TE Vwgh Erkenntnis 2003/5/27 2001/07/0078

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Veröffentlicht am 27.05.2003
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E3L E13309900;
E3L E15103030;
001 Verwaltungsrecht allgemein;
14/01 Verwaltungsorganisation;
40/01 Verwaltungsverfahren;
83 Naturschutz Umweltschutz;

Norm

31975L0442 Abfallrahmen-RL Art1 lita;
31994L0062 Verpackung-RL Art3;
AVG §56;
AVG §58 Abs2;
AVG §6 Abs1;
AWG 1990 §2 Abs1;
AWG 1990 §4 Abs1 Z1;
AWG 1990 §4 Abs1 Z2;
AWG 1990 §4 Abs1;
AWG 1990 §7 Abs1;
AWG 1990 §7 Abs2;
AWG 1990 §7 Abs2a idF 1996/434;
AWG 1990 §7 Abs2a;
AWG 1990 §7;
AWG 1990 idF 1996/343;
EURallg;
VerpackV 1996 §7 Abs2;
VerpackV 1996;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde der A GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Brigitte Birnbaum und Dr. Rainer Toperczer, Rechtsanwälte in 1030 Wien, Beatrixgasse 3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. April 2001, Zl. MA 22 - 2799/2000, betreffend Zurückweisung eines Feststellungsantrages gemäß § 4 Abs. 1 AWG, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 1999 stellte die beschwerdeführende Partei an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie (BM) den Antrag, gemäß § 7 Abs. 2a Abfallwirtschaftsgesetz - AWG, BGBl. Nr. 325/1990 idF BGBl. Nr. 434/1996, festzustellen, dass es sich bei den Verpackungen des von ihr vertriebenen Edelstahl-Kochgeschirrs um Transportverpackungen im Sinn des § 2 Abs. 2 Verpackungsverordnung, BGBl. Nr. 648/1996 (VerpackVO 1996), handle. Das verpackte Kochgeschirr werde von ihr als Importeur ausschließlich im Weg des Direktvertriebes an Endverbraucher - über Empfehlung oder Verkaufspartys - verkauft und nach erfolgter Bestellung im Weg des Postversandes an Kunden ausgeliefert, sodass es sich bei den Verpackungen um geradezu klassische Transportverpackungen im genannten Sinn handle. Der Betreiber des Sammel- und Verwertungssystems, an dem die beschwerdeführende Partei in Erfüllung ihrer Verpflichtung gemäß § 13 Z. 2 VerpackVO 1996 teilnehme, habe sich auf den Standpunkt gestellt, dass es sich bei diesen Verpackungen nicht um Transportverpackungen, sondern um Verkaufsverpackungen handle. Da der zu entrichtende Entsorgungsbeitrag für Verkaufsverpackungen wesentlich höher wäre, habe die beschwerdeführende Partei ein rechtliches Interesse an der beantragten Feststellung.

Der BM leitete diesen Feststellungsantrag gemäß § 6 Abs. 1 AVG mit Schreiben vom 31. März 2000 an den Magistrat der Stadt Wien weiter und verständigte davon mit weiterem Schreiben von diesem Tag die beschwerdeführende Partei. Der BM vertrat in diesem Schreiben die Auffassung, dass für die Feststellung, ob eine Transportverpackung oder eine Verkaufsverpackung im Sinne des § 2 VerpackVO 1996 vorliege, § 7 Abs. 2a AWG keine Rechtsgrundlage biete. Für die Erlassung eines auf eine andere Rechtsgrundlage gestützten Feststellungsbescheides sei der BM jedoch sachlich nicht zuständig.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (der Erstbehörde) vom 21. August 2000 wurde der Feststellungsantrag der beschwerdeführenden Partei vom 15. Dezember 1999 gemäß § 4 Abs. 1 AWG zurückgewiesen.

