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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §58 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des Pensionsinstitutes für Verkehr und öffentliche Einrichtungen in Wien, vertreten durch Dr. Wolfgang Völkl, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Nussdorferstraße 10- 12, gegen die Erledigung des Bundesministers für Finanzen vom 14. August 2002, Zl. 15 4004/35-IV/15/02, betreffend Beihilfe nach dem Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz folgenden Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung
1.1. Die belangte Behörde richtete an die beschwerdeführende Partei eine Erledigung nachstehenden Inhaltes:
"Betr.: Beihilfe gemäß GSBG - Ihr Schreiben 240/F-02-Ri/WM Sehr geehrte Damen und Herren,
zu Ihrem Schreiben vom 11. Juli 2002, das vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger mit Schreiben vom 07. August 2002 weitergeleitet worden ist, wird wie folgt Stellung genommen.
Unbestritten ist, dass das Pensionsinstitut ein Träger der Sozialversicherung ist und dass beim Pensionsinstitut keine Krankenversicherungsaufwendungen anfallen. Eine vom Pensionsinstitut im Schreiben vom 11. Juli 2002 beantragte Vergütung der nicht abziehbaren Vorsteuern in Höhe der bekannt gegebenen Vorsteuerbeträge hat der Gesetzgeber nur für eigene Einrichtungen nicht hingegen für die Träger der Sozialversicherung vorgesehen. Der Beihilfenanspruch für Träger der Sozialversicherung richtet sich gemäß § 1 Abs. 2 GSBG ausschließlich nach den Krankenversicherungsaufwendungen und wird gemäß § 1 Abs. 1 der Verordnung zum GSBG im Ausmaß von 4,3 % der in Abs. 2 definierten Krankenversicherungsaufwendungen gewährt. Die Anknüpfung des Pauschalierungsprozentsatzes allein an die Krankenversicherungsaufwendungen wurde bewusst gewählt, da bei den Unfall- und Pensionsversicherungsaufwendungen die Renten- und Pensionszahlungen einen hohen Anteil aufweisen und deshalb keine geeignete Anknüpfung für eine Pauschalierung bieten. Ein Abgehen von der Pauschalierung kam nie in Frage, da dann auch die Ärzte eine entsprechende 1 : 1 Abgeltung an Stelle der Ausgleichszahlungen verlangen würden und das gesamte Beihilfensystem nicht mehr administrierbar wäre.
In Ihrem Schreiben führen Sie weiters an, dass die einschlägigen Formulierungen im GSBG sich immer nur auf die Träger der Sozialversicherung und den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger beziehen (§ 1 Abs. 2 und § 7 GSBG) und im GSBG keine Einschränkung auf jene Träger der Sozialversicherung zu finden ist, die dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger angehören. Ihre diesbezügliche Argumentation für einen abgeleiteten Beihilfenanspruch ist bei isolierter Betrachtung des GSBG eine denkmögliche Auslegung. Ob sich daraus ein abgeleiteter Beihilfenanspruch des Pensionsinstituts im Wege einer Gleichbehandlung aller Sozialversicherungsträger beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger konkret ableiten lässt, kann nach Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen nur unter Einbeziehung anderer sozialrechtlicher Vorschriften und daher nur vom Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen beurteilt werden. Sie werden daher ersucht, sich diesbezüglich mit dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen ins Einvernehmen zu setzen.
Eine allfällige Abgeltung von nicht abziehbaren Vorsteuern kann aber keinesfalls 1 : 1, sondern nur entsprechend einem von den Sozialversicherungsträgern und dem Hauptverband vereinbarten Schlüssel erfolgen. Die Aufteilung der gemäß § 1 Abs. 2 GSBG pauschalierten bzw. gemäß § 7 GSBG letztendlich abgerechneten Beihilfen wurde vom Gesetzgeber bewusst nicht geregelt, um den Sozialversicherungsträgern und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger den notwendigen Spielraum zu lassen, einen Ausgleich für ein unterschiedliches Investitionsverhalten bei einer Pauschalierungsregelung der nicht abziehbaren Vorsteuern zu finden. Anzumerken ist, dass die gemäß § 1 Abs. 2 GSBG für die Festlegung des Pauschalierungssatzes maßgebliche Erhebung der Vorsteuern des Jahres 1995, der die umsatzsteuerlichen Bestimmungen des Jahres 1997 zu Grunde zu legen waren, nur jene Vorsteuern der dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger angehörenden Träger der Sozialversicherung sowie jene des Hauptverbandes erfasste. Eine Überprüfung der damals vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zur Verfügung gestellten Excel-Datei mit den berücksichtigten Vorsteuern zeigt, dass eine Einbeziehung der Vorsteuern des Pensionsinstitutes (bzw. der beiden in § 479 ASVG angeführten Pensionsinstitute) keinen Einfluss auf die Höhe des Pauschalierungssatzes gehabt hätte. D.h. für die Sozialversicherungsträger würde sich auch bei Einbeziehung des Pensionsinstituts kein anderer Pauschalierungssatz und damit für die bisher abgerechneten Jahre auch kein insgesamt höherer Beihilfenanspruch ergeben.
