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25/02 Strafvollzug;Norm
StVG §90b idF 2002/I/134;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde des P in Graz, vertreten durch Mag. Friedrich Filzmaier, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Herrengasse 22, gegen den Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Graz vom 24. September 2002, Zl. Vk 23/02-3, betreffend Überwachung des Briefverkehrs (§ 90b StVG), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Der Beschwerdeführer verbüßt in einer Justizanstalt eine Freiheitsstrafe. Am 27. August 2002 stellte er das Ansuchen, einen an den ungarischen Honorarkonsul adressierten Brief in einem verschlossenen Briefumschlag versenden zu dürfen. Er begründete dies damit, dass er sich "als rechtlicher Laie mit ungarischer Muttersprache ... zur Minderheit der Ungarn in Österreich bekenne."
Diesem Ansuchen wurde mit der Begründung nicht stattgegeben, dass der Beschwerdeführer österreichischer Staatsbürger sei.
Gegen diese dem Beschwerdeführer am 28. August 2002 mündlich verkündete Entscheidung des Anstaltsleiters erhob der Beschwerdeführer eine (nicht näher begründete) Administrativbeschwerde an die belangte Behörde.
Dazu erstattete der Anstaltsleiter am 16. September 2002 eine Stellungnahme, in der er im Wesentlichen - unter Bezugnahme auf den auch vom Beschwerdeführer für seinen Standpunkt ins Treffen geführten Bescheid der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Graz vom 30. Juli 2002, Zl. Vk 19/02 - noch einmal betonte, der Beschwerdeführer sei österreichischer Staatsbürger, dem das Recht "auf privilegierte Korrespondenz" (nur) mit den in § 90b Abs. 4 Z 1 und 2 StVG genannten öffentlichen Stellen zukomme. Dem hielt der Beschwerdeführer in seiner dazu ergangenen Äußerung vom 18. September 2002 entgegen, er nehme an, dass er "als Staatsbürger eines EWR-Mitgliedstaates mit jeder Behörde eines jeden EWR-Staates, somit auch mit dem Grazer Honorarkonsul der Republik Ungarn, im verschlossenen - von der Zensur nicht geöffneten - Briefumschlag korrespondieren darf".
Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beschwerde keine Folge gegeben. Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges und des § 90b StVG (in der Fassung vor der am 1. Oktober 2002 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 134/2002) führte die belangte Behörde aus, diese Bestimmung normiere unmissverständlich, in welchen Fällen Schreiben von Strafgefangenen in einem verschlossenen Umschlag zur Absendung gegeben werden dürften. Für den Beschwerdeführer als österreichischen Staatsbürger ergebe sich daraus (nur) das Recht auf "privilegierte Korrespondenz" mit den in Ziffer 1 und 2 des § 90b Abs. 4 StVG genannten öffentlichen Stellen. Dass diese Norm (gemeint: § 90b Abs. 4 Z 3 StVG) mit dem Verfassungsrecht oder mit dem Gemeinschaftsrecht in Konflikt stünde, könne nicht erkannt werden. Diese Bestimmung stelle sich als "eine sachliche und zulässiger Weise an die ausländische Staatsbürgerschaft des Gefangenen anknüpfende Regelung dar". Eine für den innerstaatlichen Bereich geltende Norm, die jedem Strafgefangenen, der Angehöriger eines Mitgliedstaates der Europäischen Union sei, garantiere, mit jeder konsularischen Vertretung jedes Mitgliedstaates der Europäischen Union "mittels verschlossenen Umschlags" zu korrespondieren, existiere nicht.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der geltend gemacht wird, der Beschwerdeführer sei "von Geburt an" ungarischer Staatsbürger und seit 1963 auf Grund Verleihung auch österreichischer Staatsangehöriger. Das Vorliegen einer ungarischen Staatsbürgerschaft sei vom Beschwerdeführer "zu jedem Zeitpunkt" behauptet worden. Die belangte Behörde habe dazu "keine hinreichenden Ermittlungen" gepflogen. Soweit die belangte Behörde davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer nur eine (gemeint: die österreichische) Staatsbürgerschaft habe, liege somit ein Verfahrensmangel vor.
