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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §76 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des H, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Glawitsch, Rechtsanwalt in 4010 Linz, Graben 9, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 20. Juni 2000, Zl. UVS-03/P/7/356/2000/4, betreffend u.a. Bestrafung wegen Übertretung des Fremdengesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird in Ansehung der Bestrafung des Beschwerdeführers wegen der Übertretung nach § 31 Abs. 1 iVm § 107 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz 1997 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis vom 17. Dezember 1999 wurde der Beschwerdeführer, ein tschechischer Staatsangehöriger, neben einer Übertretung nach dem Meldegesetz für schuldig erkannt, er habe sich als pass- und sichtvermerkspflichtiger Fremder vom 9. Dezember bis 13. Dezember 1999 in Wien 10, im Gasthaus des JM "ohne auf Grund eines Aufenthaltstitels, im Bundesgebiet aufgehalten, obwohl er zum Aufenthalt im Bundesgebiet einen Aufenthaltstitel benötigt hätte, weil er zum Zweck einer Erwerbstätigkeit außer im Rahmen von Geschäftsreisen eingereist ist, und sich daher nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält". Er habe dadurch die Rechtsvorschriften der §§ 31 Abs. 1 iVm 107 Abs. 1 Z. 4 FrG verletzt. Für diese Übertretung wurde über ihn eine Geldstrafe von S 1.000,-- verhängt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Zur Begründung verwies sie auf die Aussage des Beschwerdeführers, der zufolge er lediglich gefälligkeitshalber bei seinem Freund JM ausgeholfen hätte, welcher ihn bei sich übernachten hätte lassen, damit der Beschwerdeführer in Österreich seine Weihnachtseinkäufe für die Familie erledigen könnte. Es läge daher kein Arbeitsverhältnis vor.
Der Beschwerdeführer habe - so die belangte Behörde - laut eigenem Geständnis im Gasthaus des JM Verputzarbeiten durchgeführt und er habe auch dem MH eine Arbeit im Gasthaus von JM vermittelt. Es sei letztlich unerheblich, ob es sich bei JM um einen Freund des Beschwerdeführers handle oder nicht; ein verwandtschaftliches Verhältnis und die Arbeit des Beschwerdeführers im Gasthaus des JM im Sinn einer "familienhaften Mitarbeit" sei weder behauptet noch glaubhaft gemacht worden. Es scheine von vornherein unglaubwürdig, dass JM "dem Beschwerdeführer zur Durchführung von Weihnachtseinkäufen (nur) eine Übernachtungsmöglichkeit geboten hat und er ihm deshalb lediglich aus Gefälligkeit bei der Durchführung handwerklicher Tätigkeiten geholfen hat", zumal der Beschwerdeführer einem weiteren ausländischen Staatsangehörigen eine Arbeit im Gasthaus von JM vermittelt habe und in der Folge auch noch der Bruder des Beschwerdeführers zur Mitarbeit angereist sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde im Umfang der Bestrafung nach dem Fremdengesetz nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof sprach unter Hinweis auf die frühere Judikatur zum Fremdengesetz 1992 bereits aus, dass eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes nach § 107 Abs. 1 Z. 4 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, rechtens nur in Betracht komme, wenn keine der im § 31 Abs. 1 FrG angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthaltes gegeben sei, sowie dann, wenn die Rechtmäßigkeit eines Aufenthaltes gemäß § 31 Abs. 3 FrG geendet habe. Im Spruch des Straferkenntnisses sei die als erwiesen angenommene Tat daher, um den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG zu entsprechen, durch Verneinung aller im § 31 Abs. 1 FrG genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes oder - im Fall des § 31 Abs. 3 FrG - durch Verneinung einer weiter bestehenden Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu umschreiben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2001, Zl. 2000/21/0009). Dies hat die belangte Behörde verkannt, indem sie - wie die Erstbehörde - dem Beschwerdeführer (lediglich) zur Last legte, sich ohne einen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufgehalten zu haben; damit wurden nicht alle Alternativen des § 31 Abs. 1 FrG angesprochen.
Da die belangte Behörde nach dem Vorgesagten den angefochtenen Bescheid im Umfang der Bestrafung nach § 107 Abs. 1 Z. 4 FrG mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet hat, war der angefochtene Bescheid diesbezüglich gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Im Hinblick darauf, dass durch den angefochtenen Bescheid Bestimmungen eines Bundesgesetzes (FrG) vollzogen wurden, war die Kostenersatzpflicht ausgehend vom Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. November 2002, A 9/01, und unter Abgehen von der bisherigen Judikatur des erkennenden Senates dem Bund aufzuerlegen.
Wien, am 17. Juni 2003
Schlagworte
"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000210191.X00Im RIS seit
01.08.2003