TE Vwgh Erkenntnis 2003/5/5 2002/10/0236

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Veröffentlicht am 05.05.2003
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Index

L92059 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Wien;

Norm

SHG Wr 1973 §1;
SHG Wr 1973 §12;
SHG Wr 1973 §13 Abs2;
SHG Wr 1973 §13 Abs3;
SHG Wr 1973 §13 Abs4;
SHG Wr 1973 §13 Abs6;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2002/10/0067 E 5. Mai 2003

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde des NN in W, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 23. September 2002, Zl. MA 15-II-J 26/2002, betreffend Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, der dieser angeschlossenen Ausfertigung des angefochtenen Bescheides und weiteren Beilagen ergibt sich im Wesentlichen folgender Sachverhalt:

Der im Jahre 1955 geborene Beschwerdeführer steht seit mehreren Jahren im Bezug der Sozialhilfe. Mit Schreiben vom 28. Februar 2002 beantragte er beim Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 12 - Sozialamt, die Übernahme der Stromkosten laut Teilvorschreibung für März 2002 in Höhe von EUR 66,-- nach dem Wiener Sozialhilfegesetz (WSHG). Dieser Aufwand sei durch den gewährten Richtsatz nicht gedeckt, weshalb er gemäß § 13 Abs. 6 WSHG durch zusätzliche Geldleistungen zu decken sei.

Mit Bescheid vom 1. März 2002 wies der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 12 - Sozialamt, den Antrag des Beschwerdeführers gemäß den §§ 12 und 13 Abs. 3 WSHG ab. Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer die Notwendigkeit eines erhöhten individuellen Strombedarfes gemäß § 13 Abs. 6 WSHG nicht nachweisen können.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, ein erhöhter individueller Strombedarf gemäß § 13 Abs. 6 WSHG sei durch seine beiden Kinder gegeben. Drei Personen hätten einen höheren Strombedarf als eine Einzelperson. Da die Stromkosten monatlich nicht gleichmäßig anfielen, sondern fünfmal im Jahr, könnten sie im regelmäßigen monatlichen Richtsatz gar nicht enthalten sein.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben. In der Begründung vertrat die belangte Behörde die Auffassung, der im Beschwerdefall herangezogene Richtsatz decke die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Stromkosten. Dieser Bedarf sei daher bereits bei der Richtsatzbemessung berücksichtigt und nicht durch anlassbezogene Einzelleistungen abzudecken. § 13 Abs. 6 WSHG, der den nicht durch den Richtsatz gedeckten Bedarf an Lebensunterhalt zum Inhalt habe, sei daher nicht anzuwenden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 11/1973, von Bedeutung:

"Aufgaben und Leistungen der Sozialhilfe

§ 1. (1) Die Sozialhilfe hat jenen Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

...

Rechtsanspruch

§ 7. Auf die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat der Hilfe Suchende einen Rechtsanspruch. Die Zuerkennung hat durch Bescheid zu erfolgen.

Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes

Anspruch

§ 8. (1) Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.

...

Einsatz der eigenen Mittel

§ 10. (1) Hilfe ist nur insoweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfe Suchenden nicht ausreichen, um den Lebensbedarf (§ 11) zu sichern.

...

Lebensbedarf

§ 11. (1) Zum Lebensbedarf gehören

1. Lebensunterhalt,

...

Lebensunterhalt

§ 12. Der Lebensunterhalt umfasst insbesondere Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung, Beleuchtung, Kochfeuerung und andere persönliche Bedürfnisse. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.

Geldleistungen

§ 13. (1) Die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hat unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen. Die Richtsätze sind durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen.

(2) In der Verordnung über die Festsetzung der Richtsätze sind folgende Arten von Richtsätzen vorgesehen:

1. Richtsatz für den Alleinunterstützten,

2.

Richtsatz für den Hauptunterstützten,

3.

Richtsatz für den Mitunterstützten.

...

(3) Der Richtsatz ist so zu bemessen, dass er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Beleuchtung, Kochfeuerung, Instandsetzung der Bekleidung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie in angemessenem Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben deckt.

(4) Der Richtsatz kann im Einzelfall überschritten werden, wenn infolge der persönlichen oder familiären Verhältnisse des Hilfe Suchenden ein erhöhter Bedarf besteht. Dies gilt insbesondere bei alten, kranken oder behinderten Menschen sowie bei Familien mit Kindern. ...

