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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
AsylG 1997 §14 Abs1 Z1;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn): 2001/20/0108 E 3. Juli 2003 2001/20/0191 E 17. September 2003 2002/20/0581 E 12. Juni 2003Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski, Dr. Pelant, Dr. Köller und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Nichtowitz, über die Beschwerde des H in E, geboren 1962, vertreten durch Mag. Helmut Marschitz, Rechtsanwalt in 2130 Mistelbach, Oserstraße 19, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 1. August 2001, Zl. 212.664/0- VII/20/99, betreffend §§ 7 und 8 AsylG (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.089,68 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina, reiste am 24. April 1999 in das Bundesgebiet ein und beantragte am 29. April 1999 Asyl. Er verfügte zu diesem Zeitpunkt über einen am 7. Jänner 1998 in seiner in der Republika Srpska gelegenen Heimatstadt Bijeljina ausgestellten, bis 7. Jänner 2000 gültigen Reisepass. Bei seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt am 20. August 1999 gab er an, er sei Moslem und Angehöriger der Volksgruppe der Roma. Am 22. April 1999 hätten Serben im Zuge einer im März 1999 begonnenen Rekrutierungsaktion versucht, ihn in Bijeljina festzunehmen und zur Militärdienstleistung in den Kosovo zu überstellen. Im Falle einer Rückkehr nach Bosnien-Herzegowina befürchte er, von Angehörigen der serbischen Volksgruppe umgebracht zu werden. Es komme immer wieder zu Gewaltakten von serbischen Zivilisten gegenüber Moslems und Angehörigen der Volksgruppe der Roma. Ob ihm seitens des Militärs eine Strafe drohe, weil er sich dem Militärdienst entzogen habe, wisse er nicht.
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag mit Bescheid vom 24. August 1999 gemäß § 7 AsylG ab und erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina gemäß § 8 AsylG für zulässig. Es ging von der Glaubwürdigkeit seiner Angaben aus und hielt ihm entgegen, "dass die Ablehnung der Militärdienstleistung nicht zur Gewährung von Asyl führen kann". Soweit er Übergriffe serbischer Zivilisten befürchte, sei es ihm "zuzumuten, sich staatlichen Stellen anzuvertrauen ... Die von Ihnen befürchteten Handlungen stellen sich nicht als vom Staat initiiert oder geduldet dar und können deshalb für Sie nicht zur Asylgewährung führen." Auch in Bezug auf § 8 AsylG vertrat das Bundesasylamt die Ansicht, die Bedrohung müsse "vom Staat ausgehen, oder zumindest von diesem gebilligt werden", was im Fall des Beschwerdeführers nicht zutreffe.
In seiner Berufung gegen diese Entscheidung wandte sich der Beschwerdeführer u.a. gegen die Annahme staatlichen Schutzes vor Übergriffen gegenüber Angehörigen der Minderheit der Roma, wozu er Berichtsmaterial über deren fortdauernde Gefährdung in Bosnien-Herzegowina vorlegte. In Bezug auf Bijeljina war einer dieser Unterlagen (ACCORD-Anfragebeantwortung vom 8. September 1999) zu entnehmen, dass es sich dabei um eine "Hardliner-Stadt" handle, in der radikal-nationalistische Serben an der Macht seien. Seit dem Bericht einer Europaratsdelegation vom 10. August 1996, wonach Angehörige der Roma aus näher dargestellten Gründen keinesfalls in die Republika Srpska zurückgeschickt werden sollten, sei keine merkliche Verbesserung der Situation eingetreten.
Die belangte Behörde führte am 5. Juli 2001 eine mündliche Berufungsverhandlung durch, in der sich der Beschwerdeführer mit einem am 13. März 2000 von der Botschaft von Bosnien-Herzegowina in Wien ausgestellten Reisepass auswies. Die belangte Behörde befragte ihn u.a. zu einem langjährigen Voraufenthalt in Österreich sowie zu dem Rekrutierungsversuch in Bijeljina im April 1999, wozu der Beschwerdeführer angab, bei den Personen, die versucht hätten, ihn zu einem Einsatz in den Kosovo zu bringen, habe es sich um Polizisten in Zivil gehandelt. Nach Bijeljina könne er nicht zurück, und wo er sonst hingehen solle, wisse er nicht. Er habe Verwandte, die sich in der gleichen Lage befunden hätten und deshalb nach Tuzla gezogen seien. Dort gebe es viele Roma.
Zwischen diesem Teil der Einvernahme und der abschließenden Erörterung von Ermittlungsergebnissen betreffend die allgemeine Situation in Bosnien-Herzegowina wurden dem Beschwerdeführer zwei Fragen zu dem von ihm vorgelegten Reisepass gestellt, die er wie folgt beantwortete:
"Vorhalt: Dem AW wird vorgehalten, dass er sich den Reisepass seines Herkunftsstaates am 13. März 2000 ausstellen ließ und sich damit wieder unter den Schutz seines Heimatlandes gestellt hat.
Was sagen Sie dazu?
AW: Ich musste mir den Pass ausstellen lassen. Ich brauchte
ein gültiges Dokument um über die Grenze zu kommen.
VL: Wohin sind Sie gefahren?
AW: Wir sind eigentlich immer nur nach Berlin zu den betagten
Eltern meiner Frau gefahren. Früher brauchte ich den Stempel von der BH, um nach Berlin zu fahren, mit dem Pass war das nicht mehr notwendig."
