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L8 Boden- und VerkehrsrechtNorm
B-VG Art139 Abs1 / IndividualantragLeitsatz
Zurückweisung des Individualantrags auf teilweise Aufhebung eines Plandokuments wegen unzureichender Umschreibung des PrüfungsgegenstandesSpruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung:
I. 1. Der Antragsteller begehrt unter Berufung auf Art139 Abs1 B-VG die Aufhebung der "Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Wien zur Festsetzung des Flächenwidmungsplanes und Bebauungsplanes vom 28. Februar 1997, Pr. Zl. 33 GPZ/97, kundgemacht am 13. März 1997 im Amtsblatt der Stadt Wien, (Plandokument 6944), hinsichtlich der Liegenschaft EZ 370, GB 01215 Unter St. Veit des BG Hietzing, soweit damit für dieses Grundstück die Bauklasse W I o und die Verbaubarkeit festgesetzt wurde, als gesetzwidrig."
2. Seine Antragslegitimation begründet der Antragsteller damit, dass er "grundbücherlicher Alleineigentümer der EZ 370 Grundbuch 01215 Unter St. Veit, Gerichtsbezirk Hietzing, bestehend aus den Grundstücken 296/16 Garten, 296/17 Garten und 297/13 Baufläche" ist. Das Grundstück Nr. 296/17 Baufläche (begrünt) stelle eine eigene Einheit dar. Der Antragsteller sei in einfachgesetzlichen und verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten - nämlich in den Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie durch eine gesetzwidrige Verordnung verletzt, da die angefochtene Verordnung des Gemeinderates der Stadt Wien vom 28. Februar 1997, hinsichtlich der EZ 370, GB 01215 Unter St. Veit, die Widmung Wohngebiet (W), Bauklasse I und offene Bauweise (o) festsetze (statt W II o) mit einer Beschränkung der bebaubaren Fläche durch Baufluchtlinien auf weniger als ein Drittel der Grundstücksfläche. Die angefochtene Verordnung sei ohne Fällung eines entsprechenden Bescheides für den Antragsteller wirksam geworden, da eine von ihm geplante, weiter gehende Verbauung nicht bewilligt werden könne. Es sei nicht zumutbar, unter Aufwendung beträchtlicher Planungskosten einen negativen Baubescheid zu erlangen.
3. Die Wiener Landesregierung und der Wiener Gemeinderat bringen in ihren inhaltsgleichen Äußerungen zur Frage der Zulässigkeit vor, dass nach der ständigen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes im Hinblick auf die Prozessvoraussetzungen eines Verordnungsprüfungsverfahrens nach Art139 B-VG der Antrag einerseits die bekämpften Verordnungsstellen mit Sicherheit erkennen lassen müsse (VfSlg. 10.702/1985, 11.807/1988) und nicht undeutlich und widerspruchsvoll sein dürfe (VfSlg. 9.545/1982). Andererseits müssen die Gründe für die behauptete Rechtswidrigkeit im Einzelnen (VfSlg. 12.564/1990, 13.168/1992) und gegen ausnahmslos alle angefochtenen Verordnungsbestimmungen (VfSlg. 11.226/1987, 11.323/1987) dargelegt werden. Nach Ansicht des Wiener Gemeinderats und der Wiener Landesregierung sei das Antragsbegehren in sich unstimmig und widersprüchlich. Nach der einen Bestandteil der in Rede stehenden Verordnung bildenden Zeichenerklärung sei der Buchstabe "W" die Abkürzung für die Widmung Bauland-Wohngebiet. "I" stehe für Bauklasse I "(römisch eins)", "o" sei die Abkürzung für offene Bauweise. Wie den Bestimmungen der §§4 Abs2 C lita iVm 6 Abs6, 75 Abs2 und 76 Abs2 BO für Wien entnommen werden könne, seien damit ganz unterschiedliche Festlegungen des Flächenwidmungsplanes bzw. Bebauungsplanes bezeichnet.