Begründend führte die Erstbehörde im Wesentlichen aus, dass die Frage, ob eine Sache als Transportverpackung im Sinn des § 2 Abs. 2 VerpackVO 1996 zu qualifizieren sei, die Frage, ob die Abfalleigenschaft im Sinn des AWG vorliege und zutreffendenfalls, welcher Abfallart (Problemstoff, Altöl, Zuordnung zu einer Schlüsselnummer der Festsetzungsverordnung 1997) die Sache zuzuordnen sei, nicht berühre und daher § 4 Abs. 1 AWG keine Rechtsgrundlage für die begehrte Feststellung darstellen könne. Die Erlassung eines auf allgemeinen Verfahrensgrundsätzen beruhenden Feststellungsbescheides komme nicht in Betracht, weil Gegenstand eines solchen Abspruches nur die Feststellung eines Rechtes oder eines Rechtsverhältnisses sein könne.

Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei Berufung, worin sie im Wesentlichen vorbrachte, dass Verpackungen potentielle Abfälle seien, deren Vermeidung bzw. Wiederverwertung zu regeln sei, mit der Unterscheidung zwischen Transport- und Verkaufsverpackungen zwischen zumindest potentiellen Abfallarten unterschieden werde und "Abfall" ein Überbegriff zu "Verpackung" sei, weil der letztgenannte Begriff in den Geltungsbereich der aufgrund der Ermächtigungen im AWG ergangenen Verpackungsverordnung falle. Die Auffassung, dass nach § 4 Abs. 1 Z. 2 AWG lediglich zwischen Problemstoffen, Altöl und der Zuordnung zu einer Schlüsselnummer der Festsetzungsverordnung 1997 unterschieden werden könne und andere Feststellungsbescheide nicht in Betracht kämen, sei unrichtig. Im Übrigen sei der begehrte Feststellungsbescheid auch im Rahmen des § 7 Abs. 2a AWG zu erlassen, weil die Zweifelsfrage, ob Abfall einer Verordnung gemäß § 7 Abs. 2 leg. cit. unterliege, in der Regel auch einschließe, welcher von mehreren in der Verordnung enthaltenen Abfalldefinitionen die Sache unterliege. Es könne dem Gesetzgeber nicht unterstellt werden, dass es seine Absicht wäre, eine Zweifelsfrage dadurch zu lösen, dass neue ungelöste Zweifelsfragen entstünden. Es werde daher vorsichtshalber gerügt, dass sich der BM rechtswidrig als nicht zuständig angesehen und die Angelegenheit formlos an die Erstbehörde abgetreten habe.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Wien (der belangten Behörde) vom 3. April 2001 wurde gemäß § 66 Abs. 4 AVG die Berufung abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass Transportverpackungen nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 2 VerpackVO 1996 weder den subjektiven noch den objektiven Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 Z. 1 und 2 AWG erfüllten und die Definition (Transportverpackung) auf die bestimmungsgemäße Verwendung bestimmter Erzeugnisse und damit auf einen Zeitraum abstelle, während dessen die Abfalleigenschaft dieser Sachen noch nicht gegeben sei. Da schon die Abfalleigenschaft der Verpackung des Edelstahl-Kochgeschirrs zu verneinen sei, stelle sich die Frage, ob begründete Zweifel bestünden, welcher Abfallart diese Sache zuzuordnen wäre, erst gar nicht und lägen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Feststellungsbescheides nach § 4 Abs. 1 Z. 2 AWG nicht vor. Wie die Erstbehörde zutreffend ausgeführt habe, komme mangels einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage nur die Erlassung eines auf allgemeinen Verfahrensgrundsätzen beruhenden Feststellungsbescheides in Betracht. Da die beschwerdeführende Partei mit ihrem Antrag auf Feststellung, ob eine Verpackung als Transportverpackung im Sinn des § 2 Abs. 2 VerpackVO 1996 anzusehen sei, nicht etwa die Feststellung eines unklaren Rechtes oder Rechtsverhältnisses, sondern die der rechtlichen Qualifikation einer Sache anstrebe, bestehe für die begehrte Feststellung keine Rechtsgrundlage, sodass die Erstbehörde zu Recht den Feststellungsantrag zurückgewiesen habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich als in ihrem Recht auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 4 Abs. 1 AWG, "allenfalls" auch nach § 7 Abs. 2a AWG verletzt und bringt vor, es sei zwar grundsätzlich richtig, dass § 4 Abs. 1 AWG nur auf Sachen anwendbar sei, deren Abfalleigenschaft zu bejahen sei. Nach der Zielsetzung des AWG und der VerpackVO 1996 unterlägen jedoch bewegliche Sachen bereits dann, wenn feststehe, dass diese bestimmungsgemäß und typischerweise zu Abfall werden würden, dem AWG (§ 2 Abs. 1 Z. 2) und dieser Verordnung und nicht erst dann, wenn sie zu Abfall geworden seien. Es wäre mit den Zielen der Abfallwirtschaft nicht vereinbar, wenn der angestrebte Feststellungsbescheid erst dann beantragt werden könnte, wenn einer der Kunden der beschwerdeführenden Partei von seinem Rückgaberecht Gebrauch gemacht habe und diese in den physischen Besitz der Verpackungen gekommen sei, derer sich der Eigentümer (Kunde) entledigt habe. Die bisher befassten Behörden hätten daher zu Unrecht eine Entscheidung in der Sache selbst abgelehnt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei hat ihren Feststellungsantrag vom 15. Dezember 1999 auf § 7 Abs. 2a AWG gestützt und nach der Weiterleitung gemäß § 6 Abs. 1 AVG durch den BM im Verwaltungsverfahren zum Ausdruck gebracht, den Antrag nicht nur weiterhin auf § 7 Abs. 2a AWG, sondern auch auf § 4 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. zu stützen.