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung gemäß §§ 7 und 8 AsylG ab, wobei sie in einem weiteren Spruchpunkt ausdrücklich feststellte, die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Bosnien-Herzegowina sei zulässig. Zur Begründung dieser Entscheidung traf die belangte Behörde Feststellungen, die sich in Bezug auf die Person des Beschwerdeführers auf dessen Angaben in der Berufungsverhandlung und in Bezug auf die allgemeine Lage in Bosnien-Herzegowina, insbesondere hinsichtlich der Minderheit der Roma, auf die in der Verhandlung erörterten Berichte stützten. Davon ausgehend würdigte die belangte Behörde den Fall in rechtlicher Hinsicht wie folgt:
"Rechtliche Beurteilung:
Der Asylwerber hat den Schutz seines Heimatlandes durch die Ausstellung eines Reisepasses in Anspruch genommen und ist sohin Art. 1 C Z 1 GFK erfüllt:
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Ausstellung oder Verlängerung eines Reisepasses den Tatbestand des Art. 1 C Z 1 GFK erfüllt, wenn nicht im konkreten Einzelfall ein dieser rechtlichen Beurteilung entgegenstehender Sachverhalt aufgezeigt wird (VwGH v. 24.10.1996, Zl. 96/20/0587, VwGH vom 29.10.1998, Zl. 96/20/0820).
In den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 12. September bzw. 24. Oktober 1996 wurde dargelegt, dass im Einzelfall ein anderes Ergebnis (als die Annahme der Unterschutzstellung) gewonnen werden kann, wenn Umstände vorgetragen werden, die die Freiwilligkeit des zu beurteilenden Verhaltens in Frage stellen. Die Freiwilligkeit in diesem Sinne wird nach Lehre und Rechtsprechung nicht ausgeschlossen durch den Wunsch, Rechtsvorteile des schutzgewährenden Staates zu erlangen, die dieser an die nationale Zugehörigkeit des Betroffenen knüpft. Dort jedoch, wo die Behörden des Schutzstaates selbst die Vorlage von Identitätspapieren für nötig erachten, wurde auch bereits vom Verwaltungsgerichtshof die 'Freiwilligkeit' der Unterschutzstellung verneint (vgl. hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 94/20/0838, Grahl-Madsen, The Status of Refugees in International Law, Band 1, Seite 387).
So verneinte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 94/20/0838 im Falle der Beantragung eines Reisepasses zum Zwecke der Eheschließung die Freiwilligkeit, wenn dem Betreffenden seitens des zuständigen Standesbeamten zu verstehen gegeben wird, dass er bei ihm auf dem Standesamt ohne Reisepass nicht heiraten könne.
Derartige Umstände würden aber im Falle der Verlängerung des Reisepasses 'für die Erlangung einer Arbeitserlaubnis sowie für die Vorlage an der Universität Wien zum Zwecke der Inskription als ordentlicher Hörer' nicht vorliegen (VwGH vom 24.10.1996, Zl. 96/20/0587).
Ebenso - wie im zuletzt genannten VwGH-Erkenntnis - verhält es sich im gegenständlichen Fall. Der Umstand, dass die Ausstellung eines Reisepasses für den Asylwerber eine Reiseerleichterung darstellte, (argum 'Ich musste mir den Pass ausstellen lassen. Ich brauchte ein gültiges Dokument, um über die Grenze zu kommen. Wir sind eigentlich immer nur nach Berlin zu den betagten Eltern meiner Frau gefahren. Früher brauchte ich den Stempel von der BH, um nach Berlin zu fahren mit dem Pass war das nicht mehr notwendig') schließt die Freiwilligkeit nicht aus.
Im gegenständlichen Fall kann demnach kein anderes Ergebnis (als die Annahme der Unterschutzstellung) gewonnen werden, weil keine Umstände vorgetragen wurden beziehungsweise von Amts wegen hervorkamen, die die Freiwilligkeit des zu beurteilenden Verhaltens (Ausstellung eines Reisepasses) in Frage stellten.
Selbst wenn man jedoch keine Unterschutzstellung annehmen würde, bestehen keine Fluchtgründe.
Wie bereits festgestellt, drohen also Roma nach dem übereinstimmenden Länderdokumentationsmaterial keine Verfolgungshandlungen in Bosnien.
Da auch keine Abschiebehindernisse vorliegen, war auch diesbezüglich die Berufung zu verwerfen und die Abschiebungszulässigkeit in den Herkunftsstaat festzustellen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:
Gemäß § 7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, das ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention (FlKonv) droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F FlKonv genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Nach Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv ist Flüchtling, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Gemäß Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv wird dieses Abkommen auf eine Person, die unter die Bestimmungen des Abschnittes A fällt, nicht mehr angewendet werden, wenn sie sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat.
1. In den positiv formulierten Voraussetzungen der Asylgewährung nach § 7 AsylG scheint diese Bestimmung - anders als § 1 des Asylgesetzes 1968 und § 1 Z 1 in Verbindung mit § 2 Abs. 1 des Asylgesetzes 1991 - nur ganz punktuell, nämlich hinsichtlich des Begriffes der "Verfolgung", an den Flüchtlingsbegriff des Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv anzuknüpfen. Dass nicht für jeden Flüchtling im Sinne der Flüchtlingskonvention, der dies beantragt, die mit einem dauernden Einreise- und Aufenthaltsrecht verbundene Gewährung von Asyl gemäß § 7 AsylG vorgesehen ist, ergibt sich - abgesehen von den Fällen der §§ 4 und 5 AsylG - etwa aus der Voraussetzung eines Aufenthaltes im Bundesgebiet (§ 2 AsylG) oder aus dem Ausschlussgrund des § 13 Abs. 2 AsylG, dem in der Flüchtlingskonvention eine ausdrücklich auf Flüchtlinge bezogene Ausnahme vom Refoulementschutz entspricht (Art. 33 Abs. 2 FlKonv).
