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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
VwGG §46 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Bayjones, Dr. Schick und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, über den Antrag des S in L, vertreten durch Moringer & Moser, Rechtsanwälte OEG in 4040 Linz, Hauptstraße 33/2. Stock, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz (zuständiges Mitglied) vom 2. Jänner 2003, Zl. 001-5-3, betreffend Jubiläumszuwendung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.
Begründung
1. Mit Bescheid des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz (zuständiges Mitglied) vom 2. Jänner 2003 wurde dem Beschwerdeführer anlässlich der Vollendung seines vierzigsten Dienstjahres am 31. Dezember 2002 eine Jubiläumszuwendung im Ausmaß von 33/60 von zwei Monatsbezügen zugesprochen. Als Rechtsgrundlagen waren genannt: § 20c Abs. 1, Abs. 4 Z. 3 und Abs. 5 Oö. Landes-Gehaltsgesetz, § 15 Abs. 1, Abs. 6 Z. 3 und Abs. 7 der Verordnung des Gemeinderates vom 16. September 1999 (NGV 1999), §§ 1, 2 und 11 Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 und § 34 Abs. 2 zweiter Satz Statut für die Landeshauptstadt Linz, LGBl. Nr. 7/1992.
Der Bescheid enthielt folgende Rechtsmittelbelehrung:
"Sie haben das Recht, gegen diesen Bescheid innerhalb von zwei Wochen ab dem Tag seiner Zustellung beim zuständigen Mitglied des Stadtsenates, p.A. Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Amt für Personal und Organisation, schriftlich, telegrafisch oder per Fax (...) das Rechtsmittel der Berufung einzubringen."
2. Nach Zustellung dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer seinen Behauptungen im Wiedereinsetzungsantrag zufolge fristgerecht Berufung. Diese Berufung wurde mit Bescheid des Stadtsenates (zuständiges Mitglied) vom 18. März 2003 als unzulässig zurückgewiesen.
In der Begründung wurden zunächst die maßgeblichen Bestimmungen des Statutes für die Landeshauptstadt Linz, LGBl. Nr. 7/1992 (im Folgenden: StL), dargestellt, sodann ausgeführt, dass der erstinstanzliche Bescheid von dem für Personalangelegenheiten zuständigen Mitglied des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz erlassen worden sei. Die Zuständigkeit des Stadtsenates für die Gewährung von Jubiläumszuwendungen, die ihrem Wesen nach "Belohnungen" seien, ergebe sich aus § 47 Abs. 3 Z 3 StL. Nach § 64 StL sei - vorbehaltlich einer gesetzlichen Sonderregelung - der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz letzte im Instanzenzug anrufbare Behörde im Behördenaufbau der Stadt Linz. Ein in Dienstrechtsangelegenheiten erlassener Bescheid des Stadtsenates stelle demnach auf Grund des gesetzlichen Ausschlusses einer Vorstellung (vgl. § 74 Abs. 1 zweiter Satz leg. cit.) einen unmittelbar bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechts bekämpfbaren Verwaltungsakt dar. Ungeachtet der Stellung des Gemeinderates als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde im Sinne des § 73 Abs. 2 AVG sei somit im individuellen Verwaltungsverfahren der Stadtsenat oberste Dienstbehörde. Eine gesetzliche Sonderbestimmung über den Instanzenzug habe sich im Statutargemeinden-Beamtengesetz, LGBl. Nr. 37/1956, befunden, nach dessen § 116 Abs. 2 gegen auf Grund dieses Gesetzes vom Bürgermeister oder vom Stadtsenat erlassene Bescheide Berufung an den Gemeinderat zulässig gewesen sei. Am 1. Juli 2002 sei das Oö. Statutargemeinden-Beamtengesetz 2002 (Oö. StGBG 2002), LGBl. Nr. 50/2002, in Kraft und zugleich das Statutargemeinden-Beamtengesetz 1956 außer Kraft getreten (§ 144 Abs. 1 und 4 Oö. StGBG 2002). Das Oö. StGBG 2002 enthalte - im Gegensatz zum StGBG 1956 - keine Sonderregelungen über den Instanzenzug im Dienstrechtsverfahren. Es gelte demnach die generelle Regelung des § 64 Abs. 2 StL 1992, wonach gegen Entscheidungen des Stadtsenates keine Berufung zulässig sei. Der mit Berufung angefochtene Bescheid vom 2. Jänner 2003 stelle somit einen in erster und zugleich letzter Instanz ergangenen Verwaltungsakt des eigenen Wirkungsbereiches dar, der unmittelbar bei den Gerichtshöfen des öffentlichen Rechtes zu bekämpfen sei. Die dagegen eingebrachte Berufung sei daher infolge der Erschöpfung des Instanzenzuges von der obersten im Instanzenzug erreichbaren Dienstbehörde als unzulässig zurückzuweisen gewesen.
An der Unzulässigkeit der Berufung vermöge auch die Einräumung einer Berufungsmöglichkeit in der Rechtsmittelbelehrung nichts zu ändern, da durch eine unrichtige positive Rechtsmittelbelehrung ein gesetzlich nicht bestehendes Rechtsmittel nicht begründet werden könne. Gegen die infolge der Erhebung des Rechtsmittels bewirkte Versäumung der Beschwerdefrist biete allerdings § 46 VwGG eine Abhilfe.
3. In der am 8. April 2003 zur Post gegebenen, mit der Beschwerde gegen den Bescheid des zuständigen Mitgliedes des Stadtsenates der Landeshauptstadt Linz Vizebürgermeister Hans Nöstlinger vom 2. Jänner 2003 verbundenen und auf § 46 Abs. 2 VwGG gestützten Wiedereinsetzungsantrag gibt der Beschwerdeführer an, dass ihm der Zurückweisungsbescheid vom 18. März 2003 am 25. März 2003 zugestellt wurde. Er führt aus, dass die Versäumung der Beschwerdefrist ausschließlich darauf zurückzuführen sei, dass er - der im anzufechtenden Bescheid enthaltenen Rechtsmittelbelehrung folgend - das dort dargestellte Rechtsmittel ergriffen habe. An der Versäumung der Frist treffe weder ihn noch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter ein relevantes Verschulden, weil sie sich auf die im anzufechtenden Bescheid enthaltene falsche Rechtsmittelbelehrung verlassen hätten. Die Frist des § 46 Abs. 2 VwGG sei gewahrt, weil er erstmalig am 25. März 2003 von der Versäumung der Frist Kenntnis erlangt habe.
4. Der Wiedereinsetzungsantrag ist gerechtfertigt.
§ 46 VwGG lautet in den hier wesentlichen Teilen wie folgt:
"§ 46. (1) Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
(2) Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist ist auch dann zu bewilligen, wenn die Beschwerdefrist versäumt wurde, weil der anzufechtende Bescheid fälschlich ein Rechtmittel eingeräumt und die Partei das Rechtsmittel ergriffen hat.
(3) Die Wiedereinsetzung ist beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses, in den Fällen des Abs. 2 spätestens zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides zu stellen, der das Rechtsmittel als unzulässig zurückgewiesen hat. Die versäumte Handlung ist gleichzeitig nachzuholen."
Im Hinblick auf die Unrichtigkeit der Rechtsmittelbelehrung ist der Wiedereinsetzungsgrund des § 46 Abs. 2 VwGG gegeben.
Da der Beschwerdeführer auf Grund dieser unrichtigen Rechtsmittelbelehrung die Beschwerdefrist zur Einbringung der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde versäumt hat, liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung nach § 46 Abs. 2 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - vor.
Wien, am 26. Mai 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003120063.X00Im RIS seit
27.08.2003