TE Vwgh Erkenntnis 2003/5/5 2000/10/0199

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Veröffentlicht am 05.05.2003
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
80/02 Forstrecht;

Norm

ForstG 1975 §172 Abs6;
VwGG §42 Abs2 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde des HH in B, vertreten durch Mag. Gerald Hegenbart, Rechtsanwalt in 2500 Baden, Kaiser Franz Ring 13, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 4. Juli 2000, Zl. LF1-Fo-421, betreffend forstpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 22. November 1999 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Baden (BH) dem Beschwerdeführer betreffend den auf der Parzelle Nr. 781 der KG M. auf den im beiliegenden Lageplan (Katasterplanausschnitt) mit A, B und C bezeichneten und schraffiert dargestellten Waldflächen gemäß §§ 17 bis 19 und 172 Abs. 6 des Forstgesetzes 1975 (ForstG) folgenden forstpolizeilichen Auftrag:

"1) Die Pferdehaltung auf den Waldflächen A, B und C hat ab sofort zu unterbleiben.

2) Die Waldflächen A, B und C sind durch geeignete Absperrungen (z.B. Holzkoppel, 1,5 m hoch, innen weiß gestrichen) so zu schützen, dass sie von den auf Parz.Nr. 781, KG. M, gehaltenen Pferden nicht betreten werden können; diese Absperrungen sind an allen Benützungsartenabgrenzungen zu errichten.

3) Auf Fläche A sind die abgestorbenen Bäume sofort zu fällen. Nach der Vornahme der Fällungen hat auf Fläche A binnen eines Jahres ab Rechtskraft dieses Bescheides eine Wiederbewaldung mit standortsgerechten Holzarten (z.B. Vogelkirsche, Esche, Bergahorn im Verhältnis 1:1:1) im Pflanzverband von 2 m x 2 m zu erfolgen. Die Wiederbewaldung ist so lange nachzubessern und zu pflegen (insbesondere Unkrautbekämpfung), bis die Kultursicherung im Sinne des Forstgesetzes eingetreten ist.

4) Auf Fläche B sind unverzüglich jene Bäume zu fällen, welche bereits abgestorben sind sowie jene, welche im Absterben begriffen sind. Entstehende Kahlflächen sind binnen eines Jahres ab Rechtskraft dieses Bescheides mit standortsgerechten Holzarten (z.B. Vogelkirsche, Esche, Bergahorn im Verhältnis 1:1:1) im Pflanzverband von 2 m x 2 m wiederzubewalden. Die Wiederbewaldung ist so lange nachzubessern und zu pflegen (insbesondere Unkrautbekämpfung), bis die Kultursicherung im Sinne des Forstgesetzes eingetreten ist."

Nach der Begründung habe der Amtssachverständige für Forstwesen bei einer Begehung im September 1998 festgestellt, dass auf den verfahrensgegenständlichen Flächen des Grundstückes Nr. 781 der KG M. erhebliche Schadeinwirkungen an den Waldbeständen durch die auf diesen Flächen gehaltenen Pferde erfolgt seien. Die mit A bis C bezeichneten Flächen seien Wald im Sinne des Forstgesetzes. Eigentümer der Waldfläche sei die Stadtgemeinde T. Der Wald auf den Flächen A und C habe ein Durchschnittsalter von ca. 40 Jahren, der Wald auf der Fläche B ein Durchschnittsalter von ca. 15 Jahren. Im Bereich der Fläche A, die ein Ausmaß von ca. 1.500 m2 aufweise, seien ca. 95 % der Stämme im gesamten Stammumfang geschält, sodass die Bäume zum Großteil bereits abgestorben seien oder sich im Absterben befänden. Im Bereich der Fläche B, welche ein Ausmaß von ca. 800 m2 habe, seien ca. 40 % der Stämme geschält, wobei diese teilweise im Absterben befindlich seien. Im Bereich der Fläche C seien ca. 10 % der Bäume geschält; es handle sich zumeist um Bäume untergeordneter Bedeutung, wobei die Schälung nicht den gesamten Stammumfang umfasse. Die genannten Waldflächen hätten geringe Schutz-, jedoch höchste Wohlfahrts- und erhöhte Erholungswirkung. Die Stadtgemeinde T. habe eine Waldausstattung von 3,2 %, sie sei daher unterbewaldet. Durch die Waldschäden seien die Erhaltung des Waldes sowie seine Wirkungen dauernd und maßgeblich beeinträchtigt und gefährdet. Auf Grund der geringen Waldausstattung sei die Erhaltung jeder Waldfläche im Bereich der Gemeinde von höchster Bedeutung.

Der Beschwerdeführer habe im gesamten Verfahren bestritten, für die Schäden verantwortlich zu sein. In seiner Aussage vom 29. Jänner 1999 habe er angegeben, seit über 7 Jahren keine Pferde mehr zu besitzen. Die Pferde gehörten verschiedenen Mitgliedern der Familie bzw. Verwandten. Seiner Ansicht nach seien die Schälungen durch Rehe verursacht worden.

