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L6 Land- und ForstwirtschaftNorm
B-VG Art83 Abs2Leitsatz
Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richterdurch Enthebung des Beschwerdeführers von seinem Mandat alsBezirksbauernkammerobmann mangels Zuständigkeit der Hauptwahlbehördenach dem Oö Landwirtschaftskammergesetz 1967; Wahl desBezirksbauernkammerobmannes durch die Obmännerkonferenz und nicht ausder Wahlwerberliste einer WählergruppeSpruch
Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Der Bescheid wird aufgehoben.
Das Land Oberösterreich (Oberösterreichische Landesregierung) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.340,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Begründung
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit Schreiben vom 13. November 2007 teilte derrömisch eins. 1. Mit Schreiben vom 13. November 2007 teilte der
Landesobmann des Oberösterreichischen Bauernbundes der Hauptwahlbehörde für die Wahl von 35 Mitgliedern der Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Oberösterreich (im Folgenden: Hauptwahlbehörde) mit, dass
"in der Sitzung des Landesvorstandes des OÖ. Bauernbundes vom 13.11.2007 folgender Beschluss gefasst wurde:
[Der Beschwerdeführer] wird wegen grober Verletzung der Mitgliedspflichten und vereinsschädigenden Verhaltens mit sofortiger Wirkung aus dem OÖ. Bauernbund ausgeschlossen und seiner Funktionen enthoben.
[Der Beschwerdeführer] wurde über Vorschlag der Wählergruppe OÖ. Bauernbund (bzw. damals: OÖ. Bauern- und Nebenerwerbsbauernbund) zum Bezirksbauernkammerobmann des Bezirkes Vöcklabruck gewählt."
Ergänzend dazu teilte der Bauernbunddirektor der Hauptwahlbehörde mit Schreiben vom 14. November 2007
"als Zustellungsbevollmächtigter der Wählergruppe OÖ. Bauernbund [F]olgendes mit:
Der Verein OÖ. Bauernbund ist ident mit der Wählergruppe OÖ. Bauernbund (vormals OÖ. Bauern- und Nebenerwerbsbauernbund)."
In weiterer Folge erging ein an den Beschwerdeführer gerichteter, mit 14. November 2007 datierter Bescheid der Hauptwahlbehörde, in dem verfügt wird, dass der Beschwerdeführer
"seines Mandates als Bezirksbauer[n]kammerobmann von Vöcklabruck mit sofortiger Wirkung enthoben [wird]."
Begründend wird dazu Folgendes ausgeführt:
"Gemäß §38 Abs8 Oö. Landwirtschaftskammergesetz 1967 hat die Hauptwahlbehörde, wenn ein Mitglied der Organe der Landwirtschaftskammer aus der Wählergruppe, über deren Wahlvorschlag es gewählt wurde, austritt oder von dieser ausgeschlossen wurde, [dieses Mitglied] seines Mandates für verlustig zu erklären.
Auf Basis der Eingabe der Wählergruppe 'Oö. Bauernbund' vom 13. November 2007, dass mit Beschluss vom 13. November 2007 der Bezirksbauer[n]kammerobmann von Vöcklabruck ..., der über Wahlvorschlag dieser Wählergruppe gewählt wurde, mit sofortiger Wirkung aus der Wählergruppe 'Oö. Bauernbund' ausgeschlossen wurde, musste die Hauptwahlbehörde aufgrund der angeführten Bestimmung [den Beschwerdeführer] seines Mandates als Bezirksbauernkammerobmann von Vöcklabruck für verlustig erklären."
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der dem Antrag, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, mit Beschluss vom 9. Jänner 2008, AW 2007/07/0069, nicht stattgegeben hat, und vor dem das Verfahren derzeit noch anhängig ist.
3. Gegen den unter Punkt 1. genannten Bescheid richtet sich auch die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein faires Verfahren sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des §38 Abs8 des Oö. Landwirtschaftskammergesetzes 1967, LGBl. 55 (WV) idF LGBl. 90/2001 (die genannte Norm in der Fassung LGBl. 4/1996), behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird. 3. Gegen den unter Punkt 1. genannten Bescheid richtet sich auch die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein faires Verfahren sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes, nämlich des §38 Abs8 des Oö. Landwirtschaftskammergesetzes 1967, LGBl. 55 (WV) in der Fassung Landesgesetzblatt 90 aus 2001, (die genannte Norm in der Fassung Landesgesetzblatt 4 aus 1996,), behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt wird.
Die Hauptwahlbehörde als die im verfassungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie beantragt, die Beschwerde abzuweisen. In sachverhaltsmäßiger Hinsicht führt sie u.a. aus, dass der Beschwerdeführer über Vorschlag der Wählergruppe Oberösterreichischer Bauernbund von der Ortsbauernobmännerkonferenz zum Bezirksbauernkammerobmann von Vöcklabruck gewählt worden sei und als solcher nicht der Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Oberösterreich angehört habe.