Von solchen gesondert normierten Ausnahmen abgesehen geht der Verwaltungsgerichtshof aber in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Gesetzgeber trotz der dem Wortlaut nach auf den Begriff der "Verfolgung" beschränkten Verweisung in § 7 AsylG an die Gesamtheit der aufeinander bezogenen Elemente des Flüchtlingsbegriffes der Flüchtlingskonvention anknüpfen wollte (vgl. auch die Erwähnung der "Voraussetzungen nach Art. 1" bzw. "des Art. 1" FlKonv in den Erläuterungen zu § 3 Abs. 1 AsylG, 686 BlgNR 20. GP 16). In diesem Sinn wurde etwa eine seit dem Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 94/20/0858, Slg. Nr. 14.372/A, in der weiteren Judikatur zum Asylgesetz 1968 (vgl. etwa das Erkenntnis vom 10. Juni 1998, Zl. 96/20/0287) und zum Asylgesetz 1991 (vgl. zuletzt das Erkenntnis vom 20. Februar 1998, Zl. 97/01/1060) häufig verwendete, inhaltlich auf einer Abhandlung von Rohrböck (Das Asylgesetz 1991 (1994) 42 bis 46) beruhende Aneinanderreihung von Aussagen über die "wohlbegründete Furcht" vor Verfolgung auf die Judikatur zum geltenden Asylgesetz übertragen, obwohl die in diesem enthaltene Verweisung auf Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv sich nicht ausdrücklich auch auf den Begriff der "wohlbegründeten Furcht" bezieht (vgl. erstmals das hg. Erkenntnis vom 23. September 1998, Zl. 98/01/0224; in dieser Form zuletzt das Erkenntnis vom 19. April 2001, Zl. 99/20/0273; auf die "wohlbegründete Furcht" wurde auch darüber hinaus in einer Mehrzahl von Entscheidungen zu § 7 AsylG Bezug genommen). Im Erkenntnis vom 15. März 2001, Zl. 99/20/0128, wurde - unter Hinweis auf § 6 Z 2 AsylG - ausdrücklich erwähnt, dass die in § 7 AsylG enthaltene Verweisung auf Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv auch auf die dort genannten Gründe für die Verfolgung zu beziehen ist (zweifelnd Rohrböck, Das Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (1999) Rz 168 und 313). In Bezug auf Personen mit mehrfacher Staatsangehörigkeit wurde im Erkenntnis vom 21. Dezember 2000, Zl. 2000/01/0126, zwar einerseits auf die inhaltliche Beschränkung der Verweisung in § 7 AsylG hingewiesen, andererseits aber davon ausgegangen, dass die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Flüchtlingskonvention für die Asylgewährung von Bedeutung sei. Dass § 7 AsylG - abgesehen von Ausnahmen der schon erwähnten Art - auf die "Flüchtlingseigenschaft" im Sinne des Art. 1 Abschnitt A
Z 2 FlKonv abstelle, kam auch in einer Vielzahl anderer Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausdruck (vgl. zuletzt nur beispielsweise - in Gegenüberstellung mit dem Ausschließungsgrund des Art. 1 Abschnitt F FlKonv - das Erkenntnis vom 31. Jänner 2002, Zl. 99/20/0372, oder das Erkenntnis vom 21. März 2002, Zl. 99/20/0401, sowie in dem zuletzt genannten Erkenntnis den Hinweis auf die Bedeutung der internationalen Staatenpraxis und des UNHCR-Handbuches über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft für Entscheidungen nach dem AsylG).
2. Zu den Gründen, die ein solches Verständnis erfordern, gehört - abgesehen von grundsätzlichen Erwägungen zum Zweck des Asylgesetzes und Schlussfolgerungen etwa aus den Voraussetzungen der Drittstaatsicherheit - der Umstand, dass nach dem letzten Satzteil des § 7 AsylG die Beendigungstatbestände des Art. 1 Abschnitt C FlKonv - in denen sich alle und nicht nur die im ersten Satzteil des § 7 AsylG ausdrücklich rezipierten Elemente des in Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv verankerten Flüchtlingsbegriffes widerspiegeln - bei der Entscheidung über die Asylgewährung uneingeschränkt anzuwenden sind. Die ausdrückliche Anordnung einer Anwendung dieser Tatbestände schon im Zuerkennungsverfahren trägt dem Umstand Rechnung, dass die Flüchtlingseigenschaft im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv einerseits nicht erst mit der Asylgewährung entsteht und andererseits nur unter den Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt C FlKonv endet (vgl. dazu das zum Asylgesetz 1991 ergangene Erkenntnis vom 9. Mai 1996, Zl. 95/20/0101; Grahl-Madsen, The Status of Refugees in International Law I (1966) 157, 340 f und 369; zur Wirksamkeit der Beendigungstatbestände auch schon vor förmlicher Anerkennung a.a.O., 370; darauf bezugnehmend Hathaway, The Law of Refugee Status (1991) 189 f). Die Beendigungstatbestände lassen sich in der Regel als Gegenstück (vgl. Grahl-Madsen, a.a.O., 370, 375 und 378, zu Art. 1 Abschnitt C Z 4 FlKonv: "corollary") eines korrespondierenden Tatbestandsmerkmals in Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv deuten, können dabei - über dessen Wegfall hinaus - aber zusätzliche Voraussetzungen enthalten (vgl. näher zu einem solchen Fall Grahl-Madsen, a.a.O., 371 ff, und das erwähnte Erkenntnis vom 9. Mai 1996). Der Asylwerber ist im Entscheidungszeitpunkt Flüchtling im Sinne der Flüchtlingskonvention, wenn er die Flüchtlingseigenschaft - in der Regel mit dem Verlassen des Herkunftsstaates (vgl. Grahl-Madsen, a.a.O., 157 und 341) - erworben hat und kein Beendigungstatbestand erfüllt ist.
3. Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde ihre Entscheidung darauf gestützt, dass der Beendigungstatbestand des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv erfüllt sei. Dieser Tatbestand gilt als negatives "Spiegelbild" (so die Formulierung des deutschen Bundesverwaltungsgerichtes in BVerwGE 89, 231 (238)) der von der Verweisung in § 7 AsylG nicht ausdrücklich erfassten Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft gemäß Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv, wonach eine im maßgeblichen Zeitpunkt (vgl. Grahl-Madsen, a. a.O., 157) nicht staatenlose Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht vor Verfolgung außerhalb ihres Heimatlandes befindet, nur Flüchtling ist, wenn sie "nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen". Der korrespondierende Beendigungstatbestand des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv sieht vor, dass die Flüchtlingskonvention auf eine solche Person nicht mehr anzuwenden ist, wenn sie "sich freiwillig wieder unter den Schutz ihres Heimatlandes gestellt hat". Diesfalls, so die Erläuterung im UNHCR-Handbuch, Abs. 118, habe sie "gezeigt", dass sie die zuvor erwähnte Voraussetzung nicht mehr erfülle (vgl. zum Zusammenhang mit letzterer auch Grahl-Madsen, a.a.O., 379).
4. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner von der belangten Behörde zitierten Rechtsprechung zu den Asylgesetzen 1968 und 1991 in etwa 50 Entscheidungen, die überwiegend Abweisungen von Asylanträgen, zum weitaus geringeren Teil Beendigungsverfahren und vereinzelt Wiederaufnahmeverfahren betrafen, mit Fragen des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv auseinander gesetzt. Abgesehen von einigen Fällen, in denen nur Reisen in den Heimatstaat unter dem Gesichtspunkt des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv beurteilt wurden, und einem Fall, in dem offenbar um Intervention zur Beendigung einer Schubhaft ersucht worden war (Erkenntnis vom 27. Juni 1995, Zl. 94/20/0546), ging es dabei fast immer um die Ausstellung oder Verlängerung von Reisepässen durch den Heimatstaat (den türkischen "Nüfus" bzw. einen Führerschein davon unterscheidend die Erkenntnisse vom 18. Dezember 1996, Zl. 95/20/0628, und vom 19. März 1997, Zl. 95/01/0151; wohl anders, aber insoweit nicht tragend, im Fall eines chinesischen Personalausweises das Erkenntnis vom 6. März 1996, Zl. 95/20/0167). Der Verwaltungsgerichtshof vertrat dazu in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die Ausstellung oder Verlängerung eines Reisepasses "in der Regel - soferne nicht im konkreten Einzelfall ein dieser rechtlichen Beurteilung entgegenstehender Sachverhalt aufgezeigt wird - als eine der Formen angesehen werden muss, mit denen ein Staat seinen Angehörigen Schutz gewährt" (so erstmals die Erkenntnisse vom 25. November 1994, Zl. 94/19/0032 und Zl. 94/19/0376; ähnlich zuletzt das Erkenntnis vom 29. Oktober 1998, Zl. 96/20/0820).
Für einen "entgegenstehenden Sachverhalt" kamen im Wesentlichen nur Behauptungen in Frage, die die Freiwilligkeit der Beantragung der Ausstellung oder Verlängerung des Reisepasses in Frage stellten. Die im Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 94/20/0838, auf das UNHCR-Handbuch gestützte Meinung, auch die Absicht, sich wieder unter den Schutz des Heimatlandes zu stellen, gehöre neben der tatsächlichen Erlangung des Schutzes und der (in dem Erkenntnis primär verneinten) Freiwilligkeit des Verhaltens zu den Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv, blieb vereinzelt (vgl. allerdings auch das im Erkenntnis vom 25. November 1994, Zl. 94/19/0032, erwähnte, auf den Zweck der Familienzusammenführung abstellende Erkenntnis vom 20. September 1985, Zl. 85/01/0165, sowie die neuerliche Erwähnung der Unterschutzstellungsabsicht als Teil der zu beurteilenden Voraussetzungen in dem bereits erwähnten Erkenntnis vom 29. Oktober 1998; in dem Erkenntnis vom 10. Dezember 1997, Zl. 94/20/0002, wurde zum Argument, der alleinige Zweck der Erwirkung der Passverlängerung, eine Abschiebung in den Heimatstaat zu verhindern, schließe die Freiwilligkeit nicht aus, noch hinzugefügt, das Vorbringen indiziere auch keine mangelnde "Intentionalität" in Bezug auf eine Unterschutzstellung).
Das Fehlen des Willens, sich unter den Schutz des Heimatstaates zu stellen, wurde vielmehr im nahezu gleichzeitigen Erkenntnis vom 20. Dezember 1995, Zl. 95/01/0441, als eine die "freie Willensbildung" nicht beeinträchtigende (und somit unbeachtliche) "Mentalreservation" (vgl. auch das Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, Zl. 96/20/0787) und in weiterer Folge als "Subsumtionsirrtum" beurteilt (Erkenntnis vom 12. September 1996, Zl. 96/20/0531; die Maßgeblichkeit einer Unterschutzstellungsabsicht ausdrücklich verneinend die Erkenntnisse vom 13. November 1996, Zl. 96/01/0912, und vom 18. September 1997, Zl. 95/20/0789; nach dem zuletzt genannten Erkenntnis seien die Motive für das Verhalten "nur" von Relevanz, wenn sie "auf die Freiwilligkeit Einfluss" gehabt hätten). Das Vorbringen eines Beschwerdeführers, er habe im laufenden Asylverfahren noch keinen Flüchtlingspass bekommen und sei gezwungen gewesen, sich einen neuen Reisepass ausstellen zu lassen, weil er ständig Schwierigkeiten gehabt habe, sich ordnungsgemäß auszuweisen, wurde nur unter dem Gesichtspunkt der Freiwilligkeit gewürdigt, wobei auch diese zu bejahen sei; es sei für einen Asylwerber nicht unzumutbar, "sich nicht hinreichend ausweisen zu können bzw. allenfalls die damit verknüpften, in der österreichischen Rechtsordnung begründeten Rechtsfolgen auf sich zu nehmen" (Erkenntnis vom 16. Jänner 1996, Zl. 94/20/0824).
