TE Vfgh Beschluss 2000/3/6 B233/00

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Veröffentlicht am 06.03.2000
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §33

Leitsatz

Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages wegen Vorliegens eines nicht bloß minderen Grades des Versehens bei Versäumung der Beschwerdefrist

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Begründung

Begründung:

1. Der Verfassungsgerichtshof wies den vom Einschreiter selbst gestellten Verfahrenshilfeantrag zur Bekämpfung des Bescheides des Beschwerdesenates des Ehrengerichtes der Salzburger Jägerschaft vom 26. April 1999 mit Beschluß vom 22. September 1999 ab, welcher dem Antragsteller am 27. September 1999 zugestellt wurde. Seine in der Folge eingebrachte Beschwerde nach Art144 B-VG wurde mit dem hg. Beschluß vom 29. November 1999,

B1481/99-7, wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist gemäß §82 Abs1 VerfGG iVm §35 VerfGG und §464 Abs3 ZPO zurückgewiesen.

2. Mit dem am 28. Jänner 2000 zur Post gegebenen fristgerechten Schriftsatz begehrt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den erwähnten Bescheid vom 26. April 1999.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages bringt der Antragsteller im wesentlichen vor, daß er zunächst Verfahrenshilfe sowohl beim Verwaltungsgerichtshof als auch beim Verfassungsgerichtshof beantragt habe, wobei nur der Verwaltungsgerichtshof dem Antrag Folge gegeben habe. Da der Beschwerdeführer in der Annahme, sich ein Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof nicht leisten zu können, das Zustellkuvert weggeworfen habe, sei das genaue Zustelldatum für den Beschwerdevertreter (der im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof als Verfahrenshelfer bestellt worden war) nicht ersichtlich gewesen; infolge eines Mißverständnisses zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Vertreter sei der 4. Oktober 1999 als Zustelldatum angenommen worden.

Der Vertreter habe, da Zweifel bezüglich dieses Termins bestanden, seine Kanzleigehilfin beauftragt, beim Verfassungsgerichtshof Rückfrage bezüglich des Zustelltermins zu halten, dies habe sie - nachdem der Rückschein bei den ersten beiden Anrufen noch nicht vorlag - in der Folge vergessen und den 4. Oktober 1999 als Zustelltag im Terminbuch eingetragen, weshalb die Beschwerde um eine Woche verspätet eingebracht worden sei.

3. Gemäß §33 VerfGG kann in Fällen des Art144 B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden.

Da das VerfGG in §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung nicht selbst regelt, sind nach §35 Abs1 VerfGG die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden. Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozeßhandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozeßhandlung zur Folge hatte. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Unter "minderen Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (vgl. VfSlg. 14157/1995).

Da im vorliegenden Fall einerseits die Kanzleiangestellte des Beschwerdevertreters konkret über die Zweifel bezüglich des angenommenen Zustelltages aufmerksam gemacht worden war und auch der Beschwerdevertreter selbst begründete Zweifel in dieser Richtung hegte, liegt eine Nachlässigkeit vor, die den minderen Grad des Versehens übersteigt (vgl. VfSlg. 10772/1986, 11267/1987, 11427/1987, 11537/1987, 13959/1994).

Der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist war daher gemäß §33 zweiter Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung keine Folge zu geben.

Schlagworte

VfGH / Wiedereinsetzung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:B233.2000

Dokumentnummer

JFT_09999694_00B00233_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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