pferdebox gegen einen aufwändigen Lebensstil spricht. Gleiches gilt für den Erwerb von Eigentumswohnungen (im Wert von rund S 2,5 Mio.) neben der vom Beschwerdeführer in Wien bewohnten Genossenschaftswohnung, auch wenn es sich dabei "lediglich" um Appartements handelte. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen zeigt daher ebenso wenig wie die Behauptung, die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegten Lebenshaltungskosten von S 900.000,-- entbehrten jeder Grundlage, die gerügte Vernachlässigung "vorgelegter Beweismittel", es ist aber auch nicht geeignet, die Beweiswürdigung der belangten Behörde hinsichtlich der Höhe der Lebenshaltungskosten als rechtswidrig erscheinen zu lassen, zumal es sich bei den in der Beschwerde erwähnten Punkten nur um einen Teil der von der belangten Behörde diesbezüglich gewürdigten Umstände handelt.

In der Beschwerde wird im Übrigen eingeräumt, dass es dem Beschwerdeführer nicht gelungen ist, die verausgabten Gelder in den Streitjahren "lückenlos" nachzuweisen. Mit seiner dafür angeführten Begründung, dass es auf Grund der lange zurückliegenden Zeiträume und der nicht mehr vorhandenen Privataufzeichnungen nahezu unmöglich sei, die von der Finanzverwaltung verlangten Nachweise zu erbringen, tritt der Beschwerdeführer der Beweiswürdigung der belangten Behörde, weshalb sie seinem Vorbringen über die Herkunft der ihm zur Verfügung gestandenen Geldbeträge nicht gefolgt ist, nicht entgegen.

Unbegründet ist auch die Beschwerderüge, selbst wenn man davon ausgehe, dass die Finanzbehörde der Meinung sei, dass noch zusätzliche Versicherungsprovisionen bei anderen Versicherungsgesellschaften bezogen worden seien, so wäre es auf Grund der geringen Anzahl von Versicherungsgesellschaften in Österreich ein Leichtes gewesen, innerhalb von sechs Jahren hierüber bei den in Frage stehenden Versicherungsgesellschaften Bestätigungen zu erhalten. Das Gleiche gelte für die Behauptung, die geschätzten Einnahmen stammten aus Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit. In dem bereits oben angeführten Zeitraum wäre es der Finanzbehörde ein Leichtes gewesen, eine dementsprechende Rückmeldung der Sozialversicherungsanstalt zu erhalten. Die belangte Behörde hat gestützt auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das bereits im angeführten Bescheid angeführte Erkenntnis vom 13. Oktober 1993, 91/13/0058) keine konkreten Feststellungen über die einzelnen, den festgestellten Vermögenszuwachs verursachenden Vorgänge getroffen. Schon deshalb bedurfte es der vom Beschwerdeführer vermissten Erhebungen bei Versicherungsgesellschaften und Sozialversicherungsanstalten nicht.

Auf das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 1994, 90/13/0075, stützt sich der Beschwerdeführer schon deshalb zu Unrecht, weil er nie behauptet hat, keine Erwerbstätigkeit auszuüben. Die Aussage des Verwaltungsgerichtshofes im zitierten Erkenntnis, bei Vorliegen eines ungeklärten Vermögenszuwachses und ungedeckter Lebenshaltungskosten könnten die ungeklärten Beträge nicht den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugeordnet werden, wenn kein Anhaltspunkt für eine tatsächliche Erwerbstätigkeit vorliegt, kann den Beschwerdeführer somit nicht zum Erfolg führen.

Da sich die Beschwerde somit insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 30. April 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1998130097.X00

Im RIS seit

02.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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