TE Vfgh Erkenntnis 2000/3/15 B2072/99

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Veröffentlicht am 15.03.2000
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Index

L6 Land- und Forstwirtschaft
L6800 Ausländergrunderwerb, Grundverkehr

Norm

B-VG Art83 Abs2
Oö GVG 1994 §31 Abs2

Leitsatz

Keine Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte durchdie Zurückweisung der Berufung des Verpflichteten gegen die Erteilungder grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Zuschlages in einemVersteigerungsverfahren mangels Beschwer

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsrechtlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Beschluß vom 10. März 1999 hat das Bezirksgericht Engelhartszell der betreibenden Partei, einer Bank, im Zwangsversteigerungsverfahren die dem Verpflichteten - dem Beschwerdeführer im verfassungsgerichtlichen Verfahren - gehörende Liegenschaft um das Meistbot von S 6,757.453,-- mit dem Vorbehalt zugeschlagen, daß der Zuschlag erst mit der Genehmigung durch die Grundverkehrsbehörde oder der Abgabe der landesgesetzlich geforderten Erklärung rechtswirksam werde (§20 OÖ Grundverkehrsgesetz, im folgenden: GVG 1994). Mit Bescheid der Bezirksgrundverkehrskommission Engelhartszell vom 2. Juli 1999 wurde die Eigentumsübertragung grundverkehrsbehördlich genehmigt. Dieser Bescheid wurde der Landwirtschaftskammer, der Gemeinde und der Ersteherin, nicht aber dem Beschwerdeführer zugestellt. Der Beschwerdeführer hat durch die Landwirtschaftskammer von der Genehmigung Kenntnis erhalten und Berufung erhoben.

Begründend brachte der Beschwerdeführer vor, das landwirtschaftliche Anwesen seinem Neffen auf unbestimmte Zeit verpachtet zu haben. Im Vertrag sei eine halbjährige Kündigungsfrist vereinbart. Trotzdem habe die Ersteherin den Pachtvertrag bereits aufgekündigt, obwohl der Zuschlag noch nicht rechtswirksam sei.

Weiters brachte der Beschwerdeführer vor, daß nicht zu erwarten sei, daß die Ersteherin die Liegenschaft ordnungsgemäß bewirtschaften werde, vielmehr sei zu befürchten, daß der Grunderwerb vorwiegend zu spekulativen Zwecken beabsichtigt sei. Der Grunderwerb entspreche daher nicht dem öffentlichen Interesse der Erhaltung eines leistungsfähigen Bauernstandes, weshalb dem Zuschlag die Genehmigung hätte versagt werden müssen.

Die Landesgrundverkehrskommission beim Amt der Oberösterreichischen Landesregierung wies die Berufung mit Bescheid vom 21. September 1999 als unzulässig zurück. Begründet wurde dies damit, daß dem Berufungswerber keine subjektive Beschwer zukomme. Zwar habe er gemäß §31 Abs2 OÖ GVG 1994 grundsätzlich Parteistellung, doch beschränke sich sein Rechtsanspruch darauf, daß der Zuschlag beim Vorliegen der nach dem GVG 1994 geforderten Voraussetzungen an den Meistbietenden erteilt werde.

2. Gegen diesen Bescheid erhebt der Beschwerdeführer die vorliegende, auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie auf ein faires Verfahren nach Art6 EMRK behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird.

2.1. Zur Verletzung des Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter führt der Beschwerdeführer aus:

§31 Abs2 OÖ GVG 1994 räume dem Rechtsvorgänger und damit dem Beschwerdeführer ausdrücklich Parteistellung ein. Der Beschwerdeführer sei daher Partei im Sinne des §8 AVG mit allen damit verbundenen Rechten wie Akteneinsicht, rechtlichem Gehör, Zustellung und Berufung. Entgegen der ständigen Rechtsprechung sei nicht davon auszugehen, daß der Rechtsvorgänger nur dann in seinen Rechten verletzt werden könne, wenn der Zuschlag nicht an den Meistbietenden erfolge. Dagegen spreche, daß der Gesetzgeber dies sonst im §31 Abs2 OÖ GVG 1994 festgelegt hätte, sowie daß der Rechtsvorgänger ein wirtschaftliches Interesse daran habe, daß für die Liegenschaft ein hohes Meistbot erzielt werde.

