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62 Arbeitsmarktverwaltung;Norm
AlVG 1977 §39 Abs1 Z2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Köller und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Müller, über die Beschwerde des Arbeitsmarktservice Oberösterreich, Landesgeschäftsstelle, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 17. Juli 2001, Zl. SV(SanR)-430007/3-2001-Bb/May, betreffend Tragung des Aufwandes für Sondernotstandshilfe (mitbeteiligte Partei: Gemeinde P), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Kostenbegehren der beschwerdeführenden Partei wird abgewiesen.
Begründung
Am 14. Juni 2000 stellte Karin F. einen Antrag auf Zuerkennung von Sondernotstandshilfe. Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2000 bescheinigte die mitbeteiligte Partei, dass eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit im Sinne des § 1 der Sondernotstandshilfeverordnung voraussichtlich ab sofort verfügbar sei, und führte die Namen dreier Tagesmütter an. Karin F. legte daraufhin dar, ihr Kind brauche auf Grund seiner Behinderungen intensivere Betreuung. Es seien laufend Therapien erforderlich (Bobath, Frühförderung, Logopädie), die außer Haus stattfänden. Fraglich sei, ob die Tagesmütter diese Zusatzleistungen erbringen könnten.
Die mitbeteiligte Partei bestätigte daraufhin mit Schreiben vom 4. Juli 2000, dass nach Rücksprache mit der Tagesmutter E. diese jederzeit bereit sei, zu den am Arbeitsmarkt üblichen Zeiten (7.00 bis 17.00 Uhr) das Kind zu betreuen und bei Notwendigkeit die anfallenden Therapien "mit dem Kind zu besuchen".
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 7. Juli 2000 wurde dem Antrag der Karin F. auf Sondernotstandshilfe keine Folge gegeben. In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid führte Karin F. aus, es sei für ihr Kind Christian, geboren am 2. Dezember 1998, nicht zumutbar, fortwährend in fremde Hände gegeben zu werden. Das Kind habe ohnehin schon durch viele Krankenhausaufenthalte und Therapien viel mit Fremden zu tun. Es seien auch ständige Kontrollen und Arztbesuche erforderlich. Daher sei es sehr wichtig, dass das Kind in seiner vertrauten Umgebung bleiben könne, damit es in seiner Entwicklung keinen weiteren Rückschlag erleide. Außerdem habe es noch weitere Operationen vor sich, bei denen eine Begleitperson (Vater, Mutter) unbedingt notwendig sei. Ihr älterer Sohn Patrick, geboren am 16. Dezember 1996, habe im vergangenen Jahr einen Unfall erlitten, in dessen Folge er zehn Kopfoperationen habe über sich ergehen lassen müssen. Er bedürfe der ganzen Aufmerksamkeit seiner Mutter, um alles aufarbeiten zu können. Der Berufung beigefügt war eine Liste betreffend Arzttermine und Krankenhausaufenthalte von Christian F. sowie ein ärztliches Attest von Dr. F. Darin ist ausgeführt, dass Christian F. eine angeborene Lippen-Kiefer-Gaumenspalte gehabt habe, die mittlerweile durch acht Operationen korrigiert worden sei. Zudem bestehe ein neuromotorischer Entwicklungsrückstand, der durch laufende Bobath-Therapie zu verbessern versucht werde. Da auch immer wieder Kontrollen in diversen Spitälern und die Bobath-Therapie in R., die logopädische Therapie in St.J. sowie die Frühförderung zu Hause zu absolvieren seien, sei die Mutter nach wie vor die ideale Betreuungsperson. Zudem leide das Kind unter den ständig wechselnden Betreuungen, sodass auch hier die Mutter die einzige Konstante darstelle. Es werde daher aus ärztlicher Sicht sowohl für die Mutter als auch für das Kind um Zuerkennung der Sondernotstandshilfe für diesen speziellen Fall ersucht.