Die "Freiwilligkeit" wurde - über die schon erwähnten Beispiele hinaus - u.a. bejaht, wenn der Asylwerber die Passverlängerung beantragte, "um wenigstens im Besitz eines gültigen Papiers zu sein" (Erkenntnis vom 5. Juni 1996, Zl. 96/20/0308), wenn "lediglich" behauptet wurde, die Fremdenpolizei habe "geradezu darauf gedrungen", dass sich der Asylwerber einen Reisepass ausstellen lasse (Erkenntnis vom 25. September 1996, Zl. 95/01/0219: "frei von physischen oder psychischen Zwängen"), wenn die Passverlängerung dem Asylwerber die Erlangung einer Arbeitserlaubnis und eine Inskription an der Universität ermöglichen sollte (Erkenntnis vom 24. Oktober 1996, Zl. 96/20/0587), wenn der anerkannte Flüchtling sich einen Konsularpass ausstellen ließ, um "seinen 80jährigen kranken Vater in Polen noch einmal lebend zu sehen" (Erkenntnis vom 13. November 1996, Zl. 95/01/0417), wenn das Bestreben des Asylwerbers, mit Hilfe des verlängerten Passes eine Aufenthaltsbewilligung zu erlangen, aus rechtlichen Gründen aussichtslos war (Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, Zl. 95/20/0466), wenn eine Ladung durch die Bezirkshauptmannschaft "lediglich" die Aufforderung enthielt, "den Reisepass ... mitzubringen", und der Asylwerber dem späteren Argument der Asylbehörde, ein Sichtvermerk könne auch in Bescheidform und somit ohne Reisepass erteilt werden, nichts entgegenzusetzen wusste (Erkenntnis vom 18. September 1997, Zl. 97/20/0230), oder wenn die Asylwerberin nach der Entlassung aus der Bundesbetreuung auf ein Arbeitseinkommen angewiesen war und über Anraten einer Caritasmitarbeiterin einen neuen Reisepass beantragte, um weiterhin die Voraussetzungen für die Erlangung einer arbeitsrechtlichen Bewilligung zu erfüllen (Erkenntnis vom 28. Jänner 1998, Zlen. 97/01/0302, 0802: die österreichischen Behörden hätten das Ausweispapier nur "für die Erteilung des gewünschten Rechtsvorteiles" und nicht "von sich aus" verlangt).
In Frage gestellt wurde die Freiwilligkeit - abgesehen von dem schon erwähnten, eher auf das Fehlen einer Unterschutzstellungsabsicht abstellenden Erkenntnis vom 20. September 1985, Zl. 85/01/0165 - im Wesentlichen nur bei Verweigerung einer standesamtlichen Eheschließung ohne Reisepass (Erkenntnis vom 19. Dezember 1995, Zl. 94/20/0838, unter zusätzlicher Bezugnahme auf das mögliche Fehlen einer Unterschutzstellungsabsicht), bei Beantragung eines (bloßen) Personalausweises zur Vorlage beim Meldeamt (Erkenntnis vom 18. Dezember 1996, Zl. 95/20/0628) sowie zuletzt - entgegen der Tendenz früherer Entscheidungen - angesichts der Behauptung, die "österreichischen Behörden" würden "immer einen Reisepass verlangen. So z.B. bei der Post, um an mich geschicktes Geld abzuheben oder einen eingeschriebenen Brief ausgefolgt zu erhalten", (Erkenntnis vom 19. Februar 1998, Zl. 96/20/0925) und im Falle der Gefahr fremdenpolizeilicher Maßnahmen zur Außerlandesschaffung (Erkenntnis vom 29. Oktober 1998, Zl. 96/20/0820, mit Ausführungen zur Ermittlungspflicht bei Hinweisen auf mangelnde Freiwilligkeit; vgl. danach noch die Erkenntnisse vom 15. Dezember 1998, Zl. 95/20/0619, und vom 16. September 1999, Zl. 97/20/0412). Diese Fälle betrafen ausnahmslos Asylwerber.
An die Stelle der - zum Teil durch die Systematik des Asylgesetzes 1991 bedingten - Vorstellung, es handle sich in Bezug auf Asylwerber um einen Ausschlussgrund, der "die Frage nach der Flüchtlingseigenschaft ... unberührt lässt" (so insbesondere das Erkenntnis vom 21. Februar 1995, Zl. 94/20/0060), weshalb es auf Fragen der Verfolgungsgefahr im Heimatland nicht ankomme, trat ab dem Erkenntnis vom 5. Juni 1996, Zl. 96/20/0308, in der Regel der u. a. auf Grahl-Madsen gestützte Hinweis, es gehe nicht notwendigerweise um den Wegfall der Furcht vor Verfolgung im Falle der Rückkehr in das Heimatland, sondern schon der Wegfall der mangelnden Fähigkeit oder Bereitschaft, im Ausland dessen Schutz in Anspruch zu nehmen, bewirke das Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft.
Im einzigen bisher vorliegenden einschlägigen Erkenntnis zum geltenden Asylgesetz wurde ausdrücklich offen gelassen, inwieweit die dargestellte Judikatur auf das neue Gesetz zu übertragen sein werde (Erkenntnis vom 15. Februar 2001, Zl. 98/20/0277).
