TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/11 2002/10/0142

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Veröffentlicht am 11.06.2003
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Index

L92055 Altenheime Pflegeheime Sozialhilfe Salzburg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
SHG Slbg 1975 §50 Abs2;
SHG Slbg 1975 §6 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde der ZJ in S, vertreten durch Dr. Wenzel Schmolke, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Franz-Josef-Straße 19, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom 29. April 2002, Zl. 3/01-S/28.220/6- 2002, betreffend Rückzahlung von Sozialhilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin unter Berufung auf die §§ 6, 8, 10, 11 und 50 des Salzburger Sozialhilfegesetzes, LGBl. Nr. 19/1975 (Slbg SHG), verpflichtet, die in den Zeiträumen vom 1. Jänner 2000 bis 31. Juli 2001, vom 1. September 2001 bis 30. November 2001 und vom 1. Jänner 2002 bis 31. Jänner 2002 zu Unrecht empfangenen Sozialhilfeleistungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.321,30 dem Land Salzburg als Träger der Sozialhilfe zurückzuzahlen. Die Rückerstattung habe in 36 Monatsraten a EUR 36,70, beginnend mit 1. Juli 2002, zu erfolgen. Für den Fall des Rückstandes von mehr als einer Rate trete Terminverlust ein und der gesamte noch aushaftende Rückzahlungsbetrag werde sofort zur Zahlung fällig.

Nach der Begründung habe die im Jahre 1948 geborene Beschwerdeführerin am 7. Februar 2000 um die Gewährung von Sozialhilfe angesucht. Als Einkommen habe sie nur einen österreichischen Pensionsbezug und eine Unterhaltsleistung ihres geschiedenen Ehegatten angegeben. Sie habe dabei auch erklärt, auf Grund der Unterhaltsleistung keine Ausgleichszulage zu ihrer österreichischen Pension zu erhalten. Trotz Belehrung über den Inhalt des § 50 Slbg SHG sei seitens der Beschwerdeführerin kein Hinweis auf ihre deutsche Pension erfolgt. Auch in einer Niederschrift vom 14. Februar 2002 habe die Beschwerdeführerin vor der Sozialhilfebehörde erklärt, außer ihrer (österreichischen) Invaliditätspension sowie den Unterhaltszahlungen kein anderes Einkommen zu haben. Ein Anruf der Behörde bei der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter habe jedoch ergeben, dass die Beschwerdeführerin seit Februar 1997 von der Landesversicherungsanstalt Oberbayern eine Erwerbsunfähigkeitsrente beziehe. Zwar hätte auch unter Berücksichtigung dieses Pensionsbezuges in den streitgegenständlichen Zeiträumen ein Anspruch der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Sozialhilfe bestanden, allerdings vermindert um die deutsche Pension. Der dabei errechnete "Differenzbetrag" ergebe die im Spruch genannte Summe von insgesamt EUR 1.321,30.

Auf das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin gegen den Rückforderungsbescheid der Behörde erster Instanz, sie habe den deutschen Pensionsbezug nicht in Erschleichungsabsicht verschwiegen bzw. verheimlicht, sei zu erwidern, dass sie am 7. Februar 2000 niederschriftlich bekannt gegeben habe, auf Grund eines Scheidungsvergleiches keine Ausgleichszulage (zur österreichischen Pension) zu erhalten. Weder aus dem der Behörde vorgelegten Scheidungsvergleich vom 9. Juli 1998, aus dem ein Unterhaltsanspruch in Höhe von monatlich S 3.000,-- ersichtlich gewesen sei, noch aus dem (österreichischen) Pensionsbezug der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter habe sich ein Hinweis auf eine ausländische Pension ergeben. Für die Behörde habe sich daher kein Grund zur Annahme eines weiteren Einkommensbezuges ergeben. Trotz Belehrung über § 50 Slbg SHG habe die Beschwerdeführerin keinen Hinweis auf ihre deutsche Pension gemacht. Ihre Erklärung, sie hätte die Frage nach einem ausländischen Pensionsbezug lediglich auf eine (etwaige) "ungarische Rente" bezogen, sei als Schutzbehauptung anzusehen. Schon allein aus den den Sozialhilfebescheiden angeschlossenen Berechnungsbögen sei ersichtlich gewesen, dass die Behörde lediglich den österreichischen Pensionsbezug und den Unterhaltsbetrag als Einkommen der Beschwerdeführerin berücksichtigt habe. Eine ergänzende amtswegige Ermittlungspflicht habe die Behörde nicht getroffen, vielmehr wäre es an der Beschwerdeführerin gelegen, über das ihr zur Verfügung stehende Einkommen wahrheitsgemäße Angaben zu machen.

Auf Grund dieser Umstände könne auch nicht von einem lediglich "geringfügigen Verschulden" der Beschwerdeführerin gesprochen werden. Vielmehr sei dieser ein bewusstes Handeln vorzuwerfen. Im Hinblick auf den zu Unrecht bezogenen Betrag in Höhe von EUR 1.321,30 könne auch nicht von "unbedeutenden Folgen" gesprochen werden. Die belangte Behörde könne der Beschwerdeführerin nicht folgen, wenn diese in ihrer Berufung die Auffassung vertrete, der Behörde seien "keine Reichtümer vorenthalten" worden. Eine Rente von DM 111,52 stelle keinen "äußerst geringfügigen Betrag" dar. Der Erfolg der gewährten Sozialhilfe sei durch die Rückerstattung nicht gefährdet, da die Beschwerdeführerin für den Zeitraum ab Februar 2002 einen Antrag auf Hilfeleistung zurückgezogen habe. Die Anwendung des § 50 Abs. 3 Slbg SHG, wonach die Rückerstattung auch in der Form erfolgen könne, dass die laufenden Sozialhilfeleistungen um mindestens 20 % des Richtsatzes vermindert würden (im Beschwerdefall: EUR 78,40), scheide mangels vorhandenem Sozialhilfebezug aus. Diese Größe bilde allerdings einen Anhaltspunkt für die Höhe der Zumutbarkeit der monatlichen Rückzahlungsraten, zumal die Rechtsgrundlage von laufender finanzieller Hilfsbedürftigkeit ausgehe. Im Beschwerdefall werde allerdings die nach dem Gesetz mögliche Höhe des Rückforderungsbetrages gar nicht erreicht.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 50 Slbg SHG (die Abs. 2 und 3 idF der Novelle LGBl. Nr. 49/1996, Abs. 5 idF der Novelle LGBl. Nr. 46/2001) bestimmt:

"(1) Der Empfänger von Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes oder dessen gesetzlicher Vertreter hat jede Änderung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse, auf Grund derer Art und Umfang der Hilfe neu zu bestimmen wäre oder die Hilfe einzustellen wäre, unverzüglich der Behörde erster Instanz anzuzeigen.

(2) Die durch falsche Angaben, Verheimlichung von für die Leistungspflicht bedeutenden Umständen oder durch Verletzung der im Abs. 1 bestimmten Anzeigepflicht zu Unrecht empfangenen Leistungen sind vom Empfänger zurückzuerstatten. Gleiches gilt, wenn der Empfänger erkennen musste, dass die Hilfeleistung nicht oder nicht in dieser Höhe gebührte. Über die Rückerstattung ist mit Bescheid zu entscheiden. Zuständig hiefür ist jene Behörde, die den Bescheid über die Gewährung der Leistung in erster Instanz erlassen hat.

(3) Die Rückerstattung kann in angemessenen Teilbeträgen bewilligt werden, wenn eine andere Art der Rückerstattung dem Verpflichteten nicht zumutbar ist. Die Rückerstattung kann auch in der Form erfolgen, dass die laufenden Sozialhilfeleistungen um mindestens 20 vH des Richtsatzes vermindert werden. Die Rückerstattung kann auch zur Gänze nachgesehen werden, wenn das Verschulden des Verpflichteten geringfügig ist und die Folgen unbedeutend sind oder durch die Rückerstattung der Erfolg der Sozialhilfe gefährdet wäre.

(4) Über die Bestimmungen der Abs. 1 und 2 ist der Hilfeempfänger oder dessen gesetzlicher Vertreter anlässlich der Hilfegewährung zu belehren.

(5) Wer sich durch falsche Angaben, Verheimlichung von für die Leistungspflicht bedeutenden Umständen, Unterlassung von Anzeigen gemäß Abs. 1 oder dergleichen Leistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes erschleicht, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist hiefür von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 2.200,-- EUR oder Freiheitsstrafe bis zwei Wochen zu bestrafen. Bei Vorliegen erschwerender Umstände können Geld- und Freiheitsstrafe nebeneinander verhängt werden."

Zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin die von der Landesversicherungsanstalt Oberbayern gewährte Erwerbsunfähigkeitsrente der Behörde anlässlich ihrer Antragstellung um Gewährung von Sozialhilfe nicht mitgeteilt (verschwiegen) hat. Unbestritten ist ferner, dass ihr die Sozialhilfeleistung bei Berücksichtigung dieser Rente nicht in der gewährten Höhe gebührte.

Die Beschwerdeführerin bestreitet die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 50 Abs. 2 Slbg SHG nicht, sondern bringt vielmehr vor, die Erwerbsunfähigkeitsrente der Sozialversicherungsanstalt Oberbayern nicht in Erschleichungsabsicht verschwiegen bzw. verheimlicht zu haben. Das Vorliegen einer Erschleichungsabsicht ist für die Ermächtigung der Behörde, die Rückerstattung der solcherart zu Unrecht empfangenen Leistungen anzuordnen, jedoch nicht tatbestandsmäßig.

Die Beschwerdeführerin bringt ferner vor, die belangte Behörde hätte bereits bei der Antragstellung ohne jede Schwierigkeit im Rahmen eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens, etwa durch einen Telefonanruf bei der Pensionsversicherungsanstalt, erfahren können, dass die Beschwerdeführerin eine deutsche Erwerbsunfähigkeitsrente beziehe. Bestehe diese Möglichkeit ohne Schwierigkeit und mache die Behörde davon keinen Gebrauch, so könne der Partei keine Erschleichung angelastet werden.

Darauf ist zu erwidern, dass die Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Beschwerdeführerin in erster Linie von dieser im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht bei der Antragstellung um die Gewährung von Sozialhilfe darzulegen waren. Eine amtswegige Ermittlungspflicht der Behörde besteht insofern nicht.

Ob die Beschwerdeführerin in Erschleichungsabsicht (vgl. den Straftatbestand des § 50 Abs. 5 Slbg SHG) gehandelt hat, ist - wie dargelegt - im vorliegenden Verfahren nicht entscheidend.

Nach § 50 Abs. 3 Slbg. SHG kann die Rückerstattung zur Gänze nachgesehen werden, wenn das Verschulden des Verpflichteten geringfügig ist und die Folgen unbedeutend sind. An letzterer Voraussetzung fehlt es im Beschwerdefall schon im Hinblick auf die Höhe des zu Unrecht bezogenen Betrages.

Die Beschwerdeführerin hat auch kein konkretes Vorbringen erstattet, demzufolge die Annahme begründet wäre, durch die vorgeschriebene Rückerstattung sei der Erfolg der Sozialhilfe gefährdet.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 11. Juni 2003

Schlagworte

Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Mitwirkungspflicht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002100142.X00

Im RIS seit

26.06.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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