Mit auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigtem Bescheid vom 5. September 2000 gab die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich der Berufung von Karin F. statt. Der Anspruch auf Sondernotstandshilfe stehe ihr ab dem 14. Juni 2000 zu. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Bezirkshauptmannschaft R. habe bestätigt, dass Frau E. eine geeignete Tagesmutter sei, die trotz der besonderen Betreuungsbedürftigkeit von Christian F. zu dessen umfassender Betreuung bereit wäre. Eine Rückfrage bei Frau E. habe dies bestätigt. Sie würde alle notwendigen Fahrten mit ihrem Fahrzeug unternehmen. Eine Insassenunfallversicherung habe jedoch zum damaligen Zeitpunkt nicht bestanden. Auf Grund der nachvollziehbaren besonderen Ausnahmesituation, insbesondere auch der fehlenden Absicherung des Kindes im Falle der Betreuung durch Frau E. durch eine spezielle Insassenunfallversicherung, sei es nicht zumutbar, das Kind der von der Gemeinde vorgeschlagenen Tagesmutter in Betreuung zu geben. Andere zur Verfügung stehende Tagesmütter seien von der Gemeinde nicht genannt worden.
In der im genannten Berufungsbescheid erwähnten Stellungnahme der Bezirkshauptmannschaft R. ist festgehalten, dass die in Frage kommende Tagesmutter, Frau E., ca. 1 Kilometer von der Familie F. entfernt wohne.
Mit Schreiben der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 13. November 2000 wurde der mitbeteiligten Partei mitgeteilt, dass der Kostenersatz für die Notstandshilfe, die Karin F. bezogen habe, S 12.557,70 betrage.
Mit Schreiben vom 27. November 2000 beantragte die mitbeteiligte Partei die Vorschreibung durch Bescheid.
Mit Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vom 11. Dezember 2000 wurde die mitbeteiligte Partei gemäß § 2 Abs. 2 und § 24 Abs. 4 FAG 1993 iVm § 6 Abs. 6 des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes (AMPFG) und § 3 der Sondernotstandshilfeverordnung zum Ersatz der laut Vorschreibung vom 13. November 2000 im Abrechnungszeitraum 1. April 2000 bis 30. September 2000 entstandenen Kosten der an Karin F. ausbezahlten Sondernotstandshilfe in der Höhe von S 12.557,70 (ein Drittel der ausbezahlten Sondernotstandshilfe inklusive Sozialversicherungsbeiträge) verpflichtet.
In ihrer Berufung gegen diesen Bescheid führte die mitbeteiligte Partei aus, sie hätte für das Kind von Karin F. eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit bei einer Tagesmutter angeboten. Frau E. sei zu jeder Zeit als Tagesmutter bereitgestanden. Hinsichtlich der Pkw-Insassenversicherung sei darauf hinzuweisen, dass diese Versicherung über den Verein "Tagesmütter" seit jeher bestehe.
In einer Stellungnahme vom 9. Jänner 2001 wies die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich die belangte Behörde darauf hin, dass die in Frage kommende Tagesmutter, Frau E., im Berufungsverfahren betreffend die Zuerkennung der Sondernotstandshilfe an Karin F. dem Arbeitsmarktservice Oberösterreich mitgeteilt habe, dass eine Insassenunfallversicherung zum relevanten Zeitpunkt nicht bestanden hätte. Allein schon im Hinblick auf die ärztliche Bestätigung des Dr. F. sei jedoch wegen der psychischen und physischen Verfassung des Kindes eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit nicht gegeben gewesen.
In einer von der belangten Behörde angeforderten schriftlichen Stellungnahme des Dr. F. vom 16. Mai 2001 führte dieser aus, dass Karin F. neben den bereits bekannten medizinischen Problemen mit Sohn Christian (Lippen-Kiefer-Gaumenspalte mit oftmaligen operativen Korrekturen, neuromotorischer Entwicklungsrückstand mit laufender Therapie) seit 20. Juli 1999 auch mit ihrem Sohn Patrick erhebliche medizinische Probleme gehabt habe. Diese sind in der Folge näher dargestellt. Die Frage, ob eine Unterbringung (zu ergänzen: des Sohnes Christian) bei einer Tagesmutter medizinisch unbedenklich gewesen wäre, könne Dr. F. nicht beantworten. Er glaube nur, dass eine Mutter, die binnen kurzer Zeit mit zwei Kindern so viel mitgemacht habe und noch immer zu Kontrollen und Therapien fahren müsse, ihre Kinder nicht gerne jemandem anderen überlasse, zumal sicher ständig die Angst mitschwinge, es könnte wieder etwas passieren und sie wäre nicht dabei. Für diese Mutter sei zu diesem Zeitpunkt das Wohl der Kinder das höhere Gut gewesen. Er halte die Entscheidung von Karin F. medizinisch und sozial für richtig.
