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32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;Norm
FinStrG §167 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Fellner und Dr. Kail als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des R in M, Deutschland, vertreten durch Jürgen Zoll, Rechtsanwalt in Münster, Bernhardstraße 9 (Einvernehmens-Rechtsanwalt: Dr. Utho Hosp, Rechtsanwalt in Salzburg, Mozartplatz 4), gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Kärnten vom 7. Mai 2002, GZ ZRV74/1- 4/01, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung eines Einspruchs gegen eine Strafverfügung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde, der Beschwerdeergänzung und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Mit der am 19. September 2000 zugestellten Strafverfügung des Hauptzollamtes Klagenfurt vom 13. September 2000 wurde der Beschwerdeführer der fahrlässigen Verkürzung von Eingangsabgaben schuldig erkannt. Die Strafverfügung erwuchs am 19. Oktober 2000 in Rechtskraft.
In einer Eingabe vom 2. November 2000 beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Frist zur Erhebung eines Einspruchs gegen die Strafverfügung. Er habe die Strafverfügung rechtzeitig am 19. September 2000 an Jürgen Z., Rechtsanwalt, zur Erhebung eines Einspruchs übermittelt. Das Fristversäumnis beruhe auf einem "Organisationsfehler, auf Grund dessen insbesondere auch eine Einspruchsfrist nicht in den dafür vorgesehenen Fristenkalender im Büro des Unterzeichners eingetragen ist".
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Wiedereinsetzungsantrag im Instanzenweg abgewiesen. In der Begründung vertrat die belangte Behörde insbesondere die Auffassung, dass dann, wenn den Parteienvertreter ein maßgebliches Verschulden an der Versäumung einer Frist trifft, dieses der Partei zuzurechnen ist.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde wurde vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 26. November 2002, B 1048/02, abgelehnt. Gleichzeitig wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 167 Abs 1 FinStrG ist gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag des Beschuldigten eines anhängigen oder abgeschlossenen Finanzstrafverfahrens die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn der Antragsteller durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet und glaubhaft macht, dass er durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten. Dass dem Beschuldigten ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Trifft den Parteienvertreter ein maßgebliches Verschulden an der Versäumung der Frist, so ist dieses nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Partei zuzurechnen (vgl zB die hg Erkenntnisse vom 10. Februar 1989, Zl 88/17/0191, vom 7. November 1989, Zl 88/14/0217, und vom 27. Jänner 1999, Zl 98/16/0290). Der Wiedereinsetzungswerber oder sein Vertreter darf nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit nicht die im Verkehr mit Behörden und Gerichten für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl zB die hg Erkenntnisse vom 4. November 1994, Zl 92/16/0167, und vom 15. Mai 1997, Zl 96/15/0101). Der bevollmächtigte Rechtsanwalt muss die Organisation seines Kanzleibetriebes so einrichten, dass auch die richtige Vormerkung von Terminen und damit die fristgerechte Setzung von - mit Präklusion sanktionierten - Prozesshandlungen sichergestellt ist (vgl zB die hg Entscheidungen vom 6. Oktober 1994, Zlen 93/16/0075, 0076, vom 24. Juni 1997, Zlen 97/14/0019, 0020, und vom 11. Juli 2000, Zlen 2000/16/0311, 0312).
Im Beschwerdefall wurde im Wiedereinsetzungsantrag selbst zugestanden, dass die Einspruchsfrist auf Grund eines Organisationsfehlers in der Kanzlei des bevollmächtigten Rechtsanwaltes nicht gewahrt worden ist. Daraus folgt aber, dass das - dem Beschwerdeführer zuzurechnende -Verschulden des von ihm bevollmächtigten Vertreters über den minderen Grad des Versehens hinausgegangen ist, sodass die Finanzstrafbehörden den Wiedereinsetzungsantrag zu Recht abgewiesen haben.
Bei dieser Sach- und Rechtslage erübrigte es sich, auf die weiteren, in sich widersprüchlichen Ausführungen in der Beschwerdeergänzung näher einzugehen. Insbesondere ist der Beschwerdeführer darauf zu verweisen, dass die in Deutschland bestehende Rechtslage im Beschwerdefall nicht anzuwenden war. Soweit sich der Beschwerdeführer auf den Beschluss des deutschen Bundesverfassungsgerichts vom 8. August 1990, 2 BvR 267/90, NJW 1991, 351 stützt, verkennt er überdies, dass dieser Beschluss - abgesehen von der unterschiedlichen Rechtslage - zu einem völlig anders gearteten Sachverhalt ergangen ist.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 30. April 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003160002.X00Im RIS seit
29.05.2003