Index
90 Straßenverkehrsrecht, KraftfahrrechtNorm
B-VG Art18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit eines Fahrverbots für Lastkraftfahrzeuge auf der B 315 Reschenstraße wegen gesetzwidriger Aufstellung der entsprechenden Vorschriftszeichen in der NaturSpruch
1. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18. Jänner 1991, Z3-4265, mit der auf der B 315 Reschenstraße ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge erlassen wird, kundgemacht im Boten für Tirol Nr. 98/1991, war gesetzwidrig.
2. Die Tiroler Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Die Bezirkshauptmannschaft Landeck erließ am 18. Jänner 1991, kundgemacht im Boten für Tirol Nr. 98/1991, eine Verordnung, mit der auf der B 315 Reschenstraße von km 0,00 (im Bereich Stadtgemeinde Landeck) bis km 46,22 (Nauders/Staatsgrenze) ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in beiden Fahrtrichtungen verfügt wurde.
2. Beim Verfassungsgerichtshof ist zur Zahl B905/97 eine Beschwerde gemäß Art144 B-VG gegen ein Berufungserkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 24. Februar 1997, Z11/189-5/1996, anhängig, mit dem der Beschwerdeführer wegen Verstoßes gegen §52 lita Z7a StVO 1960 iVm. §1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18. Jänner 1991, Z3-4265, zu einer Geldstrafe von S 2.000,- bzw. Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen gemäß §99 Abs3 lita StVO 1960 verurteilt wurde, weil er am 15. Mai 1996 gegen 0.35 Uhr das Fahrzeug (Sattelkraftfahrzeug, bestehend aus Zugmaschine und Auflieger mit jeweils näher bezeichneten Kennzeichen) mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t auf der B 315 Reschenstraße bei km 46,0 in Nauders (Kontrollposten) in Fahrtrichtung Italien gelenkt und dabei entgegen den Bestimmungen des §52 lita Z7a StVO 1960 iVm. §1 der zitierten Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18. Jänner 1991 das Verkehrszeichen "Fahrverbot für LKW über 7,5 Tonnen höchstzulässiges Gesamtgewicht" mißachtet habe, obwohl die Fahrt nicht unter die Ausnahmebestimmungen der zitierten Verordnung gefallen und der Beschwerdeführer auch nicht im Besitz einer Ausnahmegenehmigung gewesen sei.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung sowie in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK als verletzt.
3. Der Verfassungsgerichtshof ging in seinem Prüfungsbeschluß vom 4. Oktober 1999, B905/97-11, davon aus, daß die Beschwerde zulässig sei, daß die belangte Behörde die in Prüfung gezogene Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18. Jänner 1991, Z3-4265, bei Erlassung des angefochtenen Bescheides anzuwenden hatte und auch der Verfassungsgerichtshof sie bei der Beurteilung der Beschwerde anzuwenden hätte.
Der Verfassungsgerichtshof ging weiters davon aus, daß die im Beschwerdeverfahren präjudizielle Bestimmung des §1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18. Jänner 1991, Z3-4265, mit den übrigen Bestimmungen dieser Verordnung in derart engem Zusammenhang stehe, daß diese nicht isoliert gesehen werden könne, weshalb er beschloß, die Verordnung zur Gänze in Prüfung zu ziehen (vgl. VfSlg. 9755/1983, 10904/1986).
4. Der Verfassungsgerichtshof beschloß, die genannte Verordnung gemäß Art139 Abs1 B-VG auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen, weil er das Bedenken hegte, daß die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18. Jänner 1991, Z3-4265, den gesetzlich normierten Kundmachungsvoraussetzungen des §44 Abs2b StVO 1960 nicht entspricht.
5. Die Tiroler Landesregierung teilte mit, daß sie von der Abgabe einer Äußerung absehe. Sie wies jedoch unter Vorlage des Boten für Tirol Nr. 1316/1999 darauf hin, daß die Bezirkshauptmannschaft Landeck zwischenzeitlich §5 Z1 der in Prüfung gezogenen Verordnung novelliert und unter einem das entsprechende Vorschriftszeichen in der Natur an der richtigen Stelle angebracht hätte, um den im Prüfungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes aufgezeigten Kundmachungsmangel zu beseitigen.
6. Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol erstattete eine Äußerung, in der er zur Frage, ob die Anbringung der "Hinweistafeln" konstitutives Merkmal einer gesetzeskonformen Kundmachung sei, auf die Ausführungen von Messiner, Kommentar zur StVO, 1999, Anm. 13 zweiter Absatz zu §44, verwies. Danach seien die "Hinweistafeln" nicht als Straßenverkehrszeichen, sondern als Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs im Sinne der §§31 Abs1 und 34 StVO 1960 anzusehen. Dem genauen Aufstellungsort dieser "Hinweistafeln" könne daher - ausgehend von dieser Rechtsansicht - bei einer gemäß §44 Abs2b StVO 1960 kundgemachten Verordnung nicht die gleiche Bedeutung zukommen wie jenen Fällen, in denen eine von einer Bezirksverwaltungsbehörde verordnete Verkehrsbeschränkung durch Aufstellung entsprechender Straßenverkehrszeichen kundgemacht werde.
7. Die Bezirkshauptmannschaft Landeck verwies im Hinblick auf den Vorwurf der gesetzwidrigen Kundmachung auf ihre im zur Zahl B905/97 protokollierten Beschwerdeverfahren getätigten Ausführungen und merkte an, daß mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 30. November 1999, kundgemacht am 15. Dezember 1999 im Boten für Tirol Nr. 1316/1999, die dem Verordnungsprüfungsverfahren zugrundeliegende Verordnung insofern abgeändert worden sei, als nunmehr das bezughabende Verkehrszeichen tatsächlich bei km 0,00 der
B 315 Reschenstraße aufgestellt worden sei.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Es ist offenkundig, daß bei der auf Grund der eingangs angeführten Beschwerde gebotenen Überprüfung des Berufungserkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol auch die das Fahrverbot in seinem Umfang bestimmende Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18. Jänner 1991, Z3-4265, anzuwenden ist.
Des weiteren steht die das Fahrverbot normierende Bestimmung des §1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18. Jänner 1991, Z3-4265, mit den übrigen Bestimmungen dieser Verordnung in derart engem Zusammenhang, daß diese nicht isoliert gesehen werden konnte, weshalb die Verordnung zur Gänze in Prüfung zu ziehen war (vgl. VfSlg. 9755/1983, 10904/1986).
Da auch die sonstigen Prozeßvoraussetzungen vorliegen, ist das Verordnungsprüfungsverfahren zulässig.
2.1. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18. Jänner 1991, Z3-4265, lautet:
"V E R O R D N U N G
der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18. Jänner 1991, mit der auf der B 315 Reschenstraße ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge erlassen wird
Auf Grund des §43 Abs1 litb Z. 1 und Abs2 lita sowie des §94b der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, in der Fassung des BGBl. Nr. 423/1990 wird verordnet:
§1
Auf der B 315 Reschenstraße ist von km 0,00 (im Bereich Stadtgemeinde Landeck) bis km 46,22 (Nauders/Staatsgrenze) das Fahren mit Lastkraftfahrzeugen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t in beiden Fahrtrichtungen verboten.