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge gegeben und ausgesprochen, dass diese den Drittelkostenersatz in Höhe von S 12.557,70 nicht zu begleichen habe. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass Betreuungspflichten für andere Kinder bei der Frage der Zuerkennung von Sondernotstandshilfe nicht zu berücksichtigen seien. Bei der Beurteilung der Unterbringungsmöglichkeit sei die physische und psychische Befindlichkeit des jeweiligen unterzubringenden Kindes zu berücksichtigen. Zur Stellungnahme von Dr. F. sei festzuhalten, dass es aus der Sicht eines Arztes unbestritten medizinisch und sozial für ein Kind im 3. Lebensjahr besser sei, bei der Mutter sein und bleiben zu können. Dies gelte aber nach der allgemeinen Lebenserfahrung generell und nicht nur im vorliegenden Fall. Bei der in Frage kommenden Tagesmutter, Frau E., hätte durchaus - zumindest versuchsweise - die Chance bestanden, das Kind in einem Rahmen unterzubringen, der seinem psychischen und physischen Befinden nicht abträglich gewesen wäre, noch dazu bei den angebotenen Aufgabenlösungen durch die Tagesmutter selbst. Zumindest hätte ein Versuch gestartet werden können. Hinsichtlich der Pkw-Insassenversicherung, die im Verfahrensakt immer wieder als fehlend oder nichtfehlend "auftauche", sei der Einspruchswerberin zu folgen, dass diese Versicherung über den Verein "Tagesmütter" seit jeher bestehe. Seitens der mitbeteiligten Partei sei daher eine durchaus probate Unterbringungsmöglichkeit zur Verfügung gestellt worden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde hat eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 39 AlVG in der hier maßgebenden Fassung vor der Aufhebung durch die Novelle BGBl. I Nr. 103/2001 hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Sondernotstandshilfe für Mütter oder Väter
§ 39. (1) Mütter oder Väter haben Anspruch auf Sondernotstandshilfe für die Dauer von 52 Wochen, längstens jedoch bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des Kindes, wenn
1. der Anspruch auf Karenzgeld nach dem Karenzgeldgesetz, BGBl. I Nr. 47/1997, erschöpft ist;
2. sie wegen Betreuung ihres Kindes, dessen Geburt Anlaß für die Gewährung des Karenzgeldes war, keine Beschäftigung annehmen können, weil für dieses Kind keine Unterbringungsmöglichkeit besteht, und
3. mit Ausnahme der Arbeitswilligkeit und der Arbeitsbereitschaft gemäß § 7 Abs. 3 Z 1 die übrigen Voraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe erfüllt sind.
...
(6) Dem Antrag auf Gewährung der Sondernotstandshilfe ist eine Bescheinigung der Hauptwohnsitzgemeinde über das Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit für das Kind beizulegen. Die Hauptwohnsitzgemeinde ist im Hinblick auf den gemäß § 2 Abs. 2 des Finanzausgleichsgesetzes 1993, BGBl. Nr. 30, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 853/1995, zu leistenden Kostenersatz an das Arbeitsmarktservice verpflichtet, eine solche Bescheinigung auszustellen. Sie ist dabei an die Sondernotstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 361/1995, in der jeweils geltenden Fassung gebunden. Die Gewährung der Sondernotstandshilfe durch die regionale Geschäftsstelle ist bei Vorliegen einer solchen Bescheinigung über das Vorhandensein einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit nicht zulässig. Im Berufungsverfahren ist bei Berufungseinwendungen betreffend die Unterbringungsmöglichkeit eine Stellungnahme der Bezirksverwaltungsbehörde einzuholen und in freier Beweiswürdigung zu entscheiden."