§20 Abs3 OÖ GVG 1994 normiere, daß das Exekutionsgericht auf Antrag eine neuerliche Versteigerung anzuordnen habe, wenn ein Genehmigungsantrag nicht fristgerecht gestellt werde oder dem Exekutionsgericht binnen der in Abs2 genannten Frist ein Bescheid der Behörde zukomme, mit dem die Genehmigung versagt werde, und die Versagung rechtskräftig werde. Dem Rechtsvorgänger kämen daher aufgrund der Bestimmungen der Exekutionsordnung über das Zwangsversteigerungsverfahren bei Liegenschaften subjektive öffentliche Rechte zu. Daher sei §31 Abs2 OÖ GVG 1994 so zu verstehen, daß der Rechtsvorgänger nicht nur ein subjektives öffentliches Recht darauf habe, daß die Bestimmungen dieses Gesetzes eingehalten werden, sondern auch ein Recht auf gesetzeskonformen Verfahrensablauf vor der Grundverkehrsbehörde. Den vorliegenden Bescheiden der erst- und zweitinstanzlichen Behörden sei nicht zu entnehmen, daß der Antrag der Ersteherin fristgerecht gestellt worden sei. Da für die Parteistellung schon die bloße Möglichkeit genüge, in subjektiven öffentlichen Rechten verletzt zu sein, sei der Beschwerdeführer dadurch im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gemäß Art83 Abs2 B-VG verletzt worden.

Dieses Recht sei weiters durch die - §62 AVG widersprechende - mangelnde Zustellung verletzt worden.

Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, daß die Frage, ob der Berufungswerber in seinen subjektiven Rechten verletzt worden sei oder nicht, eine inhaltliche Prüfung voraussetze, weshalb im Falle fehlender Beschwer die Berufung nicht zurück-, sondern abzuweisen gewesen wäre. Diese Verweigerung einer Sachentscheidung verletze ebenfalls das Recht auf den gesetzlichen Richter.

Zur ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs, eine gegen die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Zuschlags gerichtete Berufung des Verpflichteten sei mangels Beschwer unzulässig, führt der Beschwerdeführer aus: Nach der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs liege eine Beschwer nur dann vor, wenn eine Verletzung der Rechtssphäre des Beschwerdeführers möglich sei. Dies sei nicht der Fall, wenn es für den Beschwerdeführer keinen Unterschied mache, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibe oder aufgehoben werde. Im vorliegenden Fall mache es für den Beschwerdeführer jedoch einen wesentlichen Unterschied, ob der angefochtene Bescheid aufrecht bleibe oder nicht. Wenn der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ein subjektives Recht des Verpflichteten in dem Sinn bejahe, daß der Zuschlag an den Meistbietenden erteilt werde, müsse das auch dann gelten, wenn die Antragstellung der Ersteherin nicht fristgerecht erfolgte, was mangels näherer Angaben im Bescheid nicht überprüft werden könne.

2.2. Weiters rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung des Rechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums:

Nach dem für den Beschwerdeführer erkennbaren Inhalt des bisherigen Verfahrens sei nicht auszuschließen, daß der Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung nicht fristgerecht gestellt worden sei. In diesem Fall sei der Beschwerdeführer in dem ihm nach §20 Abs3 OÖ GVG und nach der Exekutionsordnung eingeräumten subjektiven öffentlichen Recht, eine Wiederversteigerung zu beantragen, verletzt worden. Ein solches, nicht den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Verfahren stelle einen Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums dar.

Weiters seien die einfachgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Zustellung, Akteneinsicht und Parteiengehör verletzt worden. Diese Verfahrensfehler bewirkten ebenfalls einen Eingriff in das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums.

Sollte der Antrag verspätet erfolgt und dem Zuschlag dennoch die grundverkehrsbehördliche Genehmigung erteilt worden sein, wäre der Beschwerdeführer ebenfalls in seinem Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums verletzt.

2.3. In der Nichtzustellung des erstinstanzlichen Bescheides sowie der Zurückweisung der Berufung des Beschwerdeführers liege weiters eine Verletzung des Art6 EMRK, da bei Verfahren zur Genehmigung von Kaufverträgen durch die Grundverkehrsbehörden ein "civil right" betroffen sei.

2.4. Weiters verweist der Beschwerdeführer auf die in §1 OÖ GVG 1994 normierten Zielvorstellungen sowie auf §4 dieses Gesetzes. Da letztere Bestimmung einen Rechtserwerb nur erlaube, wenn ein leistungsfähiger Bauernstand erhalten werde und einen Grunderwerb zu spekulativen Zwecken untersage, sei ein Rechtsanspruch des Pächters der Liegenschaft des Beschwerdeführers auf Erwerb der Liegenschaft nicht ausgeschlossen.

3. Die Landesgrundverkehrskommission legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie begehrt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen. Im wesentlichen führt die Landesgrundverkehrskommission folgendes aus:

3.1. Gemäß §31 Abs1 OÖ GVG 1994 und §8 AVG sei der Beschwerdeführer als Partei anzusehen. Im erstinstanzlichen Verfahren sei dem Beschwerdeführer unrechtmäßigerweise die Parteistellung nicht gewährt worden, dieser Fehler sei jedoch durch die Behandlung als Partei im zweitinstanzlichen Verfahren geheilt worden.

