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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
AVG §19;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf und Dr. Pallitsch als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des C in H, vertreten durch Winkler-Heinzle, Rechtsanwaltspartnerschaft in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 11. Februar 2003, Zl. VI-30, betreffend Ladung in einer Angelegenheit nach dem Suchtmittelgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Ladungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 11. Februar 2003 wurde der Beschwerdeführer (unter Verwendung des Formulars 2 zu § 19 AVG) unter Angabe des Gegenstandes "Untersuchung nach § 12 SMG (allfällige Notwendigkeit einer gesundheitsbezogenen Maßnahme)" für den 11. März 2003 um 09.00 Uhr zur belangten Behörde vorgeladen. Es wurde ihm mitgeteilt, dass er persönlich kommen müsse, für den Fall der Nichtbefolgung der Ladung wurde eine Zwangsstrafe von EUR 100,-
angedroht.
Diesem Ladungsbescheid gemäß § 19 AVG lag zu Grunde, dass der Gendarmerieposten Bregenz eine mit 27. Jänner 2003 datierte Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer erstattet hatte, worin angeführt wird, dass der Beschwerdeführer laut eigenen Angaben im Sommer 2000 das erste Mal ca. 5 Gramm Cannabiskraut erworben und sodann auch selbst angepflanzt habe. Im Zeitraum zwischen Sommer 2000 und August 2002 habe er gelegentlich Cannabis konsumiert. Letztmalig habe er ca. 10 Tage vor seiner Einvernahme am 20. August 2002 in Zürich Marihuana erworben und konsumiert. Der Anzeige war eine Niederschrift über die Befragung des Beschwerdeführers am 20. August 2002 angeschlossen.
Gegen den genannten Ladungsbescheid der belangten Behörde richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der der Beschwerdeführer die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Suchmittelgesetzes (SMG), BGBl. I Nr. 112/1997, lauten auszugsweise:
"2. Abschnitt
Gesundheitsbezogene Maßnahmen bei Suchtgiftmissbrauch
§ 11. (1) Personen, die wegen Suchtgiftmissbrauchs oder der Gewöhnung an Suchtgift gesundheitsbezogener Maßnahmen gemäß Abs. 2 bedürfen, haben sich den notwendigen und zweckmäßigen, ihnen nach den Umständen möglichen und zumutbaren und nicht offenbar aussichtslosen gesundheitsbezogenen Maßnahmen zu unterziehen. ...
(2) Gesundheitsbezogene Maßnahmen sind
1.
die ärztliche Überwachung des Geisteszustandes,
2.
die ärztliche Behandlung einschließlich der Entzugs- und Substitutionsbehandlung,
3.
die klinisch-psychologische Beratung und Betreuung,
4.
die Psychotherapie sowie
5.
die psychosoziale Beratung und Betreuung
durch qualifizierte und mit Fragen des Suchtgiftmissbrauchs hinreichend vertraute Personen.
...
§ 12. (1) Ist auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen, dass eine Person Suchtgift missbraucht, so hat sie die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde der Begutachtung durch einen mit Fragen des Suchtgiftmissbrauchs hinreichend vertrauten Arzt, der erforderlichenfalls mit zur selbstständigen Berufsausübung berechtigten Angehörigen des klinischpsychologischen oder psychotherapeutischen Berufes zusammen zu arbeiten hat, zuzuführen. Die Person hat sich den hiefür notwendigen Untersuchungen zu unterziehen.
(2) Ergibt die Begutachtung, dass eine gesundheitsbezogene Maßnahme gemäß § 11 Abs. 2 notwendig ist, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde darauf hinzuwirken, dass sich die Person einer solchen zweckmäßigen, ihr nach den Umständen möglichen und zumutbaren und nicht offenbar aussichtslosen Maßnahme unterzieht. ... .
...
§ 14. (1) Steht eine Person, die Suchtgift missbraucht, im Verdacht, eine nach § 27 Abs. 1 mit Strafe bedrohte Handlung begangen zu haben, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde nur dann Strafanzeige zu erstatten, wenn sich die Person den notwendigen, zweckmäßigen, ihr nach den Umständen möglichen und zumutbaren und nicht offenbar aussichtslosen gesundheitsbezogenen Maßnahmen gemäß § 11 Abs. 2 nicht unterzieht.
...
(2) Die Sicherheitsbehörden haben der Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde die von ihnen wegen des Verdachts einer nach den §§ 27 oder 28 mit Strafe bedrohten Handlung an die Staatsanwaltschaft erstatteten Anzeige unverzüglich mitzuteilen."
§ 19 AVG lautet (auszugsweise):
"§ 19. (1) Die Behörde ist berechtigt, Personen, die in ihrem Amtsbereich ihren Aufenthalt (Sitz) haben und deren Erscheinen nötig ist, vorzuladen. ... .
