TE Vwgh Erkenntnis 2003/5/23 2003/11/0124

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Veröffentlicht am 23.05.2003
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
90/02 Führerscheingesetz;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

B-VG Art140 Abs1;
FSG 1997 §26 Abs3;
KFG 1967 §73 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Graf, Dr. Gall, Dr. Pallitsch und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des W in M, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 5. Februar 2002, Zl. VerkR-392.732/18-2002-Vie/Hu, betreffend Entziehung der Lenkerberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau vom 21. April 1997 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, am 10. Dezember 1996 um 22.09 Uhr auf einer näher bezeichneten Stelle der Tauernautobahn als Lenker eines dem Kennzeichen nach bestimmten Pkws die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 110 km/h um mindestens 51 km/h überschritten zu haben. Aus der Begründung dieses Straferkenntnisses ergibt sich, dass die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit mit einem Radargerät gemessen wurde.

Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. Mai 1997 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 74 Abs. 1, § 73 Abs. 3 und § 66 Abs. 2 lit. i KFG 1967 die Lenkerberechtigung für die Gruppen B und G vorübergehend für die Dauer von zwei Wochen, gerechnet ab der (am 27. Mai 1997 erfolgten) Zustellung des Bescheides, entzogen.

Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Vorstellung gab die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn mit Bescheid vom 4. Juni 1997 keine Folge.

Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung gab der Landeshauptmann von Oberösterreich mit Bescheid vom 1. Juli 1997 keine Folge. Die dagegen vom Beschwerdeführer an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde wurde von diesem nach Ablehnung ihrer Behandlung mit Beschluss vom 11. März 1999, B 1875/97-6, mit Beschluss vom 28. Mai 1999 gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Mit hg. Erkenntnis vom 18. Jänner 2000, Zl. 99/11/0179, wurde der Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 1. Juli 1997 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Mit (Ersatz-)Bescheid vom 23. Februar 2000 gab der Landeshauptmann von Oberösterreich der Berufung des Beschwerdeführers neuerlich keine Folge. Dieser Bescheid wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2000, Zl. 2000/11/0054, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Mit dem weiteren (Ersatz-)Bescheid vom 5. Februar 2002 gab der Landeshauptmann von Oberösterreich der Berufung des Beschwerdeführers neuerlich keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid vom 4. Juni 1997.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der aus Anlass des vorliegenden Beschwerdeverfahrens vom Verwaltungsgerichtshof gestellte Antrag an den Verfassungsgerichtshof vom 4. Juli 2002, Zl. A 2002/20-1, auszusprechen, dass § 73 Abs. 3 dritter Satz des Kraftfahrgesetzes 1967 - KFG 1967 verfassungswidrig war, sowie der dazu gestellte Eventualantrag wurden mit dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 14. März 2003, G 203/02 u.a., abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des KFG 1967 maßgebend:

"§ 66. Verkehrszuverlässigkeit

(1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 2) und ihrer Wertung (Abs. 3) angenommen werden muss, dass sie auf Grund ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen der in Betracht kommenden Gruppe

a) die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

b) sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

(2) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand

...

i) im Ortsgebiet die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 km/h überschritten hat oder außerhalb des Ortsgebietes die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 50 km/h überschritten hat und die Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde oder

...

(3) Für die Wertung der im Abs. 1 angeführten Tatsachen sind bei strafbaren Handlungen ihre Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend;

...

...

§ 73. Entziehung der Lenkerberechtigung

(1) Besitzern einer Lenkerberechtigung, die nicht mehr im Sinne des § 66 verkehrszuverlässig, nicht mehr geistig oder körperlich geeignet oder nicht mehr fachlich befähigt sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken, ist die Lenkerberechtigung entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit ganz oder nur hinsichtlich bestimmter Gruppen zu entziehen oder durch Befristungen, Auflagen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen der Gültigkeit einzuschränken; ...

(2) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welche Zeit keine neue Lenkerberechtigung erteilt werden darf. Diese Zeit ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen und darf bei Personen, die nicht verkehrszuverlässig sind, unbeschadet des Abs. 3 nicht kürzer als drei Monate sein. ...

...

(3) ...

Bei der erstmaligen Begehung einer Übertretung im Sinne des § 66 Abs. 2 lit. i, sofern die Übertretung nicht unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen worden ist, ist die im Abs. 2 angeführte Zeit mit zwei Wochen, bei der zweiten Begehung einer solchen Übertretung mit sechs Wochen festzusetzen; eine Entziehung der Lenkerberechtigung auf Grund des § 66 Abs. 2 lit. i darf erst ausgesprochen werden, wenn das Strafverfahren wegen der Geschwindigkeitsübertretung in erster Instanz durch Strafbescheid abgeschlossen ist."

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem oben genannten Erkenntnis vom 14. März 2003 die vom Verwaltungsgerichtshof unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des aus Art. 7 B-VG sich ergebenden Sachlichkeitsgebotes vorgebrachten Bedenken nicht geteilt, die verfassungsmäßige Unbedenklichkeit der angefochtenen Bestimmungen in diesem Zusammenhang mit dem "erzieherischen Effekt" der Entziehung begründet und darüber hinaus ausgeführt, eine derartige Maßnahme sei keine Sanktion mit Strafcharakter.

Soweit der Beschwerdeführer die Verfassungswidrigkeit der genannten Bestimmungen aus den vom Verfassungsgerichtshof bereits behandelten Gründen geltend macht, ist er auf das genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes hinzuweisen. Die Auffassung des Beschwerdeführers, es handle sich bei der Lenkerberechtigung um einen zivilrechtlichen Anspruch im Sinne des Art. 6 EMRK, teilt der Verwaltungsgerichtshof nicht und sieht sich daher auch nicht zu einer neuerlichen Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG veranlasst.

Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem einfach gesetzlich gewährleisteten Recht, dass ihm die Lenkerberechtigung nicht entzogen wird, verletzt. Dazu ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer die rechtskräftige Bestrafung wegen der am 10. Dezember 1996 begangenen Übertretung nicht bestritten hat. Er tritt in der vorliegenden Beschwerde auch nicht den unbedenklichen Sachverhaltsfeststellungen der belangten Behörde betreffend das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung entgegen. Es kann daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde vom Vorliegen einer bestimmten Tatsache gemäß § 66 Abs. 2 lit. i KFG 1967 ausgegangen ist, die gemäß § 73 Abs. 3 dritter Satz leg. cit. zur Entziehung der Lenkerberechtigung für die Dauer von zwei Wochen zu führen hatte.

Soweit der Beschwerdeführer darüber hinaus auch die Verletzung des aus Art. 6 Abs. 1 EMRK abgeleiteten Rechtes behauptet, ist er darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof insoweit zufolge Art. 133 Z. 1 in Verbindung mit Art. 144 Abs. 1 B-VG nicht zuständig ist.

Aus den dargelegten Erwägungen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 23. Mai 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003110124.X00

Im RIS seit

27.08.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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