§2
Von diesem Fahrverbot nach §1 sind ausgenommen:
a) Fahrten, die dem Abschleppdienst, der Pannenhilfe, dem Einsatz in Katastrophenfällen oder dem Straßendienst dienen, sowie unaufschiebbare Fahrten mit Lastkraftfahrzeugen des Bundesheeres;
b) Fahrten mit Lastkraftfahrzeugen von Unternehmen, die ihren Standort entlang der B 315 Reschenstraße zwischen km 0,00 (Landeck) und km 46,22 (Nauders/Staatsgrenze) und deren Seitentäler sowie entlang der Vinschgauer Staatsstraße (SS 38 und SS 40), beginnend von der Reschen-Staatsgrenze über die SS 40 Reschenstraße und über SS 38 Stilfser-Joch-Straße bis einschließlich Naturns bei km 189,5 der SS 38, sowie deren Seitentäler haben;
c) Fahrten mit Lastkraftfahrzeugen, die im Bezirk Landeck, in den Talgemeinschaften Vinschgau und Burggrafenamt, im Unterengadin und Samnaun be- oder entladen werden (Quell- oder Zielverkehr);
d) Fahrten mit Lastkraftfahrzeugen, die in den folgenden Gebieten be- und entladen werden, somit ihre Quelle und ihr Ziel in den nachfolgend genannten Gebieten haben:
1.
im Land Vorarlberg,
2.
im Fürstentum Liechtenstein,
3.
in den Kantonen Graubünden (nördlich Chur- Davos), Glarus, St. Gallen, Appenzell, Thurgau,
4. in den Landkreisen Lindau, Ravensburg und Biberach, sofern die Ein- bzw. Ausreise über Vorarlberg
erfolgt,
5. in den Landkreisen Bodenseekreis, Sigmaringen, Konstanz, Schwarzwald - Baar - Kreis, Tuttlingen und Rottweil,
6. in den Bezirks- und Talgemeinschaften Bozen, Salten - Schlern, Überetsch - Südtiroler Unterland,
7.
in der autonomen Provinz Trient,
8.
in der Region Venetien.
§3
Rechtsvorschriften, mit denen weitergehende Fahrverbote angeordnet sind, wie die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 10. November 1989, Zl. 3-2999/3, mit der ein Nachtfahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verfügt wurde, bleiben unberührt.
§4
Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 30. Oktober 1990, Zahl 3 - 4265/48, wird aufgehoben.
§5
Diese Verordnung ist durch Anbringung der Vorschriftszeichen gemäß §52 Z. 7a StVO 1960 'Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t' mit dem Zusatz 'ausgenommen Berechtigte laut Bote für Tirol Nr. 98/1991' an folgenden Standorten kundzumachen:
1.
in Fahrtrichtung Reschen bei Beginn der B 315 Reschenstraße unmittelbar vor der Garberbrücke;
2.
in Fahrtrichtung Landeck unmittelbar nach der Staatsgrenze im Bereich der Grenzkontrollstelle Nauders;
3.
im Bereich der Kreuzung B 184 Engadiner Bundesstraße
mit der B 315 Reschenstraße in Fahrtrichtung Landeck unmittelbar nach dem Zollamt Pfunds.
§6
Diese Verordnung tritt mit dem Ablauf des Tages der Kundmachung im Boten für Tirol in Kraft.
Landeck, 22. Jänner 1991
Der Bezirkshauptmann:"
2.2. Die vom Verfassungsgerichtshof in seinem Prüfungsbeschluß geltend gemachten Bedenken gegen die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18. Jänner 1991, Z3-4265, treffen zu:
2.3. Die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18. Jänner 1991, Z3-4265, wurde auf Grund des §43 Abs1 litb Z1 und Abs2 lita sowie des §94b der StVO 1960, BGBl. 1960/159 in der Fassung des BGBl. 1990/423, erlassen. Kundgemacht wurde die Verordnung gemäß §44 Abs2b StVO 1960 (in der Fassung der 16. StVO-Novelle, BGBl. 1989/562, in Kraft getreten am 1. Dezember 1989). Diese - seither nicht novellierte - Bestimmung lautet:
"(2b) Bei Verordnungen (§43 Abs2 lita) einer Bezirksverwaltungsbehörde, die sich durch Straßenverkehrszeichen nicht ausdrücken lassen, gelten für die Kundmachung die einschlägigen gesetzlichen Vorschriften. Der Inhalt solcher Verordnungen ist zusätzlich zur Kundmachung durch Hinweistafeln am Beginn der von der Verordnung betroffenen Straßenstrecke zu verlautbaren. Für solche Hinweistafeln sind insbesondere auch die in §52 angeführten Straßenverkehrszeichen heranzuziehen. Auf solchen Hinweistafeln oder auf einer Zusatztafel ist auf die entsprechende Fundstelle im Kundmachungsorgan hinzuweisen."