Gemäß § 4 Abs. 1 leg. cit. hat die Behörde, bestehen begründete Zweifel (Z. 1) ob eine Sache Abfall im Sinn dieses Bundesgesetzes ist, (Z. 2) welcher Abfallart diese Sache gegebenenfalls zuzuordnen ist oder (Z. 3) ob eine bestimmte Sache bei der Verbringung gemäß §§ 34 ff als notifizierungspflichtig erfasst ist, dies entweder von Amts wegen oder auf Antrag des Verfügungsberechtigten mit Bescheid festzustellen und kann ein Feststellungsbescheid gemäß Z. 2 nur beantragt werden, sofern nicht § 4a - diese Bestimmung regelt die Ausstufung gefährlicher Abfälle - zur Anwendung kommt.

Inhalt und Ziel dieses Antrages der beschwerdeführenden Partei ist die Feststellung, dass es sich bei den Verpackungen des von ihr vertriebenen Kochgeschirrs um Transportverpackungen im Sinn des § 2 Abs. 2 VerpackVO 1996 - und nicht um Verkaufsverpackungen im Sinn dieser Verordnung - handle. Entgegen der Beschwerdeansicht bietet § 4 Abs. 1 AWG für eine solche Feststellung keine Grundlage:

Das Regelungsgefüge des AWG 1990 enthält nicht nur Vorschriften darüber, wie mit angefallenen Abfällen zu verfahren ist, sondern etwa in § 7 AWG auch Vorschriften, die der Vermeidung des Entstehens von Abfällen dienen sollen und in Verfolgung dieses gesetzlich festgeschriebenen Zieles - so in § 7 Abs. 2 leg. cit. - Pflichten der Wirtschaftstreibenden normieren, die damit gesetzlich grundgelegt und in ihrer näheren Ausgestaltung den gemäß § 7 Abs. 1 AWG zu erlassenden Verordnungen vorbehalten wurden. Eine der (u.a.) auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 und 2 AWG erlassenen Verordnungen ist die VerpackVO 1996.

§ 2 Abs. 1 erster Satz, Abs. 2 und 3, § 3 Abs. 1 erster Satz und § 4 Abs. 1 VerpackVO 1996 haben folgenden Wortlaut:

"§ 2. (1) Als Verpackungen im Sinne dieser Verordnung gelten Packmittel, Packhilfsmittel, Paletten oder Erzeugnisse, aus denen unmittelbar Packmittel oder Packhilfsmittel hergestellt werden. ...

