TE Vwgh Beschluss 2003/6/16 2003/02/0116

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Veröffentlicht am 16.06.2003
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;

Norm

VwGG §46 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Beck als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Anträge des ES in K/Deutschland, vertreten durch Peter Brüggemann, Dietmar Meeser, Manfred Sonnenschein, Andreas Hebbecker und Robert Thöne, Rechtsanwälte in D- 57368 Lennestadt/Deutschland, In den Höfen 4, 1. auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der in einem Verbesserungsauftrag gesetzten Frist und 2. auf Einstellung der Vollstreckung einer Verwaltungsstrafe in Angelegenheit Übertretung des KFG, den Beschluss gefasst:

Spruch

1. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

2. Der Antrag auf Einstellung der Vollstreckung einer Verwaltungsstrafe in Angelegenheit Übertretung des KFG wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit hg. Verfügung vom 30. September 2002 wurde der Antragsteller im Wege seines damaligen Rechtsvertreters unter Rücksendung des ursprünglichen Beschwerdeschriftsatzes aufgefordert, zahlreiche Mängel, die der Beschwerde gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 3. Juli 2002 betreffend Übertretung des KFG anhafteten, binnen einer Frist von vier Wochen zu beheben. Dieses Beschwerdeverfahren wurde mit hg. Beschluss vom 20. Dezember 2002, Zl. 2002/02/0230, wegen Unterlassung der Behebung von Mängeln eingestellt.

Mit Eingabe vom 14. Mai 2003 begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der im vorgenannten Verbesserungsauftrag gesetzten Frist. In der Begründung dieses Antrags wird u.a. ausgeführt, der seinerzeitige Rechtsvertreter des Antragstellers habe trotz ausreichender und rechtzeitiger Informationen durch den Antragsteller keine rechtzeitige Veranlassung auf die Aufforderung des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. September 2002 zur Verbesserung der gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 3. Juli 2002 erhobenen Beschwerde getroffen. Dieser Rechtsvertreter habe seit einer Zeit ab Juni 2002 offensichtlich in diversen anderen Fällen auch die Mandate nicht im Sinne der Mandanten bearbeitet. Aus diesem Grunde sei aktuell ein Abwickler von der Rechtsanwaltskammer Hamm/Deutschland für das Büro dieses Rechtsanwaltes eingesetzt worden. Für den Mandantenbetrieb sei das Büro dieses Rechtsanwaltes bereits seit einigen Wochen geschlossen. Nur so habe es geschehen können, dass auch der Antragsteller keine Nachricht davon erhalten habe, dass offensichtlich diesem Rechtsanwalt eine Aufforderung vom 30. September 2002 zugegangen sei. Ferner habe der Antragsteller auch keine Nachricht von dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Dezember 2002 erhalten. Der seinerzeitige Rechtsanwalt habe auf entsprechende Nachfrage nicht reagiert. Der Antragsteller habe erstmalig mit dem Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 7. Mai 2003 von der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 20. Dezember 2002 Kenntnis erlangt. Erst mit der Vollstreckungsankündigung der Gemeinde Kirchhundem/Deutschland vom 22. April 2003 habe der Antragsteller Kenntnis davon erlangt, dass die Sache nicht in seinem Sinne beendet worden sei, sondern offensichtlich durch ein Versäumnis des seinerzeitigen Rechtsvertreters nun sogar die Vollstreckung drohe.

Wenn eine Partei durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, so ist nach § 46 Abs. 1 VwGG dieser Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs trifft das Verschulden des Parteienvertreters die von diesem vertretene Partei. Dabei stellt ein einem Rechtsanwalt widerfahrenes Ereignis einen Wiedereinsetzungsgrund für die Partei nur dann dar, wenn dieses Ereignis für den Rechtsanwalt selbst unvorhergesehen oder unabwendbar war und es sich bei dem verschuldeten Ereignis höchstens um einen minderen Grad des Versehens handelt. Ein Verschulden des Rechtsanwaltes, das über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht, schließt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus. Der Begriff des minderen Grades des Versehens ist als leichte Fahrlässigkeit im Sinne des § 1332 ABGB zu verstehen (vgl. zu dem Ganzen den hg. Beschluss vom 4. Februar 2000, Zl. 99/19/0145 bis 0150).

Der Wiedereinsetzungswerber oder sein Anwalt dürfen nicht auffallend sorglos gehandelt haben, somit die im Verkehr mit Gerichten und für die Einhaltung von Terminen und Fristen erforderliche und ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten zumutbare Sorgfalt außer Acht gelassen haben (vgl. den hg. Beschluss vom 19. Dezember 2000, Zl. 2000/05/0277).

Das vom Antragsteller geschilderte Verhalten seines ehemaligen Rechtsvertreters ist im Lichte der dargestellten Judikatur als auffallend sorglos und somit als einen minderen Grad des Versehens übersteigend zu qualifizieren. Da sich der Antragsteller das Verhalten seines Rechtsvertreters im Sinne der vorzitierten Judikatur zurechnen lassen muss, konnte schon aus diesem Grund dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattgegeben werden.

Insoweit der Antragsteller die Einstellung der Vollstreckung der Geldstrafe beantragt, fehlt es an einer vom Gesetz vorgesehenen Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs zur Entscheidung über diesen Antrag. Dieser war daher wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am 16. Juni 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2003020116.X00

Im RIS seit

23.09.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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