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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BStFG 1996 §1 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Rosenmayr als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofer über die Beschwerde des S in U (D), vertreten durch Dr. Sepp Manhart, Dr. Meinrad Einsle, Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Römerstraße 19, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 16. November 2001, Zl. 1-0387/01/E7, betreffend Bestrafung nach dem BStFG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 24. April 2001 wurde der Beschwerdeführer wegen Übertretung des § 7 Abs. 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- bestraft, weil er am 10. Oktober 2000, 9.45 Uhr einen näher bezeichneten PKW auf der Rheintal Autobahn A 14, Höhe km 46,8, Schlins (Fahrtrichtung Innsbruck) gelenkt und dabei eine mautpflichtige Bundesstraße benützt habe, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.
Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde dieser Berufung nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG keine Folge und bestätigte das erstinstanzliche Straferkenntnis. Dieser Bescheid wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der Rechtslage damit begründet, es stehe fest, dass der Beschwerdeführer zum Tatzeitpunkt den näher bezeichneten PKW auf der Rheintal Autobahn A 14 gelenkt habe, ohne die vorgeschriebene zeitabhängige Maut durch ordnungsgemäßes Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug entrichtet zu haben. Die am Fahrzeug angebrachte Vignette sei zuvor von einem anderen Fahrzeug abgelöst und am verfahrensgegenständlichen Fahrzeug angebracht worden. Durch den Ablösevorgang sei die Vignette leicht gewellt gewesen und es hätten teilweise Sicherheitsmerkmale gefehlt. Entsprechend Punkt 8. der Mautordnung sei die Vignette nach Ablösen von der Trägerfolie innen auf der Windschutzscheibe gut sichtbar und unbeschädigt anzukleben. In gleicher Weise sei das Ankleben auf einer nicht versenkbaren Seitenscheibe im linken vorderen Bereich gestattet. Eine technische Manipulation des originären Vignettenklebers derart, dass bei Ablösen der Vignette der Selbstzerstörungseffekt verhindert werde, verwirke den Nachweis der ordnungsgemäßen Mautentrichtung. Da zum Teil Sicherheitsmerkmale zerstört worden seien und die Vignette leicht gewellt gewesen sei, sei von einer Beschädigung derselben auszugehen gewesen. Ihre Anbringung auf dem Fahrzeug könne somit nicht als ordnungsgemäße Entrichtung der Maut betrachtet werden. Jeder ausländische Fahrzeuglenker habe sich vor Antritt der Fahrt über die Rechtsvorschriften zu informieren, die für das Befahren von Straßen in dem betreffenden Land gälten. Auf Unkenntnis der übertretenen Rechtsvorschriften könne sich der Lenker nicht mit Erfolg berufen. Eine Rechtsvorschrift der genannten Art stelle auch Punkt 8. der Mautordnung dar. Dass es eine solche Ordnung gebe, sei bereits dem Gesetz zu entnehmen; auch befänden sich auf der Vignette selbst entsprechende Hinweise. Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Strafbemessungsgründe dar.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde aus den Gründen der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides.
Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem Recht auf Unterbleiben einer Bestrafung sowie in seinem Rechts auf rechtskonforme Anwendung der §§ 13 Abs. 1 und 7 Abs. 1 BStFG verletzt.
Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen - wie schon im zweitinstanzlichen Verfahren - geltend, weder § 13 noch § 7 BStFG enthielten Bestimmungen darüber, was unter "ordnungsgemäßer" Entrichtung der zeitabhängigen Maut zu verstehen sei, was auch dem Gebot der Bestimmtheit einer Strafnorm widerspreche. Nach allfälligen anderen Bestimmungen, die Regelungen über die "ordnungsgemäße" Entrichtung der Maut enthielten, wie etwa der Abs. 11 des § 7 BStFG, sei er aber nicht bestraft worden; insoweit widerspreche das mit dem angefochtenen Bescheid bestätigte Straferkenntnis auch der Vorschrift des § 44a VStG. Die Forderung nach stofflicher Unversehrtheit der Vignette sei lediglich in der Mautordnung enthalten, auf welche weder § 7 Abs. 1 noch § 13 Abs. 1 BStFG verwiesen; auch sei die Vignette tatsächlich gar nicht zerstört, sondern lediglich "gewellt" gewesen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 13 Abs. 1 Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 (BStFG 1996), BGBl. Nr. 201 i.d.F. BGBl. I Nr. 107/1999, begehen Kraftfahrzeuglenker, die gemäß § 7 Abs. 1 zeitabhängig bemautete Bundesstraßen benützen, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, eine Verwaltungsübertretung und sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von S 3.000,-- bis S 30.000,-- zu bestrafen.
Gemäß § 7 Abs. 1 BStFG 1996 unterliegt die Benützung der Bundesstraßen gemäß § 1 Abs. 1 mit einspurigen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht bis einschließlich 3,5 t beträgt, einer zeitabhängigen Maut. Diese Maut ist nach dem letzten Satz dieser Bestimmung vor der mautpflichtigen Straßenbenützung durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten.
