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90/02 Führerscheingesetz;Norm
FSG 1997 §24 Abs1 idF 1999/I/134;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des Jin G, vertreten durch Dr. Harold Schmid und Mag. Helmut Schmid, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Kalchberggasse 8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 22. September 2000, Zl. 11 - 39 - 925/99 - 13, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Lande Niederösterreich vom 8. November 1999 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 26. Jänner 1998 um
14.25 Uhr auf einer näher bezeichneten Straßenstelle der Bundesstraße 4 als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Kraftfahrzeuges die auf Grund des angebrachten Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung" erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 56 km/h überschritten zu haben.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 23. Februar 2000 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 in Verbindung mit § 26 Abs. 3 Führerscheingesetz - FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von sechs Wochen ab Zustellung des Bescheides entzogen. In der Begründung verwies die Behörde auf die rechtskräftige Bestrafung des Beschwerdeführers wegen des Vorfalles vom 26. Jänner 1998. Der Beschwerdeführer habe zudem am 18. Juli 1998 auf der A 9 als Lenker eines Kraftfahrzeuges die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 50 km/h überschritten gehabt. Deshalb sei ihm die Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen entzogen worden.
Die gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 23. Februar 2000 erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 29. Mai 2000 abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die zur hg. Zl. 2000/11/0178 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Mit Bescheid vom 22. September 2000 änderte der Landeshauptmann von Steiermark den Bescheid vom 29. Mai 2000 gemäß § 68 Abs. 2 AVG dahin ab, dass dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von zwei Wochen entzogen wird. In der Begründung dieses Bescheides wurde ausgeführt, mit Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 9. Mai 2000 sei das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz betreffend den Vorfall vom 18. Juli 1998 behoben und das Verfahren eingestellt worden. Deshalb komme die Behörde nunmehr zur Auffassung, dass es sich bei der Übertretung vom 26. Jänner 1998 um die erstmalige Begehung einer im § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG genannten Übertretung handle, weshalb die Entziehungsdauer auf zwei Wochen abzuändern gewesen sei.
Mit hg. Beschluss vom 24. Oktober 2000, Zl. 2000/11/0178-8, wurde auf Grund des Bescheides der belangten Behörde vom 22. September 2000 die Beschwerde gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 29. Mai 2000 als gegenstandslos erklärt und das Verfahren eingestellt.
Gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 22. September 2000 erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluss vom 28. November 2000, B 1835/00-3, die Behandlung der an ihn gerichteten Beschwerde ab. Mit Beschluss vom 24. Jänner 2001, B 1835/00-5, trat er sie gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof ab.
Der Beschwerdeführer ergänzte seine Beschwerde im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der aus Anlass des vorliegenden Beschwerdeverfahrens gestellte Antrag des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Juli 2002, Zl. A 2002/15-1, § 26 Abs. 3 sowie die Wortgruppe "3 und" in § 26 Abs. 7 FSG als verfassungswidrig aufzuheben, sowie die dazu gestellten Eventualanträge wurden mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2003, Zl. G 203/02 u.a., abgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 134/1999) maßgeblich:
"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
...
2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),
...
Verkehrszuverlässigkeit
§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden wird, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr, Trunkenheit oder einen durch Suchtgift oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand.
...
(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:
...
4. die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde;
...
(5) Für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
...
5. Abschnitt
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung
Allgemeines
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
... .
...
Sonderfälle der Entziehung
§ 26.
...
(3) Im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs. 3 Z 3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs. 1, 2 oder 4 vorliegt - hat die Entziehungsdauer zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer derartigen Übertretung innerhalb von zwei Jahren ab der ersten Begehung sechs Wochen zu betragen.
...
(7) Eine Entziehung gemäß Abs. 3 und 4 darf erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist. ... .
..."