2.4. Die Voraussetzung, daß die Verordnung sich nicht durch Straßenverkehrszeichen ausdrücken läßt, liegt im gegenständlichen Fall vor. In erster Linie sind darunter gerade solche Verordnungen zu verstehen, welche auf Durchzugsstraßen Fahrverbote mit einem derartig umfangreichen Ausnahmekatalog normieren, welcher sich auf einer Zusatztafel im Sinn des §54 Abs2 StVO 1960 nicht leicht verständlich ausdrücken läßt (Messiner, Kommentar zur StVO, 1999, Anm. 11 zu §44). Angesichts dieser Tatsache rechtfertigt der in §2 der Verordnung festgelegte, äußerst umfangreiche Ausnahmekatalog die gewählte Kundmachungsform des §44 Abs2b StVO 1960. Anzuführen ist etwa auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 1985, 84/02/0267, in welchem dieser ausgesprochen hat, daß der auf der Zusatztafel zum Straßenverkehrszeichen "Fahrverbot in beiden Richtungen" angebrachte Text "ausgenommen (werktags) von 06.00 - 10.30 Uhr Zufahrt zur Ladetätigkeit und Taxi, ausgenommen von 06.00 - 18.00 Uhr Fiaker, ausgenommen ganztägig städtische Linienbusse, Radfahrer, Straßendienst- und Müllsammelfahrzeuge" nicht dem gesetzlichen Gebot entspricht, daß die Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln leicht verständlich sein sollen, weil der Fahrzeuglenker zur vollständigen und richtigen Erfassung des gesamten Textes der Zusatztafel sein Fahrzeug vor dem Straßenverkehrszeichen mit Zusatztafel hätte anhalten müssen.
2.5. Einschlägige gesetzliche Vorschriften für die Kundmachung von Verordnungen einer Bezirksverwaltungsbehörde sind den einzelnen landesgesetzlichen Verlautbarungsregelungen zu entnehmen. Für die Kundmachung der zu prüfenden Verordnung wurde zutreffend der "Bote für Tirol" als das gemäß §7 Abs2 lita Tiroler Landesverlautbarungsgesetz idF LGBl. 1989/53 vorgesehene Kundmachungsorgan gewählt.
2.6. Allerdings enthält §44 Abs2b StVO 1960 die Anordnung, den Inhalt derartiger Verordnungen zusätzlich zur Kundmachung durch Hinweistafeln am Beginn der von der Verordnung betroffenen Straßenstrecke zu verlautbaren. §5 Z1 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck normiert, daß diese Verordnung durch Anbringung des Vorschriftszeichens gemäß §52 Z7a StVO 1960 "Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t" mit dem Zusatz "ausgenommen Berechtigte laut Bote für Tirol Nr. 98/1991" in Fahrtrichtung Reschen bei Beginn der B 315 Reschenstraße unmittelbar vor der Garberbrücke kundzumachen ist. Aus dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Landeck an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol vom 7. Februar 1997 ist - aufgrund eines von der Bezirkshauptmannschaft Landeck am 30. Jänner 1997 durchgeführten Lokalaugenscheines, im Zuge dessen der Straßenverlauf vermessen und Lichtbilder angefertigt wurden - als exakte Entfernung von Straßenkilometer 0,00 bis zum Vorschriftszeichen (bei der Garberbrücke) die Distanz von 169,40 m zu entnehmen.