Die Kostentragungspflicht durch die Gemeinden nach der hier hinsichtlich des Abrechnungszeitraumes (1. April 2000 bis 30. September 2000) zeitraumbezogen maßgebenden Rechtslage (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom 11. Februar 1997, Zlen. 96/08/0288 und 97/08/0014) ist im § 6 Abs. 6 des Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetzes in den Fassungen BGBl. I Nr. 139/1997 und Nr. 26/2000 wie folgt geregelt:
"(6) Die Gemeinden haben ein Drittel der Ausgaben für die Sondernotstandshilfe (Leistungsaufwand inklusive Sozialversicherungsbeitrag), die an Mütter und Väter in der jeweiligen Gemeinde ausbezahlt wird, zu tragen. Die Überweisung hat im nachhinein auf Grund der Vorschreibung des Arbeitsmarktservice quartalsweise binnen zwei Wochen zu erfolgen. Wird die Vorschreibung binnen 14 Tagen von der Gemeinde nicht bestritten, so ist die Vorschreibung ein vollstreckbarer Titel. Für die Abrechnung sind zwei Stichtage pro Jahr festzulegen. Wird die Vorschreibung von der Gemeinde bestritten, hat die regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einen Bescheid zu erlassen. Gegen diesen Bescheid kann die Gemeinde Berufung an den Landeshauptmann erheben, worin sie auch die mangelnde Voraussetzung für die Gewährung der Sondernotstandshilfe wegen Vorliegen einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit für das Kind geltend machen kann. Dieser entscheidet endgültig. In diesem Verfahren kommt der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Parteistellung und das Recht der Beschwerde an den Verwaltungs- und den Verfassungsgerichtshof zu. Die näheren Regelungen über die Abwicklung der Vorschreibung und Überweisung hat der Bundesminister für Arbeit und Soziales durch Verordnung festzulegen."
§ 2 Abs. 2 des hinsichtlich des Abrechnungszeitraumes maßgebenden Finanzausgleichsgesetzes 1997, BGBl. Nr. 201/1996 lautet wie folgt:
"(2) Die Gemeinden ersetzen dem Bund ein Drittel der Kosten der Sondernotstandshilfe (Leistungsaufwand inklusive Sozialversicherungsbeitrag) gemäß § 39 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977, BGBl. Nr. 609, jener Bezieher, die ihren Wohnsitz in der jeweiligen Gemeinde haben. Soweit sich Bestimmungen des Arbeitsmarktservicegesetzes, BGBl. Nr. 313/1994, insbesondere dessen § 41, § 42, § 58 und § 70, auf finanzielle Leistungen nach dem Arbeitslosenversicherungsgesetz beziehen, gelten diese Bestimmungen auch für diese Kostenersätze durch die Gemeinden."
Die §§ 1 ff der Sondernotstandshilfeverordnung, BGBl. Nr. 361/1995, in den hinsichtlich des Abrechnungszeitraumes maßgebenden Fassungen BGBl. Nr. 264/1996, BGBl. II Nr. 200/1997 und BGBl. II Nr. 90/1998, haben auszugsweise folgenden Wortlaut:
"Unterbringungsmöglichkeit für das Kind
§ 1. (1) Als geeignete Unterbringungsmöglichkeit gilt jedenfalls eine Einrichtung, die nach den jeweiligen landesgesetzlichen Vorschriften (z.B. Kindergartengesetz, Kindertagesheimgesetz, Jugendwohlfahrtsgesetz u. dgl.) für Kinder zwischen dem 19. und dem 36. Lebensmonat entweder vom Land oder der Gemeinde selbst oder von Rechtsträgern geführt wird, denen sich das Land oder die Gemeinde zur Erreichung dieser Ziele bedient. Eine private Einrichtung (wie Privatkindergarten, Pfarrkindergarten, Kindergruppe u. dgl.) ist einer solchen Einrichtung gleichzuhalten.