5. Im Schrifttum wurde die von Art. 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv betroffene Voraussetzung für den Erwerb der Flüchtlingseigenschaft von Grahl-Madsen in dessen 1966 erschienenem Werk dahingehend erläutert, dass die Unmöglichkeit der Inanspruchnahme des hier gemeinten Schutzes etwa gegeben sei, wenn es zwischen Heimat- und Aufenthaltsstaat an diplomatischen oder konsularischen Beziehungen fehle oder der Heimatstaat die Gewährung des Schutzes - insbesondere durch die Verweigerung der Ausstellung oder Verlängerung eines Passes (oder der Wiedereinreise: a.a.O., 191 f, 260) - verweigere, und andererseits die Ablehnung der Inanspruchnahme des Schutzes bei vorhandener Möglichkeit dazu den Erwerb der Flüchtlingseigenschaft ermögliche, wenn sie sich auf die Furcht vor Verfolgung im Falle einer Rückkehr in das Heimatland gründe; es sei in dem zuletzt genannten Fall nicht erforderlich, dass auch die Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatlandes im Aufenthaltsstaat als gefährlich empfunden werde (a.a.O., 254 ff und 379 f). Dass der Wille zur Inanspruchnahme des Schutzes gegeben sei, dürfe bei Beantragung eines Passes nicht angenommen werden, wenn die Behörden des Aufenthaltsstaates als Voraussetzung für eine Aufenthalts- oder Arbeitserlaubnis oder dergleichen die Vorlage eines Passes verlangten (a.a.O., 256).
In der Erörterung des korrespondierenden Beendigungstatbestandes hob Grahl-Madsen hervor, dass sich das Bild durch diesen nicht ändere (a.a.O., 380) und der Beendigungstatbestand nicht gegen eine Person wirke, die im Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen des Art. 1 Abschnitt A Z 2 FlKonv erfülle (a.a.O., 391), was sich als Hinweis auf die genaue Entsprechung der hier in Rede stehenden Tatbestandsvoraussetzungen für die Begründung und den Verlust der Flüchtlingseigenschaft verstehen lässt. Dem Erwerb eines Reisepasses, so Grahl-Madsen, werde Beendigungswirkung beigemessen, wenn er auf dem Wunsch des Betroffenen beruhe, seine Beziehungen zum Heimatstaat zu normalisieren oder Vorteile in Anspruch zu nehmen, die an eine bestimmte Nationalität gebunden seien, und nicht bloß einer Aufforderung von Behörden des Aufenthaltsstaates entspreche oder der Verfolgung legitimer Interessen diene, die von der Nationalität grundsätzlich unabhängig seien und sich vernünftigerweise nur so verwirklichen ließen (a.a.O., 385, 388 und 391). Der Flüchtling könne nicht "the best of two worlds" wählen (a.a.O., 391; vgl. die bei Hathaway, a.a.O., 195, wiedergegebene Äußerung des französischen Delegierten: "He could not run with the fox and hunt with the hounds"). Die Bestimmung diene aber nicht der Bestrafung des Flüchtlings. Erweise sich die Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates als Fehler, weil sich etwa die beabsichtigte Heimreise nicht realisieren lasse, so sei der Betroffene nicht daran gehindert, die nach wie vor oder erneut bestehende Verfolgungsgefahr geltend zu machen und wieder den Schutz der Flüchtlingskonvention in Anspruch zu nehmen (Grahl-Madsen, a. a.O., 389 bis 392; ähnlich a.a.O., 375 ff , u.a. in Bezug auf die Ablehnung eines Ausschlusses "alter" Fluchtgründe zu Art. 1 Abschnitt C Z 4 FlKonv).
In einer späteren Abhandlung zum Thema des Schutzes von Flüchtlingen durch ihren Herkunftsstaat (The Yale Journal of International Law, Vol. 11 Nr. 2 (1986) 362 ff) kam Grahl-Madsen nach einer ausführlichen Darstellung der geschichtlichen Entwicklung und inhaltlichen Bedeutung der von der Beendigungsklausel betroffenen Voraussetzung der Flüchtlingseigenschaft (a.a.O., 363 bis 375) im Zusammenhang mit der von ihm vertretenen These, dass der Herkunftsstaat gegenüber dem Aufenthaltsstaat ohne freiwillige Unterschutzstellung seitens des Flüchtlings nicht berechtigt sei, als dessen "Beschützer" aufzutreten, für das hier behandelte Thema zu folgenden Ergebnissen (a.a.O., 393):
"A peculiar situation arises if a refugee registers at the consulate of the country of which he is a national and obtains a national passport without intending to renounce his refugee status. If the person still fears persecution und does not understand that obtaining a passport normally means availing oneself of the protection of the issuing state, it would obviously be difficult to withdraw refugee status on the basis of such a confused act. A refugee who happens to be in possession of a national passport at the time of becoming a refugee is not normally required to return or to surrender such passport, which remains prima facie proof of nationality but is no longer an instrument of protection. The same approach is justified with regard to a passport acquired after refugee status has been obtained, but without an understanding of the implications of the acquisition. The mere issuance of such a passport gives no title to protection. A refugee should lose his refugee status and regain his status as an alien possessing the effective nationality of the issuing country only if, with full knowledge of the consequences, he submits his passport to the authorities of his new country of residence and requests a visa so that he may continue his stay in that country as a national of his country of origin."