(2) Transportverpackungen sind Verpackungen wie Fässer, Kanister, Kisten, Säcke, Paletten, Schachteln, geschäumte Schalen, Schrumpffolien oder ähnliche Umhüllungen sowie Bestandteile von Transportverpackungen, die dazu dienen, Waren oder Güter entweder vom Hersteller bis zum Vertreiber oder auf dem Weg über den Vertreiber bis zur Abgabe an den Letztverbraucher vor Schäden zu bewahren, oder die aus Gründen der Sicherheit des Transportes verwendet werden.

(3) Verkaufsverpackungen sind Verpackungen wie Becher, Beutel, Blister, Dosen, Eimer, Fässer, Flaschen, Kanister, Säcke, Schachteln, Schalen, Tragetaschen, Tuben oder ähnliche Umhüllungen sowie Bestandteile von Verkaufsverpackungen, die vom Letztverbraucher oder einem Dritten in dessen Auftrag bis zum Verbrauch oder zum Gebrauch der Waren oder Güter, insbesondere als Träger von Gebrauchs- oder gesetzlich vorgeschriebenen Produktinformationen, verwendet werden. Erfüllt eine Verpackung sowohl die Aufgaben einer Verkaufs- als auch die einer Transportverpackung, gilt sie als Verkaufsverpackung.

...

§ 3. (1) Hersteller, Importeure, Abpacker und Vertreiber von Transport- oder Verkaufsverpackungen sind unbeschadet der zusätzlichen Verpflichtung des Letztvertreibers gemäß § 4 verpflichtet, Transportverpackungen sowie Verkaufsverpackungen nach Gebrauch unentgeltlich zurückzunehmen, soweit sie nicht nachweislich direkt an Großanfallstellen (§ 2 Abs. 7) geliefert werden. ...

§ 4. (1) Wer Transport- oder Verkaufsverpackungen auch an Letztverbraucher abgibt (Letztvertreiber), hat jedenfalls für diese Verpackungen entweder nachweislich an einem Sammel- und Verwertungssystem teilzunehmen oder Maßnahmen im Sinne des § 3 Abs. 6 zu setzen, soweit nicht bereits ein vorgelagerter Hersteller, Importeur, Abpacker oder Vertreiber nachweislich für die jeweils übergebenen Verpackungen an einem Sammel- oder Verwertungssystem teilnimmt und dies schriftlich bestätigt. Für einen Letztvertreiber, der an eine Großanfallstelle liefert, gilt § 3 Abs. 1."

Neben diesen zwischen Transport- und Verkaufsverpackungen differenzierenden Bestimmungen enthält die VerpackVO 1996 weitere Regelungen, worin zwischen Transport- und Verkaufsverpackungen, so z. B. in Ansehung von Pflichten der Hersteller, Importeure, Abpacker und Vertreiber (vgl. § 3 Abs. 2 und 3 dieser Verordnung), unterschieden wird.

Gemäß § 7 Abs. 2a AWG hat, wenn Zweifel bestehen, ob eine bestimmte Sache (Ware, Warenrest, Gebinde, Verpackungsmaterial und dergleichen.) einer Verordnung gemäß Abs. 2 unterliegt, der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie (nunmehr: für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) darüber auf Antrag eines Verpflichteten oder von Amts wegen einen Feststellungsbescheid zu erlassen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 11. März 1999, Zl. 98/07/0058, ausgeführt hat, beziehen sich die in § 7 Abs. 2 AWG aufgezählten, der näheren Ausgestaltung durch Verordnung überlassenen Pflichten im Hinblick auf Verpackungen insoweit auch auf Sachen, die dem Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 leg. cit. nicht zu unterstellen sind. So sind etwa Behältnisse - in dem diesem Erkenntnis zugrunde liegenden Beschwerdefall handelte es sich um Marmeladen- und Konfitüreneimer -, in die zum Verkauf bestimmte Waren abgefüllt sind und die mit ihrem Inhalt gemeinsam verkauft werden, jedenfalls zum Zeitpunkt ihres Verkaufes und bis zum Aufbrauchen ihres Inhaltes durch den Letztverbraucher als Abfall im Sinn des § 2 Abs. 1 leg. cit. nicht beurteilbar. Dass es für die Frage, ob eine als Verpackung verwendete Sache einer nach § 7 Abs. 2 leg. cit. erlassenen Verordnung unterliegt, auf die Subsumierbarkeit der betroffenen Sache unter die Bestimmung des § 2 Abs. 1 leg. cit. nicht ankommt, ist ein Auslegungsergebnis, welches auch durch die Vorgabe des Gemeinschaftsrechtes geboten ist. Es hängt daher auch die nach § 7 Abs. 2a leg. cit. vorzunehmende Beurteilung der Frage, ob eine bestimmte Sache einer Verordnung nach § 7 Abs. 2 leg. cit. unterliegt, nicht davon ab, ob die betroffene Sache als Abfall im Sinne des § 2 Abs. 1 leg. cit. anzusehen wäre. Zur näheren Begründung wird auf dieses Erkenntnis verwiesen.

