Index
10 VerfassungsrechtNorm
B-VG Art137 / sonstige KlagenLeitsatz
Teilweise Abweisung, teilweise Stattgabe eines auf Rückerstattung exekutierter bzw bezahlter Geldstrafen samt Exekutionskosten gerichteten Klagebegehrens; Anerkenntnis des beklagten Bundes hinsichtlich der Gesamtsumme, Rückzahlung jedoch bloß eines Teilbetrages; kein Kostenzuspruch; Klagsführung vor Fälligkeit kein notwendiges Mittel zweckentsprechender RechtsverfolgungSpruch
Der beklagte Bund ist schuldig, dem Kläger den Betrag von S 4.059,20 bei sonstiger Exekution binnen 14 Tagen zu bezahlen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Der Kläger ist schuldig, dem beklagten Bund die mit S 4.059,20 bestimmten Verfahrenskosten bei sonstiger Exekution binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
1. In der auf Art137 B-VG gestützten, gegen den Bund gerichteten Klage vom 17.4.1997 (beim Verfassungsgerichtshof eingelangt am 27.5.1997) auf Zahlung von S 68.418,50 bringt der besachwaltete Kläger im wesentlichen vor, daß aufgrund der Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 23.5.1990 zu den Zahlen Vr 96/876/1990, Vr 96/877/1990, Vr 96/878/1990, die ihm persönlich zugestellt worden seien, ein Teil seiner Fahrnisse zur Befriedigung der der Republik Österreich angeblich zustehenden Forderungen exekutiv verwertet worden seien. Darüber hinaus habe er selbst eine Geldstrafe in der Höhe von
S 1000,--, die mit einem anderen an ihn persönlich zugestellten Straferkenntnis vom 16.5.1989 verhängt worden war, bezahlt.
Der Kläger sei aber bereits seit dem Jahr 1979 in psychiatrischer Behandlung; dementsprechend sei ihm auch am 1.3.1991 ein Sachwalter für bestimmte Bereiche beigestellt worden. Es sei weiters anzunehmen, daß er bereits seit dem Beginn der 80er Jahre zumindest im Bereich des Umganges mit Fahrzeugen und des Umganges mit Ämtern und Behörden nicht mehr prozeßfähig gewesen sei, weshalb sämtliche an ihn erfolgten Zustellungen der genannten Straferkenntnisse unwirksam und sowohl die Bezahlung als auch die exekutive Eintreibung der anderen Strafbeträge ohne Rechtsgrundlage erfolgt seien. Durch die durchgeführte Exekution seien auch noch weitere Kosten entstanden. Daher begehre der Kläger nun den beklagten Bund urteilsmäßig dazu zu verhalten, ihm den näher aufgeschlüsselten Betrag von insgesamt S 68.418,50 sowie die Prozeßkosten zu bezahlen.
2. Der von der Finanzprokuratur vertretene beklagte Bund (Bundesminister für Justiz und Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr) hat eine Gegenschrift erstattet, mit der er nicht nur die klagsgegenständlichen Rückforderungsbeträge, sondern auch die begehrten Kosten des Exekutionsverfahrens (als Nebenforderung) anerkennt: "Die beklagte Partei geht davon aus, daß diese Bescheide nicht in rechtliche Existenz getreten sind, da sie dem Kläger persönlich zugestellt wurden. ... Die beklagte Partei erkennt daher nicht nur die begehrten Rückforderungsbeträge, sondern auch die begehrten Kosten des Exekutionsverfahrens (als Nebenforderung) iS des Erk. VfSlg. 8667/1979) an." Der beklagte Bund wendet aber ein, daß es Sache des besachwalteten Klägers gewesen wäre, die gem. Art137 B-VG voreilig klagsweise begehrte Summe unter Fristsetzung vom beklagten Bund zu fordern. Daher beantragt der beklagte Bund, dem Kläger die Kosten seiner rechtsfreundlichen Vertretung nicht zuzusprechen, sowie den Kläger zu verpflichten, ihm zu Handen der Finanzprokuratur binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution die mit S 4.059,20 bezifferten Schriftsatzkosten zu ersetzen.
