TE Vwgh Erkenntnis 2003/6/24 2002/01/0018

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Veröffentlicht am 24.06.2003
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

AVG §60;
StbG 1985 §10 Abs1;
StbG 1985 §11;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Pelant als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Stieger, über die Beschwerde der C in L, vertreten durch Dr. Stefan Eigl, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lederergasse 33b, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. November 2001, Zl. Gem(Stb)-404725/21-2001-Sch, betreffend Verleihung der Staatsbürgerschaft und Erstreckung derselben, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.088,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführerin, einer rumänischen Staatsangehörigen, auf Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft und auf Erstreckung der Verleihung auf ihren minderjährigen Sohn gemäß § 11 iVm §§ 17 und 18 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 (StbG) ab.

Die am 7. Oktober 1974 geborene Beschwerdeführerin, deren Lebensunterhalt als gesichert angesehen werden könne, habe seit 25. Juli 1988 den ununterbrochenen Hauptwohnsitz in Österreich. Insgesamt existierten fünf nachteilige "Vormerkungen" betreffend die Beschwerdeführerin, und zwar dreimal wegen Ladendiebstahl und je einmal wegen Ladendiebstahl, Hehlerei, Begünstigung und Geldfälschung bzw. wegen Hehlerei. Außerdem seien in einem Bericht der BPD Linz schwer wiegende Bedenken gegen die Verleihung der Staatsbürgerschaft auf Grund des negativen Erhebungsergebnisses betreffend den Ehegatten der Beschwerdeführerin, der gleichfalls rumänischer Staatsangehöriger sei, geltend gemacht worden. Gemäß diesem Bericht sei dieser angeblich in Rumänien wohnhafte Ehegatte in Österreich mehrmals in Schubhaft genommen und in sein Heimatland abgeschoben worden; während seines Aufenthalts im Bundesgebiet habe er zahlreiche Straftaten, vorwiegend Eigentumsdelikte sowie Vergehen nach dem Waffengesetz und Körperverletzungen, begangen, diesbezüglich schienen im Strafregister der BPD Wien sechs Verurteilungen auf; seit 25. November 1991 bestehe ein rechtskräftiges unbefristetes Aufenthaltsverbot für das gesamte Bundesgebiet.

Von einem Fremden, der die österreichische Staatsbürgerschaft anstrebe, müsse - so die belangte Behörde im Rahmen ihrer rechtlichen Ausführungen - verlangt werden können, dass er die wesentlichen österreichischen Rechtsnormen einhalte. Schon ein Naheverhältnis zur Kriminalität reiche aus, "das Erfüllen der Bestimmungen des § 11 StbG zu verneinen". Es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin die Einhaltung der österreichischen Rechtsnormen kein besonderes Bedürfnis sei; eine grundlegende Änderung ihres Gesamtverhaltens könne ungeachtet dessen, dass in letzter Zeit keine neuerlichen Vormerkungen bei den Behörden aufschienen, vorerst nicht angenommen werden.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

Wenn die belangte Behörde davon spricht, es sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführerin die Einhaltung der österreichischen Rechtsnomen kein besonderes Bedürfnis sei und dass eine grundlegende Änderung ihres Gesamtverhaltens vorerst nicht angenommen werden könne, so bezieht sie sich offenkundig auf die von ihr festgestellten "nachteiligen Vormerkungen". Wie die Beschwerde im Ergebnis richtig aufzeigt, erlauben die erwähnten Vormerkungen jedoch eine derartige Schlussfolgerung nicht. Insbesondere gestatten sie nicht die Annahme, die Beschwerdeführerin stehe in einem "Naheverhältnis zur Kriminalität" oder sie habe gar strafbare Handlungen begangen. Von letzterem hätte nur dann ausgegangen werden dürfen, wenn rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilungen vorliegen würden. In diese Richtung hat die belangte Behörde allerdings keine Feststellungen getroffen. Soweit sie in der Gegenschrift eine Verurteilung durch das Landesgericht Linz vom 18. Dezember 1990 und eine Strafverfügung des Bezirksgerichtes Linz vom 29. November 1995 ins Treffen führt, ist ihr zu erwidern, dass damit die fehlerhafte Begründung des bekämpften Bescheides nicht saniert werden kann (vgl. die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) unter E 140. ff. zu § 60 AVG zitierte hg. Judikatur).

Ob die belangte Behörde in ihre Ermessensübung auch den Umstand hat miteinfließen lassen, dass der Ehegatte der Beschwerdeführerin gemäß den Ausführungen im zitierten Bericht der BPD Linz sechsmal strafgerichtlich verurteilt und mit einem unbefristeten Aufenthaltsverbot belegt worden sei, lässt sich ihren rechtlichen Erwägungen nicht entnehmen. Auch die Gegenschrift ist insoweit nicht aussagekräftig. Darauf braucht indes nicht näher eingegangen werden, weil schon der zuvor aufgezeigte Begründungsmangel den bekämpften Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.

Wien, am 24. Juni 2003

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2003:2002010018.X00

Im RIS seit

28.07.2003
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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