Nach den Angaben von zwei Bediensteten der Betriebsstättenverwaltung der Stadtgemeinde T. sei mit dem Beschwerdeführer im September 1996 eine mündliche Vereinbarung abgeschlossen worden, wonach er Teilflächen des Areals kurze Zeit als Weidefläche für die Pferde verwenden dürfe. Die Vereinbarung sei aus Mitleid mit den Tieren abgeschlossen worden, da sie keinen wintersicheren Unterstand gehabt hätten. Es sei nur eine Unterstellung der Tiere während des Winters beabsichtigt gewesen. Seit Ende des Winters 1996/97 benütze der Beschwerdeführer das Gelände jedoch widerrechtlich. Im Laufe des sich daraus entwickelnden Streites habe der Beschwerdeführer schließlich auch mitgeteilt, dass er eigentlich nicht mehr der Besitzer der Pferde sei, sondern die Pferde einem "Gremium" gehörten, ein anderes Mal habe er gesagt, sie gehörten seinem Sohn.

Aus den Angaben der (zwei) vernommenen Pferdepfleger gehe übereinstimmend hervor, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der Beaufsichtigung der Pferde ihr Vorgesetzter gewesen sei. Sie hätten auch vom Beschwerdeführer Anordnungen und Entgelte erhalten. Der Beschwerdeführer habe selbst detaillierte Angaben über den Aufgabenbereich der Pferdepfleger machen können. Es sei zwar möglich, dass zwischen dem Beschwerdeführer und dem Pferdepfleger H. auf Grund der Beendigung des Dienstverhältnisses ein gespanntes Verhältnis bestehe, doch habe H. anlässlich seiner Aussage zugegeben, mit dem Beschwerdeführer eine Auseinandersetzung gehabt zu haben. Die Richtigkeit seiner Angaben seien durch die Aussagen des (zweiten) Pferdepflegers untermauert worden. Bei einem Ortsaugenschein am 3. November 1999 sei der Beschwerdeführer im Übrigen bei der Fütterung der Pferde angetroffen worden.

Gegen die Behauptung des Beschwerdeführers, für die Pferdehaltung nicht verantwortlich zu sein, spreche auch, dass man ihn (in der Vergangenheit) in jenen Fällen, in denen die Pferdehaltung von der Gendarmerie oder vom Amtstierarzt beanstandet worden sei, kontaktiert habe. Der Beschwerdeführer selbst habe diesbezüglich angegeben, dass er den Bediensteten seine Telefonnummer gegeben habe, "für den Fall, dass etwas passiert".

Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass die Schälungen durch Rehe verursacht worden seien, erscheine dadurch widerlegt, dass anlässlich des Ortsaugenscheines im Bereich der Schälungen frischer Pferdemist vorgefunden worden sei.

Der Beschwerdeführer habe die Weide der Pferde zur Hauptnutzung der betroffenen Flächen gemacht; die Flächen würden daher nicht zu Zwecken der Waldkultur genutzt. Die Verwendung von Waldboden zu Weidezwecken stelle, soweit sie als Nebennutzung (neben der forstlichen Nutzung) erfolgt und die Erhaltung des Waldes und seiner Wirkungen nicht gefährdet, keine Rodung dar; eine Rodung liege hingegen dann vor, wenn die Weide die Hauptnutzung der betroffenen Fläche darstellt, neben der eine Nutzung zu Zwecken der Waldkultur nicht mehr möglich sei. Da bei der Behandlung des Waldes die forstrechtlichen Vorschriften, nämlich das Rodungsverbot, außer Acht gelassen worden seien und die im Spruch bezeichneten Maßnahmen zur Erhaltung des Waldes und seiner Wirkungen erforderlich seien, sei ein forstpolizeilichen Auftrag gemäß § 172 Abs. 6 ForstG zu erlassen und seien die im Spruch bezeichneten Maßnahmen vorzuschreiben gewesen.

Der dagegen erhobenen Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge gegeben und der Bescheid der BH bestätigt.

In der Begründung vertrat die belangte Behörde im Wesentlichen die Auffassung, der maßgebende Sachverhalt sei von der Behörde erster Instanz ausreichend erhoben und entsprechend den rechtlichen Voraussetzungen umfassend gewürdigt worden. Es sei daher nicht erforderlich gewesen, weitere Erhebungen durchzuführen. Hinsichtlich der Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers sei auch auf ein von der BH vorgelegtes Flugblatt hinzuweisen, in dem die Familie des Beschwerdeführers von "ihren Pferden" spreche. Dies und der Umstand, dass der Beschwerdeführer im Zuge des Augenscheins am 3. November 1999 von Behördenvertretern bei der Arbeit mit den Pferden angetroffen worden sei, lasse den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer hinsichtlich der Pferde zumindest eine gewisse Verfügungsgewalt besitze. Damit seien ihm die Übertretungen des Forstgesetzes zuzurechnen. Das Berufungsvorbringen, die Behörde habe die tatsächlichen Eigentums- und Dienstverhältnisse ungenau erhoben, entbehre jeder Grundlage. Es sei eine Reihe von Zeugen eingehend befragt und deren Aussagen gewertet worden. Der Beschwerdeführer habe es zudem unterlassen darzulegen, worin die "Ungenauigkeiten in den Erhebungen" liegen sollten. Das Vorbringen, auf den betreffenden Flächen seien Ablagerungen vorhanden, sei wenig glaubwürdig bzw. nicht entscheidungsrelevant. Die Behörde erster Instanz habe bei mehreren Lokalaugenscheinen die Verhältnisse an Ort und Stelle genau erhoben und Ablagerungen mit keinem Wort erwähnt. Der Beschwerdeführer habe sie erstmals in seiner Berufung vorgebracht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 17 Abs. 1 ForstG ist die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) verboten.