Gemäß § 13 Abs. 1 BStFG ist strafbar, wer als Kraftfahrzeuglenker gemäß § 7 Abs. 1 leg. cit. zeitabhängig bemautete Bundesstraßen benützt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben.
Nach § 7 Abs. 11 (nunmehr Abs. 8) leg. cit. hat die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft (ASFINAG) in der Mautordnung Festlegungen über die Beschaffenheit und Anbringung der Mautvignetten an den Fahrzeugen und über den Beginn der Frist gemäß Abs. 8 zu treffen. Aus dieser Gesetzesstelle ergibt sich somit in einer für den Gesetzesanwender eindeutigen Weise, dass es weiterer Festlegungen u.a. über die Beschaffenheit und Anbringung der Mautvignetten an den Fahrzeugen bedurfte und hierfür die Erlassung einer Mautordnung vorgesehen war, aus welcher ersehen werden könne, was unter einer "ordnungsgemäß" entrichteten Maut im Sinne des § 13 Abs. 1 BStFG zu verstehen ist.
Die ASFINAG wurde somit im Rahmen der im Gesetz angeführten Regelungen zur Erlassung einer Verordnung zwecks Schaffung einheitlicher Bedingungen für die Benützung der Mautstrecken gemäß §§ 1 und 7 Abs. 1 BStFG ermächtigt. Insoweit wurde die ASFINAG mit einer hoheitlichen Aufgabe betraut und ist in diesem Umfange als sogenanntes beliehenes Unternehmen (vgl. zu diesem Begriff das hg. Erkenntnis vom 19. September 2001, Zl. 99/09/0248)zu qualifizieren. Die von der ASFINAG im Sinne dieser Verordnungsermächtigung erlassene Mautordnung trifft für den allgemein bestimmten Adressatenkreis der Benützer der von § 1 Abs. 1 und 2 BStFG erfassten Bundesstraßen unmittelbar verbindliche Regelungen und ist damit - insbesondere im Hinblick auf den Wortlaut der sie betreffenden gesetzlichen Regelungen als Durchführungsverordnung im Sinne des Art. 18 Abs. 2 B-VG zu qualifizieren (vgl. dazu das schon von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom 20. September 2001, Zl. 2001/06/0096). Aus dem Kontext dieser Bestimmungen ergibt sich, dass von einer "ordnungsgemäß" entrichteten Maut gemäß § 13 Abs. 1 BStFG immer nur dann gesprochen werden kann, wenn die Mautvignette am Kraftfahrzeug im Sinne der näheren Regelungen der Mautordnung ( d. i. "ordnungsgemäß") angebracht wurde.
Gemäß Punkt 8 dieser auf Grund des § 4 Abs. 1 BStFG 1996 von der ASFINAG erlassenen und als Durchführungsverordnung zu qualifizierenden Mautordnung (die im Beschwerdefall gültige Mautordnung wurde kundgemacht im Amtsblatt der Wiener Zeitung 228/2000 vom 28. November 2000) ist die Vignette innen direkt auf der Windschutzscheibe gut sichtbar und unbeschädigt anzukleben. In gleicher Weise ist das Ankleben auf einer nicht versenkbaren Seitenscheibe im linken vorderen Bereich gestattet.
Insoweit der Beschwerdeführer davon ausgeht und seine Überlegungen darauf aufbaut, die von ihm verwendete Vignette sei nicht "zerstört" gewesen, sondern nur "gewellt", übersieht er, dass diese nach Punkt 8. der Mautordnung nicht "beschädigt" sein darf, um als Nachweis der Entrichtung der Maut gelten zu können; dass im Gegenstandsfalle aber die Vignette beschädigt war (teilweise Zerstörung der Sicherheitsmerkmale und gewellter Zustand) ist unbestritten festgestellt worden.
Insoweit der Beschwerdeführer eine Verletzung der Bestimmung
des § 44a VStG geltend macht, ist er darauf zu verweisen, dass die
von ihm gewählte Vorgangsweise der Gebotsnorm des § 7 Abs. 1 BStFG
insoweit widersprach, als in dieser Bestimmung lediglich die
generelle Festlegung ohne weitere Bezugnahme auf die nähere
Ausgestaltung der Art und Weise eines ordnungsgemäßen Anbringens
der Vignette erfolgte. Der Bezug zur "Ordnungsgemäßheit" der
Vignettenanbringung wird erst durch § 13 Abs. 1 BStFG hergestellt
und verweist damit implizite auf die oben dargelegten
präzisierenden Gebotsnormen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass
als verletzte Norm die Bestimmung des § 7 Abs. 1 und als
Strafsanktionsnorm der § 13 Abs. 1 leg. cit. richtigerweise
herangezogen worden waren. Zu Recht hat die belangte Behörde daher
§ 7 Abs. 1 i. V. m. § 13 Abs. 1 leg. cit als übertretene Norm,
§ 13 Abs. 1 leg. cit als entsprechende Strafsanktionsnorm im
Spruch angeführt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 18. Juni 2003
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2001060173.X00Im RIS seit
01.08.2003Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008