(2) Weiters müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
a) die Öffnungszeiten müssen den auf dem Arbeitsmarkt üblichen Arbeitszeiten einschließlich der Zeit, die für die Hinbringung bzw. Abholung des Kindes erforderlich ist, angepaßt sein,
b) der Betreuungsort muß mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder anderweitig zur Verfügung stehenden Beförderungsmitteln (zB Kindergartentransporte, familieneigener PKW oder Abholung und Rückbringung durch die Tagesmutter/vater, wenn diese eine entsprechende Haftpflichtversicherung abgeschlossen haben) oder zu Fuß erreichbar sein, wenn der kürzeste Fußweg zwischen der Wohnung und dem Betreuungsort in einer Richtung unter Ausschluß der mit Verkehrsmitteln zurückgelegten Wegstrecke nicht mehr als 30 Gehminuten dauert, wobei jedoch die aufzuwendende Zeit (Fahrzeit und Gehzeit) vom Wohnort zum Betreuungsort in einer Richtung 60 Minuten nicht überschreiten darf,
c) das Entgelt für die Unterbringung muß angemessen sein, das bedeutet, daß es nicht wesentlich, dh. nicht mehr als 25 vH, über den durchschnittlichen Kosten anderer vergleichbarer Einrichtungen liegen darf. Als vergleichbare Einrichtung in diesem Sinne gelten auch Tagesmütter/väter.
(3) Tagesmütter/väter gelten nur insoweit als geeignete Unterbringungsmöglichkeit, als für sie bzw. für die Einrichtung, die die Tagesmütterbetreuung organisiert, eine Bewilligung nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften vorliegt.
(4) Die im Haushalt bzw. am Wohnsitz lebenden Eltern und Großeltern der/des Antragstellerin/Antragstellers können nicht zwingend für die Betreuung herangezogen werden.
Mitwirkung der Gemeinde
§ 2. (1) Die Gemeinde ist verpflichtet, binnen zwei Wochen nach Aufforderung durch das Arbeitsmarktservice zu bescheinigen, ob eine Unterbringungsmöglichkeit für das Kind besteht. Die Bescheinigung hat mit einem bundeseinheitlich aufgelegten Formular des Arbeitsmarktservice zu erfolgen.
(2) Bei der Beurteilung, ob eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit besteht, ist § 1 anzuwenden. Wird von dem/der Antragsteller/in die Eignung der von der Gemeinde bekanntgegebenen Unterbringungsmöglichkeit bestritten, so hat die Gemeinde nach neuerlicher Überprüfung der vorgebrachten Einwendungen entweder eine neue, geänderte Bescheinigung auszustellen oder die Erstangaben auf der Bescheinigung zu bestätigen. Die Gemeinde ist verpflichtet, derartige Prüfungen und Bescheinigungen ohne Verzug, dh. innerhalb der zweiwöchigen Frist, nach Abs. 1 vorzunehmen.
(3) Wird die Ausstellung der Bescheinigung verweigert bzw. nicht vorgenommen, so ist anzunehmen, daß für das Kind keine geeignete Unterbringungsmöglichkeit besteht.
(4) Der Gemeinde steht es frei, in jenen Fällen, in denen zum Zeitpunkt der Abgabe der Bescheinigung keine geeignete Unterbringungsmöglichkeit vorhanden ist und auch ein voraussichtlicher Termin für das Vorhandensein einer solchen nicht angegeben werden kann, zu einem späteren Zeitpunkt das Vorhandensein einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit unter Angabe des Verfügbarkeitsdatums dem/der Sondernotstandshilfebezieher/in bekanntzugeben und gleichzeitig das Arbeitsmarktservice davon in Kenntnis zu setzen. Hiefür ist ebenfalls das Formular gemäß Abs. 1 zu verwenden.
(5) Die Bescheinigung für das Arbeitsmarktservice gilt für den Fall, daß keine geeignete Unterbringungsmöglichkeit gegeben ist, gleichzeitig als Voranmeldung für die Abrechnung der Kosten der Sondernotstandshilfe mit der Gemeinde.
Durchführung durch das Arbeitsmarktservice
§ 2a. (1) Die Beurteilung der Gebührlichkeit von Sondernotstandshilfe hat jedenfalls anhand einer verbindlichen Bescheinigung der Gemeinde über das Vorhandensein oder Fehlen einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit (§ 2) zu erfolgen.
(2) Das Arbeitsmarktservice hat sich bei seiner Entscheidung über den Anspruch auf Sondernotstandshilfe hinsichtlich der Frage, ob mangels Vorhandenseins einer Unterbringungsmöglichkeit keine Beschäftigung aufgenommen werden kann, in vollem Umfang auf die Bescheinigung der Gemeinde zu stützen. Es hat davon auszugehen, daß bei der Abgabe der Bescheinigung sämtliche Voraussetzungen für die Eignung der Unterbringungsmöglichkeit von der Gemeinde berücksichtigt wurden und daher eigene Beurteilungen nicht zu erfolgen haben. Im Berufungsverfahren ist in bezug auf Berufungseinwendungen hinsichtlich der Unterbringungsmöglichkeit die Stellungnahme der Bezirksverwaltungsbehörde einzuholen.