Der Beschwerdeführer rügt, dem angefochtenen Bescheid, der sich ohne nähere Konkretisierung auf eine Übertretung vom 26. Jänner 1998 stütze, sei nicht zu entnehmen, von welchem konkreten Sachverhalt die belangte Behörde ausgegangen sei. Selbst wenn man die Begründung des Bescheides vom 29. Mai 2000 heranziehe, sei der angefochtene Bescheid rechtswidrig. Soweit sich die belangte Behörde in diesem Bescheid auf den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 8. November 1999 stütze, habe sie verkannt, dass dieser zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung verpflichtet gewesen wäre. In dieser Verhandlung hätte der Beschwerdeführer weitere Beweise beantragen können. Die belangte Behörde hätte sich daher mit den Einwendungen des Beschwerdeführers auseinander setzen müssen, insbesondere das tatsächliche Vorliegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung überprüfen und eine Wertung gemäß § 7 Abs. 5 FSG vornehmen müssen. Nach Ablauf von mehr als zwei Jahren nach der Übertretung könne eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht mehr gerechtfertigt sein.
Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers zum Fehlen einer Wertung und zur Nichtberücksichtigung der seit der Tat verstrichenen Zeit ist der Beschwerdeführer darauf hinzuweisen, dass im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG genannten Übertretung die Entziehungszeit gemäß § 26 Abs. 3 FSG zwei Wochen beträgt und eine Wertung diesbezüglich nicht vorgesehen ist. Die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Antrag an den Verfassungsgerichtshof vom 4. Juli 2002 formulierten Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung wurden vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14. März 2003 nicht geteilt. Der Verwaltungsgerichtshof hat demnach von der Verfassungsmäßigkeit dieser gesetzlichen Regelung auszugehen.
In der Berufung gegen den erstinstanzlichen Entziehungsbescheid hat der Beschwerdeführer die Geschwindigkeitsüberschreitung lediglich mit dem Hinweis auf seine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 8. November 1999 begründet. Die Behandlung dieser Beschwerde wurde mit dem hg. Beschluss vom 27. April 2000, Zl. 2000/02/0019, abgelehnt. Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hatte in seinem Bescheid unter anderem ausgeführt, die mittels Laser gemessene Geschwindigkeit von 136 km/h ergebe auch unter Berücksichtigung der Messtoleranz von 3 % eine tatsächliche Geschwindigkeit von mindestens 131 km/h. Die belangte Behörde hat in ihrem Bescheid vom 29. Mai 2000 ausgeführt, sie schließe sich diesbezüglich den Erwägungen des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich an. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens sei nicht erforderlich. Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser der verwendeten Bauart seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ein taugliches Mittel zur Feststellung der von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit. Einem mit der Geschwindigkeitsmessung mittels eines solchen Gerätes betrauten Sicherheitsorgan könne auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zugetraut werden. Anhaltspunkte für Bedienungsfehler seien nicht ersichtlich.
Diese Begründung liegt erkennbar auch dem angefochtenen Bescheid zugrunde, mit dem die belangte Behörde die Entziehungsdauer auf zwei Wochen herabgesetzt hat, weil es sich bei der am 26. Jänner 1998 begangenen Übertretung um die erste Übertretung gemäß § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG gehandelt habe. Gegen die Richtigkeit des dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegenden Sachverhaltes bringt der Beschwerdeführer nichts Konkretes vor. Dass im Verwaltungsstrafverfahren keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, ist für das vorliegende Beschwerdeverfahren schon deshalb unerheblich, weil sich die belangte Behörde in Ansehung des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung ohnedies nicht auf die Bindung an die rechtskräftige Bestrafung berufen konnte (vgl. unter anderem das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2001, Zl. 99/11/0261, mwN). Die Messung wurde mit einem geeichten Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmesser der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E durchgeführt. Ein derartiges Gerät ist ein taugliches Mittel zur Feststellung der von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit. Einem mit der Geschwindigkeitsmessung mit einem solchen Gerät betrauten Beamten ist auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzutrauen (siehe dazu unter anderem das hg. Erkenntnis vom 14. März 2000, Zl. 99/11/0244, mwN). Der Durchführung eines Ortsaugenscheines und der Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Kraftfahrzeugtechnik bedurfte es im Beschwerdefall nicht, zumal auch keine konkreten Hinweise auf einen Defekt des Gerätes oder eine Fehlbedienung vorliegen.
Die belangte Behörde hat nach dem Gesagten mit Recht das Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs. 3 Z. 4 FSG angenommen und gemäß § 26 Abs. 3 dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen entzogen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 23. Mai 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003110119.X00Im RIS seit
15.07.2003