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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §37 impl;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Josef Fromhold, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salztorgasse 6/4b, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 28. Februar 2000, Zl. UVS-03/P/25/4199/1998/25, betreffend Übertretung des Fremdengesetzes und des Meldegesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird, soweit sie gegen die Bestrafung wegen der Übertretung des Fremdengesetzes gerichtet ist, als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Bundespolizeidirektion Wien vom 24. November 1998 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe sich als pass- und sichtvermerkspflichtiger Fremder vom 19. August bis 24. August 1998 an einer näher genannten Adresse im Bundesgebiet aufgehalten, ohne im Besitz eines Einreisetitels, eines Aufenthaltstitels, einer Verordnung für Vertriebene oder einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Asylgesetz zu sein, somit nicht rechtmäßig, obwohl er einen Einreise- bzw. Aufenthaltstitel benötigt hätte. Dadurch habe er die Vorschrift des § 31 Abs. 1 iVm § 107 Abs. 1 Z. 4 FrG verletzt und es werde über ihn diesbezüglich eine Geldstrafe von S 1.000,-- verhängt.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge. Zum Beweisverfahren führte sie aus, dass sie von einer Vernehmung des Beschwerdeführers durch eine slowakische Behörde im Rechtshilfeweg sowie von der Gewährung freien Geleits, wie dies beantragt worden wäre, habe absehen müssen, da es hiefür im Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens keine Rechtsgrundlage gebe. Statt dessen sei der Beschwerdeführer schriftlich kontaktiert worden.
Die belangte Behörde traf folgende Feststellungen: Der Beschwerdeführer habe als slowakischer Staatsbürger vom 19. bis 24. August 1998 in Wien 2, Z-Gasse 21/18, Unterkunft genommen und sich dort aufgehalten, ohne im Besitz eines Einreisetitels, eines Aufenthaltstitels, einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Asylgesetz und ohne Vertriebener im Sinn des § 29 FrG zu sein, obwohl er einen Einreise- bzw. einen Aufenthaltstitel benötigt hätte. Es sei unterlassen worden, die Unterkunftnahme binnen drei Tagen der Meldebehörde zu melden. Er habe in der Wohnung Z-Gasse 21/3 Arbeiten an Fenstern durchgeführt und aus dieser Wohnung mindestens 15 Müllsäcke weggeschafft. Das Entgelt für diese Arbeiten habe darin bestanden, dass der Beschwerdeführer einerseits am nachfolgenden Freitag einen Geldbetrag in ihm unbekannter Höhe hätte bekommen sollen, andererseits in der Wohnung Top 18 ohne Gegenleistung hätte wohnen dürfen.
Diese Feststellungen traf die belangte Behörde anhand der ersten Aussage des Beschwerdeführers, der zufolge er seit ein paar Tagen in Österreich sei, für eine Firma "E" arbeite und das Geld am Freitag bekomme. Diese erste Aussage - so die belangte Behörde -
erscheine glaubwürdiger als spätere Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach eine entgeltliche Beschäftigung nicht vorgelegen und über Zahlungen keine Vereinbarung getroffen worden wäre. Die Angaben in der Berufung, wonach der Beschwerdeführer lediglich einen Freundschaftsdienst zu Gunsten von Dr. E habe ableisten wollen, seien als Schutzbehauptung zu werten, zumal der Beschwerdeführer nicht einmal den Namen "E" richtig habe angeben können. Weiters habe der Beschwerdeführer laut Anzeige ausgesagt, dass "der Chef" die Reisepässe hätte. Auch habe Dr. E vor dem Sicherheitswachebeamten angegeben, dass er die in der Anzeige angeführten Personen (darunter den Beschwerdeführer) nicht angemeldet hätte und sie für ihn arbeiten würden. Weiters scheine es unter Freunden und Bekannten wohl unüblich, dass einer dem anderen eine Unterkunft gibt, in der sich Berge von Müll befinden, die der andere in 15 Säcken erst wegschaffen muss. Der Zeuge Dr. E scheine bemüht gewesen zu sein, sich selbst vor einer Bestrafung wegen Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes zu schützen.
Rechtlich folgerte die belangte Behörde, dass slowakische Staatsangehörige gemäß dem Abkommen über die Aufhebung der Sichtvermerkspflicht BGBl. Nr. 47/1990 idgF nur dann ohne Sichtvermerk einreisen und sich bis zu 90 Tagen im Inland aufhalten dürften, wenn sie nicht eingereist seien, um hier ein Arbeitsverhältnis einzugehen oder einer Erwerbstätigkeit nachzugehen.