(3) Wird von dem/der Antragsteller/in die Eignung der von der Gemeinde bekanntgegebenen Unterbringungsmöglichkeit bestritten, so ist die Partei zur Durchführung des im § 2 Abs. 2 geregelten Verfahrens an die die Bescheinigung ausstellende Stelle zu verweisen.
...
Abrechnung
§ 3. (1) Die Stichtage für die Abrechnung sind der 31. März und der 30. September des jeweiligen Jahres. Nach diesen Stichtagen hat das Arbeitsmarktservice für den Bezugszeitraum für jeden Einzelfall eine Vorschreibung zu erstellen. Es sind jedoch auch Sammelvorschreibungen mit Aufschlüsselung der Einzelfälle zulässig.
(2) Die Vorschreibung hat zu enthalten:
a) Namen, Geburtsdatum und Wohnsitz der Leistungsbezieherin/des Leistungsbeziehers,
b)
den Zeitraum des der Abrechnung zugrundeliegenden Bezuges,
c)
Summe der ausbezahlten Sondernotstandshilfe einschließlich der darauf entfallenden Krankenversicherung,
d)
den von der Gemeinde zu entrichtenden Betragsanteil und
e)
das Konto für die Einzahlung.
(3) Die Vorschreibung erfolgt mittels Mitteilung an die für den Ersatz zuständige Gemeinde.
(4) Die Gemeinden haben je ein Drittel der Kosten zur Sondernotstandshilfe für jene Monate zu erstatten, in denen die Leistungsbezieherin/der Leistungsbezieher am Ersten des Monats ihren/seinen Wohnsitz in der jeweiligen Gemeinde hatte.
(5) Der Betragsanteil ist von der Gemeinde binnen zwei Wochen zu entrichten. Wird die Vorschreibung bestritten, kann die Gemeinde binnen zwei Wochen ab Zugang der Mitteilung die Vorschreibung mittels Bescheid verlangen."
Auf Grund des § 6 Abs. 6 Arbeitsmarktpolitik-Finanzierungsgesetz kann die betroffene Gemeinde den Kostenersatz somit nur dann abwenden, wenn ihr Einwand, die Zuerkennung der Sondernotstandshilfe hätte unterbleiben müssen, Erfolg hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. November 2001, Zl. 99/08/0058).
Im Verfahren betreffend die Zuerkennung der Sondernotstandshilfe wurde davon ausgegangen, dass es keine entsprechende Haftpflichtversicherung für Beförderungen des Kindes mit dem Fahrzeug der in Frage kommenden Tagesmutter gegeben habe. Im nunmehrigen Verfahren betreffend die Vorschreibung des Kostenbeitrages nahm die belangte Behörde an, dass eine solche Versicherung über den Verein "Tagesmütter" seit jeher bestehe, während die beschwerdeführende Partei das Bestehen einer solchen Versicherung in Abrede stellt.
Auf Grund des § 1 Abs. 2 der Sondernotstandshilfeverordnung ist eine entsprechende Haftpflichtversicherung nur dann notwendig, wenn der Betreuungsort nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder zu Fuß erreichbar ist. Wie sich aus dem Verwaltungsakt hinsichtlich der Zuerkennung des Anspruches auf Sondernotstandshilfe ergibt, war die in Rede gestandene Unterbringungsmöglichkeit vom Wohnort des Kindes nur ca. 1 Kilometer entfernt. Die Frage der Beförderung mit dem Fahrzeug der potenziellen Tagesmutter würde sich nur stellen, wenn dieser Fußweg den Anforderungen des § 1 Abs. 2 lit. b Sondernotstandshilfeverordnung nicht entspräche bzw. eine Benützung öffentlicher Verkehrsmittel nicht möglich wäre. Dies hat die belangte Behörde aber nicht geprüft.