Die Hinweistafel ist jedoch bei jeder Auffahrt auf die von der Verkehrsbeschränkung betroffene Straßenstrecke anzubringen (Messiner, Kommentar zur StVO, 1999, Anm. 13 zu §44). Nach Dittrich/Stolzlechner, StraßenverkehrsO, §44 RZ 39, enthält das Gesetz (in §44 Abs2b) genaue Vorschriften über den Ort der Anbringung, wenn angeordnet ist, daß die Hinweistafeln "am Beginn der von der Verordnung betroffenen Straßenstrecke" anzubringen seien. Diese Bestimmung sei genau zu beachten; größere Abweichungen führten zur Gesetzwidrigkeit der Kundmachung. Vor dem Hintergrund der zitierten Literatur und der Judikatur des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 14588/1996 - der Verfassungsgerichtshof hob eine Verordnung wegen nicht gehöriger Kundmachung als gesetzwidrig auf, weil die entsprechenden Verkehrszeichen zwar aufgestellt wurden, jedoch aus der Sicht des fließenden Verkehrs nicht einsichtig waren) sowie des Verwaltungsgerichtshofes (zB Erk. vom 3.7.1986, 86/02/0038, wonach die Straßenverkehrszeichen dort anzubringen sind, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet und von einer gesetzmäßigen Kundmachung nicht die Rede sein kann, wenn der Aufstellungsort eines Straßenverkehrszeichens von der getroffenen Verordnungsregelung um 5 m differiert) ist eine von den durch §44 Abs2b StVO 1960 idF BGBl. 1989/562 selbst getroffenen räumlichen Anforderungen an die Aufstellung der Hinweiszeichen um 169,40 m abweichende Aufstellung nicht als gesetzmäßige Kundmachung anzusehen. Daran vermag auch die Anordnung in §5 der gegenständlichen Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck, welche die Aufstellung des Hinweiszeichens "unmittelbar vor der Garberbrücke" anordnet, nichts zu ändern, weil diese Bestimmung selbst die Gesetzwidrigkeit der gesamten Verordnung zur Folge hat.
2.7. Zur Rechtsauffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol, daß dem genauen Aufstellungsort dieser Hinweistafeln bei einer gemäß §44 Abs2b StVO 1960 kundgemachten Verordnung nicht die gleiche Bedeutung zukommen könne wie jenen Fällen, in denen eine von einer Bezirksverwaltungsbehörde verordnete Verkehrsbeschränkung durch Aufstellung entsprechender Straßenverkehrszeichen kundgemacht werde, weil die in §44 Abs2b StVO 1960 genannten "Hinweistafeln" nicht als Straßenverkehrszeichen, sondern als Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs im Sinne der §§31 Abs1 und 34 StVO 1960 anzusehen seien, stellt der Verfassungsgerichtshof fest, daß das Gesetz selbst sowohl über den Aufstellungsort dieser Hinweistafeln als auch über deren rechtliche Qualität im Hinblick auf die Gesetzmäßigkeit einer der Aufstellung dieser Hinweistafeln zugrunde liegenden Verordnung klare Festlegungen enthält, wenn §44 Abs2b zweiter Satz StVO 1960 normiert, daß "der Inhalt solcher Verordnungen zusätzlich zur Kundmachung durch Hinweistafeln am Beginn der von der Verordnung betroffenen Straßenstrecke zu verlautbaren ist".
