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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
FrG 1993 §6 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Germ und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hanslik, in der Beschwerdesache des am 3. November 1967 geborenen S in N, vertreten durch Dr. Gabriel Liedermann, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Gudrunstraße 143, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 29. September 1998, Zl. 124.234/2-III/11/98, betreffend Niederlassungsbewilligung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Ein Zuspruch von Aufwandersatz findet nicht statt.
Begründung
Der Beschwerdeführer verfügte über gewöhnliche Sichtvermerke für die Zeiträume vom 10. Dezember 1995 bis 1. Februar 1996, vom 2. Jänner 1996 bis 30. Juli 1996, vom 31. Juli 1996 bis 31. Mai 1997 und vom 1. Juni 1997 bis 30. Juni 1998 jeweils mit dem Vermerk "Künstler".
Am 10. Juni 1998 stellte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt einen "Antrag auf Erteilung einer Bewilligung nach dem Fremdengesetz", wobei er als Beruf "Hilfskraft" angab. Neben dieser Berufsbezeichnung findet sich der Vermerk "Arbeitserlaubnis". Weiters unterfertigte der Beschwerdeführer ein Ansuchen auf "Zweckänderung meiner Aufenthaltsbewilligung"; als neuer Aufenthaltszweck wird angegeben: "jeglicher Aufenthalt".
Die Bezirkshauptmannschaft Wiener Neustadt namens des Landeshauptmannes von Niederösterreich wies mit Bescheid vom 13. August 1998 den Antrag des Beschwerdeführers "auf Zweckänderung" ab und führte begründend (zusammenfassend) aus, für einen quotenpflichtigen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck für das Jahr 1998 stehe kein Quotenplatz mehr zur Verfügung. Der Beschwerdeführer erhob Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 29. September 1998 wies die belangte Behörde diese Berufung gemäß § 23 Abs. 2 FrG 1997 ab. Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens aus, es stehe fest, dass der Beschwerdeführer zuletzt im Besitz eines vom 1. Juni 1997 bis 30. Juni 1998 gültigen Sichtvermerkes als Künstler gewesen sei. Nunmehr beabsichtige er, einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit als Hilfskraft in einer Pizzeria nachzugehen und sei im Besitz einer bis 29. September 1999 gültigen Arbeitserlaubnis. Am 14. August 1998 sei der Beschwerdeführer von Beamten des Gendarmeriepostens F. in einer näher bezeichneten Pizzeria in W. bei der Ausübung von Küchenarbeiten angetroffen worden, obwohl er nicht im Besitze einer Niederlassungsbewilligung mit dem erforderlichen Aufenthaltszweck gewesen sei. Zu den Einwendungen des Beschwerdeführers, wonach er bereits bei Erteilung des letzten Sichtvermerkes, den er als Künstler erhalten habe, bei seinem Dienstgeber zum gleichen Aufenthaltszweck wie nunmehr beschäftigt gewesen sei, sei festzuhalten, dass der Beschwerdeführer zur Ausübung einer derartigen Beschäftigung als Küchenkraft weder in der Vergangenheit berechtigt gewesen noch derzeit berechtigt sei.
Nach Wiedergabe des § 23 Abs. 2 FrG 1997 führte die belangte Behörde weiters aus, die vom Beschwerdeführer beantragte Zweckänderung sei nur dann zu bewilligen, wenn in der Niederlassungsquote gemäß § 18 Abs. 1 FrG 1997 ein Quotenplatz vorhanden sei. Es stehe fest, dass im Bundesland Niederösterreich die gemäß NLV 1998 - NLV - BGBl. II Nr. 371/1997 festgelegte Anzahl der Bewilligungen für Drittstaatsangehörige zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit (§ 3 Abs. 3 Z. 2 NLV) ausgeschöpft sei und demnach für den vom Beschwerdeführer angestrebten Aufenthaltszweck kein erforderlicher Quotenplatz mehr zur Verfügung stehe.