Eine Kopie des Schreibens ergeht an den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und an das Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen.
Mit freundlichen Grüßen
..."
1.2. Der dagegen von der beschwerdeführenden Partei zunächst angerufene Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 25. November 2002, B 1494/02-3, die Behandlung der gegen diese "Erledigung" gerichteten Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.
Soweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Verfassungswidrigkeit des § 1 Abs. 2 Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz, BGBl. Nr. 746/1996 (in der Folge: GSBG) behauptet werde, verkenne das Vorbringen der beschwerdeführenden Partei, dass die bisherige Vorsteuerabzugsberechtigung auch der Pensionsversicherungsträger (§ 12 Abs. 3 letzter Satz in Verbindung mit § 6 Z 6 UStG 1972 in der Fassung vor Inkrafttreten des UStG 1994) als bloße steuerliche Begünstigung gewertet werden könne, die mit 1. Jänner 1997 abgeschafft worden sei, und dass es zu dem keinen verfassungsrechtlichen Bedenken begegne, wenn der Gesetzgeber den Beihilfeanspruch an die Krankenversicherungsaufwendungen anknüpfen lasse. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (Zitat VfSlg. 15.447/1999, wonach unbestimmte Gesetzesbegriffe aus dem Blickwinkel des Art. 18 Abs. 1 B-VG prinzipiell unbedenklich seien) lasse das Vorbringen die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Es sei daher beschlossen worden, von einer Behandlung der Beschwerde abzusehen und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten; dabei habe offen bleiben können, ob die angefochtene Erledigung überhaupt als Bescheid im Sinne des Art. 144 Abs. 1 B-VG zu qualifizieren sei.
1.3. In ihrer - ergänzten - Beschwerde erachtet sich die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen "Bescheid" in dem ihr zustehenden Recht auf Anerkennung als Träger der Sozialversicherung gemäß dem GSBG verletzt, da sie entgegen dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht als Träger der Sozialversicherung anerkannt werde und damit keine Beihilfe nach dem Gesetz zugesprochen erhalte. Weiters erachtet sich die beschwerdeführende Partei in ihrem Recht auf ein mängelfreies Verfahren nach dem AVG verletzt, weil sie in dem dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsverfahren vorgebracht habe, nicht nur Träger der Sozialversicherung zu sein, sondern auch tatsächlich Aufwendungen für die Krankenversicherung ihrer Mitglieder bestreiten zu müssen und die belangte Behörde diesbezüglich keinerlei Erhebungen durchgeführt habe. Sie mache daher inhaltliche Rechtswidrigkeit sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.
2.0. Die Beschwerde erweist sich als unzulässig.
2.1. Gemäß § 1 Abs. 1 GSBG haben Unternehmen, die nach § 6 Abs. 1 Z 7 UStG 1994 befreite Umsätze bewirken, einen Anspruch auf eine Beihilfe.
Gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. richtet sich diese Beihilfe für die Träger der Sozialversicherung nach ihren Krankenversicherungsaufwendungen bzw. vergleichbaren Aufwendungen ohne diejenigen der eigenen Kranken- und Kuranstalten. Der Prozentsatz für die Berechnung der Beihilfe berechnet sich nach dem Verhältnis der bei den Trägern der Sozialversicherung ... im Jahr 1995 angefallenen Vorsteuern zu ihren Ausgaben für die Krankenversicherung im Jahr 1995, wobei für die Ermittlung der Ausgaben und der Vorsteuern die ab 1. Jänner 1997 geltenden umsatzsteuerlichen Regelungen zu berücksichtigen sind. Dieser Prozentsatz ist vom Bundesminister für Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Arbeit und Soziales durch Verordnung festzusetzen.
§ 4 leg. cit. in der Fassung BGBl. I Nr. 142/2000 lautet auszugsweise:
"§ 4. Mit Ausnahme der im letzten Satz geregelten sinngemäßen Anwendung des ASVG finden die Bestimmungen der BAO Anwendung; die Beihilfen und Ausgleichszahlungen gemäß §§ 1 bis 3 und die Beihilfe gemäß § 9 gelten als selbst zu berechnende Abgaben. Die Erhebung der Beihilfen, Ausgleichszahlungen und der Beiträge gemäß § 9 obliegt, mit Ausnahme der Einhebung und zwangsweisen Einbringung, dem Finanzamt, das für die Erhebung der Umsatzsteuer zuständig ist. Die Einhebung und die zwangsweise Einbringung der Beihilfen, Ausgleichszahlungen und der Beträge gemäß § 9 obliegt dem Bundesministerium für Finanzen ..."