Wenn Waldeigentümer, Einforstungsberechtigte oder andere Personen bei Behandlung des Waldes oder in seinem Gefährdungsbereich (§ 40 Abs. 1) die forstrechtlichen Vorschriften außer Acht lassen, hat die Behörde gemäß § 172 Abs. 6 ForstG, unbeschadet der allfälligen Einleitung eines Strafverfahrens, die zur umgehenden Herstellung des den Vorschriften entsprechenden Zustandes möglichen Vorkehrungen einschließlich der erforderlichen Sicherungsmaßnahmen, wie insbesondere

a)

die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung,

b)

die Verhinderung und die Abstandnahme von Waldverwüstungen,

c)

die Räumung des Waldes von Schadhölzern und sonstigen die Walderhaltung gefährdenden Bestandsresten sowie die Wildbachräumung,

              d)              die Verhinderung und tunlichste Beseitigung der durch die Fällung oder Bringung verursachten Schäden an Waldboden oder Bewuchs oder

              e)              die Einstellung gesetzwidriger Fällungen oder Nebennutzungen, dem Verpflichteten durch Bescheid aufzutragen oder bei Gefahr

im Verzuge unmittelbar anzuordnen und nötigenfalls gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten durchführen zu lassen.

Nach den Bestimmungen über das Rodungsverbot ist sowohl eine Rodung im technischen Sinn als auch die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur pönalisiert (vgl. z. B. das Erkenntnis vom 28. Februar 1992, Zl. 90/10/0052).

Forstpolizeilichen Aufträge nach § 172 Abs. 6 ForstG dienen in erster Linie der Walderhaltung. Die Rechtmäßigkeit eines sich auf diese Gesetzesstelle beziehenden Wiederbewaldungsauftrages ist demnach davon abhängig, ob die Wiederbewaldung eine Maßnahme darstellt, die im konkreten Fall zur Walderhaltung erforderlich ist (vgl. dazu etwa das Erkenntnis vom 11. Mai 1987, 87/10/0044).

Die belangte Behörde hat die Waldeigenschaft der gegenständlichen Grundflächen auf Grund des Gutachtens des Amtssachverständigen für Forstwesen bejaht. Dieser hat in seiner gutächtlichen Stellungnahme vom 28. Mai 1999 die Auffassung vertreten, dass die Wiederbewaldung der Grundflächen zur Walderhaltung erforderlich ist. Den Ausführungen des forstfachlichen Sachverständigen ist der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Dem Beschwerdevorbringen, dass die auf den Grundflächen wild wachsenden Sträucher und Bäume keine erhaltungswürdige Bewaldung darstelle, konnte daher kein Erfolg beschieden sein.

In der Beschwerde wird weiters vorgebracht, der Beschwerdeführer sei weder Eigentümer der Pferde noch Dienstgeber der Beschäftigten. Der Inhaber des Gestüts sei der Sohn des Beschwerdeführers, die Pferde würden auch "von anderen Familienmitgliedern gehalten bzw. besessen". Der Beschwerdeführer übe lediglich Hilfsdienste im Rahmen der Pferdebetreuung aus. Er sei daher für die Pferdehaltung nicht verantwortlich.

Auch dieses Vorbringen ist nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Die belangte Behörde konnte auf Grund des Gesamtbildes, das sich auf dem Boden der dargelegten Ermittlungsergebnisse zeigt, zur Auffassung gelangen, dass es sich beim Beschwerdeführer um jene Person handle, die im vorliegenden Fall (durch Unterlassung geeigneter Maßnahmen bei der Haltung von Pferden im Bereich von Waldflächen) die Außerachtlassung forstrechtlicher Vorschriften zu verantworten hat. Die oben wiedergegebenen Darlegungen der Beschwerde gehen nicht auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides ein, sondern stellen bloß Gegenbehauptungen dar; damit kann eine Fehlerhaftigkeit der dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Beweiswürdigung nicht aufgezeigt werden.

Die belangte Behörde handelte daher nicht rechtswidrig, wenn sie dem Beschwerdeführer als den für die Außerachtlassung forstrechtlicher Vorschriften Verantwortlichen die rechtzeitige und sachgemäße Wiederbewaldung samt den erforderlichen Sicherungsmaßnahmen vorschrieb.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. I Nr. 501/2001. Wien, am 5. Mai 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2000100199.X00

Im RIS seit

20.06.2003

Zuletzt aktualisiert am

28.04.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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