Auch die oberösterreichische Landesregierung erstattete über Einladung des Verfassungsgerichtshofes eine Äußerung, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:römisch II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Vorschriften des Oö. Landwirtschaftskammergesetzes 1967 in der hier anzuwendenden Fassung LGBl. 90/2001 lauten - auszugsweise - wie folgt: 1. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Vorschriften des Oö. Landwirtschaftskammergesetzes 1967 in der hier anzuwendenden Fassung Landesgesetzblatt 90 aus 2001, lauten - auszugsweise - wie folgt:
"I. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
A. Die land- und forstwirtschaftliche Berufsvertretung
...
§5
Örtlicher Wirkungsbereich der Landwirtschaftskammer;
Bezirksbauernkammern, Ortsbauernschaften
erstreckt sich ... auf das Gebiet einer Gemeinde.
...
II. Abschnittrömisch II. Abschnitt
Organisation der Landwirtschaftskammer
A. Organe der Landwirtschaftskammer
§13
Organe
Die Organe der Landwirtschaftskammer sind:
1. die Vollversammlung;
2. die Ausschüsse der Vollversammlung;
3. der Präsident;
4. die Bäuerinnenbeiräte der Bezirksbauernkammern;
5. die Obmännerkonferenzen;
6. die Bezirksbauernkammerobmänner;
7. die Ortsbauernausschüsse;
8. die Ortsbauernobmänner.
B. Die Vollversammlung und deren Ausschüsse
§14
Zusammensetzung der Vollversammlung
Die Vollversammlung besteht aus 35 Mitgliedern, die von den Kammermitgliedern nach den Bestimmungen der §§31 bis 34 gewählt werden.
...
§20
Geschäftsführung in der Vollversammlung und in den Ausschüssen
...
D. Bezirksbauernkammer
...
§24
Geschäftsführung der Bezirksbauernkammer
1. die Obmännerkonferenz,
2. der Bäuerinnenbeirat der Bezirksbauernkammer,
3. der Bezirksbauernkammerobmann.
§25
Obmännerkonferenz
...
§27
Bezirksbauernkammerobmann
...
III. ABSCHNITTrömisch III. ABSCHNITT
Wahlen
§31
Allgemeines
Die Wahl der Mitglieder der Vollversammlung erfolgt auf Grund des allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlrechts nach den Grundsätzen des Verhältniswahlrechts.
§32
Wahlrecht und Wählbarkeit
1. alle natürlichen Personen, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, die am Tag der Wahlausschreibung Mitglieder der Landwirtschaftskammer sind, bei denen ein Wahlausschließungsgrund, der sie vom Wahlrecht zum Oberösterreichischen Landtag ausschließen würde, nicht vorhanden ist und die am 1. Jänner des Jahres der Wahl das 18. Lebensjahr vollendet haben;
2. alle juristischen Personen und rechtsfähigen Personenmehrheiten, die am Tag der Wahlausschreibung Mitglieder der Landwirtschaftskammer sind.
...
IV. ABSCHNITTrömisch IV. ABSCHNITT
Funktionäre der Landwirtschaftskammer
...
§38
Funktionsenthebung und Mandatsverlust
Die §§13, 38 und 39 der die Wahl der Mitglieder der Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Oberösterreich regelnden Landwirtschaftskammerwahlordnung 1973, LGBl. 43 in der hier maßgeblichen Fassung LGBl. 71/1996, lauten - auszugsweise - wie folgt: Die §§13, 38 und 39 der die Wahl der Mitglieder der Vollversammlung der Landwirtschaftskammer Oberösterreich regelnden Landwirtschaftskammerwahlordnung 1973, LGBl. 43 in der hier maßgeblichen Fassung Landesgesetzblatt 71 aus 1996,, lauten - auszugsweise - wie folgt:
"§13
Wahlvorschläge
a) die unterscheidende Wählergruppenbezeichnung,
b) die Wahlwerberliste, das ist eine Liste von höchstens 93 Wahlwerbern in der beantragten, mit arabischen Ziffern bezeichneten Reihenfolge unter Angabe des Vor- und Zunamens, Berufes, Geburtsjahres und der Anschrift jedes Wahlwerbers, sowie
c) die Bezeichnung eines Zustellungsbevollmächtigten enthalten. Wenn ein Wahlvorschlag keinen Zustellungsbevollmächtigten anführt, gilt der Erstunterschriebene (Abs2) als Zustellungsbevollmächtigter.
"§38
Ermittlung und Kundmachung des Wahlergebnisses
a) ...
b) die Summe der abgegebenen gültigen und ungültigen Stimmen, die Summe der gültigen Stimmen, die Summe der ungültigen Stimmen und die Summen der auf die einzelnen Wählergruppen entfallenden gültigen Stimmen festzustellen;
c) gemäß §39 festzustellen, in welchem Verhältnis sich die 35 Mandate der Vollversammlung der Landwirtschaftskammer auf die einzelnen Wählergruppen aufteilen;
d) die auf die einzelnen Wählergruppen gemäß §39 Abs4 und 5 entfallenden Mandate den Wahlwerbern dieser Wählergruppen nach Maßgabe ihrer Reihung in der Wahlwerberliste zuzuweisen und festzustellen, welche Wahlwerber der einzelnen Wählergruppen durch die Wahl Mitglieder der Vollversammlung der Landwirtschaftskammer geworden sind;
e) ...
