TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/4 99/13/0173

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Veröffentlicht am 04.06.2003
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;

Norm

EStG 1988 §16 Abs1;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3 Z6;
EStG 1988 §2 Abs4 Z2;
EStG 1988 §28;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Ginthör, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Halm, Wirtschaftsprüfer in 1090 Wien, Berggasse 10, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 13. Juli 1999, Zl. RV/291-15/13/99, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 1996, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 332 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Nach einer am 27. März 1997 beim Finanzamt eingegangenen Erklärung zur Durchführung der Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 1996 bezog der Beschwerdeführer lohnsteuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, bei denen er - im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr strittige - Werbungskosten geltend machte. Gegen den Einkommensteuerbescheid 1996 (Arbeitnehmerveranlagung) vom 23. Jänner 1998 erhob der Beschwerdeführer Berufung. Im Berufungsschriftsatz vom 3. Februar 1998, der die bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemachten Werbungskosten betraf, stellte der Beschwerdeführer für den Fall der Vorlage seines Rechtsmittels an die Abgabenbehörde II. Instanz den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung. Im Rahmen einer Vorhaltsbeantwortung vom 7. April 1998 teilte der Beschwerdeführer mit, dass er bei Durchsicht seiner Unterlagen festgestellt habe, dass er im Jahr 1996 weitere Anwaltskosten von 360.000 S in einem Erbschaftsstreit gehabt habe, "wo es um die Erlangung von Einkunftsquellen gegangen ist, wie sich aus der beiliegenden Klage und dem bezughabenden Urteil ergibt". Der Beschwerdeführer beantragte, diesen Betrag als Werbungskosten für 1996 anzuerkennen. In einer weiteren Eingabe vom 14. Mai 1998 führte der Beschwerdeführer u.a. zur "Prozessführung in der Verlassenschaft nach meiner Mutter", verstorben am 27. April 1991, aus, wie sich aus der beigefügten Kopie einer Klage vom 6. Juli 1992 ergebe, hätte er im Falle des Obsiegens eine Eigentumswohnung in Linz, M.-Straße 4, erwerben können "und hätte ich diese Wohnung als Einkunftsquelle verwenden können durch Vermietung". Dies deswegen, weil der Beschwerdeführer in Wien wohnhaft sei und daher ein Wohnbedürfnis in Linz sicherlich nicht zu befriedigen gewesen wäre. Im Gerichtsverfahren sei "einfaches Ruhen" vereinbart worden und habe daher jede Prozesspartei ihre Kosten selbst zu tragen gehabt. Für seinen Teil habe der Beschwerdeführer Rechtsanwaltskosten von 360.000 S am 23. April 1996 bezahlen müssen (eine Kopie des Zahlungsbeleges an den Rechtsanwalt war beigeschlossen).

Nach Ergehen einer Berufungsvorentscheidung vom 9. Juli 1998, in der lediglich zusätzliche Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit Berücksichtigung fanden, stellte der Beschwerdeführer am 4. August 1998 den Antrag auf Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde II. Instanz. Die Berufungsvorentscheidung vom 9. Juli 1998 erscheine deswegen unrichtig, weil die Kosten der Prozessführung in der Verlassenschaft nach seiner Mutter in Höhe von 360.000 S nicht als Werbungskosten abgezogen worden seien. Auf die Erläuterung des Grundes für diesen Aufwand nach dem Schreiben vom 14. Mai 1998 werde verwiesen. In einer mit Schriftsatz vom 7. Oktober 1998 "in Anhang zur Berufung vom 04.08.1998" überreichten Einkommensteuererklärung für 1996 waren negative Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 360.000 S betreffend die Eigentumswohnung in Linz ausgewiesen.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung - im Umfang der Berufungsvorentscheidung- teilweise statt. Zu den nicht berücksichtigten geltend gemachten Werbungskosten von 360.000 S wurde auf verschiedene Rechtsstreitigkeiten im Zuge des Verlassenschaftsverfahrens nach der Mutter des Beschwerdeführers hingewiesen. U.a. habe der Beschwerdeführer als Vertreter der Verlassenschaft durch Klage vom 7. Juli 1992 die mittels Notariatsakt vom 19. September 1990 von der Mutter an seine Schwester erfolgte Schenkung der Eigentumswohnung in Linz, M.-Straße 4, angefochten. Von der beklagten Schwester sei dieser Anspruch bestritten worden und in weiterer Folge nach den Angaben des Beschwerdeführers "einfaches Ruhen des Verfahrens" vereinbart worden. Bei den strittigen Werbungskosten von 360.000 S handle es sich um die vom Anwalt des Beschwerdeführers eingeklagten Vertretungskosten, die vom Beschwerdeführer für Vertretungshandlungen in mehreren Verfahren lt. Vergleichsausfertigung vom 15. März 1996 zu bezahlen gewesen seien.