Gemäß § 6 leg. cit. hat die Geltendmachung der Beihilfe nach den §§ 1 und 2 mit Ausnahme von Akonto-Zahlungen von den in den §§ 1 und 2 genannten Unternehmern bzw. ihren Rechtsträgern für jeden Monat mit Erklärung zu erfolgen. Die Erklärungen sind beim
Bundesministerium für Finanzen im Wege ... des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger oder ... einzureichen.
Nach § 7 leg. cit. wird die Beihilfe nach § 1 Abs. 2 für die Träger der Sozialversicherung in zwölf Teilbeträgen, jeweils am Ersten eines Kalendermonats, beginnend mit März 1997, an den Hauptverband der Sozialversicherungsträger akontiert.
2.2. Wie sich aus dem Überblick über die gesetzliche Regelung ergibt, ist die Beihilfe kraft Gesetzes (§ 4) eine Abgabe (Selbstberechnungsabgabe). Die BAO findet Anwendung.
Die angefochtene Erledigung des Bundesministers für Finanzen steht in einem unmittelbaren rechtlichen Zusammenhang mit dem von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten Anspruch auf Beihilfe für die Jahre 1997 bis 2001. 2.3. Der Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage der Beurteilung der Bescheidqualität von Erledigungen der Verwaltungsbehörden im Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 15. Dezember 1977, Slg. Nr. 9458/A, ausgeführt:
"Enthält eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung, dann ist das Fehlen der ausdrücklichen Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung unerheblich. Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend, eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat. Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinne auch aus der Form der Erledigung, ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, der Hinweis auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs. 1 AVG 1950 gewertet werden.
...
Insbesondere in jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung oder einer behördlichen Erledigung Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist die ausdrückliche Bezeichnung für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Nur dann, wenn der Inhalt einer behördlichen Erledigung, also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung keinen Zweifel darüber aufkommen lassen, dass die Behörde die Rechtsform des Bescheides gewählt hat, ist die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid nach der für sich allein gesehen unabdingbaren Norm des § 58 Abs. 1 AVG 1950 für das Vorliegen eines Bescheides nicht wesentlich. ...
(Die) Erlassung eines Bescheides (zielt) schließlich auf Rechtskraft ab (...). Daraus folgt aber auch, dass an eine behördliche Erledigung, die nicht ausdrücklich als Bescheid bezeichnet ist, hinsichtlich der Wertung als Bescheid nach ihrem Inhalt ein strenger Maßstab anzulegen ist."
Was der Verwaltungsgerichtshof hier für Inhalt und Form der Bescheide nach § 58 Abs. 1 AVG ausgeführt hat, gilt auch für die Erlassung von Bescheiden nach der BAO (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. September 2002, Zl. 98/17/0281) und der Landesabgabenordnungen (hg. Erkenntnisse vom 16. März 1983, Zl. 83/17/0096, vom 20. Dezember 1999, Zl. 99/17/0325, und vom 17. April 2000, Zl. 95/17/0499).
Die hier zu beurteilende, nicht als Bescheid bezeichnete Erledigung enthält zwar die Bezeichnung der Behörde und die Beglaubigung, jedoch ist ihr ein Spruch nicht zu entnehmen. Aus dem gesamten Text lässt sich - entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei - gleichfalls nicht ableiten, dass die Behörde mit der vorliegenden Erledigung einen normativen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat. Dagegen sprechen sowohl der Hinweis, dass zum Schreiben der beschwerdeführenden Partei vom 11. Juli 2002 "wie folgt Stellung genommen" werde als auch die Aufforderung, die beschwerdeführende Partei werde ersucht, sich "mit dem Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen ins Einvernehmen zu setzen". Auch die Anrede "Sehr geehrte Damen und Herren" und die Grußfloskel "Mit freundlichen Grüßen" verleihen dem Schriftstück eine Form, die gegen seine Wertung als förmlicher hoheitlicher Abspruch, als Bescheid, sprechen.
2.4. Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 BVG ist unter anderem das Vorliegen eines Bescheides.
Aus den oben dargelegten Erwägungen ergibt sich jedoch zusammenfassend, dass die vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtene Erledigung des Bundesministers für Finanzen kein Bescheid ist.
Die Beschwerde war daher mangels Vorliegens eines tauglichen Beschwerdegegenstandes wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unzulässig zurückzuweisen.
Wien, am 23. Juni 2003
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter Bescheidbegriff AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2003:2003170205.X00Im RIS seit
19.09.2003