Entgegen der Beschwerdeansicht handelt es sich bei der Feststellung, ob eine Warenverpackung als Transportverpackung (oder als Verkaufsverpackung) im Sinn der VerpackVO 1996 zu qualifizieren ist, nicht um die Feststellung einer Abfalleigenschaft im Sinn des § 4 Abs. 1 Z. 2 AWG, kommt es doch für die Einstufung einer Sache unter die Regelungen einer nach § 7 Abs. 2 AWG erlassenen Verordnung (hier: der VerpackVO 1996) nicht darauf an, ob diese Sache den Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 AWG erfüllt. Die Feststellung nach § 4 Abs. 1 Z. 2 AWG setzt zwingend voraus, dass es sich bei der zu beurteilenden Sache um Abfall im Sinn des AWG handelt (vgl. § 4 Abs. 1 Z. 1 leg. cit.), somit der Abfallbegriff des § 2 Abs. 1 leg. cit. erfüllt ist. Es ist daher - weil es für den Anwendungsbereich einer Verordnung nach § 7 Abs. 2 AWG nicht darauf ankommt, ob die betroffene Sache als Abfall im Sinn des § 2 Abs. 1 AWG anzusehen ist - eine Feststellung, ob eine Sache die Voraussetzungen eines in der VerpackVO 1996 normierten Tatbestandes erfüllt, nicht auf der Grundlage des § 4 Abs. 1 AWG zu treffen.

Zielrichtung des § 7 AWG und der VerpackVO 1996 ist generell die Vermeidung bzw. Verringerung von Abfällen und die Förderung der Kreislaufwirtschaft. Um Unsicherheiten und Zweifel, ob eine bestimmte Sache den Regelungen einer nach § 7 Abs. 2 AWG erlassenen Verordnung, etwa der VerpackVO 1996, unterliegt, beseitigen zu können, wurde mit der EU-Novelle 1996 zum AWG, BGBl. Nr. 434, durch § 7 Abs. 2a AWG die Möglichkeit geschaffen, über Antrag des Verpflichteten oder von Amts wegen einen zur Klärung dieser Zweifel dienenden Feststellungsbescheid zu erlassen. Diese Gesetzesbestimmung bietet eine Grundlage nicht nur für die Feststellung, ob eine Sache überhaupt einer Verordnung gemäß § 7 Abs. 2 AWG - auf den vorliegenden Beschwerdefall bezogen: der VerpackVO 1996 - unterliegt, sondern auch in Zweifelsfällen für eine Feststellung, ob auf diese Sache nur Teile dieser Verordnung Anwendung finden bzw. ob diese Sache einzelne in der Verordnung normierte Tatbestände erfüllt oder nicht erfüllt. So hat der Verwaltungsgerichtshof etwa in seinem Erkenntnis vom 17. Oktober 2002, Zl. 99/07/0119, die auf § 7 Abs. 2a AWG gestützte bescheidmäßige Feststellung des BM, ob eine Verpackungsfolie als Verpackung im Sinn des § 7 Abs. 2 VerpackVO 1996 zu qualifizieren ist, sodass auf sie einzelne in dieser Bestimmung angeführte Regelungen der Verordnung nicht anwendbar sind, als zulässig angesehen. Gleiches gilt für die Frage, ob eine Verpackung als Transportverpackung einzustufen ist.

