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20 Privatrecht allgemeinNorm
B-VG Art140 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung eines Individualantrags auf Aufhebung von Bestimmungen des FortpflanzungsmedizinG betreffend das Verbot der Eizellspende wegen res iudicataSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
1. Die verheirateten Antragsteller begehren mit ihrem Antrag vom 31.8.1999, ergänzt am 28.12.1999, gemäß Art140 B-VG die Aufhebung des §3 Fortpflanzungsmedizingesetzes, BGBl. Nr. 275/1992 (im folgenden kurz FMedG), eventualiter die Aufhebung des §3 Abs1 und Abs3 FMedG, eventualiter nur des §3 Abs3 FMedG als verfassungswidrig wegen der angeblichen Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes (unter Berufung auf Art2 StGG, Art7 B-VG, Art66 Abs1 und 2 sowie Art67 Staatsvertrag von St. Germain, Art14 EMRK), des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art8 EMRK) sowie des Rechts auf Familiengründung (Art12 EMRK).
2. Die angefochtenen Bestimmungen des FMedG lauten wie folgt:
"§3. (1) Für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung dürfen nur die Eizellen und der Samen der Ehegatten oder Lebensgefährten verwendet werden.
(2) Für die Methode nach §1 Abs2 Z1 darf jedoch der Samen eines Dritten verwendet werden, wenn der des Ehegatten oder Lebensgefährten nicht fortpflanzungsfähig ist.
(3) Eizellen und entwicklungsfähige Zellen dürfen nur bei der Frau verwendet werden, von der sie stammen."
3. Bei der Antragstellerin besteht eine ovarielle Insuffizienz; sie ist daher unfruchtbar und die Erfüllung des Kinderwunsches wäre nur durch künstliche Befruchtung mit einer Eizellenspende durch Einbringung einer Eizelle oder einer entwicklungsfähigen Zelle einer fremden Frau in die Gebärmutter oder den Eileiter mit dem Samen ihres Ehemannes möglich. Die Antragsteller bringen vor, daß ihnen dies aber aufgrund der gesetzlichen Regelung verwehrt sei, da sowohl Eizellen als auch entwicklungsfähige Zellen nur bei der Frau verwendet werde dürfen, von der sie stammen.
3.1. Voraussetzung der Antragslegitimation ist einerseits, daß der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, daß das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, daß das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, daß das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zu Verfügung steht (VfSlg. 11.726/1988, VfGH 14.6.1994 V84/93).
3.2. In seiner Entscheidung vom 14.10.1999, G91/98, G116/98 hatte der Verfassungsgerichtshof ua. über den Antrag einer Frau auf Aufhebung der Abs1 und 3 des §3 FMedG, in eventu des §3 FMedG abzusprechen, die - wie die hier einschreitende Antragstellerin - zur Erfüllung ihres Kinderwunsches ebenfalls eine Eizellspende benötigen würde, da ihr die zur Fortpflanzung nötigen Keimzellen (i.e.: Eizellen) fehlten.
Der Verfassungsgerichtshof hat in dieser Entscheidung zwar das nachteilige Eingreifen der bekämpften Regelung in die Rechtssphäre der dortigen Antragstellerinnen bejaht, hat jedoch eine unmittelbare Betroffenheit der dortigen Zweitantragstellerin nur insoweit bejaht, als die angegriffenen Gesetzesstellen die Verwendung fremder Eizellen untersagen. Daher liege in §3 Abs1 FMedG keine unmittelbare Betroffenheit hinsichtlich der Wortfolge "und der Samen der Ehegatten oder Lebensgefährten" vor. Die Ausnahmeregelung des §3 Abs2 FMedG stehe mit der Regel des §3 Abs1 leg. cit. in einem so engen Zusammenhang, daß sie mit in Prüfung gezogen werden könne. Hinsichtlich der Regelung des §3 Abs3 leg. cit., gilt hingegen das zu Absatz 1 schon Gesagte, soweit diese Bestimmung durch die Eingangswendung "Eizellen und" anordnet, daß (auch) diese nur bei der Frau verwendet werden dürfen, von der sie stammen.
3.3. Die behauptete Betroffenheit der Antragsteller erstreckt sich nicht auf die gesamten bekämpften Bestimmungen. Sie bezieht sich nur - soweit der Antrag auf Aufhebung des §3 Abs1 FMedG gerichtet ist - auf die Wortfolgen "die Eizellen und" und - soweit er auf Aufhebung des §3 Abs3 leg. cit. gerichtet ist - auf die Wendung "Eizellen und", sowie auf §3 Abs2 leg. cit. Insoweit der Antrag nicht auf die Aufhebung dieser Wortfolgen gerichtet ist, ist er daher wegen mangelnder unmittelbarer Betroffenheit der Antragsteller zurückzuweisen.
4. Im zitierten Erkenntnis hat der Verfassungsgerichtshof ua. bezüglich der gegenständlichen Wortfolgen bereits in der Sache entschieden. Betreffend der Wortfolgen "die Eizellen und" sowie der Wendung "Eizellen und" als auch hinsichtlich §3 Abs2 leg. cit., liegt in bezug auf den neuen Antrag res iudicata vor:
4.1. Der Verfassungsgerichtshof hat nämlich über bestimmt umschriebene Bedenken ob der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes (hier §3 FMedG) nur ein einziges Mal zu entscheiden (VfSlg. 10578/1985, 12661/1991, 13085/1992 ua.). Die von den Antragstellern vorgebrachten Bedenken stimmen mit jenen überein, über die der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 14.10.1999, G91/98, G116/98, entschieden hat.
4.2. Die Antragsteller erkennen dies auch selbst, und versuchen daher in einem ergänzenden Schriftsatz die Verschiedenheit der von ihnen vorgetragenen Bedenken darzulegen. Sie bestreiten unter Punkt 1 das vom Verfassungsgerichtshof im genannten Vorerkenntnis, daß eine Eizellspende ungewöhnliche Beziehungen zur Folge habe und suchen dies unter Punkt 3 mit dem argumentum ad absurdum zu untermauern, es müsse bei Richtigkeit der Auffassung des Verfassungsgerichtshofes "die Zeugung eines außerehelichen Kindes verboten sein".
Ferner bejahen die Antragsteller in Punkt 2 ihres ergänzenden Schriftsatzes die im Vorerkenntnis vom Verfassungsgerichtshof abgelehnte Vergleichbarkeit der durch eine Eizellspende entstehenden Beziehung mit der Adoption, begründen diese Auffassung näher und behaupten, der Verfassungsgerichtshof sei im Vorerkenntnis von "empirischen Mutmaßungen" ausgegangen, die "falsch" seien und durch "sozialwissenschaftliche Studien widerlegt" würden. Die Antragstellerinnen in jenem Verfahren seien nicht "ausreichend empirisch orientiert" gewesen, womit offenbar zum Ausdruck gebracht werden soll, daß dem Verfassungsgerichtshof bei seiner Entscheidung nur unzureichende Entscheidungsgrundlagen vorgelegen seien.
4.3. Es kann auf sich beruhen, ob die Antragsteller bei ihrer Kritik der Begründung des Vorerkenntnisses von einem zutreffenden Verständnis dieser Entscheidung ausgehen, da ihr Vorbringen nicht darin besteht, neue Bedenken gegen die angegriffenen Normen auszubreiten, sondern bloß darin, Argumente gegen die Richtigkeit der verfassungsgerichtlichen Urteilsbegründung vorzutragen. Auf diese Einwände im Rahmen einer neuen Sachentscheidung einzugehen, ist dem Verfassungsgerichtshof aber aufgrund der Rechtskraftwirkung des Vorerkenntnisses verwehrt.
5. Aus den genannten Gründen mußte der Antrag daher - soweit er nicht schon wegen mangelnder unmittelbarer Betroffenheit zurückzuweisen war - wegen entschiedener Sache zurückgewiesen werden.
6. Abschließend sei bemerkt, daß das Verfahren über den am 8.9.1999 beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Antrag aus prozessualen Gründen nicht mehr mit dem am 14.10.1999 abgeschlossenen Verfahren zu G91/98, G116/98 verbunden werden konnte.
7. Dieser Beschluß konnte gemäß §19 Abs3 Z2 litd VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefaßt werden.
Schlagworte
Fortpflanzungsmedizin, Rechtskraft, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:G132.1999Dokumentnummer
JFT_09999692_99G00132_00