TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/17 2002/21/0205

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 17.06.2003
beobachten
merken

Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §15 Abs1 Z1;
FrG 1993 §15 Abs1 Z2;
FrG 1993 §15 Abs1 Z3;
FrG 1993 §15 Abs1;
FrG 1993 §15 Abs3;
FrG 1993 §82 Abs1 Z4;
FrG 1997 §107 Abs1 Z4;
FrG 1997 §108 Abs1;
FrG 1997 §31 Abs1;
FrG 1997 §31 Abs2;
FrG 1997 §31 Abs3;
FrG 1997 §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §47;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Robl und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde des T, vertreten durch Dr. Robert Schuler, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Burggraben 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 22. Oktober 2002, Zl. uvs-2002/23/146-8, betreffend Übertretung des Fremdengesetzes 1997, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit dem zitierten Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers, eines tschechischen Staatsangehörigen, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 1. August 2002 gemäß § 66 Abs. 4 iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e VStG als unbegründet ab. Mit dem (in den Verwaltungsakten nicht erliegenden) Straferkenntnis sei - so die belangte Behörde - dem Beschwerdeführer vorgeworfen worden, er habe sich "seit dem 22.7.2002 nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten, weil er ohne entsprechenden gültigen Aufenthaltstitel, welches die Rechtsvorschrift des § 31 Abs. 1 verletzt aufgehalten habe". Dadurch habe er eine Übertretung nach § 107 Abs. 1 Z. 4 iVm § 31 Abs. 1 Z. 2 FrG begangen und es sei über ihn gemäß § 107 Abs. 1 Z. 4 FrG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 80,-- verhängt worden. Der Beschwerdeführer sei am 22. Juli 2002 zum Hotel K in P gekommen. Ab diesem Zeitpunkt habe er dort seinen Aufenthalt genommen und sei nach mehreren Bergtouren immer wieder ins Hotel zurückgekehrt. Am 1. August 2002 sei er von einem Mitarbeiter des Hauptzollamtes Innsbruck beim Bearbeiten von Holzbohlen mit einem Dampfstrahlgerät betreten worden. Der Beschwerdeführer sei hauptsächlich aus Urlaubsgründen nach Österreich eingereist. Auf Grund der Feststellungen stehe jedoch fest, dass der Beschwerdeführer auch geringfügige Arbeiten geleistet habe. Es scheine nicht nachvollziehbar, warum ein den Wirtsleuten fremder Gast während seines Urlaubsaufenthaltes im Garagenbereich Holzplanken mit einem Dampfstrahler bearbeiten sollte. Für die belangte Behörde bestehe kein Zweifel, dass der Beschwerdeführer durch sein Tun "einen wirtschaftlichen Vorteil im Zusammenhang mit seinem Aufenthalt in P" erzielt habe. Gemäß Art. 1 des Abkommens zwischen der österreichischen Bundesregierung und der Regierung der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die Aufhebung der Sichtsvermerkspflicht dürften Staatsbürger der Vertragsstaaten nur dann ohne Sichtvermerk in das Hoheitsgebiet des anderen Vertragsstaates einreisen, wenn sie nicht ein Arbeitsverhältnis eingehen, einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder einen länger als 90 Tage dauernden Aufenthalt nehmen wollen. Der Beschwerdeführer habe die ihm vorgeworfene Tat in objektiver und subjektiver Hinsicht begangen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes nach § 107 Abs. 1 Z. 4 FrG kommt rechtens nur in Betracht, wenn keine der im § 31 Abs. 1 FrG angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthaltes gegeben ist bzw. die Rechtmäßigkeit eines Aufenthaltes gemäß § 31 Abs. 3 FrG geendet hat. Im Spruch des Straferkenntnisses ist die als erwiesen angenommene Tat daher, um den Anforderungen des § 44a Z. 1 VStG zu entsprechen, durch Verneinung aller in § 31 Abs. 1 FrG genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes oder - im Fall des § 31 Abs. 3 FrG - durch Verneinung einer weiter bestehenden Rechtmäßigkeit des Aufenthaltes zu umschreiben (vgl. das Erkenntnis vom heutigen Tag zur Zl. 2000/21/0191 m.w.N.). Dies hat die belangte Behörde verkannt, indem sie dem Beschwerdeführer lediglich zur Last gelegt hat, sich ohne einen gültigen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufgehalten zu haben; damit wurden nicht alle Alternativen des § 31 Abs. 1 FrG angesprochen.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001. Die beantragte Zuerkennung von 60 % Einheitssatz entbehrt einer gesetzlichen Grundlage.

Wien, am 17. Juni 2003

Schlagworte

"Die als erwiesen angenommene Tat" Begriff Tatbild Beschreibung (siehe auch Umfang der Konkretisierung)

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002210205.X00

Im RIS seit

30.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten