Index
90/02 Führerscheingesetz;Norm
FSG 1997 §10 Abs4 idF 2002/I/032;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des H in S, vertreten durch Dr. Franz Riel, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Gartenaugasse 1, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 15. Februar 2002, Zl. RU6-St-L-0113/0, betreffend Wiedererteilung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 291,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Zur Vorgeschichte des Beschwerdefalles wird auf die Darstellung des Sachverhaltes in dem den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2002/11/0060, hingewiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der im Instanzenzug ergangene Bescheid der belangten Behörde vom 26. November 2001, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederausfolgung des Führerscheines mit der Begründung, die Lenkberechtigung sei gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 FSG erloschen, abgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. In diesem Erkenntnis wurde dargelegt, dass es für die Frage, wann die gemäß § 25 Abs. 2 FSG bis zur Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung festgesetzte Entziehungsdauer geendet habe, auf den Zeitpunkt der Wiedererlangung der gesundheitlichen Eignung ankommt, nicht hingegen auf das Datum des amtsärztlichen Gutachtens, mit dem die Eignung bestätigt wird.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurden vom Beschwerdeführer gestellten Anträge auf (Wieder-)Erteilung der Lenkberechtigung für die Klasse B gemäß § 5 Abs. 4 FSG abgewiesen. In der Begründung wurde ausgeführt, die (eingeschränkte) gesundheitliche Eignung könne auf Grund des amtsärztlichen Gutachtens Dris. B. vom 26. April 2001 bejaht werden. Der Beschwerdeführer habe aber trotz Aufforderung seine fachliche Befähigung nicht nachgewiesen. Der Beschwerdeführer könne sich in diesem Zusammenhang nicht auf § 10 Abs. 4 FSG berufen, weil seine Lenkberechtigung nicht durch Fristablauf, sondern gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 FSG infolge Ablaufes einer Entziehungsdauer von mehr als 18 Monaten erloschen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 32/2002) von Bedeutung:
"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die
...
4. fachlich zum Lenken eines Kraftfahrzeuges befähigt sind (§§ 10 und 11)
...
Verfahren bei der Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 5.
...
4) Die Lenkberechtigung ist zu erteilen, wenn das in den §§ 6 bis 11 angeführte Verfahren ergibt, daß die Voraussetzungen für die Erteilung vorliegen. Ist seit der Einbringung des Antrages auf Erteilung der angestrebten Lenkberechtigung mehr als ein Jahr verstrichen, so hat die Behörde neuerlich zu prüfen, ob der Antragsteller verkehrszuverlässig ist.
(5) Die Lenkberechtigung ist, soweit dies auf Grund des ärztlichen Gutachtens oder wegen der Art der Lenkberechtigung nach den Erfordernissen der Verkehrssicherheit nötig ist, unter den entsprechenden Bedingungen, Befristungen, Auflagen oder zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen der Gültigkeit zu erteilen (§ 8 Abs. 3 Z 2); Personen, die nach dem ärztlichen Gutachten 'beschränkt geeignet' sind, darf nur eine eingeschränkte Lenkberechtigung erteilt werden, die ausschließlich zum Lenken eines oder mehrerer, auf Grund der Beobachtungsfahrt bestimmter Ausgleichkraftfahrzeuge berechtigt (§ 9 Abs. 5).
...
Fachliche Befähigung
§ 10. (1) Vor der Erteilung der Lenkberechtigung hat die Behörde ein Gutachten von gemäß § 34 bestellten Sachverständigen darüber einzuholen, ob der Antragsteller zum Lenken von Kraftfahrzeugen der in Betracht kommenden Klasse fachlich befähigt ist; dieses Gutachten ist auf Grund einer Fahrprüfung zu erstatten. Es hat nur auszusprechen, ob der Begutachtete zum Lenken von Fahrzeugen der in Betracht kommenden Klasse oder Unterklasse fachlich befähigt ist oder nicht. Die Namen der Sachverständigen dürfen erst am Tag der Prüfung bekanntgegeben werden.
...
(4) Der Nachweis der in Abs. 2 genannten Schulung entfällt ferner für Personen, deren Lenkberechtigung durch Fristablauf erloschen ist. Die Behörde hat außerdem bei diesen Personen von der Einholung eines Gutachtens über die fachliche Befähigung abzusehen, wenn
1. der Antrag auf Erteilung einer neuen Lenkberechtigung innerhalb von 18 Monaten seit dem Erlöschen der Lenkberechtigung gestellt wurde,
2. die Lenkberechtigung für die gleiche Klasse oder Unterklasse von Kraftfahrzeugen beantragt wurde und
3. anzunehmen ist, daß der Antragsteller die fachliche Befähigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen noch besitzt.
...