Gemäß § 7 Abs. 4 Z. 4 FrG benötige ein Drittstaatsangehöriger, der im Bundesgebiet nicht an einem Wohnsitz niedergelassen sei, zur Einreise und zum Aufenthalt im Bundesgebiet eine Aufenthaltserlaubnis, wenn er hier erwerbstätig sein will. Der Beschwerdeführer habe sich nicht im Bundesgebiet niederlassen wollen, sei jedoch in das Bundesgebiet zum Zweck einer Erwerbstätigkeit eingereist. Da somit die Voraussetzungen des § 31 für einen rechtmäßigen Aufenthalt im Bundesgebiet nicht gegeben seien, habe sich der Beschwerdeführer tatbestandsmäßig, rechtswidrig und - mangels Vorliegens eines Schuldausschließungsgrundes - auch schuldhaft verhalten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:
Die Beschwerde bringt vor, über den Beschwerdeführer sei ein Aufenthaltsverbot von fünf Jahren erlassen worden und er habe daher nicht persönlich zur Verhandlung erscheinen können. Er habe beantragt, ihm die Möglichkeit einzuräumen, vor dem erkennenden unabhängigen Verwaltungssenat erscheinen zu können bzw. seine Vernehmung im Rechtshilfeweg durchzuführen. Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens liege darin, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, "diesem Antrag mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu entsprechen". Durch die gerügte Unterlassung sei ihm die Möglichkeit genommen worden, alle zur Sache gehörenden Gesichtspunkte vorzubringen und unter Beweis zu stellen sowie sein Fragerecht gegenüber den Zeugen auszuüben und sich über das Ergebnis amtlicher Ermittlungen zu äußern. Dem Recht auf Parteiengehör sei dadurch nicht Genüge getan worden, dass einige vorformulierte Fragen in schriftlicher Form an ihn gerichtet worden seien. Andernfalls hätte er unter Beweis stellen können, dass er keiner einer Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz bedürfenden Beschäftigung nachgegangen, sondern am 19. August 1998 als Tourist zwecks Maschineneinkaufs in das Bundesgebiet eingereist sei.
Der gerügte Verfahrensmangel liegt nicht vor.
Im Recht auf Parteiengehör wurde der Beschwerdeführer schon deswegen nicht verletzt, weil er im Wege seines Vertreters zur Verhandlung geladen worden war.
Gemäß dem Verhandlungsprotokoll vom 17. Dezember 1999 beantragte er freies Geleit für die Einreise "zwecks Einvernahme" oder seine Vernehmung im Rechtshilfeweg in der Slowakei. Zutreffend führte die belangte Behörde aus, dass es für diesen Antrag im Bereich des Verwaltungsstrafverfahrens keinen Rechtsanspruch gibt. Einen Verfahrensmangel hätte die belangte Behörde nur dann zu verantworten, wenn sie dem Beschwerdeführer die Teilnahme an der Verhandlung verwehrt oder die Vernehmung des erschienenen Beschwerdeführers unterlassen hätte. Die Teilnahme an der Verhandlung war dem Beschwerdeführer - nach dessen Vorbringen -
wegen eines über ihn verhängten Aufenthaltsverbotes nicht möglich. (Zum Vorliegen eines Aufenthaltsverbotes gegen einen Zeugen sprach der Gerichtshof im Übrigen bereits aus, dass in einem solchen Fall die mittelbare Verwertung der Aussage des Ausländers durch Verlesung seiner protokollierten Aussage im Sinn des § 51g Abs. 3 VStG zulässig sei; vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2001, Zl. 99/09/0127.) Es wäre Sache des Beschwerdeführers gewesen, eine Bewilligung zur Wiedereinreise nach § 41 Abs. 2 FrG zwecks Teilnahme an der Verhandlung zu beantragen. Ein Verzicht darauf kann nicht der belangten Behörde vorgeworfen werden.
Entgegen der Beschwerdeansicht kann der Gerichtshof im Rahmen seiner Überprüfungsbefugnis (vgl. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) keineswegs finden, dass die dargestellte Beweiswürdigung der belangten Behörde unschlüssig wäre, die sich in erster Linie auf die eindeutigen ersten Aussagen des Beschwerdeführers und des Zeugen Dr. E stützen konnte.
Letztlich bestehen angesichts des festgestellten Sachverhaltes keine Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer zwecks Ausübung einer Erwerbstätigkeit nach Österreich eingereist ist und sich demzufolge wegen der von der belangten Behörde zutreffend begründeten Erforderlichkeit eines Aufenthaltstitels und des Fehlens anderer Aufenthaltsberechtigungen unrechtmäßig in Österreich aufgehalten hat.
Die Beschwerde war daher - soweit die Bestrafung wegen einer Übertretung des Fremdengesetzes angefochten wurde - als unbegründet abzuweisen.
Die beantragte Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG unterbleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 17. Juni 2003
Schlagworte
Berufungsverfahren Beweismittel Zeugen Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel Parteienvernehmung Sachverhalt Sachverhaltsfeststellung Beweismittel ZeugenbeweisEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2000210072.X00Im RIS seit
22.07.2003