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19/05 Menschenrechte;Norm
AsylG 1997 §19;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des V, (geb. 1981), in Leoben, vertreten durch Dr. Herwig Trnka, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, Hauptplatz 12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 1. Oktober 2002, Zl. SD 758/02, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 1. Oktober 2002 wurde der Beschwerdeführer, in indischer Staatsangehöriger, gemäß § 33 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei am 4. Jänner 2001 illegal nach Österreich gelangt und habe am selben Tag einen Asylantrag gestellt, welcher am 9. August 2001 vom unabhängigen Bundesasylsenat abgewiesen worden sei. Am 17. Mai 2002 habe der Beschwerdeführer neuerlich einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des Bundesasylamts vom 22. Mai 2002 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden sei. Eine Berufung gegen diese Entscheidung sei derzeit beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig. Der Beschwerdeführer habe bis zum 9. August 2001 über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz 1997 verfügt. Der Beschwerdeführer, der unter Umgehung der Grenzkontrolle eingereist sei, sei weder im Besitz eines Aufenthaltstitels noch auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt und sei auch nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens im Bundesgebiet geblieben. Er halte sich sohin unrechtmäßig im Bundesgebiet auf, sodass die Voraussetzungen des § 33 Abs. 1 FrG vorlägen. In einem solchen Fall könnten Fremde mit Bescheid ausgewiesen werden, wenn nicht die Bestimmung des § 37 Abs. 1 leg. cit. entgegenstehe.
Diesbezüglich sei zunächst festzuhalten, dass der Beschwerdeführer keine familiären Bindungen im Bundesgebiet aufweise. Auf Grund seines mehr als einjährigen inländischen Aufenthalts sei davon auszugehen, dass mit der vorliegenden Maßnahme ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden sei. Dieser Eingriff erweise sich jedoch als dringend geboten. Der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zu. Gemäß § 14 Abs. 2 FrG könne ein Aufenthaltstitel nur vom Ausland aus erwirkt werden. "Gegen diese Regelung" habe der Beschwerdeführer, der seinen unrechtmäßigen Aufenthalt nach rechtskräftigem Abschluss seines Asylverfahrens fortgesetzt habe, in gravierender Weise verstoßen. Die damit bewirkte Beeinträchtigung des hoch zu veranschlagenden maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens sei daher von solchem Gewicht, dass die gegenläufigen privaten Interessen jedenfalls nicht höher zu bewerten seien als das Interesse der Allgemeinheit an der Ausreise des Beschwerdeführers aus dem Bundesgebiet.
Aus dem Wortlaut des § 19 Abs. 2 des Asylgesetzes 1997 und aus dem vom Gesetzgeber mit dieser Bestimmung erkennbar verfolgten Zweck sei der Schluss zu ziehen, dass auch unter Umgehung der Grenzkontrolle oder entgegen den Bestimmungen des zweiten Hauptstücks des FrG eingereisten Asylwerbern eine asylrechtliche vorläufige Aufenthaltsberechtigung gewährt werden solle, außer es liege eine Entscheidung darüber vor, dass der Asylantrag unzulässig oder offensichtlich unbegründet sei. Im vorliegenden Fall sei der zweite Asylantrag des illegal in das Bundesgebiet eingereisten Beschwerdeführers weder als unzulässig zurückgewiesen noch als offensichtlich unbegründet abgewiesen, jedoch wegen (rechtskräftig) entschiedener Sache zurückgewiesen worden. Unter Zugrundelegung des Gesagten sei die belangte Behörde zu dem Ergebnis gelangt, dass bei Übung des ihr im Rahmen des § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessens eine Ausweisung des Beschwerdeführers nach dieser Bestimmung im Sinn des Gesetzes liege.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts, aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass der Beschwerdeführer lediglich während des ersten Asylverfahrens bis 9. August 2001 über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung verfügt habe, er nach dem rechtskräftigen Abschluss dieses Asylverfahrens im Bundesgebiet geblieben und zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides weder im Besitz eines Aufenthaltstitels noch auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt gewesen sei. Unstrittig ist weiters, dass der zweite Asylantrag des Beschwerdeführers vom 17. Mai 2002 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen worden ist. Da nach § 19 des Asylgesetzes 1997 ein wegen entschiedener Sache zurückzuweisender Asylantrag keine Grundlage für eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung darstellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. April 2003, Zl. 2003/18/0055), kann auf dem Boden des Gesagten die Auffassung der belangten Behörde, dass sich der Beschwerdeführer seit dem rechtskräftigen Abschluss seines ersten Asylverfahrens durch den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 9. August 2001 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, im Ergebnis nicht als rechtswidrig erkannt werden.
2.1. Die Beschwerde bekämpft die von der Behörde nach § 37 FrG vorgenommene Beurteilung. Die Ausweisung greife massiv in das Privatleben des Beschwerdeführers ein, ohne dass die gesetzlichen Voraussetzungen hiefür vorlägen. Er halte sich nunmehr bereits seit mehr als zwei Jahren in Österreich auf, er habe eine Partnerin gefunden, mit der er eine Lebensgemeinschaft gegründet habe, er würde ferner als Zeitungsausträger arbeiten, und er sei seit seinem Aufenthalt in Österreich weder straf- noch verwaltungsstrafrechtlich "in Erscheinung" getreten. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers liege somit in Österreich, er sei hier bereits völlig integriert. Bei einer Ausweisung müsste der Beschwerdeführer damit rechnen, dass er in seiner "Heimat in Indien" politisch verfolgt würde.
2.2. Vor dem Hintergrund dieses Vorbringens erweist sich die Auffassung der belangten Behörde - ungeachtet dessen, dass sie nur einen Teil der damit angesprochenen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und unbeschadet der Frage, ob es sich dabei um eine Neuerung handelt -, dass mit der vorliegenden fremdenpolizeilichen Maßnahme ein Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers verbunden sei, im Ergebnis als zutreffend. Ebenso zutreffend hat sie aber die Ansicht vertreten, dass der Beschwerdeführer durch seinen unrechtmäßigen Aufenthalt in der Dauer von mehr als 13 Monaten (bei einer Gesamtdauer des Aufenthalts von etwa 21 Monaten) gravierend gegen das öffentliche Interesse an der Einhaltung der für die Einreise und den Aufenthalt von Fremden getroffenen Regelungen, dem aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 EMRK) ein hoher Stellenwert zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2001, Zl. 2001/18/0247), verstoßen hat. Gegenüber dem somit gewichtigen öffentlichen Interesse daran, dass der Beschwerdeführer das Bundesgebiet verlasse, treten die auf Grund der noch nicht langen Dauer des inländischen Aufenthaltes und des Fehlens familiärer Bindungen im Inland keineswegs stark ausgeprägten persönlichen Interessen zurück. Dem Hinweis des Beschwerdeführers, in seinem Heimatland verfolgt zu werden, ist entgegenzuhalten, dass mit einer Ausweisung nicht ausgesprochen wird, dass der Fremde in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er (allenfalls) abgeschoben werde (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 2001/18/0247).
3. Der Verwaltungsgerichtshof kann auch nicht finden, dass die belangte Behörde von dem ihr gemäß § 33 Abs. 1 FrG eingeräumten Ermessen, von der Erlassung der Ausweisung Abstand zu nehmen, Gebrauch zu machen gehabt hätte, sind doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.
4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
5. Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein Abspruch über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Wien, am 9. Mai 2003
Schlagworte
Zurückweisung wegen entschiedener SacheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003180104.X00Im RIS seit
26.06.2003