Im vorliegenden Fall ist ferner zu berücksichtigen, dass das zu betreuende Kind zu diversen Therapien bzw. medizinischen Einrichtungen hätte gebracht werden müssen. Die potenzielle Tagesmutter hat sich bereit erklärt, die entsprechenden Beförderungen durchzuführen, und zwar unter Benützung ihres Fahrzeuges. In diesem Fall ist zwar grundsätzlich davon auszugehen, dass auch für derartige Fahrten eine entsprechende Haftpflichtversicherung bestehen müsste, da sie der Erreichung eines Betreuungsortes im Sinne des § 1 Abs. 2 lit. b Sondernotstandshilfeverordnung (bei verfassungskonform gebotener, nicht unsachlich einschränkender Auslegung) dienen. Auch in diesem Zusammenhang blieb allerdings ungeprüft, ob die Erreichung der diversen medizinischen Einrichtungen bzw. Therapiestellen nicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln (oder allenfalls zu Fuß) möglich wäre.
Sollte keine Beförderungsmöglichkeit durch öffentliche Verkehrsmittel bestehen (bzw. die allenfalls erforderlichen Fußwege nicht den Anforderungen des § 1 Abs. 2 lit. b der Sondernotstandshilfeverordnung entsprechen), dann wäre allerdings eine entsprechende Versicherung erforderlich. Die belangte Behörde hat aber keine Ermittlungen dahingehend durchgeführt, ob eine entsprechende Versicherung (im Zeitpunkt der Entscheidung über die Zuerkennung des Anspruches auf Sondernotstandshilfe) bestanden hat, sondern in ihrer Bescheidbegründung nicht näher nachvollziehbar behauptet, dass eine solche "seit jeher bestehe".
Es trifft darüber hinaus zu, dass bei der Beantwortung der Frage nach der Eignung einer Unterbringungsmöglichkeit auch die gesundheitliche Verfassung des unterzubringenden Kindes in körperlicher und geistiger Hinsicht zu prüfen ist (vgl. dazu z. B. die hg. Erkenntnisse vom 23. Juni 1998, Zl. 96/08/0095, vom 20. Dezember 2000, Zl. 96/08/0173, vom 30. März 2001, Zl. 2000/02/0165, und vom 22. Jänner 2003, Zl. 2002/08/0028). Im vorliegenden Fall wurde davon ausgegangen, dass eine Bobath-Therapie, die Durchführung laufender Kontrollen in diversen Spitälern und eine logopädische Therapie sowie eine Frühförderung erforderlich gewesen wären. Die potenzielle Tagesmutter hat sich bereit erklärt, die entsprechenden Betreuungen wahrzunehmen. Der Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Oberösterreich vom 5. September 2000, mit dem der Anspruch auf Sondernotstandshilfe zuerkannt wurde, ging nicht davon aus, dass aus Rücksichten der Gesundheit des unterzubringenden Kindes keine Unterbringungsmöglichkeit bestehe. Die Entscheidung wurde vielmehr mit dem Vorhandensein einer besonderen Ausnahmesituation und insbesondere der fehlenden Absicherung des Kindes durch eine spezielle Insassenunfallversicherung begründet.
Die belangte Behörde hat zur relevanten Frage der gesundheitlichen Verfassung des unterzubringenden Kindes Ermittlungen durchgeführt, die darin mündeten, dass der befragte Arzt, Dr. F., erklärte, er könne nicht beurteilen, ob eine Unterbringung bei einer Tagesmutter medizinisch unbedenklich gewesen wäre. Es ist nicht nachvollziehbar, wie die belangte Behörde auf Grund dieses Ergebnisses und ohne weitere Ermittlungen dazu kommen konnte, die Unterbringungsmöglichkeit für geeignet zu halten. Entgegen der Begründung des angefochtenen Bescheides hat der Sachverständige damit nämlich nicht nur allgemein gültige Aussagen getroffen, sondern es gerade dahingestellt gelassen, ob nicht im konkreten Fall diese Eignung fehlte.
Aus den dargestellten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Gemäß § 1 Abs. 1 und 2 iVm § 7 AMPFG bestreitet der Bund die Ausgaben des Arbeitsmarktservice, und ihm fließen dessen Einnahmen zu. Die Voraussetzungen für einen Aufwandersatz sind im vorliegenden Fall daher nicht gegeben.
Wien, am 14. Mai 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002080027.X00Im RIS seit
25.06.2003