5. Abschnitt
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung
Allgemeines
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1.
die Lenkberechtigung zu entziehen oder
2.
die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Bedingungen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diese Einschränkungen sind gemäß § 13 Abs. 2 in den Führerschein einzutragen.
...
Erlöschen der Lenkberechtigung
§ 27. (1) Eine Lenkberechtigung erlischt:
1.
nach Ablauf einer Entziehungsdauer von 18 Monaten;
2.
durch Zeitablauf;
3.
durch Verzicht;
4.
100 Jahre nach Erteilung;
5.
durch Tod des Berechtigten.
..."
Vorweg ist festzuhalten, dass für den Fall des Zutreffens des vom Beschwerdeführer im Verfahren Zl. 2002/11/0060 vertretenen Standpunktes, wonach die Lenkberechtigung nicht erloschen sei, die Wiedererteilung der Lenkberechtigung schon deshalb nicht in Betracht kommt, weil der Beschwerdeführer in diesem Fall ohnedies im Besitz der Lenkberechtigung ist. Der Beschwerdeführer hält unter Zugrundelegung der Auffassung der belangten Behörde, die Lenkberechtigung sei gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 FSG erloschen, die Abweisung seines Antrages allein deshalb für rechtswidrig, weil das Erlöschen der Lenkberechtigung nach dieser Gesetzesstelle ein Erlöschen durch Fristablauf im Sinne des § 10 Abs. 4 FSG darstelle. Das Erlöschen durch Fristablauf umfasse die im § 27 Abs. 1 Z. 1 und 2 FSG bezeichneten Fälle.
Dem ist entgegenzuhalten, dass eine Lenkberechtigung durch Fristablauf (allein) nur dann erlischt, wenn die Lenkberechtigung entweder gemäß § 5 Abs. 5 FSG nur befristet erteilt oder in der Folge gemäß § 24 Abs. 1 Z. 2 FSG befristet wurde. Nur in diesen Fällen führt das bloße Verstreichen der Frist zum Erlöschen der Lenkberechtigung. Davon zu unterscheiden ist das Erlöschen der Lenkberechtigung nach Ablauf einer Entziehungsdauer von 18 Monaten (§ 27 Abs. 1 Z. 1 FSG). In diesem Fall ist Voraussetzung für das Erlöschen nicht allein der Ablauf einer Frist, sondern der Ausspruch der Entziehung der Lenkberechtigung sowie das Verstreichen einer Entziehungsdauer von mindestens 18 Monaten.
Dieses Ergebnis wird durch folgende Erwägungen gestützt:
§ 10 Abs. 4 zweiter Satz FSG liegt erkennbar die Überlegung zu Grunde, dass ein Gutachten über die fachliche Befähigung dann nicht erforderlich sein muss, wenn bis zum Erlöschen der Lenkberechtigung berechtigterweise Kraftfahrzeuge (auf Grund einer befristeten Lenkberechtigung) gelenkt wurden und zwischen dem Erlöschen und dem Antrag auf (Wieder-)Erteilung nicht mehr als 18 Monate verstrichen sind. Nur wenn die Zeit zwischen dem berechtigten Lenken von Kraftfahrzeugen und dem Antrag auf Wiedererteilung so kurz ist, ist von der Einholung eines Gutachtens über die fachliche Befähigung (unter den weiteren Voraussetzungen des § 10 Abs. 4 Z. 2 und 3 FSG) abzusehen. Im Falle des Erlöschens nach § 27 Abs. 1 Z. 1 FSG durfte der Betreffende jedoch schon während der Entziehungsdauer keine Kraftfahrzeuge lenken, sodass es dann, wenn der Antrag auf Wiedererteilung erst knapp vor Ablauf der im § 10 Abs. 4 Z. 1 FSG genannten Frist gestellt wird, zu einer Zeit von fast drei Jahren kommt, innerhalb welcher keine Kraftfahrzeuge gelenkt werden durften. Dazu kommt, dass die Entziehungsdauer weit mehr als die im § 27 Abs. 1 Z. 1 FSG für das Erlöschen vorausgesetzten 18 Monate betragen kann, sodass in derartigen Fällen ein Antrag auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung, der zwar nach dem Eintritt des Erlöschens gemäß § 27 Abs. 1 Z. 1 FSG aber noch vor Ablauf der Entziehungsdauer gestellt wird, von vornherein nicht zum Erfolg führen kann.
Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Die Abweisung des Mehrbegehrens für Aktenvorlage erfolgte deshalb, weil in diesem Beschwerdeverfahren Verwaltungsakten nicht vorgelegt wurden. Die Aktenvorlage erfolgte ausschließlich im Beschwerdeverfahren Zl. 2002/11/0060.
Wien, am 23. Mai 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002110111.X00Im RIS seit
01.08.2003Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008