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L34003 Abgabenordnung Niederösterreich;Norm
B-VG Art119a Abs5;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der M, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 28. Jänner 2003, Zl. IVW3-BE-4060901/011-2002, betreffend Vorstellung i.A.
Vorschreibung einer Wasseranschlussgebühr (mitbeteiligte Partei: Gemeindewasserleitungsverband Triestingtal- und Südbahngemeinden), erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 4. Juli 2001, Zl. 2001/17/0076, verwiesen.
Mit dem im zweiten Rechtsgang ergangenen Vorstellungsbescheid vom 28. Februar 2002 hob die belangte Behörde den Berufungsbescheid der Vollversammlung des Gemeindewasserleitungsverbandes Triestingtal- und Südbahngemeinden vom 19. Dezember 1995 auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an den Gemeindewasserleitungsverband Triestingtal- und Südbahngemeinden.
Mit Bescheid der Vollversammlung dieses Verbandes vom 25. Juni 2002 schrieb dieser der Beschwerdeführerin in teilweiser Stattgebung ihrer Berufung nunmehr eine Wasseranschlussgebühr im Ausmaß von EUR 1.104,38 (inklusive 10 % USt) vor.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin neuerlich Vorstellung an die belangte Behörde, welche mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 28. Jänner 2003 als unbegründet abgewiesen wurde.
Mit der Beschwerde ist der Antrag verbunden, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Begründend führt die Beschwerdeführerin aus, öffentliche Interessen stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen. Für die Beschwerdeführerin entstehe jedoch ein unverhältnismäßiger Nachteil, weil sie weiterhin die unter Zwangsandrohung erstinstanzlich eingehobene Wasseranschlussgebühr seit beinahe zehn Jahren vorstrecken müsse. Dies treffe sie wirtschaftlich besonders, weil es für sie als ältere Arbeitnehmerin mit Fachschulmatura trotz Schulung und Unterstützung durch das Arbeitsmarktservice nicht möglich sei, eine Beschäftigung zu finden. Der "ursprüngliche, vollzugsfähige Bescheid der Erstinstanz" sei nicht formell aufgehoben worden, weshalb die Möglichkeit der Doppeleinhebung bestehe. Die Beschwerdeführerin vertritt weiters die Auffassung, der Verwaltungsgerichtshof habe bei der Beurteilung der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der vorliegenden Beschwerde sinngemäß den § 198 der Niederösterreichischen Abgabenordnung 1977 i.d.F. LGBl. 3400-5, anzuwenden. Dieser sei verfassungswidrig. Es werde daher die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens in Ansehung dieser Bestimmung beantragt.
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Anders als die Beschwerdeführerin meint, hat der Verwaltungsgerichtshof die Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der vorliegenden Beschwerde ausschließlich nach § 30 Abs. 2 VwGG nicht aber (sinngemäß) nach § 198 NÖ AO (welcher vorsieht, dass Berufungen keine aufschiebende Wirkung haben) zu prüfen.
Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich der im hg. Beschluss vom 27. Mai 1983, Zl. 83/17/0037, vertretenen Rechtsauffassung an, wonach der gemeindeaufsichtsbehördliche Vorstellungsbescheid, mit dem die Vorstellung gegen einen zweitinstanzlichen Abgabenbescheid der Gemeindebehörde abgewiesen wird, grundsätzlich einem Vollzug im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG zugänglich sein kann.
Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gegen einen solchen Vorstellungsbescheid hat sodann die Wirkung, dass eine Vollstreckung des mit Vorstellung angefochtenen Berufungsbescheides durch die Gemeinde nicht in Betracht kommt. Demgegenüber ist schon mit Erlassung des Berufungsbescheides eine Vollstreckung des von diesem verdrängten erstinstanzlichen Bescheides nicht mehr zulässig. Diese Verdrängungswirkung tritt schon deshalb ein, weil die Entscheidung der Berufungsbehörde in der jeweiligen Verwaltungssache an die Stelle jener der erstinstanzlichen Behörde tritt; einer formellen Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides bedarf es hiezu nicht.
Einem "Vollzug" im Sinne der vorstehenden Ausführungen ist der gemeindeaufsichtsbehördliche Vorstellungsbescheid aber nur dann zugänglich, wenn ein Vollzug des mit Vorstellung angefochtenen zweitinstanzlichen Abgabenbescheides der Gemeinde überhaupt in Betracht kommt. Dies ist hier nicht der Fall, weil aus dem Vorbringen der Beschwerdeführerin in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hervorgeht, dass die vorgeschriebene Wasseranschlussgebühr von ihr bereits entrichtet wurde.
Die von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang in den Raum gestellte abstrakte Möglichkeit einer rechtswidrigen "Doppeleinhebung" (auf Grund einer neuerlichen Vollstreckung des erstinstanzlichen Bescheides) führt nicht dazu, dass der Berufungsbescheid ungeachtet der bereits erfolgten Entrichtung der Abgabe als einem Vollzug zugänglich anzusehen wäre. Einem Vollzug des erstinstanzlichen Bescheides stünde im Übrigen der Einwand entgegen, dass die erstinstanzliche Vorschreibung durch den Berufungsbescheid verdrängt wurde.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Wien, am 6. Mai 2003
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete Finanzrecht Nichtvollstreckbare Bescheide Verwaltungsgerichtsbarkeit (hinsichtlich der Säumnisbeschwerde siehe Verletzung der Entscheidungspflicht durch Gemeindebehörden und Vorstellungsbehörden) Diverses VollzugEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:AW2003170008.A00Im RIS seit
29.08.2003