Weiters ist in diesem Zusammenhang auch auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 13351/1993 hinzuweisen. In diesem Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, daß eine Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr gemäß §44 Abs2 StVO 1960 nicht gesetzwidrig ist, weil sie durch Kundmachung (nur) im Bundesgesetzblatt mangels Ausdrückbarkeit ihres Inhalts durch Straßenverkehrszeichen (zahlreiche Ausnahmen von der verordneten Geschwindigkeitsbeschränkung auf bestimmten Autobahnen zur Nachtzeit) gehörig und gleichheitskonform kundgemacht worden ist. Im Unterschied zu §44 Abs2b StVO 1960 enthält §44 Abs2 StVO 1960 nämlich gerade nicht die für die Gesetzmäßigkeit der Kundmachung der Verordnung in Abs2b zusätzlich geforderte Verlautbarung ihres Inhalts durch Hinweistafeln am Beginn der von der Verordnung betroffenen Straßenstrecke. Aus diesen unterschiedlichen Anforderungen, die der Gesetzgeber normiert hat, geht klar hervor, daß die Verlautbarung des Inhaltes von Verordnungen gemäß §44 Abs2b StVO 1960 durch Hinweistafeln an der im Gesetz festgelegten Stelle (am Beginn der von der Verordnung betroffenen Straßenstrecke) vom Gesetzgeber nicht nur als unerläßlich für die Gewährleistung der Möglichkeit der Kenntnisnahme der Allgemeinheit von deren Inhalt betrachtet wird, sondern darüber hinaus auch als Erfordernis für die Gesetzmäßigkeit der Kundmachung einer dementsprechenden Verordnung.
Unabhängig von den bereits festgehaltenen eindeutigen Anforderungen, die das Gesetz selbst an die Aufstellung von Hinweistafeln im Rahmen des §44 Abs2b StVO 1960 stellt, wäre darüber hinaus eine konträre Sichtweise - auch aus dem Blickwinkel der Rechtssicherheit - jedenfalls nicht nachvollziehbar, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Bestimmung des §44 Abs2b dritter Satz StVO 1960 entsprechend für die konkret im gegenständlichen Fall zur Aufstellung gelangte Hinweistafel ohnedies ein in §52 StVO 1960 angeführtes Straßenverkehrszeichen (nämlich das Vorschriftszeichen gemäß §52 Z7a StVO 1960 'Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t') herangezogen wurde.
2.8. Die Tiroler Landesregierung legte im Zuge des Verfahrens den Boten für Tirol Nr. 1316/1999 vor und wies darauf hin, daß die Bezirkshauptmannschaft Landeck zwischenzeitlich §5 Z1 der in Prüfung gezogenen Verordnung novelliert und unter einem das entsprechende Vorschriftszeichen in der Natur an der richtigen Stelle angebracht hätte, um den im Prüfungsbeschluß des Verfassungsgerichtshofes aufgezeigten Kundmachungsmangel zu beseitigen. Diese Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck lautet:
"V E R O R D N U N G
der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 30. November 1999, mit der die Verordnung vom 18. Jänner 1991 über das Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t auf der B 315 Reschen-Straße geändert wird
Aufgrund des §43 Abs1 litb Z. 1 und Abs2 lita sowie des §94b der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl. I Nr. 92/1998, wird verordnet:
§5 der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18. Jänner 1991, Zahl 3-4265, hat zu lauten wie folgt:
'1. In Fahrtrichtung Reschen am Beginn der B 315 Reschen Straße bei km 0,00'.
Die bisherige Wortfolge 'unmittelbar vor der Garberbrücke' hat zu entfallen.
Für den Bezirkshauptmann:"
Aufgrund dieser Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 30. November 1999, durch die der vom Verfassungsgerichtshof nunmehr festgestellte Kundmachungsmangel der in Prüfung gezogenen Verordnung behoben wurde, und der aktenkundigen Tatsache, daß das entsprechende Vorschriftszeichen in der Natur nunmehr an der richtigen Stelle angebracht wurde, war sohin gemäß Art139 Abs4 B-VG festzustellen, daß die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 18. Jänner 1991, Z3-4265, mit der auf der B 315 Reschenstraße ein Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge erlassen wird, kundgemacht im Boten für Tirol Nr. 98/1991, wegen Widerspruchs zu §44 Abs2b StVO 1960 gesetzwidrig war.
3. Die Verpflichtung zur Kundmachung des Ausspruches des Verfassungsgerichtshofes gründet auf Art139 Abs5 B-VG.
4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG 1953 ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefällt werden.
Schlagworte
Straßenpolizei, Fahrverbot, Straßenverkehrszeichen, Verordnung, KundmachungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:V95.1999Dokumentnummer
JFT_09999694_99V00095_00