Die Erwerberin habe den Antrag auf Genehmigung des Zuschlages fristgerecht gestellt, daher sei das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden.

3.2. Das Recht auf Wiederversteigerung wäre nach der Exekutionsordnung, aber nicht nach dem Grundverkehrsgesetz zu prüfen. Die Voraussetzungen einer Wiederversteigerung seien jedoch wegen des rechtzeitigen Antrages der Ersteherin nicht gegeben. Daher sei das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums nicht verletzt.

Abgesehen von der mangelnden Zustellung im erstinstanzlichen Verfahren seien die Parteirechte des Beschwerdeführers nicht geschmälert worden. Einen Antrag auf Akteneinsicht habe der Beschwerdeführer nicht gestellt, obwohl er dadurch leicht hätte feststellen können, daß der Antrag der Erwerberin rechtzeitig gewesen sei.

3.3. Bei der Beschwer handle es sich um eine Zulässigkeitsvoraussetzung für das Rechtsmittelverfahren, bei fehlender Beschwer sei die Berufung mangels Rechtsmittellegitimation zurückzuweisen und nicht abzuweisen.

3.4. Bei der Genehmigung von Kaufverträgen handle es sich um "civil rights"; im vorliegenden Fall sei dies aber nicht relevant.

3.5. Zu den Zielbestimmungen des OÖ GVG 1994 verweist die Landesgrundverkehrskommission darauf, daß nach §4 Abs5 OÖ GVG 1994 für den Fall, daß keine anderen Bieter auftreten, auch einer Bank zur Verwertung der bestehenden Pfandrechte ohne ordnungsgemäße Selbstbewirtschaftung eine Genehmigung des Liegenschaftserwerbes erteilt werden kann, wenn sie das öffentliche Interesse an der Verwertung darlegt. Die Erwerberin habe erklärt, die Liegenschaft zur landwirtschaftlichen Bearbeitung im Vollerwerb zur Verfügung zu stellen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Die Landesgrundverkehrskommission hat die vom Beschwerdeführer erhobene Berufung zurückgewiesen. Damit hat sie ihm eine Sachentscheidung über das Rechtsmittel verweigert.

Hätte sie dies zu Unrecht getan, so hätte sie den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt (vgl. zB VfSlg. 11405/1987, 13280/1992, 13882/1994). Ein solcher Vorwurf ist der Behörde jedoch nicht mit Recht zu machen:

Gemäß §20 Abs1 OÖ GVG 1994 hat das Exekutionsgericht bei der Zwangsversteigerung von Grundstücken oder Grundstücksteilen den Zuschlag unter dem Vorbehalt zu erteilen, daß er erst bei Vorliegen einer erforderlichen grundverkehrsbehördlichen Genehmigung rechtswirksam wird.

Gemäß §31 Abs2 OÖ GVG 1994 sind Parteien der Verfahren nach diesem Landesgesetz der Rechtserwerber und der Rechtsvorgänger.

Damit, daß dem Beschwerdeführer im zweitinstanzlichen Verfahren im Hinblick auf §31 Abs2 OÖ GVG 1994 Parteistellung gewährt wurde, ist nicht zwingend verbunden, daß ihm auch das Berufungsrecht zukam. Dieses mangelt einer Person auch dann, wenn sie zwar im erstinstanzlichen Verfahren Parteistellung hatte, aber ihre Rechtsansprüche oder rechtlichen Interessen durch den Bescheid nicht beeinträchtigt werden können, mit anderen Worten, wenn sie durch den Bescheid nicht beschwert sein kann (vgl. zB VfSlg. 12028/1989, 12128/1989, 12437/1990, 12452/1990, 13293/1992).

Der Verfassungsgerichtshof hat nun in ständiger Judikatur (VfSlg. 8992/1980, 9452/1982, 11210/1987, 12110/1989, 12274/1990, 12856/1991, 13080/1992, 13293/1992, 13788/1994, 14810/1997) mit näherer Begründung erkannt, daß eine gegen die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Zuschlages gerichtete Berufung des Verpflichteten des Versteigerungsverfahrens unzulässig ist, da ihm die Beschwer fehlt. Der Beschwerdeführer ist also durch den bekämpften Bescheid nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

2. Weiters wurde weder das Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums noch Art6 EMRK verletzt:

Im Hinblick darauf, daß die Behörde rechtsrichtig entschieden hat, ist es angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der die Zurückweisung tragenden Rechtsvorschriften ausgeschlossen, daß der Beschwerdeführer in anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde (vgl. zB VfSlg. 10374/1985).

3. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

Grundverkehrsrecht, Versteigerung exekutive, ParteistellungGrundverkehrsrecht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2000:B2072.1999

Zuletzt aktualisiert am

26.01.2009
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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