In ihrer Gegenschrift verweist die belangte Behörde darauf, dass "der Aktenlage" eine ungarische Staatsbürgerschaft des Beschwerdeführers nicht entnommen werden könne.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
§ 90b StVG in der im vorliegenden Fall - im Hinblick auf die Zustellung (Erlassung) des angefochtenen Bescheides an den Beschwerdeführer am 2. Oktober 2002 - anzuwendenden Fassung der am 1. Oktober 2002 in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 134/2002 lautet in seinen hier wesentlichen Teilen:
"Schriftverkehr mit öffentlichen Stellen, Rechtsbeiständen und Betreuungsstellen
§ 90b. (1) Schreiben, die ein Strafgefangener unter zutreffender Angabe des Absenders an öffentliche Stellen (Abs. 4), Rechtsbeistände (Abs. 5) oder Betreuungsstellen (Abs. 6) richtet, dürfen in einem verschlossenen Umschlag zur Absendung gegeben werden.
(2) Sind solche Schreiben an öffentliche Stellen (Abs. 4) gerichtet, so dürfen sie nur im Falle eines begründeten und nicht auf andere Weise überprüfbaren Verdachts einer unerlaubten Sendung von Geld oder Gegenständen und nur in Gegenwart des Strafgefangenen geöffnet werden.
(3) ...
(4) Als öffentliche Stellen gelten
1. der Bundespräsident, die Mitglieder der Bundesregierung, inländische allgemeine Vertretungskörper, Gerichte und andere Behörden, die Volksanwaltschaft sowie Angehörige einer dieser Stellen;
1a. das Europäische Parlament, der Rat der Europäischen Union sowie die Kommission und der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften;
2. der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sowie der nach dem Europäischen Übereinkommen zur Verhütung der Folter eingerichtete Ausschuss;
2a. die Internationalen Gerichte (§ 1 des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 263/1996) und der Internationale Strafgerichtshof;
3. bei ausländischen Strafgefangenen auch die konsularische Vertretung ihres Heimatstaates.
(5) Als Rechtsbeistände gelten ...
(6) Als Betreuungsstellen gelten ..."
Vorweg ist anzumerken, dass der Beschwerdeführer durch die Anwendung des § 90b Abs. 4 StVG in der vor der genannten Novelle geltenden Fassung durch die belangte Behörde nicht in Rechten verletzt wurde, weil die hier maßgebliche Z. 3 durch diese Novelle nicht geändert wurde und aus der inhaltlichen Änderung durch die Einfügung der Z 1a und 2a für den Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nichts zu gewinnen ist.
Dem Beschwerdevorbringen ist zu entgegnen, dass der Einwand der belangten Behörde in der Gegenschrift zutrifft. Wie sich aus der obigen Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens ergibt, hat der Beschwerdeführer erstmals in der Beschwerde behauptet, er sei ungarischer Staatsbürger. Im Verwaltungsverfahren hat sich der Beschwerdeführer darauf nicht berufen, obwohl die Ablehnung seines Ansuchens gerade damit begründet wurde, dass er (nur) österreichischer Staatsbürger sei. Mit dem Vorbringen zu seiner (angeblichen) ungarischen Staatsangehörigkeit verstößt der Beschwerdeführer somit gegen das Neuerungsverbot (§ 41 VwGG). Diesbezüglich ist der belangten Behörde daher auch kein Verfahrensmangel unterlaufen.
Der Beschwerdeführer releviert - wie schon im Verwaltungsverfahren - auch noch in der Beschwerde, es sei ihm die (gemeint: durch Strafvollzugsbedienstete nicht kontrollierte) Korrespondenz mit sämtlichen Behörden von Mitgliedstaaten des EWR "zuzulassen". Abgesehen davon, dass Ungarn nicht Mitglied des EWR-Abkommens ist, kann hinsichtlich dieser Beschwerdeausführungen gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf die Entscheidungsgründe des hg. Erkenntnisses vom 20. März 2003, Zl. 2003/20/0004, verwiesen werden, mit dem die Beschwerde gegen den bereits erwähnten, insoweit inhaltsgleich begründeten, die Überwachung des Briefverkehrs des Beschwerdeführers mit der Botschaft der Republik Portugal betreffenden Bescheid der belangten Behörde vom 30. Juli 2002 abgewiesen wurde.
Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Ein Zuspruch von Aufwandersatz an die belangte Behörde war nicht vorzunehmen, weil sie keine Kosten (und zwar auch nicht in Form eines allgemeinen Antrages auf Zuerkennung von Aufwandersatz im Sinne des § 59 Abs. 3 letzter Satz VwGG) verzeichnet hat.
Wien, am 22. Mai 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003200047.X00Im RIS seit
03.07.2003