3. Über Aufforderung durch den Verfassungsgerichtshof übermittelte der Kläger zwei Schreiben der Finanzprokuratur vom 29.7.1997 (vom selben Tag datiert die Gegenschrift, mit der der klagsgegenständliche Betrag anerkannt wurde) und 6.8.1997: Mit dem Schreiben der Finanzprokuratur vom 29.7.1997 wurde dem damaligen Rechtsanwalt mitgeteilt, daß "in den nächsten Tagen" ein näher genannter Betrag vom Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr überwiesen werden würde, "wobei die beklagte Partei die Kosten des Schriftsatzes an den Verfassungsgerichtshof einbehält" und dieser Unterschiedsbetrag im Fall der Kostenentscheidung zugunsten des Klägers durch den Verfassungsgerichtshof geleistet werden würde. Da der in diesem Schreiben genannte Betrag durch einen Rechenfehler zustandegekommen war (falsche Subtraktion der Schriftsatzkosten vom klagsgegenständlichen Betrag), erhielt der ersteinschreitende Rechtsvertreter des Klägers daraufhin ein mit 6.8.1997 datiertes, weiteres Schreiben, mit dem die Summe auf die später überwiesene richtig gestellt wurde. Der Betrag von S 64.359,30 langte laut dem ebenfalls dem Verfassungsgerichtshof übermittelten Zahlungsbeleg am 26.8.1997 am Konto des Rechtsanwaltes ein.
4. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige (vgl. VfSlg. 13993/1994)- Klage erwogen:
4.1. Der beklagte Bund, hat den Anspruch des Klägers auf Rückerstattung der exekutierten bzw. bezahlten Geldstrafen samt den dadurch entstandenen Exekutionskosten in der Gegenschrift vom 29.7.1997 in der Höhe des gesamten Klagsbetrages unter Hinweis auf die mittlerweile erfolgte Zahlung eines (Teil)Betrages von S 64.359,30 sogleich anerkannt. Aufgrund des von der klagenden Partei vorgelegten Zahlungsbeleges nimmt es der Verfassungsgerichtshof als erwiesen an, daß die Zahlung eines Betrages in der Höhe von S 64.359,30 unverzüglich vorgenommen worden war, sodaß das Klagebegehren in der Höhe der überwiesenen Summe schon aus diesem Grunde nicht (mehr) zu Recht besteht (vgl. VfSlg. 11780/1988). Hinsichtlich des Teilbetrages von S 4.059,20 besteht das Klagebegehren jedoch zurecht, da der beklagte Bund auch diesen Betrag anerkennt, Zahlung jedoch nicht geleistet hat. Ein Zurückbehaltungsrecht für - noch gar nicht zugesprochene - Kosten stand ihm nicht zu; der beklagte Bund hat auch keinen zureichenden Rechtsgrund für die Zurückbehaltung dieses Betrages behauptet.
Da aber der Kläger trotz gegebener Gelegenheit zwar den Eingang der Zahlung bestätigt, das Klagebegehren jedoch nicht eingeschränkt hat, war die Klage hinsichtlich eines Betrages von S 64.359,30 abzuweisen. Der Zuspruch des Restbetrages von S 4.059,20 gründet auf dem Anerkenntnis des beklagten Bundes.
4.2. Im Falle der Bestellung eines Sachwalters für eine bisher vermeintlich eigenberechtigte Person kann eine Behörde im allgemeinen nur durch die Verständigung durch den Sachwalter davon Kenntnis erlangen, daß sie mit einer nicht prozeßfähigen Person ein (demgemäß: nichtiges) Verfahren geführt hat. Erst durch eine solche Verständigung kann daher auch eine Rückzahlungsverpflichtung des Rechtsträgers der Behörde hinsichtlich eingehobener Geldstrafen entstehen. Da der Kläger den beklagten Bund vor der Klageerhebung beim Verfassungsgerichtshof nicht außergerichtlich zur Zahlung aufgefordert, der beklagte Bund hingegen den Klagsbetrag sofort anerkannt hat, kann die Klagsführung vor Fälligkeit nicht als notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverfolgung angesehen werden (VfSlg. 10794/1986, 11780/1988, 12026/1989 u.a.).
4.3. Kosten für die Klage waren dem Kläger daher nicht zuzusprechen; hingegen waren dem Bund die Kosten der Klagebeantwortung zuzuerkennen. Der Kostenzuspruch an den Bund zu Handen der Finanzprokuratur stützt sich auf §41 VerfGG, wobei die Kosten nach TP3C des Rechtsanwaltstarifes zu bemessen sind (vgl. VfSlg. 15067/1998).
5. Da von einer mündlichen Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war, hat der Gerichtshof von einer mündlichen Verhandlung abgesehen (§19 Abs4 VerfGG).
Schlagworte
VfGH / Klagen, VfGH / KostenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:A20.1997Dokumentnummer
JFT_09999692_97A00020_00