"§39
Mandatsermittlung
2. Die Beschwerde ist schon auf Grund der erhobenen Vollzugsrüge, wenngleich aus einem anderen als den geltend gemachten Gründen, gerechtfertigt:
2.1. Voraussetzung für ein Verfahren nach §38 Abs8 Oö. Landwirtschaftskammergesetz 1967 wäre nach dem Wortlaut dieser Bestimmung, dass die betreffende Person auf einen Wahlvorschlag einer Wählergruppe hin gewählt wurde sowie, dass sie aus dieser Wählergruppe austritt oder ausgeschlossen wird.
2.2. Der Bezirksbauernkammerobmann wird aber nicht auf einen "Wahlvorschlag" einer Wählergruppe hin gewählt. In der Obmännerkonferenz sind nämlich nicht Wählergruppen, sondern - wie §25 Abs3 iVm §20 Abs3 leg.cit. in der hier noch anzuwendenden Fassung ausdrücklich anordnen - mindestens drei Mitglieder der Obmännerkonferenz antragsberechtigt. 2.2. Der Bezirksbauernkammerobmann wird aber nicht auf einen "Wahlvorschlag" einer Wählergruppe hin gewählt. In der Obmännerkonferenz sind nämlich nicht Wählergruppen, sondern - wie §25 Abs3 in Verbindung mit §20 Abs3 leg.cit. in der hier noch anzuwendenden Fassung ausdrücklich anordnen - mindestens drei Mitglieder der Obmännerkonferenz antragsberechtigt.
2.3. Der Bezirksbauernkammerobmann wird mit Mehrheitsbeschluss der Obmännerkonferenz aus dem Kreis "wählbarer" Personen und nicht aus der Wahlwerberliste einer Wählergruppe gewählt, sodass der zu Wählende weder Mitglied der Vollversammlung sein, noch einer Wählergruppe angehören muss. Insofern ist er übrigens auch nicht Träger eines "Mandates" im Sinne dieses Begriffs im Gesetz bzw. in der Wahlordnung für die Vollversammlung, sondern Inhaber einer Leitungsfunktion in der Landwirtschaftskammer auf Bezirksebene.
Ein Zusammenhang mit einer Wählergruppe wird von §27 Abs1 dritter Satz leg.cit. nur insoweit hergestellt, als bei Stimmengleichheit diejenige Person als gewählt gilt, die jener Wählergruppe angehört, die im Wahlbezirk die größere Stimmenanzahl erhalten hat.
2.4. Letztlich wird dieses Auslegungsergebnis noch dadurch zusätzlich erhärtet, dass für den Bezirksbauernkammerobmann (wie auch für vergleichbare Funktionsträger, wie den Präsidenten, den Vizepräsidenten und andere Obmänner) in §38 Abs5 iVm Abs4 leg.cit. als contrarius actus zur Wahl durch die Obmännerkonferenz ausdrücklich ein Abwahlverfahren durch dieses Organ vorgesehen ist, sodass es zu seiner Enthebung eines Mandatsenthebungsverfahrens - anders als bei den durch Verhältniswahl gekorenen Mandatsträgern - auch gar nicht bedarf. 2.4. Letztlich wird dieses Auslegungsergebnis noch dadurch zusätzlich erhärtet, dass für den Bezirksbauernkammerobmann (wie auch für vergleichbare Funktionsträger, wie den Präsidenten, den Vizepräsidenten und andere Obmänner) in §38 Abs5 in Verbindung mit Abs4 leg.cit. als contrarius actus zur Wahl durch die Obmännerkonferenz ausdrücklich ein Abwahlverfahren durch dieses Organ vorgesehen ist, sodass es zu seiner Enthebung eines Mandatsenthebungsverfahrens - anders als bei den durch Verhältniswahl gekorenen Mandatsträgern - auch gar nicht bedarf.
2.5. Die belangte Behörde war daher nicht zuständig, den Beschwerdeführer seines "Mandates als Bezirksbauernkammerobmann" zu entheben.
3. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde u.a. eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg. 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002). Dies ist nach dem Gesagten hier der Fall.
Der Bescheid war daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- sowie eine Eingabengebühr in der Höhe von € 180,-- enthalten. Dem Antrag auf Zuspruch von Streitgenossenzuschlag war nicht Folge zu geben, weil es sich bei im verfassungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Parteien nicht um Streitgenossen iSd §15 RATG handelt (vgl. VfGH 26.6.2003, B1301/00 mwH; 11.3.2004, B1579/01 ua.). 4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten sind Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- sowie eine Eingabengebühr in der Höhe von € 180,-- enthalten. Dem Antrag auf Zuspruch von Streitgenossenzuschlag war nicht Folge zu geben, weil es sich bei im verfassungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Parteien nicht um Streitgenossen iSd §15 RATG handelt vergleiche VfGH 26.6.2003, B1301/00 mwH; 11.3.2004, B1579/01 ua.).
5. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Schlagworte
Landwirtschaftskammern, Wahlen, MandatsverlustEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2008:B2391.2007Zuletzt aktualisiert am
19.08.2010