Nach § 260 Abs. 2 lit. d BAO sei - so die belangte Behörde weiter in der Begründung des angefochtenen Bescheides - für Entscheidungen über die veranlagte Einkommensteuer nur dann ein Berufungssenat zuständig, wenn im angefochtenen Bescheid andere als lohnsteuerpflichtige Einkünfte erfasst seien. Da der bekämpfte

erstinstanzliche Bescheid nur lohnsteuerpflichtige Einkünfte erfasst habe, sei über die Berufung gemäß § 260 Abs. 1 BAO monokratisch zu entscheiden. Dem Antrag des Beschwerdeführers auf Durchführung einer Berufungsverhandlung habe nicht entsprochen werden können, weil eine solche nur im Senatsverfahren vorgesehen sei. Die strittige Prozessführung sei dadurch motiviert gewesen, dass sich der Beschwerdeführer zu Unrecht in seinem Erbe geschmälert angesehen und deshalb den Versuch unternommen habe, durch den Erbschaftsstreit und die Klagsführung gegen die Schwester seinen "vollen" Erbanspruch durchzusetzen. Dieser private Beweggrund stehe "gegenüber einer rein hypothetischen, durch keinerlei Beweise belegten und wohl auch nicht belegbaren Absicht, das strittige Objekt im Falle des Obsiegens im Erbschaftsstreit zur Einkunftserzielung verwenden zu wollen, im Vordergrund". Der Zusammenhang der strittigen Aufwendungen mit einer derartigen unbewiesenen Einkunftserzielungsabsicht sei nicht nur für sich schon viel zu "unkonkret", um eine Abzugsfähigkeit der Kosten als Werbungskosten nach sich ziehen zu können, "sondern dieses Motiv tritt gegenüber der privaten Veranlassung der Ausgaben auch völlig in den Hindergrund". Den geltend gemachten Kosten sei damit nach § 20 EStG 1988 die Abzugsfähigkeit zu versagen. Damit könne auch dahingestellt bleiben, ob die strittigen Kosten tatsächlich und ausschließlich durch die Schenkungsanfechtung in Bezug auf die Eigentumswohnung entstanden seien (aus der Klagsschrift des Rechtsanwaltes über den Honoraranspruch gehe beispielsweise hervor, dass die im Vergleich vereinbarten 360.000 S für Vertretungshandlungen in drei verschiedenen Verfahren angefallen seien, von denen nur eines teilweise Leistungen im Zusammenhang mit der Schenkungsanfechtung umfasst habe).

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Berufungssenat hat gemäß § 260 Abs. 2 BAO als Organ der Abgabenbehörde II. Instanz über Berufungen gegen die dort taxativ aufgezählten Bescheide zu entscheiden. Nach § 260 Abs. 2 lit. d BAO idF BGBl. Nr. 818/1993 betrifft diese Entscheidungspflicht u. a. Abgabenbescheide (§§ 198, 200) über die veranlagte Einkommensteuer (mit Ausnahme von Bescheiden, in denen keine anderen als lohnsteuerpflichtige Einkünfte im einkommensteuerrechtlichen Sinn erfasst sind). Im Beschwerdefall richtete sich die Berufung des Beschwerdeführers gegen einen erstinstanzlichen Abgabenbescheid, in dem keine anderen als lohnsteuerpflichtige Einkünfte im einkommensteuerrechtlichen Sinn erfasst waren. Damit war aber nach § 260 Abs. 2 BAO keine Zuständigkeit des Berufungssenates gegeben, woran auch die Geltendmachung der strittigen Werbungskosten aus der beabsichtigten Vermietung im Laufe des Berufungsverfahrens (und ihre Aufnahme in die am 7. Oktober 1998 abgegebene Einkommensteuererklärung) nichts ändert. Mit dem im Zusammenhang mit der Rüge des Unterbleibens einer Berufungsverhandlung erstatteten Beschwerdevorbringen, über die gegenständliche Berufung hätte nicht monokratisch entschieden werden dürfen, wird damit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt.

Werbungskosten können unter Umständen bereits steuerliche Berücksichtigung finden, bevor noch der Steuerpflichtige aus einer Vermietung Einnahmen im einkommensteuerrechtlichen Sinn erzielt. Für eine Berücksichtigung solcher Vorwerbungskosten reichen allerdings weder bloße Absichtserklärungen des Steuerpflichtigen über eine künftige Vermietung aus, noch der Umstand, dass der Steuerpflichtige bloß die Möglichkeit der Erzielung von Einkünften aus der Vermietung ins Auge fasst. Voraussetzung einer Berücksichtigung von Werbungskosten vor der Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung ist, dass die ernsthafte Absicht zur späteren Einnahmenerzielung auf Grund bindender Vereinbarungen oder sonstiger über die Absichtserklärung hinausgehender Umstände als klar erwiesen angesehen werden kann (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. September 2001, 96/15/0231, und vom 30. April 2003, 98/13/0127). Setzt die Anerkennung von Aufwendungen vor der Erzielung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten voraus, dass ein Mietobjekt vorhanden ist, dessen Vermietung in einer nach außen tretenden Weise erkennbar beabsichtigt ist, dann kommen Aufwendungen für ein in der Folge tatsächlich nicht erworbenes Mietobjekt als Werbungskosten der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung zwangsläufig nicht in Betracht (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. April 1998, 95/13/0129).

In der Beschwerde wird im Wesentlichen eine Mangelhaftigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde hinsichtlich der Vermietungsabsicht des Beschwerdeführers in Bezug auf die durch die Prozessführung gegenüber seiner Schwester (vergeblich) angestrebte Erlangung der Eigentumswohnung in Linz geltend gemacht. Wie ausgeführt, ist aber für die Anerkennung so genannter Vorwerbungskosten die bloße Vermietungsabsicht nicht ausreichend. Den in der Beschwerde diesbezüglich gerügten Verletzungen von Verfahrensvorschriften käme damit keine Relevanz zu.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001. Wien, am 4. Juni 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1999130173.X00

Im RIS seit

03.07.2003

Zuletzt aktualisiert am

30.10.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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