TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/5 99/15/0129

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Veröffentlicht am 05.06.2003
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Index

32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;
32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

EStG 1972 §2 Abs2;
EStG 1972 §2 Abs3 Z6;
EStG 1972 §28;
EStG 1988 §2 Abs2;
EStG 1988 §2 Abs3 Z6;
EStG 1988 §28;
LiebhabereiV 1993 §2 Abs4 idF 1997/II/358;
LiebhabereiV 1993 §8 Abs3 idF 1997/II/358;
LiebhabereiV 1993;
LiebhabereiV;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Reinisch, über die Beschwerde des Ing. J in S, vertreten durch Dr. Gerhard Lebitsch, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Rudolfskai 48, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat) vom 17. November 1998, Zl. RV 054.93/1- 7/93 betreffend Einkommensteuer 1988 bis 1990 und 1992 sowie Umsatzsteuer 1989, 1990 und 1992, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erwarb im Juli 1988 eine Eigentumswohnung. Nach Umbau bzw Sanierung vermietete er die Wohnung ab 1. Februar 1990.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid betreffend Einkommensteuer 1988 bis 1990 und 1992 sowie Umsatzsteuer 1989, 1990 und 1992 anerkannte die belangte Behörde die Wohnungsvermietung weder als Einkunftsquelle noch als umsatzsteuerlich relevante Betätigung. Prognoserechnungen ergäben, dass die Vermietung nicht geeignet sei, innerhalb eines absehbaren Zeitraumes einen Einnahmenüberschuss abzuwerfen, weshalb steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vorliege.

Der Beschwerdeführer habe insgesamt vier Prognoserechnungen vorgelegt. Diese wiesen u.a. folgende Besonderheiten auf: Die Prognoserechnung I und II gingen von jährlichen Mietsteigerungen um 6.000 S (Jahresmieteinnahmen 1990: 66.000 S, 1991: 72.000 S, 1992: 78.000 S, usf) sowie von Sondertilgungen aus, sodass ab 1999 bzw 2000 keine Fremdmittelzinsen als (prognostizierte) Werbungskosten angesetzt seien. Die Prognoserechnung III gehe von einer Mietsteigerung von jährlich 2,5% bzw 3% sowie von Sondertilgungen aus und berücksichtige ab 1997 keine Fremdmittelzinsen mehr. Die Prognoserechnung IV gehe von einer Mietsteigerung von jährlich 4% aus und errechne für das 23. Jahr ab Vermietungsbeginn (Jahr 2003) die Erreichung eines Gesamt-Einnahmenüberschusses von 37.076,28 S.

Die belangte Behörde ging davon aus, dass eine - tatsächlich erfolgte - Kredittilgung des Jahres 1998 in Höhe von 458.588 S (gänzliche Tilgung des Darlehens bei der R-Bank Salzburg) eine Sondertilgung sei, weshalb bei der Prognoserechnung Zinsaufwendungen auch für nachfolgende Jahre anzusetzen seien.

Die belangte Behörde erstellte eine Prognose, die von der vom Beschwerdeführer vorgelegten Prognose IV ausging, davon aber (abgesehen von geringfügigen "sonstigen Werbungskosten") hinsichtlich der Höhe der ab 1997 angenommenen Mieteinnahmen und hinsichtlich der Darlehenszinsen für das Darlehen bei der R-Bank Salzburg abwich. Die belangte Behörde ging zur Ermittlung der erwarteten Mieteinnahmen ab 1997 im Wesentlichen von einer jährlichen Mietsteigerung von ca 1% aus (Seiten 37, 38 und 46, 47 des angefochtenen Bescheides); dieser Prognose zufolge werde im

29. Jahr ab Wohnungskauf (Jahr 2016) ein Gesamt-Einnahmenüberschuss erreicht. Die belangte Behörde führt aus, der Zeitraum würde sich noch wesentlich verlängern, würde bei den Werbungskosten auch voraussichtliche Reparatur- und Sanierungsmaßnahmen berücksichtigt werden.

