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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §49 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde des DJ in F, vertreten durch Dr. Robert Eiter, Rechtsanwalt in 6500 Landeck, Malser Straße 13/II, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 5. März 2003, Zl. uvs-2003/20/032-3, betreffend Übertretungen der Straßenverkehrsordnung 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 5. März 2003 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 21. Juli 2002
1.) um 07.15 Uhr in F, auf der Gemeindestraße und der L-286 bis nach L zum Haus Nr. ...,
2.) um 07.45 Uhr in L, vom Haus Nr. ... über die L-286 und die Gemeindestraße in F bis St,
3.) um 08.45 Uhr in F auf der Gemeindestraße von St bis zum Haus Nr. ... im Ortsgebiet von F
einen dem Kennzeichen nach bestimmten PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt. Der Test am geeichten Alkomaten um 09.37 Uhr habe einen Alkoholgehalt der Atemluft von 0,78 mg/l ergeben. Laut Gutachten des Amtsarztes der Bezirkhauptmannschaft vom 2. August 2002 habe dies zum Lenkzeitpunkt einen Mindestblutalkoholgehalt von 1,8 Promille (Punkte 1.) und 2.)) bzw. 1,7 Promille (Punkt 3.)) ergeben.
Er habe jeweils Übertretungen gemäß § 99 Abs. 1 lit. a i.V.m.
§ 5 Abs. 1 StVO begangen. Es wurden Geldstrafen jeweils in der Höhe von EUR 1.500,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde im Wesentlichen ihre auf den Ergebnissen der durchgeführten mündlichen Verhandlung beruhenden Überlegungen zur Beweiswürdigung betreffend die Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers und die Tatzeiten aus und gelangte zur Feststellung, der Beschwerdeführer (und nicht seine Ehegattin) habe in allen drei Punkten zu den genannten Tatzeiten den dem Kennzeichen nach näher bestimmten PKW in einem - dem Grad der Alkoholisierung wie im Spruch umschriebenen - alkoholbeeinträchtigten Zustand gelenkt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer rügt Begründungsmängel; das Vorbringen stellt sich aber in Wahrheit als Bekämpfung der Beweiswürdigung dar. Er stellt den Inhalt und die Vollständigkeit der aufgenommenen Beweismittel nicht in Frage, sondern rügt sich aus seiner Sicht daraus ergebende Widersprüche, daraus resultierende "Irrtümer" eines Zeugen und die Bewertung seiner Aussage als glaubwürdig.
Dem Beschwerdeführer ist entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. zB. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Die Beschwerdeausführungen lassen aber aus folgenden Gründen Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde detailliert dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen.
Denn die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde breit ausgeführten, seiner Meinung nach zu Tage getretenen Widersprüche in Beweisergebnissen wurden von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid ohnehin in einer nicht als rechtswidrig zu erkennenden Weise ausführlich abgehandelt. In einem weiteren Punkt hat die belangte Behörde - zu Gunsten des Beschwerdeführers - berücksichtigt, dass sie es als "nicht gesichert" ansehe, dass der Zeuge K. den Beschwerdeführer "beim Lenken des Audi TT tatsächlich gesehen" habe. Weiters beruhen ein vom Beschwerdeführer gesehener Widerspruch und Irrtümer auf der in der Beschwerde vorgenommenen unzulässigen Gegenüberstellung einer aus den Verdachtsmomenten unmittelbar am Vorfallstag resultierenden Meldung eines Gendarmeriebeamten mit der auf der Basis des nach weiteren (späteren) Erhebungen gewonnenen neuen Wissens beruhenden Aussage dieses Beamten vor der belangten Behörde. Insofern der Beschwerdeführer eine Aussage seiner Ehegattin vom 23. Juli 2002 ins Treffen führt, übersieht er, dass diese sich - nach den diesbezüglich unwidersprochenen Ausführungen im angefochtenen Bescheid - berechtigterweise gemäß § 38 VStG vor der belangten Behörde anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 24. Februar 2003 der Aussage entschlagen hat. Demnach steht einer Verlesung und Verwertung außerhalb dieser Verhandlung abgelegter (früherer) Aussagen dieser Zeugin die Bestimmung des § 51g Abs. 1 in Verbindung mit § 51i VStG entgegen (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 28. September 2000, Zl. 98/09/0358), weshalb sich auch der Beschwerdeführer nicht auf eine solche Aussage berufen kann.