Aus diesen Ausführungen ergebe sich, dass dem Antrag nicht exakt entnommen werden könne, welche Bestimmungen der Verordnung aufgehoben werden sollen. Der Antragsteller schränke sein Begehren zwar dem Wortlaut nach auf "die Bauklasse" ein, nenne dann aber in unmittelbarer Folge auch die Widmung Bauland-Wohngebiet und die offene Bauweise. Der Begründung des Antrages könne entnommen werden, dass der Antragsteller ausdrücklich die Festsetzung der Widmung Bauland-Wohngebiet sowie der offenen Bauweise anstrebe. Als einzige Änderung der genannten Festsetzungen wünsche der Antragsteller, die Gebäudehöhe der Bauklasse II bis 10,50 m ausschöpfen zu können. Das Anfechtungsbegehren gehe daher über den aus der Begründung des Antrages ersichtlichen Umfang hinaus. Umgekehrt enthalte die Begründung des Antrages keinerlei Bedenken gegen die im Antrag bekämpfte Festlegung der Widmung Bauland-Wohngebiet und der offenen Bauweise.
Darüber hinaus sei das Antragsbegehren aber auch - sollte ihm jener Sinn beigemessen werden, der aus seiner Begründung folge - unvollständig. Wie der Verfassungsgerichtshof sowohl für von Amts wegen als auch auf Antrag eingeleitete Normenprüfungsverfahren in ständiger Rechtsprechung erkennt, seien die Grenzen der Aufhebung einer auf ihre Gesetz- bzw. Verfassungsmäßigkeit hin zu prüfende Vorschrift notwendig so zu ziehen, dass einerseits der verbleibende Norminhalt nicht einen völlig veränderten Inhalt bekomme und dass andererseits die mit dem aufzuhebenden Normteil untrennbar zusammenhängenden Bestimmungen miterfasst würden (VfSlg. 10.904/1986, 11.190/1986).
Für den antragsgegenständlichen Bereich der Liegenschaft gelten die in der Planbeilage als BB2 und BB5 bezeichneten und im verbalen Teil des Plandokumentes unter den Punkten 3.2.2. und 3.2.5. ausgeführten besonderen Bebauungsbestimmungen. Hievon sei die besondere Bebauungsbestimmung BB2, die Bereiche bezeichnet, in denen die Errichtung von zwei Hauptgeschossen zulässig ist, nur in Verbindung mit der Festsetzung der Bauklasse I sinnvoll. Würde diese Bebauungsbestimmung auch für die Bauklasse II mit der vom Antragsteller gewünschten Höhenbeschränkung von 10,50 m gelten, müsste ein Geschoß eines dort zu errichtenden Gebäudes eine Raumhöhe von 5,25 m aufweisen. Eine derartige Geschoßhöhe stehe, obzwar im Plangebiet die Verwirklichung einer höheren als der gesetzlichen Mindesthöhe von 2,50 m aus stadtgestalterischer Sicht beabsichtigt ist, nicht mehr im Einklang mit den Planungsabsichten. Hätte der Verordnungsgeber die Bauklasse II mit einer Gebäudehöhenbeschränkung von 10,50 m festgesetzt, hätte er - wie auch sonst überall im Plangebiet, wo eine solche Bauklasse festgelegt ist - dies nur in Verbindung mit der besonderen Bebauungsbestimmung BB3, die drei Hauptgeschosse erlaubt, getan. Der Antragsteller hätte daher die besondere Bebauungsbestimmung BB2, da sie auf seine Liegenschaft bezogen untrennbar mit der Festsetzung der Bauklasse I verbunden ist, vom Anfechtungsbegehren miterfassen müssen.
Die Wiener Landesregierung und der Wiener Gemeinderat beantragen den Antrag auf teilweise Aufhebung der Verordnung zurückzuweisen, in eventu auszusprechen, dass die Verordnung im angefochtenen Umfang nicht gesetzwidrig ist.