Die belangte Behörde stellte eine weitere Prognoserechnung auf, bei der sie die laufende Mietsteigerung aufgrund des Anstieges des Verbraucherpreisindex in den ersten Jahren der Vermietung (1990 bis 1992, jährlich ca 4%) fortschrieb, aber berücksichtigte, dass den Mietvertragsbedingungen zufolge eine tatsächliche Mieterhöhung jeweils erst bei einem Anstieg des Verbraucherpreisindex um 5% gegenüber dem Verbraucherpreisindex der letzten Mietanhebung eintritt. Diese Prognoserechnung (Seite 61 des angefochtenen Bescheides) weist nach 23 Jahren ab Wohnungskauf (nach dem Jahr 2010) - ebenfalls ohne Berücksichtigung allfälliger Reparatur- bzw Sanierungsaufwendungen - noch einen Gesamtverlust von 219.118 S aus.

Die belangte Behörde führt aus, der Beschwerdeführer habe in der Prognoserechnung Sondertilgungen der Fremdmittel berücksichtig wissen wollen und dies damit begründet, dass er "eine möglichst rasche Rückführung der Verbindlichkeit erreichen wollte". Für die belangte Behörde sei bedeutsam, dass diese Sondertilgungen dem Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Prognoserechnung noch nicht der Höhe nach bekannt gewesen seien. Nach Ansicht der belangten Behörde reiche der vom Beschwerdeführer vorgebrachte Umstand nicht aus, um einen durch Sondertilgung abgesenkten Fremdmittelstand der Prognose zugrunde zu legen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 8. Juni 1999, B 219/99, ab und trat die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Behandlung ab.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

Strittig ist die Frage, ob die belangte Behörde die Vermietung einer Eigentumswohnung durch den Beschwerdeführer in den Jahren 1988, 1989, 1990 sowie 1992 zu Recht als so genannte steuerliche Liebhaberei beurteilt hat.

Im gegenständlichen Fall ist für die Beurteilung der Liebhaberei hinsichtlich der Streitjahre ab 1990 die LVO 1990, BGBl. 322, anzuwenden. Im Übrigen ist der Beschwerdefall noch auf Grundlage der Rechtslage vor Ergehen der LVO 1990 zu beurteilen. Die Option eines Steuerpflichtigen nach § 8 Abs. 3 LVO 1993 idF BGBl. 358/1997 bewirkt keinesfalls die Anwendbarkeit des § 2 Abs 4 leg. cit. für Zeiträume vor 1993; die Option nach § 8 Abs. 3 leg. cit. kann sich nämlich nur auf (nicht endgültig rechtskräftig veranlagte) Fälle beziehen, soweit sie von vornherein in den Anwendungsbereich dieser LVO 1993 fallen würden (vgl das hg Erkenntnis vom 28. Februar 2002, 99/15/0001)

Sowohl für Zeiträume vor Inkrafttreten der Liebhabereiverordnungen als auch für Zeiträume, in welchen die LVO 1990 zur Anwendung kommt, ist eine Liegenschaftsvermietung dann als Liebhaberei zu qualifizieren, wenn die Vermietung nach der konkret ausgeübten Art der Vermietung objektiv nicht geeignet ist, innerhalb eines Zeitraumes von ca 20 Jahren einen "Gesamtgewinn" bzw Gesamt-Einnahmenüberschuss zu erbringen (vgl das hg Erkenntnis vom 28. Februar 2002, 99/15/0001). Dabei beginnt der maßgebliche Zeitraum, sofern eine Liegenschaft in Vermietungsabsicht angeschafft wird, mit der Anschaffung derselben; demnach sind auch Zeiträume, innerhalb derer zwar noch keine Einnahmen erzielt, aber bereits Mittel aufgewendet werden, in den Zeitraum, innerhalb dessen ein wirtschaftlicher Gesamterfolg erzielbar sein muss, einzubeziehen (vgl das hg Erkenntnis vom 28. Februar 2002, 96/15/0241)

Bei der Frage, ob eine Betätigung objektiv geeignet ist, Einnahmenüberschüsse (innerhalb eines bestimmten Zeitraumes) zu erwirtschaften, handelt es sich um eine auf der Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Tatfrage (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 2000, 95/15/0207). Die Beweiswürdigung der belangten Behörde unterliegt insofern der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle, als es um die Beurteilung geht, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen.

Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes, dass eine Sondertilgung von Fremdmitteln zur Anschaffung des Mietobjektes, somit eine nicht planmäßige Tilgung der Fremdmittel, bei der Beurteilung der Frage, ob eine Einkunftsquelle oder Liebhaberei vorliegt, gedanklich auszuklammern ist. Eine andere Beurteilung wäre nur dann möglich, wenn der Fremdmittelabbau Teil eines von Anfang an bestandenen Planes der wirtschaftlichen Tätigkeit gewesen wäre (vgl das hg Erkenntnisse vom 28. März 2001, 98/13/0032).