Ein auf § 7 Abs. 2a AWG gestützter Feststellungsantrag zur Klärung der Frage, ob es sich bei einer Verpackung um eine Transport- oder um eine Verkaufsverpackung im Sinn der VerpackVO 1996 handelt, ist daher zulässig, wenn der Antragsteller dartut, dass von dieser Unterscheidung abhängt, ob einzelne für ihn Pflichten begründende Bestimmungen der VerpackVO 1996 zur Anwendung gelangen oder nicht anzuwenden sind, und er in Zweifelsfällen sohin ein rechtliches Interesse an der Klärung dieser Frage hat. Die Feststellung, in welche der beiden genannten Verpackungskategorien eine Verpackung einzuordnen ist, ist jedoch, wie oben ausgeführt, nicht in dem Verfahren gemäß § 4 Abs. 1 AWG zu treffen.

Da die für eine solche Feststellung maßgebliche Rechtsfrage im Rahmen eines Verfahrens nach § 7 Abs. 2a AWG zu entscheiden ist, wäre auch die Erlassung eines Feststellungsbescheides außerhalb ausdrücklicher gesetzlicher Einzelermächtigung (vgl. dazu etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren I2 zu § 56 AVG E 204 zitierte hg. Judikatur) zufolge der Subsidiarität dieses Rechtsbehelfs nicht zulässig (vgl. die in Walter/Thienel, aaO, zu § 56 AVG E 213 zitierte hg. Rechtsprechung).

Soweit sich die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid überdies in dem Recht auf Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 7 Abs. 2a AWG als verletzt erachtet, macht sie das Unterbleiben einer solchen Entscheidung durch den BM geltend. Insoweit kann sie jedoch durch den angefochtenen Bescheid nicht in Rechten verletzt sein. Die beschwerdeführende Partei hat, wie oben dargelegt, nach Weiterleitung ihres Feststellungsantrages durch den BM im Verwaltungsverfahren zum Ausdruck gebracht, ihren Antrag nicht mehr nur auf § 7 Abs. 2a AWG, sondern auch auf § 4 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. zu stützen. Die Erstbehörde und die belangte Behörde haben über diesen Antrag nur unter dem Blickwinkel des § 4 Abs. 1 AWG, nicht jedoch gemäß § 7 Abs. 2a leg. cit. abgesprochen, wobei deren Zuständigkeit für die Erlassung eines Feststellungsbescheides gemäß § 7 Abs. 2a AWG auch gar nicht gegeben gewesen wäre. Wenn die Erstbehörde in der Begründung ihres von der belangten Behörde bestätigten Bescheides ausgeführt hat, dass es keine Stelle gebe, die zur Erlassung des begehrten Feststellungsbescheides zuständig wäre, so kommt diesen Ausführungen keine normative Bedeutung und keine Bindungswirkung zu (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die in Walter/Thienel, aaO, zu § 6 AVG E 58, zitierte hg. Judikatur). In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es einer Partei, die die Rechtsmeinung der gemäß § 6 Abs. 1 AVG abtretenden Behörde nicht teilt, freisteht, auf der Erledigung des Antrages durch diese zu beharren, womit sie deren - durch die Abtretung nach § 6 Abs. 1 AVG vorerst erloschene - Entscheidungspflicht neuerlich auslöst (vgl. dazu die in Walter/Thienel, aaO, zu § 6 AVG E 52 zitierte hg. Rechtsprechung).

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 27. Mai 2003

Schlagworte

Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Verhältnis zu anderen Materien und Normen AVGSpruch und BegründungAnspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung FeststellungsbescheideIndividuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2001070078.X00

Im RIS seit

04.07.2003

Zuletzt aktualisiert am

19.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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