Im UNHCR-Handbuch über Verfahren und Kriterien zur Feststellung der Flüchtlingseigenschaft wird die Auffassung vertreten, der Beendigungstatbestand des Artikel 1 Abschnitt C Z 1 FlKonv enthalte neben den Voraussetzungen der tatsächlichen Gewährung des Schutzes und der Freiwilligkeit des zugrunde liegenden Verhaltens des Flüchtlings als dritte Voraussetzung auch die der Absicht, sich wieder unter den Schutz des Heimatlandes zu stellen (Abs. 119). Von dieser Absicht wird im UNHCR-Handbuch für den Fall der erfolgreichen Beantragung eines Reisepasses oder einer Passverlängerung allerdings angenommen, dass sie aus einem solchen Verhalten erschließbar sei, wenn nicht gegenteilige "Beweise" vorgebracht würden (Abs. 121). Gebe der Betroffene die Absicht, mit dem freiwillig erlangten Pass in sein Land zurückzukehren oder den Schutz des Heimatlandes außerhalb desselben in Anspruch zu nehmen, in der Folge auf, so müsse seine Flüchtlingseigenschaft neu festgestellt werden. Er werde erklären müssen, warum er seine Meinung ändere, und nachzuweisen haben, "dass keine grundlegende Änderung der Verhältnisse, die ihn ursprünglich zum Flüchtling machten, eingetreten ist" (Abs. 123).
Die im UNHCR-Handbuch erwähnten drei Voraussetzungen - darunter die einer Unterschutzstellungsabsicht - werden auch von Goodwin-Gill (The Refugee in International Law2 (1996) 80 ff) und Hathaway (a.a.O., 192 ff) angenommen. Goodwin-Gill befürwortet, insofern dem UNHCR-Handbuch vergleichbar, in den Reisepassfällen eine Vermutung zum Nachteil des (bisherigen) Flüchtlings, verweist aber auf eine Vielzahl in Betracht zu ziehender Aspekte und misst im Besonderen der Frage, welche Dokumente der Aufenthaltsstaat dem Flüchtling ausgestellt habe, Bedeutung zu. Hathaway spricht von Handlungen, die "technisch" als Ersuchen um Schutzgewährung angesehen würden, weshalb es vertretbar sei, eine Unterschutzstellung anzunehmen. Es sei aber eine Fiktion, zu glauben, dass mehr als ein verschwindender Bruchteil der Personen, die sich an die Konsulate ihrer Heimatstaaten wenden, damit politische Loyalität oder Vertrauen zum Ausdruck brächten. In der Regel geschehe es auf Grund praktischer Notwendigkeiten oder aus bloßer Routine ("with no thought to the legal ramifications"). Die Kluft zwischen dem rechtlichen Formalismus, der den Verfassern der Konvention vertraut gewesen sei, und dem Allgemeinverständnis erfordere eine strikte Auslegung der Klausel im Sinne der drei erwähnten Voraussetzungen. Zum Erfordernis der Unterschutzstellungsabsicht wird dabei ausgeführt, es bedürfe einer Feststellung des tatsächlichen Grundes für das Verhalten des Flüchtlings und das Erfordernis sei nicht erfüllt, wenn das Motiv des Flüchtlings nicht wirklich darin liege, den Schutz seiner Interessen wieder dem Herkunftsstaat anzuvertrauen.
Schließlich wurde - im Zuge der Global Consultations 2001 - u. a. die Ansicht vertreten, dass es in denjenigen Fällen der Ausstellung oder Verlängerung von Reisepässen durch den Herkunftsstaat, für die üblicherweise die Freiwilligkeit des zugrunde liegenden Verhaltens in Frage gestellt worden sei, stattdessen an der Absicht einer Unterschutzstellung fehle, in Bezug auf diese Absicht keine vom Flüchtling zu widerlegende Vermutung gerechtfertigt sei und es für das Verständnis seines Verhaltens u.a. darauf ankomme, welche anderen Reisedokumente für ihn erhältlich gewesen seien und ob er dies gewusst habe. Die Beendigungsklauseln sollten keine Falle für die Unvorsichtigen und keine Bestrafung riskanten oder naiven Verhaltens sein (Fitzpatrick, Current Issues in Cessation of Protection Under Article 1 C of the 1951 Refugee Convention and Article I.4 of the 1969 OAU Convention, Abs. 18 bis 24 und 94 ff).
6. Der Verwaltungsgerichtshof vertritt unter Bedachtnahme auf diesen Diskussionsstand - insoweit in Beibehaltung der bisherigen Judikatur - die Ansicht, dass die erfolgreiche Beantragung der Ausstellung oder Verlängerung eines Reisepasses des Heimatstaates auch dann zur Beendigung der Flüchtlingseigenschaft führen kann, wenn im Heimatstaat selbst weiterhin die Gefahr einer asylrelevanten Verfolgung besteht und eine Rückkehr dorthin nicht beabsichtigt ist. Ein solcher Fall wird etwa vorliegen, wenn der bereits anerkannte Flüchtling darauf besteht, sich für Zwecke, für die das Konventionsdokument (vgl. § 83 FrG) ausreichen würde, eines Passes seines Heimatstaates zu bedienen oder durch die Beantragung eines solchen Passes Vorteile, die an die Staatsangehörigkeit gebunden sind, zu erlangen. Davon abgesehen ist aber im Sinne des von Grahl-Madsen erwähnten Gesichtspunktes des Wunsches einer Normalisierung der Beziehungen zum Herkunftsstaat und im Sinne der Ausführungen Grahl-Madsens in seiner späteren Abhandlung - entgegen der hg. Judikatur zu den früheren Asylgesetzen - neben den Voraussetzungen des tatsächlichen Erhaltes des Schutzes und der Freiwilligkeit auch das im Schrifttum einhellig vertretene Erfordernis eines auf die Unterschutzstellung als solche abzielenden Willens maßgeblich. Ein Wille zur Normalisierung der Beziehungen zum Herkunftsstaat und der Wunsch des bisherigen Flüchtlings, die Vertretung seiner Interessen - insbesondere gegenüber dem Aufenthaltsstaat - wieder in die Hände des Heimatstaates zu legen, werden in der Regel fehlen, solange im Heimatstaat selbst (insbesondere: staatliche) Verfolgung droht.