(2) In der Ladung ist außer Ort und Zeit der Amtshandlung auch anzugeben, was den Gegenstand der Amtshandlung bildet, in welcher Eigenschaft der Geladene vor der Behörde erscheinen soll (als Beteiligter, Zeuge usw.) und welche Behelfe und Beweismittel mitzubringen sind. In der Ladung ist ferner bekannt zu geben, ob der Geladene persönlich zu erscheinen hat oder ob die Entsendung eines Vertreters genügt und welche Folgen an ein Ausbleiben geknüpft sind.
(3) Wer nicht durch Krankheit, Gebrechlichkeit oder sonstige begründete Hindernisse vom Erscheinen abgehalten ist, hat die Verpflichtung, der Ladung Folge zu leisten und kann zur Erfüllung dieser Pflicht durch Zwangsstrafen verhalten oder vorgeführt werden. Die Anwendung dieser Zwangsmittel ist nur zulässig, wenn sie in der Ladung angedroht waren und die Ladung zu eigenen Handen zugestellt war; sie obliegt den Vollstreckungsbehörden.
(4) Gegen die Ladung oder die Vorführung ist kein Rechtsmittel zulässig."
Im Hinblick auf die in der angefochtenen Erledigung enthaltene Androhung von Zwangsstrafen für den Fall des Nichterscheinens vor der Behörde zum angegebenen Zeitpunkt besteht kein Zweifel, dass es sich dabei um einen Ladungsbescheid im Sinne des § 19 AVG handelt. Gemäß § 19 Abs. 4 AVG war dagegen kein Rechtsmittel zulässig. Die Voraussetzungen für die Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof liegen vor.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Zusammenhang mit § 12 SMG bereits mehrfach die Auffassung vertreten, dass dann, wenn der Verdacht gegeben ist, eine Person missbrauche Sichtgift, im Hinblick auf allenfalls zu setzende ärztliche Maßnahmen Raschheit geboten sei. Im Regelfall könne daher nicht gesagt werden, dass es gleichgültig sei, ob der Betreffende früher oder später bei der Behörde erscheine, weshalb der Behörde eine Überschreitung des Auswahlermessens hinsichtlich der Form der Ladung nicht vorzuwerfen sei, wenn sie sich für einen Ladungsbescheid entscheidet (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. Juni 2001, Zl. 2001/11/0134, und vom 26. Februar 2002, Zl. 2001/11/0348). Zutreffend führt der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang aus, dass Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Ladungsbescheides zur Verfolgung der im § 12 Abs. 1 SMG umschriebenen gesundheitspolizeilichen Zwecke ist, dass bestimmte Tatsachen zur Annahme zwingen, dass "eine Person Suchtgift missbraucht", wobei im Hinblick auf den Regelungsgegenstand als tatbestandsmäßig anzusehen ist, dass der Suchtgiftmissbrauch in der Person des Betreffenden selbst gelegen sein muss. Das Vorhandensein derartiger "bestimmter Tatsachen" muss im Zeitpunkt der Ladung (hier: Erlassung des Ladungsbescheides) gegeben sein (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2002, m. w. N.). Diese Voraussetzungen sind im Beschwerdefall erfüllt.
Der Beschwerdeführer hat nicht nur einen einmaligen oder lange zurückliegenden Cannabiskonsum zu verantworten, sondern hat nach der auf seinen eigenen Angaben beruhenden Anzeige beginnend ab Sommer 2000 Cannabis angebaut und mehrmals konsumiert. Bei seiner Einvernahme am 20. August 2002 gestand er zu, noch am 10. August 2002 Cannabiskraut erworben und konsumiert zu haben. Ob der Beschwerdeführer "süchtig" ist oder nicht, ist hier nicht zu beurteilen, denn nach § 12 Abs. 1 SMG hat die Bezirksverwaltungsbehörde als Gesundheitsbehörde Personen, bei denen auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass sie Suchtgift missbrauchen, der Begutachtung durch einen mit Fragen des Suchtgiftmissbrauchs hinreichend vertrauten Arzt zuzuführen. Der Konsum von Cannabiskraut ist nicht gestattet und somit das Konsumieren als "Missbrauch" anzusehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. Juni 2001, Zl. 2001/11/0135). Da nach der gegebenen Sachlage anzunehmen war, dass der Beschwerdeführer Suchtgift missbraucht, kann es nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde als Gesundheitsbehörde ausgehend von § 12 Abs. 1 SMG den vorliegenden Ladungsbescheid erließ.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet, sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat abzuweisen.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 23. Mai 2003
Schlagworte
Ermessen besondere Rechtsgebiete Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003110042.X00Im RIS seit
22.07.2003