Der Beschwerdeführer bringt vor, unter Zugrundelegung seiner im Verwaltungsverfahren vorgelegten Prognosenrechnung ergebe sich bei Berücksichtigung des Umstandes, dass ein Darlehen vorzeitig zurückgezahlt worden sei, dass innerhalb eines absehbaren Zeitraumes ein Gesamt-Einnahmenüberschuss erzielbar sei. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die belangte Behörde die vom Beschwerdeführer vorgelegten Prognoserechnungen ignoriere. Der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe bei ihrer Prognoserechnungen Sondertilgungen nicht anerkannt, bringt aber in diesem Zusammenhang vor, im Dezember 1992 (bzw zu Beginn des Jahres 1993) sei die Höhe dieser Sondertilgungen noch nicht bekannt gewesen.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck bringt, dass die vom Beschwerdeführer erstellten Prognoserechnungen von einem unrealistisch hohen Anstieg der Mietentgelte ausgehen bzw im Hinblick auf Sondertilgungen einen zu niedrigen Zinsaufwand ansetzen. Entgegen dem Beschwerdevorbringen entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes, bei der Prognoserechnung die Zinsaufwendungen nach der vom Steuerpflichtigen von vornherein gewählten Finanzierungsart anzusetzen. Eine Sondertilgung von Fremdmitteln ist, wenn sie - wie im Beschwerdefall - nicht von vornherein (auch der Höhe nach) im Finanzierungsplan enthalten ist, bei der Prognoserechnung gedanklich auszuklammern. In diesem Sinn kommt es, entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers, auch nicht auf die tatsächliche Entwicklung der Darlehenskonten "bis zum Schluss der mündlichen Berufungsverhandlung" an, sondern auf die Gestaltung der Finanzierung, wie sie sich im Streitzeitraum 1988 bis 1992 darstellt. Das gilt entsprechend für die Einschätzung der Mietzinssteigerung.

Mit dem Vorbringen, die belangte Behörde habe unrichtig die Unmöglichkeit einer durchschnittlich jährlichen Mieterhöhung um 4% angenommen, vermag der Beschwerdeführer die Fehlerhaftigkeit der von der belangten Behörde angestellten Prognoserechnung nicht aufzuzeigen. Die belangte Behörde hat in ihrer zweiten Prognoserechnung die Mietsteigerung aus der durchschnittlichen Steigerung im Verbraucherpreisindex zu Beginn der Vermietung (ohnedies rund 4% pa) abgeleitet. Damit hat die belangte Behörde zutreffend auf die vom Beschwerdeführer gewählte Bewirtschaftungsart abgestellt, da die von ihm abgeschlossenen Mietverträge eine Wertsicherungsvereinbarung enthalten, die auf den Verbraucherpreisindex abstellt. Die Beschwerde unterlässt es auch darauf einzugehen, dass die vom Beschwerdeführer abgeschlossenen Mietverträge erst bei einem Indexanstieg von 5% eine Anpassung der Höhe der Mietzinse vorsehen. Die belangte Behörde durfte bei ihrer Prognoserechnung auch auf diesen Umstand, der einer jährlichen linearen Mietsteigerung um 4% entgegensteht, Bedacht nehmen.

Zweifel an der Schlüssigkeit der Beweiswürdigung der belangten Behörde, als deren Ergebnis sie die Feststellung getroffen hat, dass die vom Beschwerdeführer betriebene Vermietung nicht geeignet ist, innerhalb von ca 20 Jahren (ab Erwerb der Wohnung) einen Gesamt-Einnahmenüberschuss zu erzielen, vermag die Beschwerde nicht zu erwecken. Aus der mangelnden Ertragsfähigkeit der Betätigung hat die belangte Behörde in rechtlicher Hinsicht zutreffend abgeleitet, dass steuerlich unbeachtliche Liebhaberei vorliegt.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet und war somit gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung wurde in einem nach § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat getroffen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl II 501/2001.

Wien, am 5. Juni 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:1999150129.X00

Im RIS seit

29.07.2003

Zuletzt aktualisiert am

13.04.2017
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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