Soweit der Beschwerdeführer rügt, die belangte Behörde habe dadurch, dass sie die Tatzeit zu 1.) von "06.45 Uhr" auf "07.15 Uhr" und zu 2.) von "07.15 Uhr" auf "07.45 Uhr" korrigiert habe, unzulässigerweise außerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist ein wesentliches Tatbestandselement geändert, ohne dass diesbezüglich eine fristgerechte Verfolgungshandlung gesetzt worden wäre, ist ihm zunächst entgegenzuhalten, dass das Recht und auch die Pflicht der Berufungsbehörde, den fehlerhaften Spruch eines erstinstanzlichen Straferkenntnisses richtig zu stellen, sich unmittelbar aus dem gemäß § 24 VStG im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 66 Abs. 4 AVG ergibt. Einer bloßen Spezifizierung der Tatumstände - so auch eine relativ geringfügige Berichtigung der Tatzeit - nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist steht § 31 Abs. 1 VStG nicht entgegen. Auch läuft der Beschwerdeführer entgegen seinem Vorbringen beim gegebenen Sachverhalt nicht Gefahr, einer unzulässigen Doppelbestrafung ("Verwechslungsgefahr") unterzogen zu werden (vgl. zum Ganzen, betreffend eine Korrektur der Tatzeit sogar um eineinhalb Stunden das hg. Erkenntnis vom 31. März 2000, Zl. 99/02/0101).
Der Beschwerdeführer führt richtig aus, dass auf Grund des Kumulationsprinzipes "für jedes Delikt eine eigene Strafe zu verhängen" sei. Dennoch fordert er wegen eines "Zusammenhanges zwischen den einzelnen Fahrten", dass nur auf "eine einzelne Strafe zu erkennen gewesen" wäre. Der Beschwerdeführer führt aber nichts Weiteres für den "Zusammenhang" an. Im gegenständlichen Fall liegen voneinander getrennte Fahrten vor, deren Antritt (nach Beendigung der vorherigen Fahrt und Verstreichen einer wenn auch relativ kurzen Zeitspanne) jedesmal einen neuen Willensentschluss voraussetzte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1992, Zl. 92/02/0016). Bei diesen Fahrten wurden jeweils die im Spruch des angefochtenen Bescheides umschriebenen Taten gesetzt. Daher wurde jede dieser Taten einzeln, also drei Taten begangen.
§ 22 VStG bietet keinen Raum, trotz dreier selbstständiger Taten nur eine Strafe zu verhängen (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2 (2000), Seite 412 ff. wiedergegebene hg. Rechtsprechung).
Soweit der Beschwerdeführer auf sein niederes (Saison-)Einkommen und Sorgepflichten für zwei Kinder verweist, was die belangte Behörde "nicht ausreichend berücksichtigt" habe, so übersieht er, dass sie ohnehin von "ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen" des Beschwerdeführers ausgegangen ist und ausführlich (ua. mit dem Hinweis auf § 100 Abs. 1 StVO) die Höhe der hier verhängten Geldstrafen begründet hat. Der Verwaltungsgerichtshof kann im Hinblick auf den von EUR 1.162,-- bis EUR 5.813,-- reichenden Strafrahmen des § 99 Abs. 1 lit. a StVO trotz der angeführten Sorgepflichten die im untersten Bereich dieser Strafdrohung verhängten Strafen von jeweils EUR 1.500,-- keinesfalls als zu hoch bemessen erkennen; vielmehr stellt der Beschwerdeführer gar nicht in Abrede, dass sogar die Voraussetzungen des § 100 Abs. 1 erster Satz, zweiter Halbsatz, StVO vorgelegen sind.
Bereits der Inhalt der Beschwerde lässt erkennen, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen war.
Wien, am 16. Juni 2003
Schlagworte
TatbildEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003020115.X00Im RIS seit
01.08.2003