Darüber hinaus ist im Zusammenhang mit Anträgen auf Ausstellung oder Verlängerung von Reisepässen zu beachten, dass sich die Situation eines Asylwerbers mangels Konventionsreisepasses und angesichts des noch ungewissen Verfahrensausganges von der eines anerkannten Flüchtlings in einer für die Deutung des Verhaltens maßgeblichen Weise unterscheidet (vgl. zu diesem Thema etwa die Entscheidung des deutschen Bundesverwaltungsgerichtes vom 20. Oktober 1987, BVerwGE 78, 152). Bei Bedachtnahme auf diesen Unterschied - sowie darauf, dass sich die zuvor erwähnten Ausführungen im UNHCR-Handbuch und bei den zitierten Autoren grundsätzlich und zum Teil ausschließlich auf bereits anerkannte Flüchtlinge beziehen - kann jedenfalls bei Asylwerbern eine von diesen zu widerlegende "Vermutung" der Unterschutzstellung (vgl. etwa das Erkenntnis vom 18. September 1997, Zl. 97/20/0230) bzw. einer darauf abzielenden Absicht nicht in Betracht kommen. Ob eine solche Absicht bestand, ist zu ermitteln und festzustellen, wobei der jeweils betroffene Asylwerber die Gründe für sein Verhalten allerdings zu erläutern haben wird.
Schließlich ist aber auch darauf Bedacht zu nehmen, dass es sowohl für die Asylgewährung (§ 7 AsylG) als auch im Beendigungsverfahren (§ 14 Abs. 1 Z 1 AsylG) auf die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Flüchtlingskonvention zum Zeitpunkt der Entscheidung ankommt. Daraus folgt in Verbindung mit den wiedergegebenen Ausführungen zur mangelnden Endgültigkeit der Beendigungswirkung des hier erörterten Tatbestandes bei Grahl-Madsen und im UNHCR-Handbuch, dass dem Betroffenen - in Fällen, in denen eine Unterschutzstellung nach den zuvor genannten Kriterien anzunehmen ist - Gelegenheit zu geben ist, die neuerliche Erfüllung der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft darzutun, wobei in Bezug auf die Verfolgungsgefahr nicht nur Umstände in Betracht kommen, die erst nach der Unterschutzstellung eingetreten sind.
7. Im vorliegenden Fall reichen die Feststellungen der belangten Behörde nicht aus, um daraus abzuleiten, der Beschwerdeführer habe eine Kumulation von "Schutz" durch den Herkunfts- und den Aufenthaltsstaat angestrebt oder sich im Bewusstsein der Bedeutung seines Verhaltens für Ersteres entschieden. An der - in der Judikatur zu den früheren Asylgesetzen vertretenen und dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten - Ansicht, dass es darauf nicht ankomme, hält der Verwaltungsgerichtshof für das geltende Asylgesetz nicht fest.
8. Die hilfsweise Annahme der belangten Behörde, es bestünden "keine Fluchtgründe", wird in der rechtlichen Begründung des angefochtenen Bescheides nur mit dem Hinweis erläutert, "Roma" drohten nach den zu diesem Thema getroffenen Sachverhaltsfeststellungen "keine Verfolgungshandlungen in Bosnien".
Mit dieser Äußerung scheint die belangte Behörde nicht zum Ausdruck bringen zu wollen, dass der Beschwerdeführer 1999 keinen asylrelevanten Grund gehabt habe, Bijeljina zu verlassen. Sie scheint vielmehr - wie auch aus einem darauf abzielenden Vorhalt in der Verhandlung hervorgeht - in Bezug auf den ursprünglichen Anlass zur Flucht von einer Änderung der Verhältnisse ausgegangen zu sein. Damit hätte sie im Ergebnis - vorbehaltlich der Annahme einer von Anfang an gegebenen inländischen Schutzalternative - auch in diesem Teil ihrer Entscheidungsbegründung einen Beendigungstatbestand, nämlich den des Art. 1 Abschnitt C Z 5 FlKonv, zur Anwendung gebracht, ohne sich allerdings mit dessen Voraussetzungen näher auseinander zu setzen.
Den Feststellungen zum Sachverhalt ist bei Bedachtnahme auf das dazu vom Beschwerdeführer erstattete Vorbringen und vorgelegte Dokumentationsmaterial auch nicht nachvollziehbar zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer unter den Verhältnissen zur Zeit der Erlassung des angefochtenen Bescheides zu einer Rückkehr in die Republika Srpska (im Besonderen: nach Bijeljina) ermuntert werden konnte. Ob die belangte Behörde in Bezug auf andere Landesteile eine von Anfang an gegebene Schutzalternative unterstellte oder ob sie eine Situation annehmen wollte, in der eine Änderung der Verhältnisse in einem Teil des Herkunftslandes die Anwendung des Art. 1 Abschnitt C Z 5 FlKonv ermögliche, ist mangels argumentativer Ausführungen zur Hilfsbegründung des angefochtenen Bescheides nicht erkennbar, sodass sich die inhaltliche Richtigkeit dieses Begründungsteils schon mangels Nachvollziehbarkeit der ihm zugrunde liegenden Überlegungen nicht beurteilen lässt. Aus den Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde geht aber jedenfalls auch nicht hervor, dass in Bezug auf die Situation von Roma in anderen Landesteilen von Bosnien-Herzegowina darauf abgestellt worden wäre, welche Aufnahme nicht aus diesen Landesteilen stammende Roma dort zu erwarten hätten.
Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Das Mehrbegehren findet in diesen Vorschriften keine Deckung.
Wien, am 15. Mai 2003
Schlagworte
Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001010499.X00Im RIS seit
20.06.2003Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008