4. Der Antragsteller erstattete eine Replik, in der er den Argumenten der Behörden entgegentritt und vorbringt, dass das Anfechtungsbegehren jenen Verordnungsteil, welcher die Verbaubarkeit der gegenständlichen Liegenschaft des Antragstellers regle, somit auch die Bebauungsbestimmungen, mit umfasse.
II. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
1. Der Antrag ist unzulässig.
Im Erk. VfSlg. 11.592/1987 hat der Verfassungsgerichtshof die amtswegige Gesetzmäßigkeitsprüfung eines Flächenwidmungsplanes nicht nur auf das aus Sicht des Anlassfalles relevante Grundstück beschränkt, sondern in einem durch Straßenzüge umgrenzten weiteren Gebiet vorgenommen. Dies wurde damit begründet, dass der in Prüfung gezogene Flächenwidmungsplan zwar Parzellengrenzen ausweise, nicht aber die Nummern der einzelnen Grundstücke enthalte; es sei somit nicht möglich, einzelne Parzellen herauszugreifen und die allfällige Aufhebung auf die maßgebliche Parzelle zu beschränken. Der Gerichtshof könne, so wird in diesem Erkenntnis ausgeführt, nur die im Plan bezeichneten (im Einzelnen genannten) öffentlichen Verkehrsflächen zur Abgrenzung des in Prüfung stehenden Teils der Verordnung heranziehen.
Der Verfassungsgerichtshof übertrug diese Grundsätze sinngemäß im Erk. 11.807/1988 auch auf das Antragsverfahren:
"In allen Fällen muß der Prüfungsgegenstand zureichend genau umschrieben, d.h. so beschaffen sein, daß der Rechtsunterworfene die durch ein allfälliges aufhebendes Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes herbeigeführte neue Rechtslage aus der Zuammenschau von planlicher Darstellung und der Aufhebungskundmachung (Art139 Abs5 B-VG) eindeutig und unmittelbar (also ohne das Heranziehen etwaiger technischer Hilfsmittel wie z. B. des Grenzkatasters) feststellen kann."
2. Auf dem Boden dieser Vorjudikatur erweist sich der vorliegende Individualantrag (über dessen Begehren der Verfassungsgerichtshof bei seiner Entscheidung nicht hinausgehen darf) bereits deshalb als unzulässig, weil der Flächenwidmungsplan bzw. das einen integrierenden Bestandteil der Verordnung darstellende Plandokument 6944 die Liegenschaften bzw. die Grundstücke nicht mit einer Einlagezahl bezeichnet sondern mit Hausnummern und Straßenbezeichnungen. Die im Antragsbegehren enthaltene Bezeichnung "EZ 370" kann somit nicht unmittelbar der Verordnung bzw. dem Plandokument 6944 entnommen werden.
Der Antrag war daher schon aus dieser Erwägung als unzulässig zurückzuweisen.
3. Bei diesem Ergebnis war nicht zu prüfen, ob das Begehren im Hinblick auf den restlichen angefochtenen Verordnungsteil "Bauklasse W I o und die Verbaubarkeit" vom Antragsteller konkret genug bezeichnet worden ist, insbesondere ob er sich lediglich gegen die Festlegung der Bauklasse, gegen die Bebauungsbestimmungen BB2 und BB5 sowie gegen die Festlegung der Baufluchtlinien auf dem unmittelbar an der Ecke Kupelwiesergasse 10 und Wenzgasse gelegenen Liegenschaftsteil richtet oder auch gegen die Wohngebietswidmung oder die offene Bauweise.
4. Dies konnte in sinngemäßer Anwendung des §19 Abs3 Z2 lite VerfGG ohne mündliche Verhandlung vom Verfassungsgerichtshof in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.
Schlagworte
Bebauungsplan, Flächenwidmungsplan, VfGH / Formerfordernisse, VfGH / IndividualantragEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2000:V153.1997Dokumentnummer
JFT_09999689_97V00153_00