Nach Einleitung des Vorverfahrens und Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde teilte die Bezirkshauptmannschaft Neunkirchen am 4. April 2003 mit, dem Beschwerdeführer sei erstmals am 12. März 2002 eine bis 12. März 2003 befristete Niederlassungsbewilligung mit dem Aufenthaltszweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" erteilt worden, mittlerweile sei ihm am 20. Februar 2003 eine weitere Niederlassungsbewilligung bis 20. Februar 2004 mit dem selben Aufenthaltszweck erteilt worden. Zu der zwischenzeitig erteilten Niederlassungsbewilligung vom Verwaltungsgerichtshof befragt, gab der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 22. April 2003 bekannt, er erachte sich durch den angefochtenen Bescheid deshalb in Rechten verletzt, weil dieser eine Begründung für den beim Verwaltungsgerichtshof zur Zl. 99/21/0182 angefochtenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 14. April 1999 (Anmerkung: Ausweisung gemäß § 34 Abs. 1 Z. 2 iVm § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG 1997) dargestellt habe.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde. Bei einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG ist unter einer "Klaglosstellung" nach § 33 Abs. 1 und § 56 erster Satz VwGG nur eine solche zu verstehen, die durch eine formelle Aufhebung des beim Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides - im Besonderen durch die belangte Behörde oder die allenfalls in Betracht kommende Oberbehörde oder durch den Verfassungsgerichtshof - eingetreten ist (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 9. April 1980, SlgNr. 10.092/A).
§ 33 Abs. 1 VwGG ist aber nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt, wie der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Beschluss vom 9. April 1980 darlegte, z.B. auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat.
Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Beschwerdefall gegeben, weil für den Beschwerdeführer im Falle seines Obsiegens im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eine Niederlassungsbewilligung (und nur eine solche kommt für die Ausübung des geltendgemachten Aufenthaltszwecks in Betracht) nur mit Wirksamkeit ab dem Zeitpunkt der Erteilung dieser Bewilligung hätte ausgestellt werden können (dies gilt auch für die Erteilung einer weiteren Niederlassungsbewilligung, vgl. § 23 Abs. 1 letzter Satz FrG 1997, und das hg. Erkenntnis vom 30. April 1998, Slg. Nr. 14886/A). Eine den Zweckumfang der seinerseits ausgestellten Bewilligung umfassende Niederlassungsbewilligung hat der Beschwerdeführer aber mittlerweile ausgestellt erhalten.
Insoweit der Beschwerdeführer auf die gegen ihn verfügte Ausweisung verweist, ist er zunächst auf den hg. Beschluss vom 25. April 2002, Zl. 99/21/0182, zu verweisen, wonach die dagegen erhobene Beschwerde im Hinblick auf die Ausstellung einer Niederlassungsbewilligung gleichfalls als gegenstandslos erklärt wurde.
Im Übrigen war der Beschwerdeführer bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides auch nicht gemäß § 31 Abs. 4 FrG 1997 rechtmäßig aufhältig. Zwar benötigte er als ausübender Künstler während der Geltungsdauer des Aufenthaltsgesetzes keine Aufenthaltsbewilligung und war daher schon auf Grund seines gewöhnlichen Sichtvermerkes nach dem FrG 1992 aufenthaltsberechtigt. Letzterer hat zwar nach § 113 Abs. 3 erster Satz FrG 1997 durch das Inkrafttreten des FrG 1997 seine Gültigkeit nicht verloren, doch galt er nicht als Aufenthaltstitel im Sinne des § 31 Abs. 4 FrG 1997; überdies hätte der Beschwerdeführer auch als Künstler schon ab 1. Jänner 1998 eine Niederlassungsbewilligung benötigt (vgl. hiezu insbesondere auch § 19 Abs. 2 Z. 2 FrG 1997).
Der gegenständliche Antrag wurde daher weder vor Ablauf der Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltstitels des Beschwerdeführers, noch vor Entstehung einer Sichtvermerkspflicht für ihn (der Beschwerdeführer war durchgehend sichtvermerkspflichtig; die Niederlassungsbewilligungspflicht für Künstler entstand schon am 1. Jänner 1998) gestellt. Die Voraussetzungen des § 31 Abs. 4 FrG 1997 lagen daher nicht vor. Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof könnte daher auch nicht bewirken, dass der Aufenthalt des Beschwerdeführers für Zeiträume nach der Erlassung des angefochtenen Bescheides gleichsam rückwirkend als rechtmäßig anzusehen wäre.
Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.
Mangels einer formellen Klaglosstellung liegt die Voraussetzung für einen Kostenzuspruch gemäß § 56 VwGG nicht vor. Vielmehr kommt § 58 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 zur Anwendung, wonach der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen ist. Da im vorliegenden Fall die Entscheidung über die Kosten allerdings einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, hat der Gerichtshof nach freier Überzeugung entschieden, dass kein Aufwandersatz zugesprochen wird.
Wien, am 26. Mai 2003
Schlagworte
Besondere RechtsgebieteEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2002120088.X00Im RIS seit
16.09.2003