...

(6) Der nicht durch den Richtsatz gedeckte Bedarf im Rahmen des Lebensunterhaltes, insbesondere die Unterkunft, Bekleidung, Hausrat und Beheizung ist durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zu decken, deren Ausmaß nach den Erfordernissen des einzelnen Falles zu bemessen ist. Bei alten oder erwerbsunfähigen Beziehern wiederkehrender monatlicher Geldleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes kann dieser Bedarf durch einen Zuschlag zum Richtsatz pauschal abgedeckt werden.

..."

Dem angefochtenen Bescheid liegt im Wesentlichen die Auffassung zu Grunde, Stromkosten seien bereits im allgemeinen Richtsatz nach § 13 Abs. 3 WSHG enthalten.

Dem hält der Beschwerdeführer in seinem Beschwerdeschriftsatz - soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung - entgegen, Stromkosten könnten im regelmäßigen monatlichen Richtsatz schon deshalb nicht enthalten sein, da sie monatlich nicht gleichmäßig anfielen, sondern nur fünfmal im Jahr. Ein erhöhter Strombedarf sei durch seine (nunmehr) drei Kinder gegeben: vier Personen hätten einen höheren Strombedarf als eine Einzelperson. Auf dieses Berufungsvorbringen sei die belangte Behörde aber nicht eingegangen. Ferner benötige er Strom nicht nur zur Beleuchtung, sondern zum Betrieb zahlreicher elektrischer Geräte, wie etwa Mikrowelle, Kaffeemaschine, Haarföhn, Telefon/Fax-Kombigerät, Waschmaschine, Computer, Radio- und Fernsehgerät und dgl.

Nach dem oben wiedergegebenen § 13 Abs. 1 WSHG hat die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen, die durch Verordnung der Landesregierung (Richtsatzverordnung) festzusetzen sind.

Gemäß Abs. 3 dieser Gesetzesstelle ist der Richtsatz so zu bemessen, dass er den monatlichen - im Gesetz näher umschriebenen, bestimmte Bereiche des Lebensunterhaltes betreffenden - Bedarf deckt.

Auch in der Verordnung der Wiener Landesregierung betreffend die Festsetzung der Richtsätze in der Sozialhilfe vom 27. Februar 1973, LGBl. Nr. 13/1973 (Richtsatzverordnung), werden die Richtsätze zur Sicherung des Lebensunterhaltes mit monatlichen Beträgen festgesetzt (vgl. § 1 Abs. 1). Die Richtsätze sollen somit den in § 13 Abs. 3 WSHG näher umschriebenen monatlichen (Durchschnitts-)Bedarf decken. Hievon kann unter den im Abs. 4 (Richtsatzüberschreitung) und Abs. 5 (Richtsatzunterschreitung) dieser Gesetzesstelle genannten Voraussetzungen abgegangen werden. Der nicht durch den monatlichen Richtsatz gedeckte Bedarf kann gemäß § 13 Abs. 6 WSHG als Sonderbedarf geltend gemacht werden.

Nach § 12 WSHG umfasst der Lebensunterhalt insbesondere Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung, Beleuchtung, Kochfeuerung und andere persönliche Bedürfnisse. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.

Gemäß § 13 Abs. 3 WSHG ist der Richtsatz so zu bemessen, dass er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Beleuchtung, Kochfeuerung, Instandsetzung der Bekleidung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie in angemessenem Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben deckt.

"Beleuchtung" und "Kochfeuerung" waren in der Stammfassung des Wiener Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 11/1973, nicht eigens erwähnt. Diese Begriffe wurden mit der 3. Sozialhilfegesetznovelle, LGBl. Nr. 17/1986, in die §§ 12 und 13 Abs. 3 eingefügt. Die Erläuternden Bemerkungen zu dieser Novelle (vgl. Fassung 3/85 und 5/85) führen dazu Folgendes aus:

"Seit es Richtsätze in der Fürsorge bzw. Sozialhilfe gibt, gehört zu dem im Richtsatz enthaltenen Bedarf auch die Beleuchtung der Wohnung und die Kochfeuerung (im Gegensatz zur Wohnraumheizung, die gesondert angeführt wird). Bei der Erlassung des Sozialhilfegesetzes ist man davon ausgegangen, dass die Beleuchtung im Begriff Unterkunft und die sogenannte "Kochfeuerung" im Begriff Nahrung und deren Zubereitung enthalten ist. Die beiden Begriffe wurden daher bei der Formulierung des Lebensunterhaltes gemäß § 12 und der Festsetzung des Inhaltes des Richtsatzes gemäß § 13 Abs. 3 WSHG weggelassen. Im Interesse der Rechtssicherheit und der Vermeidung von Interpretationsschwierigkeiten sollen aber die Begriffe "Beleuchtung" und "Kochfeuerung" wiederum in § 12 sowie in § 13 Abs. 3 aufgenommen werden."

Daraus ist aber abzuleiten, dass der Strombedarf, soweit er mit "Kochfeuerung" und "Beleuchtung" in Zusammenhang steht, bei der Richtsatzbemessung nach § 13 Abs. 3 WSHG im Rahmen des dort genannten Bedarfes bereits berücksichtigt ist. Auch Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht, S. 434 f, betont, dass die Kosten für Beleuchtung nach dem Wiener Sozialhilfegesetz - im Gegensatz zu den Sozialhilfegesetzen anderer Länder - bereits vom Richtsatz erfasst sind.

In gleicher Weise ist der von der Beschwerde angeführte, "nicht zur Beleuchtung, sondern zum Betrieb zahlreicher elektrischer Geräte benötigte Strom" bei der Richtsatzbemessung nach § 13 Abs. 3 WSHG berücksichtigt, nämlich etwa im Rahmen des Bedarfes nach Instandsetzung der Kleidung, Körperpflege, Wäschereinigung bzw. Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und Teilnahme am kulturellen Leben. Aus den wiedergegebenen Erläuterungen ergibt sich nämlich, dass der Gesetzgeber die ausdrückliche Anführung der Beleuchtung und der Kochfeuerung nur zur Klarstellung vornahm; damit sollte nicht zum Ausdruck gebracht werden, dass der mit der Deckung des jeweiligen Bedürfnisses verbundene Energieaufwand nicht umfasst sein sollte.

Dass der Strombedarf nicht monatlich zu bezahlen ist, wie der Beschwerdeführer vorbringt, spricht noch nicht dagegen, dass der monatliche Bedarf bereits bei der Festsetzung der Richtsätze zu berücksichtigen ist. Die Kosten fallen laufend (abhängig vom Verbrauch) an; die Fälligkeiten (von Voraus- und Abschlusszahlungen) sind für die Zuordnung der Kosten der Stromversorgung zu § 13 Abs. 3 oder § 13 Abs. 6 WSHG nicht entscheidend.

Eine Richtsatzüberschreitung kommt nach § 13 Abs. 4 WSHG nur in Betracht, wenn auf Grund konkreter Umstände in persönlicher oder familiärer Hinsicht beim Hilfe Suchenden eine Situation besteht, die sich von der im Allgemeinen bei Hilfe Suchenden bestehenden Bedarfslage deutlich unterscheidet und solcherart einen erhöhten Bedarf begründet. Dass dies beim Beschwerdeführer so wäre und daher bei ihm auf Grund seiner persönlichen bzw. familiären Verhältnisse ein (im Vergleich zu anderen Sozialhilfebeziehern) erhöhter Strombedarf bestünde, ist nicht ersichtlich. Mit dem bereits im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen, mehrere Personen hätten einen höheren Stromverbrauch als eine Einzelperson, wird nicht dargetan, dass eine Voraussetzung für eine Richtsatzüberschreitung nach § 13 Abs. 4 WSHG gegeben wäre, zumal der Beschwerdeführer zu seinem Richtsatz für einen Hauptunterstützten für seine Kinder jeweils einen (zusätzlichen) Richtsatz für einen Mitunterstützten mit Anspruch auf Familienbeihilfe erhält.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen war.

Bei Abweisung der Beschwerde nach § 35 VwGG kann von der Erteilung eines Mängelbehebungsauftrages abgesehen werden (vgl. die bei Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, S. 524, wiedergegebene Rechtsprechung).

Von der beantragten mündlichen Verhandlung wurde gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.

Wien, am 5. Mai 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002100236.X00

Im RIS seit

09.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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